Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im Zuge des Scheidungsverfahrens gemäß § 55 a EheG vereinbarten die Eheleute L*** am 15.Oktober 1986, daß der Ehemann die Kreditverbindlichkeit bei der O*** S*** zu
Konto-Nr. 851-0035/25 in seine alleinige Rückzahlungsverpflichtung übernehme, und daß er die Antragstellerin für den Fall einer Inanspruchnahme durch die Gläubiger schad- und klaglos halten werde. Die Antragstellerin beantragte daraufhin die Erlassung des Ausspruches, daß sie gegenüber der O*** S*** nur als Ausfallsbürge verpflichtet werde, während ihr Ehemann als Hauptschuldner anzusehen sei. Dieser stimmte dem Antrag ausdrücklich zu.
Das Erstgericht schied die Ehe der Parteien gemäß § 55 a EheG und sprach aus, daß bezüglich der Kreditverbindlichkeit zur Konto-Nr. 851-0035/25 der O*** S*** Josef L*** als Hauptschuldner und Monika L*** als Ausfallsbürge im Sinne des § 98 EheG anzusehen seien.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen diesen Beschluß vom Kreditgeber, BANK FÜR O*** UND S*** (Zweigstelle O*** S***) erhobenen Rekurs mit dem weiteren Ausspruch nicht Folge, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Zur Rechtsstellung der Rekurswerberin als Verfahrensbeteiligte führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:
Werde ein Antrag gemäß § 98 Abs 1 EheG noch vor Erlassung des Scheidungsbeschlusses gestellt, so könne gemäß § 226 Abs 3 AußStrG der Ausspruch mit diesem Beschluß verbunden werden. Einem solchen Verfahren sei im ersten Rechtsgang der Kreditgeber gemäß § 229 Abs 1 letzter Satz AußStrG nicht schon in erster Instanz beizuziehen, ihm sei jedoch die Entscheidung über den Antrag zuzustellen. Nach dem klaren Wortlaut der Ausnahmebestimmung des § 229 Abs 1 AußStrG habe die Rekurswerberin dem Verfahren erster Instanz nicht beigezogen werden müssen, obwohl die angefochtene Entscheidung in ihre Rechte eingreife. Warum die Rekurswerberin dennoch dem Verfahren vor dem Erstgericht hätte beigezogen werden müssen, vermöge sie in ihrem Rechtsmittel nicht zu erklären. Den Ausführungen im Rekurs zur Sache selbst, wonach das betroffene Kreditverhältnis überzogen, aufgekündigt und bereits fälliggestellt worden sei, durch den Ausspruch nach § 98 EheG die Verwertung der vorhandenen Vermögenswerte ungerechtfertigt zum Nachteil der Rekurswerberin unterlaufen werden könnte, Josef L*** der Rekurswerberin gegenüber von seiner Insolvenz gesprochen habe und die Geltendmachung der Ansprüche der Rekurswerberin im Sinne des angefochtenen Beschlusses bei der Antragstellerin sich erheblich verzögern würden, was zu einer Erhöhung des Schadens der Rekurswerberin führen könnte, hielt das Rekursgericht entgegen, daß Überlegungen über die Bonität der Ehegatten im § 98 EheG nicht vorgesehen seien. Legten die Ehegatten dem Gericht eine Vereinbarung im Sinne des § 97 Abs 2 EheG vor, so habe es nur mehr zu prüfen, ob die Kreditverbindlichkeit der Aufteilung unterliege und ob die Vereinbarung nicht auf eine sittenwidrige und deshalb ungültige Regelung, wie etwa auf eine Verkürzung des Gläubigers, abziele (Fink in AnwBl. 