OGH 5Ob589/90

OGH5Ob589/903.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Schiemer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max W***, Pensionist, Wien 14, Beckmanngasse 61, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Dr. Andreas W***, Arzt, Wien 7, Schottenfeldgasse 83/1/39, und

2) Ing. Ulrich W***, Landwirt, Neulengbach, Bergring 1, beide vertreten durch Dr. Gerhard Daxböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Eigentumsübertragung, infolge ao Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 28.November 1989, GZ 45 R 564/89-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 22.Mai 1989, GZ 4 C 523/87f-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit 2.829,42 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 471,57 S Umsatzsteuer) und die mit 4.895,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.500 S Barauslagen und 565,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Max W*** sen., der Vater des Klägers und Großvater der Beklagten, war Eigentümer der Liegenschaft EZ 1899 KG Penzing. Er wollte diese Liegenschaft nach seinem Tod dem Kläger zukommen lassen und hat dies auch testamentarisch verfügt. Da der Kläger jedoch große Schulden hatte und zu befürchten war, daß er die Liegenschaft bald verlieren werde, vereinbarten Max W*** sen., der Kläger und dessen Bruder Dr. Heinz W*** noch im Jahre 1957, daß die Liegenschaft nach dem Tode des Vaters Dr. Heinz W*** treuhändisch übergeben werden solle. Als grundbücherlicher Eigentümer solle dieser aufscheinen. Bei Wegfall der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Klägers müsse er diesem die Liegenschaft übergeben. Um dies zu bewirken, errichtete Max W*** sen. nunmehr ein Testament zugunsten des Dr. Heinz W***. Außerdem schloß der Kläger mit seinem Vater am 22.5.1958 einen notariellen Erbverzichtsvertrag. Von diesen Vorgängen hatten die beiden Beklagten, die Kinder des Dr. Heinz W***, keine Kenntnis. Als Max W*** sen. am 13.5.1960 verstarb, wurde sein Nachlaß auf Grund des Testamentes Dr. Heinz W*** eingeantwortet. Auf Grund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens erfolgte die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Dr. Heinz W*** ob der erwähnten Liegenschaft.

Am 18.5.1965 verstarb Dr. Max W***. Sein Nachlaß wurde den beiden Beklagten je zur Hälfte eingeantwortet. Trotz eines Antrages des Klägers vom 13.3.1967, die Liegenschaft nicht in das Nachlaßvermögen aufzunehmen, wurde ob dieser auf Grund der rechtskräftigen Einantwortung je zur Hälfte das Eigentumsrecht für die beiden Beklagten einverleibt.

Der Kläger verlangt auf Grund der Vereinbarung mit seinem Vater und mit Dr. Heinz W*** die Beklagten schludig zu erkennen, in die Einverleibung seines Eigentumsrechtes ob der Liegenschaft einzuwilligen.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen, die Beklagten hätten die Liegenschaft gutgläubig erworben. Da ihnen die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater und seinem Bruder nicht bekannt gewesen sei, könne der Kläger aus dieser Vereinbarung keinen Anspruch gegen sie ableiten.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens, wobei es die Rechtsansicht vertrat, Dr. Heinz W*** habe eine eigene Verpflichtung zur Herausgabe der Liegenschaft gegenüber dem Kläger übernommen. Gemäß § 548 ABGB seien die Beklagten, als Erben des Dr. Heinz W***, an diese Verpflichtung gebunden. Hiebei spiele die Frage der Gut- oder Schlechtgläubigkeit keine Rolle. Im Hinblick auf die erwähnte Verpflichtung sei die Liegenschaft nicht in den Nachlaß gefallen. Die Beklagten seien daher nicht berechtigt, die Liegenschaft weiter für sich zu beanspruchen.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Revision für nicht zulässig erklärt. Es hat jedoch ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt. Die von den Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist, weil, wie noch darzulegen sein wird, die Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO in der Fassung vor der erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 vorliegen, zulässig. Entgegen der Auffassung der Revisionsbeantwortung ist gemäß § 502 Abs 3 ZPO in Verbindung mit § 500 Abs 4 ZPO für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nur der Wertausspruch des Berufungsgerichtes, nicht aber die Bewertung eines nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes durch den Kläger maßgebend. Die Revision ist auch berechtigt. Das Berufungsgericht stellt seine Entscheidung ausschließlich auf die vom Vater der Beklagten gegenüber dem Kläger übernommene Verpflichtung ab. Nun steht aber fest, daß die strittige Liegenschaft zu Lebzeiten des Max W*** sen. weder dem Kläger noch dessen Bruder übergeben worden ist. Der Letztgenannte hat sich gegenüber dem Kläger lediglich zur Herausgabe der Liegenschaft verpflichtet. Diese bloße Verpflichtungserklärung ist für sich noch kein Eigentumserwerbstitel. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Kläger seinem Bruder keinerlei Gegenleistung für die Herausgabe der Liegenschaft versprochen hat. Geht man daher lediglich von der Verpflichtungserklärung des Dr. Heinz W*** aus, so könnte diese nur als ein Schenkungsversprechen angesehen werden. Ein derartiges Schenkungsversprechen erlangt aber gemäß § 1 Abs.1 lit.d NotZwG erst durch die Errichtung eines Notariatsaktes Rechtswirksamkeit. Daß ein Notariatsakt errichtet worden wäre, wurde nicht behauptet. Aus diesem Grunde kann der Kläger seinen Anspruch aus der bloßen Verpflichtungserklärung seines Bruders nicht ableiten. Es bleibt sohin die Frage zu prüfen, ob die Erklärung des Vaters des Klägers diesem einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Übergabe der Liegenschaft verschafft hat. Hier konnte eine Erörterung der Frage unterbleiben, ob eine Übergabe der Liegenschaft an den Bruder des Klägers als Treuhänder als wirkliche Übergabe an den Kläger anzusehen wäre, weil zu Lebzeiten des seinerzeitigen Liegenschaftseigentümers eine solche Übergabe nicht stattgefunden hat. Der Bruder des Klägers hat die Liegenschaft erst auf Grund des errichteten Testamentes im Erbweg erlangt. Irgendwelche Ansprüche aus dem Testament kann der Kläger schon auf Grund dieses Testaments und auf Grund seines Erbverzichtes nicht ableiten. Für die Annahme eines mündlichen Testamentes fehlt es an den hiefür vorgesehenen Gültigkeitsvoraussetzungen. Eine Erbeinsetzung des Klägers oder sonstige testamentarische Rechte können aus dem Testament auch nicht im Wege der Auslegung abgeleitet werden, weil bei der Auslegung eines Testamentes zwar sowohl mündliche Äußerungen als auch im Testament nicht bezogene Schriftstücke zu beachten sind, die Auslegung jedoch im Testament irgendeinen, wenn auch noch so geringen Anhaltspunkt finden muß. Dem unzweideutig ausgedrückten Willen darf die Auslegung nicht direkt zuwiderlaufen (NZ 1984, 130, EvBl.1980/59, SZ 38/221 ua.). Enthält demnach ein Testament ausdrücklich nur die Erbeinsetzung einer Person und liegt im Verlassenschaftsverfahren eine rechtsgültige Erbverzichtserklärung einer anderen Person vor, so kann auch im Wege der Testamentsauslegung diese andere Person nicht als Begünstigter des Testamentes angesehen werden.

