OGH 5Ob5/87

OGH5Ob5/8727.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Hofmann und Dr. Klinger als Richter in der Außerstreitsache des Wohnungseigentümers Emmerich H***, Angestellter, Puffergasse 1/1/11, 1210 Wien, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die Verwalterin G*** BAU-, W***- und S*** W*** XIII

registrierte Genossenschaft mbH, Margarethengürtel 38-40, 1050 Wien, vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen Legung der Rechnung, infolge Rekurses des Wohnungseigentümers Emmerich H***, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Oktober 1986, GZ 41 R 434/85-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 29. April 1986, GZ 6 Msch 27/85-25, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Seit dem 16. März 1981 ist der Antragsteller Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 125 KG Floridsdorf. Er verlangt von der Verwalterin die Legung der Rechnung für die Zeit vom 1. September 1975 bis 15. März 1981.

Daß darüber im Verfahren nach § 26 WEG zu entscheiden ist, wurde rechtskräftig entschieden.

Das Erstgericht trug der Verwalterin die Legung der sämtliche Einnahmen und Ausgaben im einzelnen unter Angabe des Datums, Verwendungszweckes und der Belegnummer ausweisende Abrechnung für die Zeit vom 1. September 1975 bis 15. März 1981 auf. Das Rekursgericht hob über den Rekurs der Verwalterin diesen Sachbeschluß auf und verwies die Sache an das Erstgericht zu neuer Entscheidung nach Verfahrensergänzung. Zugleich setzte das Rekursgericht den Rechtskraftvorbehalt.

Die Vorinstanzen waren übereinstimmend der Rechtsansicht, daß die Verwalterin ihrer gesetzlichen Verpflichtung, nach § 17 Abs 2 Z 1 WEG wegen der Abhängigkeit der späteren Abrechnung von der für die Zeit vor Begründung des Wohnungseigentums zu legenden Rechnung eine dem Gesetz entsprechende Abrechnung für den bezeichneten Zeitraum dem einzelnen Miteigentümer zu legen, bisher nicht entsprach. Das Rekursgericht teilte jedoch die Rechtsmeinung des Erstgerichtes nicht, wegen der Unabdingbarkeit der Rechnungslegungspflicht nach § 17 Abs 3 WEG seien Feststellungen zu den von der Verwalterin erhobenen Einwänden, der Antragsteller habe auf den Anspruch verzichtet zumindest aber Stundung gewährt, entbehrlich. Vereinbarungen, die den Verwalter von seiner Rechnungslegungspflicht befreien oder diese einschränken, seien wohl unzulässig, soweit sie sich auf noch nicht fällige Abrechnungen beziehen. Nach Eintritt des jeweiligen Anspruches auf Rechnungslegung könne der Wohnungseigentümer jedoch über seinen Anspruch verfügen. Es bedürfe der Aufnahme der Beweise und der Feststellung, ob nach Legung der unzureichenden Abrechnungen vereinbart wurde, daß Stundung gewährt oder auf den Anspruch auf Legung der dem Gesetz entsprechenden Abrechnung verzichtet werde. Nur der Antragsteller erhob gegen den Aufhebungsbeschluß den nach § 26 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässigen Rekurs an den Obersten Gerichtshof, weil er meint, nach § 17 Abs 3 WEG könne die Verbindlichkeit des Verwalters zur Rechnungslegung auch mit Willen des einzelnen Wohnungseigentümers weder "aufgehoben noch beschränkt" werden.

Die Gegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben, zugleich aber die im Aufhebungsbeschluß vertretene Rechtsansicht, daß eine gesonderte Abrechnung zum 15. März 1981 geboten und auch die eingehobenen Verwaltungskosten zu verrechnen sind, abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Anordnung des § 17 Abs 3 WEG, daß die dem Verwalter als Machthaber nach dem 22. Hauptstück des zweiten Teiles des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches auferlegten Verbindlichkeiten weder aufgehoben noch beschränkt werden können, sichert den Schutz der Miteigentümer dadurch, daß sämtliche Pflichten des Verwalters für unabdingbar erklärt werden, weil sonst Verwalter durch geschicktes Ausarbeiten von Vertragsmustern und allgemeinen Geschäftsbedingungen die Wohnungseigentümer in eine ungünstige Rechtsposition drängen könnten. Ein Mindeststandard der Rechnungslegungspflicht ist schon nach § 1012 ABGB zwingendes Recht (Faistenberger-Barta-Call, WEG, Rz 89 zu § 17). Es ist jedoch nicht geboten, die Privatautonomie weiter zu beschränken, als den oder die Mit- (und Wohnungs-)Eigentümer vor einer solchen Einengung der Verpflichtungen des Verwalters zu bewahren. Nach Fälligwerden des ihm zustehenden Rechnungslegungsanspruches kann der Berechtigte über diesen seinen Anspruch verfügen und durch rechtsgeschäftliche Erklärungen auch Stundung gewähren oder auf eine weitergehende Rechnungslegung verzichten. Nur der Vorausverzicht bleibt wirkungslos. Den vom Rechtsmittelwerber geäußerten Bedenken kommt keine Berechtigung zu, weil es Sache des Stundung oder Verzicht behauptenden Verwalters ist, den Beweis zu erbringen und nur die eindeutige ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Berechtigten von Bedeutung sein kann. Der Ansicht des Rekursgerichtes wird daher beigepflichtet.

