OGH 5Ob575/89

OGH5Ob575/8914.7.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt H***, Kaufmann, Villenstraße 6, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Siegfried S***, Taxilenker,

Plüddemanngasse 83 a, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 57.000 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. März 1989, GZ 5 R 27/89-38, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. November 1988, GZ 10 Cg 271/88-33, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger besaß eine Konzession für das Taxi-Gewerbe und vereinbarte im Jahr 1976 mit dem Beklagten, daß dieser sein Unternehmen führe, aus den Einnahmen alle mit dem Betrieb verbundenen Aufwendungen trage und dem Kläger einen Monatsbetrag von S 4.000,- abführe. Der Beklagte sollte die Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Der Kläger wurde als konzessionierter Taxi-Unternehmer und Arbeitgeber zur Zahlung ausständiger Sozialversicherungsbeiträge verhalten. Er bezahlte zumindest S 57.000,- an die Gebietskrankenkasse.

Am 25. Juni 1986 klagte er vom Beklagten diesen Betrag ein, weil dieser die Vereinbarung, insbesondere die Beiträge zur Sozialversicherung aus den Einnahmen zu begleichen, nicht eingehalten und anerkannt habe, dem Kläger S 57.000,- zu ersetzen. Der Beklagte sei als stiller Gesellschafter gegen Umsatzbeteiligung als Taxifahrer im Unternehmen tätig gewesen.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Es habe sich nicht um ein Gesellschaftsverhältnis sondern um Unternehmenspacht gehandelt. Der Beklagte habe aus eigenen Mitteln ein Taxi-Fahrzeug angeschafft und sei für dessen Kosten aufgekommen. Im Zuge von Verrechnungen habe der Beklagte sich im Jahr 1983 bereit erklärt, dem Kläger S 57.000,- an Sozialversicherungsbeiträgen zu erstatten, wenn er den vom Beklagten beschafften Personenkraftwagen ausfolge. Von dem gerichtlichen Vergleich vom 17. Juni 1986 seien nur Ansprüche aus der Verrechnung des Pachtzinses ausgenommen worden. Der Ersatzanspruch des Klägers sei verglichen und verjährt. Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von S 57.000,- samt 4 % Zinsen seit dem 15. März 1983 und stellte im wesentlichen fest:

Nach Auflösung des vertraglich begründeten Gesellschaftsverhältnisses zwischen dem klagenden Taxi-Unternehmer und dem Beklagten sollte dieser das von ihm finanzierte Fahrzeug übereignet erhalten. Der Kläger verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs, weil der Beklagte nach der Beendigung der Gesellschaft nicht ordnungsgemäß verrechnet hatte. Der Beklagte erhob zu 12 Cg 290/83 (= 12 Cg 191/85) des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz am 23. August 1983 gegen den Kläger die Klage auf Herausgabe des Personenkraftwagens Audi 80 CL Diesel (den der Beklagte finanziert und als Einlage in die Gesellschaft eingebracht hatte). In dem gerichtlichen Vergleich vom 17. Juni 1986 wurden nur die mit dem Herausgabeanspruch zusammenhängenden Ansprüche geregelt, nicht aber der nun eingeklagte Ersatzanspruch. Der Beklagte hat die bei Begründung der stillen Gesellschaft getroffene Vereinbarung nicht erfüllt, alle Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen. Der Beklagte habe dem Kläger daher wegen Verletzung dieser Vertragspflicht S 57.000,- zu ersetzen.

Das Berufungsgericht hob infolge der Berufung des Beklagten das erstrichterliche Urteil auf, verwies die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Urteilsfällung und setzte den Rechtskraftvorbehalt. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen, hielt sie aber für eine abschließende rechtliche Beurteilung der Sache unzureichend. Es stellte auch noch fest, daß der Beklagte ein Schreiben unterfertigte, wonach er auf Grund der am 8. April 1983 vom Kläger vorgelegten Unterlagen bereit sei, den noch offenen Betrag von S 57.000,- an Gebietskrankenkassenzahlungen zu leisten und daß der Beklagte auch im Prozeß wegen Herausgabe des Fahrzeugs bestätigte, daß Gebietskrankenkassengelder noch offen sind, und er seine Bereitwilligkeit zur Zahlung von S 57.000,- schriftlich erklärt habe.

Rechtlich meinte das Berufungsgericht, es liege ein zumindest deklaratives Anerkenntnis des Beklagten vor, dem Kläger S 57.000,-