1986, 630). Die Rekurswerberin behaupte zwar, daß durch den bekämpften Ausspruch die Verwertung vorhandener Vermögenswerte der Antragstellerin unterlaufen werden könnte, verschweige aber, um welche Vermögenswerte es sich hiebei handeln und worin die Gefährdung bestehen sollte. Mit dem Vermögensbekenntnis ON 18, wonach die Antragstellerin praktisch vermögenslos sei, setze sich die Rekurswerberin überhaupt nicht auseinander. Es fehle daher an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, daß durch die im Zuge des Scheidungsverfahrens getroffene Vereinbarung über die Rückzahlung des Kredites bei der Rekurswerberin ein sittenwidriger Zweck habe verfolgt werden sollen, oder daß die Kreditverbindlichkeit nicht der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterläge. Weitergehende Überlegungen seien aber bei einer Entscheidung nach § 98 EheG nicht anzustellen, sodaß der diesbezügliche Ausspruch des Erstgerichtes frei von Rechtsirrtum sei. Den Ausspruch über die Bewertung des Streitgegenstandes und die Zulässigkeit des Rekurses gründete das Rekursgericht auf § 232 Abs 1 AußStrG und § 500 Abs 2 ZPO. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der BANK FÜR O*** UND S*** mit dem Antrag, das Verfahren zur Gänze aufzuheben und zur Neudurchführung unter Beiziehung der Revisionsrekurswerberin an das Erstgericht zurückzuverweisen; hilfweise wird beantragt, "dem Rekurs an das Oberlandesgericht Linz Folge zu geben"; letztlich wird der Antrag gestellt, den Kostenzuspruch im Sinne der gegenseitigen Kostenaufhebung abzuändern.
Die Antragstellerin und Josef Peter L*** haben sich im Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf die Aussprüche des Rekursgerichtes zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin bekämpft in erster Linie die Ansicht des Rekursgerichtes, wonach der Kreditgeber dem Verfahren erster Instanz nicht beigezogen werden müsse. Ohne sofortige Beteiligung am Verfahren könne die Bank als materiell Beteiligte ihre Rechte nicht hinreichend wahren, zumal durch einen solchen Antrag "massiv" in ihre Vermögensrechte eingegriffen werde. Die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht sei offenbar gesetzwidrig iS des § 16 AußStrG. Im Hinblick darauf, daß der Revisionsrekurswerberin eine Teilnahme am Verfahren erster Instanz nicht möglich gewesen sei und ihr die Entscheidung erst "im nachhinein" zugestellt worden sei, sei ihr das Recht auf Gehör zu Unrecht entzogen worden, weshalb das Verfahren nach § 16 AußStrG nichtig sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
Vor Eingehen in die Rechtsmittelausführungen ist festzuhalten, daß sich die Anfechtbarkeit von rekursgerichtlichen Sachentscheidungen im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach § 232 AußStrG richtet und die allgemeinen Bestimmungen über die Rechtsmittelzulässigkeit im Verfahren außer Streitsachen nur für verfahrensrechtliche Entscheidungen gelten
(EFSlg. 44.790 f, 50.124 ua.). Da mit dem vorliegenden Revisionsrekurs die Bestätigung der erstinstanzlichen Sachentscheidung bekämpft wird, kann der Revisionsrekurs - abgesehen von dem in jedem Fall eines zulässigen Rechtsmittels möglichen Anfechtungsgrund der Nichtigkeit - nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruht (§ 232 Abs 2 AußStrG).