Damit ist, weil der Oberste Gerichtshof in diesem Verfahren nur Rechtsinstanz ist, die Aufhebung des sonst der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschlusses des Erstgerichtes zu bestätigen. Der Ansicht des Rekursgerichtes, es bedürfe ergänzender Feststellungen zu dem dem Rechnungslegungsbegehren entgegengesetzten Einwand des Verwalters, der Anspruch sei durch Verzicht erloschen zumindest aber infolge Stundung nicht fällig, kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten, weil diese Beurteilung dem Tatsachenbereich angehört. Zum Umfang der Abrechnungspflicht hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 2. März 1982 zu 5 Ob 19/81 (MietSlg 34.542/8) eingehend Stellung genommen und daran auch seither festgehalten (OGH 3.12.1985, 5 Ob 91/85; OGH 16.12.1986, 5 Ob 63/86). Die Entscheidung des Rekursgerichtes hält sich an diese Rechtsansichten. Der Zweck der Abrechnung erfordert die umfassende und klar verständliche Aufgliederung aller Eingänge und Ausgaben also auch, wie schon in MietSlg 34.542/8 angeführt, der Verwaltungskosten, die von den sonstigen für andere Lieferungen und Leistungen Dritter von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu leistenden Entgelten nicht ausgenommen werden dürfen, auch wenn sie an den Verwalter abgeführt werden.

In MietSlg 34.542/8 wurde zwar der Grund dafür, daß auch vor der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft liegende Zeiträume der Abrechnungspflicht nach § 17 Abs 2 Z 1 WEG dann unterliegen, wenn die Abrechnung für die Zeit nach Begründung von Wohnungseigentum die Aufrollung der vorherigen Rechnungslegung erfordert, darin gesehen, daß der dann einheitliche über mehrere Rechnungsperioden (vor und nach erstmaliger Verbücherung von Wohnungseigentum) reichende Anspruch nur in einem gemeinsamen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 lit a WEG abgewickelt werden kann. Ist es aber aus verfahrensrechtlichen Gründen dazu gekommen, daß über den Rechnungslegungsanspruch für einen Zeitraum nach erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum bereits entschieden wurde und eine Verbindung der Verfahren nicht mehr erfolgen kann, ist es geboten, mit dem Auftrag in diesem Verfahren einen lückenlosen Übergang zur Rechnungslegung im anschließenden Zeitraum zu schaffen. Es kann dann, wenn auch sonst jeweils für das Kalenderjahr abzurechnen ist (OGH 16.9.1986, 5 Ob 12/85; OGH 16.12.1986, 5 Ob 63/86), hier auf die Zerlegung der Rechnung für das Jahr 1981 in zwei Teilrechnungen nicht verzichtet werden. Es kann allerdings im fortgesetzten Verfahren hervorkommen, daß der Rechnungslegungsanspruch für einzelne Jahre, wenn Verzicht und Stundung nicht vorliegen, durch die Legung einer allen Anforderungen entsprechenden ordnungsgemäßen Rechnung erfüllt ist. Verfehlt ist auch die Ansicht der Verwalterin, die Vorlage einer Ausfertigung einer Abrechnung an das Gericht komme der Übergabe an den Wohnungseigentümer gleich, wenn er das Fehlen einer für ihn bestimmten Ausfertigung nicht gerügt hat. Grundsätzlich ist ohne Rücksicht auf die dadurch dem Verwalter entstehenden Kosten jedem einzelnen Wohnungseigentümer eine Ausfertigung der für das Objekt

erstellten Abrechnung zu übermitteln (OGH 28.5.1979, 5 Ob 17/79 =

SZ 52/85 = EvBl 1979/240 = JBl 1981, 156 = MietSlg 31.527).

Soweit daher die Verwalterin, die selbst den Aufhebungsbeschluß und damit die diesem zugrunde gelegten Rechtsansichten nicht bekämpfte, in ihrer Rekursbeantwortung eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache, die infolge des Rekurses des Antragstellers wahrzunehmen wäre, aufzuzeigen versucht, gelingt ihr dies nicht.

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