Denkbar wäre nun, daß Max W*** sen. dem Kläger die Liegenschaft außerhalb des Nachlasses bei seinem Tod zukommen lassen wollte und zu diesem Zweck den Vater der Beklagten zum Treuhänder bestimmt hat. Dies könnte man allenfalls als eine Schenkung auf den Todesfall ansehen. Auch die Schenkung auf den Todesfall setzt jedoch zu ihrer Gültigkeit die Errichtung eines Notariatsaktes voraus (Schubert in Rummel2 Anm.2 zu § 956 ABGB, SZ 57/91 ua.). Demnach kann sich der Kläger auch nicht auf eine Schenkung auf den Todesfall berufen.

Schließlich wäre es auch denkbar, einen Auftrag auf den Todfall anzunehmen. Bei dieser Institution erteilt der Erblasser jemandem den Auftrag, nach seinem Tod einem Dritten eine Sache auszufolgen. Hier wäre also der Verpflichtete des Auftrages der Vater der Beklagten gewesen, während die Ausfolgung an den Kläger erfolgen hätte müssen. Nach der nunmehr herrschenden Lehre und Rechtsprechung ist der Auftrag auf den Todesfall wie jeder andere Auftrag kein Titel für den Eigentumserwerb an der dem Auftraggeber gehörigen Sache und zwar auch dann nicht, wenn er als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet ist. Der Erwerbstitel des begünstigten Dritten beruht vielmehr auf einer zumeist widerruflichen Schenkung auf den Todesfall. Eine solche ist jedoch formbedürftig (SZ 53/135, Apathy,

Der Auftrag auf den Todesfall in JBl.1976, 393 ff., Schubert aaO, Rz 7 zu § 956 ABGB, Binder in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 17 zu § 956 ua.). Auch wenn man daher im vorliegenden Fall von einem Auftrag auf den Todesfall ausgeht, so hätte der Kläger mangels Übergabe der Liegenschaft an ihn zu Lebzeiten seines Vaters und mangels Errichtung eines Notariatsaktes keinen durchsetzbaren Anspruch erlangt. Vielmehr hat der Bruder des Klägers auf Grund des Testamentes Eigentum an der Liegenschaft erworben. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist daher die Liegenschaft in den Nachlaß nach Dr. Heinz W*** gefallen. Die Beklagten haben als Erben des Letztgenannten diese Liegenschaft erworben. Demgegenüber konnte der Kläger keinen Rechtstitel nachweisen, der seinen Herausgabeanspruch gegenüber den rechtmäßigen Eigentümern der Liegenschaft rechtfertigen würde.

Im Ergebnis erweist sich sohin die Entscheidung des Erstgerichtes als richtig.

Wie die oben ausgeführte Begründung erkennen läßt, hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zwingende Bestimmungen des Notariatszwangsgesetzes, die Literatur und die herrschende Judikatur außer Betracht gelassen. Beim vorliegenden Fall handelt es sich auch nicht um einen solchen, der auf Grund des gegebenen Sachverhaltes als bei der Zulassungsfrage unbeachtlicher Einzelfall angesehen werden könnte. Dies führt aber zu der Zulässigkeit der Revision. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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