OGH 5Ob605/88

OGH5Ob605/886.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aloisia P***, Hausfrau,

6342 Rettenschöß, Miesberg 37, vertreten durch Dr. Gerhard Maurer, Rechtsanwalt in Wörgl, wider die beklagte Partei Andreas P***, Sägewerksbesitzer, 6342 Rettenschöß, Miesberg 37, wegen Unterhalt (Streitwert S 180.000,-) infolge Rekurses des Dr. Georg P***, Rechtsanwalt in Kufstein, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Andreas P*** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Juni 1988, 1 a R 298/88-7, womit die Berufung des Masseverwalters gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 28.April 1988, 4 C 32/88-3, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte, den Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 5.000,- ab 1.5.1988 zu verurteilen. Das Erstgericht gab diesem Klagebegehren mit Versäumungsurteil vom 28.4.1988 infolge Fernbleibens des Beklagten von der für diesen Tag anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung kostenpflichtig statt, obgleich über das Vermögen des Beklagten mit Beschluß vom 25.4.1988 der Konkurs eröffnet worden war. Dieses Versäumungsurteil wurde infolge der durch die Konkurseröffnung bewirkten Postsperre bisher nur dem Masseverwalter Dr. Georg P***, nicht aber dem Beklagten zugestellt. Gegen dieses Versäumungsurteil erhob der Masseverwalter Berufung wegen Nichtigkeit, weil Passivprozesse des Gemeinschuldners durch die Konkurseröffnung gemäß § 7 KO unterbrochen würden. Die klagende Partei beantragte, der Berufung nicht Folge zu geben, weil auf diesen Prozeß nicht die Bestimmungen des § 7 KO, sondern diejenigen des § 6 Abs 2 und 3 KO Anwendung fänden. Es handle sich um einen Prozeß, der weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der Konkursmasse betreffe.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung des Masseverwalters kostenpflichtig zurück und sprach aus, daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 ZPO im Zusammenhang mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Gemäß § 6 Abs 3 KO könnten während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner jedenfalls Rechtsstreitigkeiten über solche Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, weiterhin anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Dazu gehörten auch gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung. In solchen Prozessen findet daher auch keine Vertretung des Gemeinschuldners durch den Masseverwalter statt. Diesem stehe daher keine Rechtsmittellegitimation in diesem Verfahren zu. Da der Streitgegenstand nach der Bewertungsregel des § 58 Abs 1 JN zwar S 60.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteige, sei in den Zurückweisungsbeschluß ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aufzunehmen gewesen. Dieser sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht einer gesicherten ständigen Judikatur folgte.

Gegen diesen Beschluß erhob der Masseverwalter ein als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnetes Rechtsmittel mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die (Sach)Entscheidung über die eingebrachte Berufung aufzutragen. Die Berufung sei schon deswegen zulässig, weil die erste Instanz in dem Versäumungsurteil nicht nur über ein Unterhaltsbegehren, sondern auch über die Verpflichtung zur Zahlung von Prozeßkosten entschieden habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist als ordentliches Rechtsmittel zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur Zulässigkeit:

Der dritte Abschnitt des vierten Teiles der Zivilprozeßordnung normiert Beschränkungen der Zulässigkeit von Rekursen gegen Beschlüsse eines Gerichtes zweiter Instanz schlechthin (§ 528 Abs 1 ZPO), gegen die im Berufungsverfahren ergehenden Beschlüsse des Berufungsgerichtes (§ 519 ZPO) sowie gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz als Rekursgericht (§ 528 Abs 2 ZPO), also zum Teil unterschiedlich nach der Funktion, in der das Gericht zweiter Instanz tätig wurde (siehe JBl 1985, 113; jüngst 5 Ob 555/88). Der hier zu beurteilende Zurückweisungsbeschluß wurde vom Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht gefaßt. Ob und welche Rekursbeschränkungen bestehen, ist demnach nach den §§ 519 und 528 Abs 1 ZPO zu beurteilen, nicht aber - wie das Berufungsgericht meinte - nach dem nur für Entscheidungen des Rekursgerichtes maßgebenden § 528 Abs 2 ZPO.

Gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist gegen einen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluß des Berufungsgerichtes der Rekurs statthaft, wenn das Berufungsgericht die Berufung nur aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ohne in die Prüfung der Sache einzugehen, z.B. nach § 471 Z 2 und 3 ZPO. Ein Fall des § 471 Z 2 ZPO liegt auch dann vor, wenn die Berufung als gesetzlich unzulässig deswegen zurückgewiesen wird, weil sie von einer Person eingebracht wurde, welcher das Rechtsmittel der Berufung nicht zusteht (§ 472 Abs 1 ZPO; siehe Fasching Komm. IV 79 und 85, wo es im ersten Satz der Anm 1 sinngemäß wohl richtig "§ 471 Z 2 ZPO" lauten muß). § 528 Abs 1 ZPO steht dem nicht entgegen, weil der nach § 58 Abs 1 JN vom Berufungsgericht im Rahmen der Begründung zutreffend ermittelte Streitwert (= Beschwerdegegenstand im Rekursverfahren beim Obersten Gerichtshof) S 15.000,- übersteigt. Auch nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983 ist daher gegen die Zurückweisung der Berufung aus formellen Gründen der Rekurs bei einem S 15.000,-

übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstandes immer ohne die Beschränkung auf eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zulässig (Petrasch, JBl 1983, 203).

Der Oberste Gerichtshof hat daher das als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel des Masseverwalters sogleich als ordentlichen Rekurs zu behandeln, weil infolge der Einseitigkeit dieses Rekurses es keines weiteren Verfahrens bedarf.

2. Zur Berechtigung des Rekurses:

Zutreffend erkannte das Berufungsgericht, daß gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung nicht Konkursforderungen sind. Solche Ansprüche können daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner klageweise geltend gemacht werden (JBl 1977,272; EFSlg 37.593, 42.768; Bartsch-Pollak I 72; Wegan, Insolvenzrecht 113). Dem Masseverwalter fehlt daher jegliches rechtliche Interesse am Ausgang dieses die Konkursmasse nicht betreffenden Unterhaltsprozesses. Demgemäß wies das Berufungsgericht seine Berufung zutreffend als unzulässig zurück. Dies gilt auch für die erstgerichtliche Kostenentscheidung, die als solche gar nicht bekämpft war und daher auch im weiteren Rechtsmittelverfahren nur als Annex der Hauptsache zu behandeln ist. Bei getrennter Betrachtung wäre sogar der Rekurs des Masseverwalters an den Obersten Gerichtshof zurückzuweisen gewesen, weil gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz im Kostenpunkt ausgeschlossen sind. Auch in diesem Fall wäre es im Ergebnis bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Zurückweisung des Rechtsmittels des Masseverwalters geblieben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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