aus der Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge zu schulden. Von dem gerichtlichen Vergleich vom 17. Juni 1986 sei der hier erhobene Anspruch ausdrücklich ausgenommen worden. Das Erstgericht habe die zur Beurteilung des Anerkenntnisses durch den Beklagten und seines Verjährungseinwandes erforderlichen Tatsachen nicht erhoben. Der Kläger habe mit dem Beklagten vertraglich eine atypische stille Gesellschaft begründet und der Beklagte habe die Verpflichtung übernommen, die Sozialversicherungsbeiträge unmittelbar an die Gebietskrankenkasse abzuführen, der allerdings der Kläger als Inhaber der Taxi-Konzession und als Dienstgeber nach § 58 Abs 2 ASVG allein haftete. Es sei nun zu klären, wie die im Innenverhältnis getroffene Vereinbarung rechtlich zu werten sei. Rückgriffsansprüche des Klägers schieden aus, weil es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge zur Sozialversicherung nicht um eine Gesamtschuld handelt und der Kläger durch seine Zahlungen seine eigene Schuld beglichen habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beklagte eine Garantie übernommen habe, denn der Kläger habe den Anspruch aus der Verletzung der vertraglichen Pflicht des Beklagten abgeleitet. Diese Ersatzforderung unterliege der Verjährungszeit nach § 1489 ABGB, die mit Kenntnis des Schadens (Zahlung der Beiträge durch den Kläger) und des Ersatzpflichtigen zu laufen beginne. Es werde daher festzustellen sein, wann der Kläger die vom Beklagten nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich geleistet hat und damit Kenntnis von dem ihm durch Vertragsverletzung entstandenen Schaden erlangte, welche Absicht der schriftlichen Erklärung des Beklagten zugrunde lag, in der er sich (unter einer Bedingung) bereit erklärte, an den Kläger den noch offenen Betrag an Gebietskrankenkassenbeiträgen in der Höhe von S 57.000,- zu leisten, und wie weit die Zahlung des Klägers zurückreichte. Wäre die dreijährige Verjährungszeit schon abgelaufen gewesen und hätte der Beklagte seine Zahlungsverpflichtung anerkannt, so könnte darin ein Verzicht auf Erhebung des Verjährungseinwandes liegen. Wäre die Frist damals noch nicht abgelaufen, so wäre sie bis zur Anbringung der Klage erneut verstrichen. Es sei aber nicht klar, ob der Kläger nicht erst innerhalb des Zeitraumes von drei Jahren vor dem 25. Juni 1986 die rückständigen Beiträge bezahlte.

Die Zulässigkeit des Rechtskraftvorbehaltes begründete das Berufungsgericht mit der Erheblichkeit der Rechtsfrage der Verjährung eines aus der Verletzung einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung abgeleiteten Schadenersatzanspruches.

Der Kläger hat Rekurs erhoben, weil er meint, die Sache sei im Sinne der Stattgebung seines Klagebegehrens spruchreif. Der Beklagte beantragt, den Aufhebungsbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen die nach § 519 Abs 2 ZPO für die Anfechtbarkeit des Aufhebungsbeschlusses geforderten Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor. Das Berufungsgericht darf einen Rechtskraftvorbehalt iSd § 519 Abs 1 Z 3 ZPO nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO für gegeben erachtet. Da der Wert des Streitgegenstandes in Geld S 300.000,- nicht überstieg, durfte die Zulassung des Rekurses durch den Ausspruch, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen ist, nur erfolgen, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 519 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO). Ein ohne diese Voraussetzungen ausgesprochener Rechtskraftvorbehalt bindet den Obersten Gerichtshof nicht. Fehlen in Wahrheit die Voraussetzungen, so ist der unzulässige Rekurs nach § 526 Abs 2 ZPO zurückzuweisen (Fasching, ZPR Rz 1982; Petrasch in ÖJZ 1983, 203). Der Ansicht des Berufungsgerichtes kann nicht gefolgt werden, weil keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wird, wenn davon auszugehen ist, daß der Kläger seinen Anspruch einerseits auf eine Schadenszufügung durch Vertragsverletzung und andererseits darauf stützt, daß der Beklagte den Anspruch "mehrfach" anerkannt habe. Nach § 1489 ABGB ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Schon nach dem Gesetz ist klar, daß als Entschädigungsklage nicht nur der Schadenersatzanspruch aus deliktischer Schädigung sondern auch jeder Anspruch auf Ersatz gilt, der aus der Verletzung von Vertragspflichten abgeleitet wird (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1489). Es macht keinen Unterschied, welcher Art der Vertrag ist, dessen Verletzung zum Schaden führte. Wenn zwischen dem Kläger, der als konzessionierter Taxi-Unternehmer dem Beklagten die Führung seines Unternehmens unter Gesellschaftsbeteiligung überließ, vereinbart war, daß der Beklagte mit den Erträgnissen wirtschafte, insbesondere auch alle anfallenden Sozialversicherungsbeiträge abführe, er aber dann dieser Vertragspflicht nicht nachkam, so daß der allein dafür haftende Kläger in Anspruch genommen wurde, und der Kläger daraus den Anspruch auf Ersatz seines Schadens ableitet, gilt nichts anderes als bei jedem Vertrag. Die vom Berufungsgericht zur Verjährungsfrage geäußerte Rechtsmeinung hält sich im Rahmen gesicherter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (etwa SZ 48/88; JBl 1986, 304). Die Anerkennung wirkt auch nicht als Neuerungsvertrag und ändert an der Dauer der Verjährungsfrist nichts (SZ 36/55 ua). Inwieweit dem Kläger Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages zustehen und ob diese der langen Verjährungsfrist unterliegen, brauchte nicht erörtert zu werden, weil der Kläger als seinen Anspruch begründende Tatsache vorgetragen hat, daß der Beklagte seine vertragliche Verpflichtung verletzt hat und daraus ersatzpflichtig wurde. Auch der Rekurswerber vermag keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, denn seine Ausführungen stellen unbeachtliche Neuerungen dar, wenn er meint, er mache in Wahrheit ja nicht den Ersatzanspruch sondern den Erfüllungsanspruch auf Verrechnung nach Aufhebung der Gesellschaft geltend. Wenn der Kläger die gesamte gegenseitige Verrechnung aufrollt, mag sein Anspruch anders zu beurteilen sein (Wahle in Klang2 V 629 ua), doch hat er sich darauf im erstgerichtlichen Verfahren nicht gestützt.

Der Rekurs ist daher zurückzuweisen.

Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung nicht zu, weil er auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat.

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