European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00575.840.0918.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, dem Minderjährigen vom 13. 9. 1979 bis zum 7. 1. 1982 einen monatlichen Unterhalt von 1.100 S und ab dem 8. 1. 1982 (unter Abweisung eines Mehrbegehrens von monatlich 500 S) einen monatlichen Unterhalt von 1.600 S zu leisten. Es stellte im Wesentlichen folgenden Sacherhalt fest:
Der Minderjährige befindet sich im Haushalt der Mutter, die über ein monatliches Nettoeinkommen von 11.000 S (einschließlich Familienbeihilfe für den Minderjährigen und ein weiteres Kind) verfügt. Der Vater ist seit einem Verkehrsunfall am 5. 8. 1978 arbeitsunfähig und wurde am 19. 6. 1980 wegen Geistesschwäche beschränkt entmündigt. Er bezieht seit dem 1. 8. 1979 von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter eine Invaliditätspension (deren Höhe einschließlich Ausgleichszulage, Kinderzuschuss und Hilflosenzuschuss vom Erstgericht im Einzelnen festgestellt wurde). Aus der Haftpflichtversicherung sowie aus einer Unfallversicherung erhielt der Vater insgesamt einen Betrag von 1.479.661 S. Mit Schenkungsvertrag vom 26. (richtig: 13.) 2.1980 schenkte der Vater die ihm gehörende Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde P***** und den ihm gehörenden Achtelanteil an der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde P***** seiner Mutter. Diese räumte ihm mit Wohnungsrechtseinräumungsvertrag vom 29. 6. 1983 hinsichtlich des auf den genannten Liegenschaften errichteten Hauses das lebenslängliche unentgeltliche und persönliche Wohnungsrecht ein.
Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt zusammengefasst dahin, dass bei der Unterhaltsbemessung von der vom Vater bezogenen Invaliditätspension (ohne Hilflosenzuschuss) sowie von den Erträgnissen eine gewinnbringenden Anlegung der vom Vater aufgrund des Verkehrsunfalls erzielten Versicherungsleistungen in einem Teilbetrag von etwa 800.000 S als Grundlage auszugehen sei. Der Vater würde danach ab dem 1. 1. 1984 über ein monatliches Nettoeinkommen von insgesamt 11.600 S (S 4.400 S Pension, 2.200 S Hilflosenzuschuss und 5.000 S an Erträgnissen aus der gewinnbringenden Anlegung des erwähnten Teils der Versicherungsleistungen) verfügen, sodass ihm nach Abzug einer monatlichen Unterhaltsleistung von 1.600 S an den Minderjährigen noch ein Betrag von rund 10.000 S verbliebe, der für die Befriedigung der eigenen erhöhten Bedürfnisse ausreiche.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluss, der hinsichtlich der Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens des Minderjährigen von monatlich 500 S ab 8. 1. 1982 als unbekämpft unberührt blieb, auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte aus:
Im Ergebnis zutreffend bemängle der Vater die globale Berücksichtigung einer Teilzahlung von 800.000 S aus den Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall im Rahmen der Bemessungsgrundlage. Schadenersatzleistungen aus dem Titel des Schmerzengeldes könnten bei der Unterhaltsbemessung nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden. Das Nämliche gelte für solche Leistungen an Pflegeaufwand, falls diese tatsächlich zu diesem Zweck verwendet worden seien. Lediglich Leistungen an Verdienstentgang würden eine Berücksichtigung im Rahmen der Unterhaltsbemessung rechtfertigen. Was die private Unfallversicherung anlange, deren Versicherungssumme sich auf den Fall des Todes, der bleibenden Invalidität und Spitalgeld bezogen habe, könnten davon hier nur die Leistungen für die bleibende Invalidität Berücksichtigung finden, weil bezüglich des Spitalgeldes, falls ein solches tatsächlich zur Auszahlung gelangt sein sollte, dem Vater, der es sich durch Zahlung der Versicherungsprämien erworben habe, zugebilligt werden müsse, es zu diesem Zweck zu verwenden und sich damit den Spitalsaufenthalt angenehmer zu gestalten.
Da hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Versicherungsleistungen Feststellungen fehlten und diese auch aufgrund des Akteninhalts nicht getroffen werden könnten, müsse zur Klärung dieser Umstände mit einer Aufhebung des gesamten stattgebenden Teils des erstgerichtlichen Beschlusses vorgegangen werden. Für den Fall, dass nach den Ergebnissen der aufgetragenen Verfahrensergänzung nur von der Invaliditätspension als Bemessungsgrundlage auszugehen sein sollte, wäre dem Vater nämlich eine höhere Alimentierung als der ohnedies laufend geleistete Kinderzuschuss nicht möglich. Mangels einer Unterhaltsverletzung wäre dann aber mit einer gänzlichen Abweisung des Unterhaltsbegehrens vorzugehen.