Von einer Nichtigkeit des (gesamten) Verfahrens kann hier keine Rede sei. Nach der durch das Bundesgesetz vom 24.Oktober 1985, BGBl. Nr. 481, mit Wirksamkeit vom 1.Jänner 1986 (Art. IV § 1) für nach dem 1.Jänner 1986 eingeleitete Verfahren (Art IV § 2) eingeführten Bestimmung des § 229 Abs 1 Schlußsatz AußStrG ist einem Verfahren nach dem - die Haftung für Kredite betreffenden, ebenfalls durch dieses Bundesgesetz geschaffenen
(Art. I) - § 98 EheG der Kreditgeber im ersten Rechtsgang nicht schon in erster Instanz beizuziehen; ihm ist jedoch die Entscheidung über den Antrag zuzustellen. Dies ist im vorliegenden Fall auch geschehen. Entgegen der im Revisionsrekurs und in der mit Schriftsatz ON 42 erstatteten Anregung auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß § 140 B-VG vertretenen Meinung wird durch ein dieser Bestimmung entsprechendes Vorgehen der Gerichte dem Kreditgeber das Recht auf rechtliches Gehör weder genommen noch beeinträchtigt. Im Verfahren außer Streitsachen wird nämlich - ganz abgesehen von der hier maßgeblichen gesetzlichen Anordnung - der Mangel des rechtlichen Gehörs in erster Instanz behoben, wenn der Beteiligte Gelegenheit hat, den eigenen Standpunkt im Rekurs zu vertreten (SZ 46/93; EFSlg. 23.509, 28.250; SZ 54/124; NZ 1985, 54 uva). § 10 AußStrG läßt es den Parteien unbenommen, in Rekursen gegen erstinstanzlichen Entscheidungen neue Umstände und Beweismittel vorzubringen. Die mangelnde Beteiligung der Rechtsmittelwerberin als Kreditgeber im erstinstanzlichen Verfahren nach § 98 EheG wäre durch die Zustellung der Entscheidung des Erstgerichtes jedenfalls saniert worden, weil die Revisionsrekurswerberin sehr wohl in der Lage war, in ihrem Rekurs an das Gericht zweiter Instanz zu dem von der Ehefrau gestellten Antrag Stellung zu nehmen, und das Rekursgericht verhalten gewesen wäre, auf solche Neuerungen Bedacht zu nehmen. Daß die Rechtsmittelwerberin von diesem Recht nicht (voll) Gebrauch gemacht hat, ist rechtlich unerheblich, weil die behauptete Nichtigkeit nur dann gegeben wäre, wenn es dem Beteiligten rechtlich nicht möglich gewesen wäre, im Verfahren seinen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen. Der Oberste Gerichtshof sieht sich damit auch nicht veranlaßt, im Sinne der Anregung der Rechtsmittelwerberin im Hinblick auf Art. 6 Abs 1 MRK beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 229 Abs 1 Schlußsatz AußStrG zu stellen.
Die Revisionsrekurswerberin wendet sich in ihrem Rechtsmittel weiters gegen die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, im Verfahren nach § 98 EheG sei die Bonität der Ehegatten nicht zu prüfen. Auch hier kann der Bank nicht beigepflichtet werden. Der Wortlaut des Gesetzes selbst gibt keinen Aufschluß darüber, welche Einwendungen der Kreditgeber gegen den Ausspruch nach § 98 EheG erheben kann. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte der Gläubiger nur in (beispielsweise angeführten) Ausnahmsfällen einen Grund für das ihm formell zustehende Rechtsmittel haben und sollte ihm - von sittenwidrigen Regelungen abgesehen - kein Einfluß auf die Entscheidung zukommen, welcher Ehegatten Ausfallsbürge wird (vgl. AB 729 BlgNR. 16.GP, 4, abgedruckt in Feil-Holeschofsky, Unterhalt und Vermögensrechte nach der Scheidung, 141, 143) (vgl. dazu insbesondere Gamerith, Die Kreditmithaftung geschiedener Ehegatten nach § 98 EheG, RdW 1987, 189 f). Auf die Befürchtung des Eintrittes von Verzögerungen oder Erschwerungen bei der Geltendmachung und Durchsetzung der Gläubigerrechte für den Fall einer gesetzlich möglichen Regelung können daher Einwendungen des Gläubigers mit Aussicht auf Erfolg nicht gegründet werden. In der Ablehnung der im Rekurs erhobenen sachlichen Einwendungen durch das Rekursgericht kann somit auch keine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache iS des § 232 Abs 2 AußStrG erblickt werden. Schließlich erachtet sich die Revisionsrekurswerberin auch noch durch die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen beschwert. Sie übersieht dabei jedoch, daß § 232 AußStrG eine solche Anfechtung nicht ermöglicht (EFSlg 44.806, 47.403, 50.139 ua). Dem Revisionsrekurs konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
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