Im Rahmen der aufgetragenen Verfahrensergänzung werde daher zu prüfen sein, welche Versicherungsleistungen dem Vater an Verdienstentgang und für die Invalidität aus der privaten Unfallversicherung zugegangen seien. Diese könnten dann bei der Unterhaltsbemessung in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, soweit der Vater nicht nachweise, dass auch der Verbrauch dieser Summen für ihn existenznotwendig gewesen sei. Schmerzengeld, Spitalgeld und Pflegegebührenersatz hätten außer Betracht zu bleiben. Das Nämliche gelte, wie das Erstgericht zutreffend erkannt habe, auch für den Hilflosenzuschuss, der von ihm dessen ungeachtet aber dann doch in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden sei.
Sollte die Regelung mit den Versicherern ohne ziffernmäßige Konkretisierung, welche Beträge aus welchem Titel geleistet worden seien, erfolgt sein und diesbezüglich auch sonst nichts festgestellt werden, so werde das Erstgericht in analoger Anwendung des § 273 ZPO einen Betrag anzunehmen haben, der bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sei. Dabei werde aber auf die noch festzustellenden Auslagen des Vaters im Zusammenhang mit den Unfallsfolgen entsprechend Bedacht zu nehmen sein.
Gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Bezirksjugendamts für den 20. Wiener Gemeindebezirk als besonderen Sachwalter des Minderjährigen.
Der Revisionsrekurswerber macht zusammengefasst geltend: Es sei außer acht gelassen worden, dass der Vater durch die (wegen seiner schon damals bestehenden Geschäftsunfähigkeit allerdings nichtige) Schenkung seines Liegenschaftsvermögens an seine Mutter ‑ ein Teil der Versicherungsleistungen sei zur Bezahlung des Baumaterials für das auf der Liegenschaft errichtete Haus verwendet worden ‑ die Unterhaltsbemessungsgrundlage vermindert habe. Der unterhaltspflichtige Vater sei angesichts der in den §§ 140 ff ABGB festgehaltenen Anspannungslehre nicht berechtigt, ihm allenfalls ausgezahltes Spitalgeld auf Kosten des unterhaltsberechtigten Minderjährigen dazu zu verwenden, um sich damit den Spitalsaufenthalt angenehmer zu gestalten. Es treffe nicht zu, das der Vater bloß nachzuweisen brauche, die Leistungen der Versicherer in irgendeiner Art zu seinem Wohl verwendet zu haben um damit deren Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu erreichen. Es sei nicht genügend berücksichtigt worden, dass der Vater durch die vergleichsweise Annahme der ihm angebotenen Versicherungssummen bewirkt habe, dass Unterhaltsforderungen des Minderjährigen gegen die Versicherer nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Die Verwendung der Versicherungssummen sei ebensowenig ausreichend geklärt worden wie die derzeitige Vermögens‑ und Einkommenssituation des Vaters. Im Übrigen habe das Erstgericht den vom Vater bezogenen Hilflosenzuschuss entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ohnehin nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Schließlich müsse darauf hingewiesen werden, dass die Angehörigen des Vaters und dessen Beistand von der Motivation geleitet seien, den Unterhaltsanspruch des Minderjährigen durch gerade noch erlaubte Handlungen zu schmälern beziehungsweise ad absurdum zu führen. Durch das bisherige Verfahren sei das Recht des Minderjährigen auf Erlangung von Unterhalt gröblich verletzt und der Minderjährige dadurch in seinen verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten geschädigt worden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus nachstehenden Erwägungen unzulässig:
Gemäß § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. In einem derartigen Fall ist auch der die Entscheidung des Erstgerichts aufhebende Beschluss des Rekursgerichts unanfechtbar (3 Ob 56/61 uva, zuletzt etwa 1 Ob 138/73, 5 Ob 621/83).
Zur Unterhaltsbemessung gehört unter anderem die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Punkt II des Jud 60 neu = SZ 27/177). Unter diesem Gesichtspunkt gehört auch die Frage, was in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist, zur Bemessungsfrage, sodass es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, auf den Vorwurf der falsch (unvollständig) angenommenen Unterhaltsbemessungsgrundlage meritorisch einzugehen (EFSlg 30.509; 42.272, 42.276 ua, zuletzt etwa 2 Ob 601/83, 5 Ob 502/83, 6 Ob 682/83).
Die Anfechtung einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Unterhaltsbemessung wird durch § 14 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen, welcher Fehler immer dem Rekursgericht dabei unterlaufen sein möge (EFSlg 42.251 uva, zuletzt etwa 5 Ob 703, 704/83).
Geht man davon aus, dann ergibt sich, dass im gegenständlichen Revisionsrekurs ausschließlich Bemessungsfragen releviert werden.
Der somit unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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