OGH 5Ob569/93(5Ob570/93)

OGH5Ob569/93(5Ob570/93)7.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten sowie gefährdeten Partei Elfriede T*****, derzeit ohne Beruf, ***** S*****, O***** Nr.54, vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wider die beklagte und widerklagende Partei (zugleich Gegner der gefährdeten Partei) Helmut T*****, Werkmeister, ***** T*****, O***** 8, vertreten durch Dr.Robert Obermann, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wegen einstweiligen Unterhalts (Streitwert S 288.000,--) und Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses (S 20.000,--) infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 5.Juli 1993, GZ R 682, 683/93-20, womit die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 11.Mai 1993, GZ 1 C 10/93-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß bleibt insoweit als bereits in Rechtskraft erwachsen bestehen, als das Begehren der Klägerin abgewiesen wurde, dem Beklagten die Leistung eines vorläufigen Unterhalts von S 8.000,-- monatlich für die Zeit vom 1.5.1992 bis zum 21.1.1993 aufzuerlegen. Er wird darüber hinaus bestätigt, soweit das Begehren der Klägerin abgewiesen wurde, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr für die Zeit vom 22.1.1993 bis zum 18.3.1993 einen höheren vorläufigen Unterhalt als S 6.000,-- monatlich zu zahlen.

Im übrigen, also in Ansehung des einstweiligen Unterhaltsbegehrens von S 6.000,-- monatlich für die Zeit vom 22.1.1993 bis zum 18.3.1993 sowie von S 8.000,-- für die Zeit vom 19.3.1993 bis zur Beendigung des anhängigen Ehescheidungsverfahrens, des Begehrens auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses von S 20.000,-- und im Kostenpunkt, werden der angefochtene Beschluß und die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes aufgehoben; in diesem Umfang wird die Provisorialsache zur neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Revisionsrekurses wird bei der neuerlichen Entscheidung über den Provisorialantrag Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung

Die Streitteile sind verheiratet und haben einen bereits großjährigen Sohn; im gegenständlichen Hauptverfahren streben jedoch beide die Scheidung ihrer Ehe (aus dem jeweiligen Verschulden des anderen) an. Die eheliche Gemeinschaft ist seit Ostern 1992, zumindest aber seit Ende September 1992 aufgelöst, da die Klägerin seither bei ihrem Vater wohnt.

Die Klägerin hat mit ihrem Scheidungsbegehren den Antrag verbunden, den Beklagten durch einstweilige Verfügung zur Leistung eines vorläufigen Unterhalts und zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses zu verhalten. Obwohl der betreffende Antrag erst am 22.1.1993 bei Gericht einlangte, hat sie einstweiligen Unterhalt ab 1.5.1992 verlangt, und zwar zunächst S 6.000,-- monatlich, schließlich (aufgrund einer Ausdehnung in der mündlichen Streitverhandlung am 19.3.1993) S 8.000,-- monatlich. Ihr mit S 20.000,-- beziffertes Begehren auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses blieb unverändert.

Der Beklagte bestritt jegliche Unterhaltspflicht. Er brachte vor, daß die Klägerin die Ehewohnung grundlos oder nur deshalb verlassen habe, um mit einem anderen Mann eine Lebensgemeinschaft einzugehen, sodaß ihr Beharren auf Unterhaltsleistungen rechtsmißbräuchlich sei. Die Klägerin begründete dagegen ihren Auszug aus der Ehewohnung damit, daß sie der Beklagte mit grundloser Eifersucht verfolgt, mit dem Umbringen bedroht und schwerstens beschimpft habe. Auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen des geltend gemachten einstweiligen Unterhalts - etwa die beiderseitigen Einkommensverhältnisse der Streitteile - ist hier nicht weiter einzugehen, weil sich das Rekursgericht nur mehr mit der Frage der Unterhaltsverwirkung beschäftigte und in der nunmehr zu überprüfenden Entscheidung alle sonstigen Aspekte des Streitfalls ausklammerte.

Das Erstgericht gab dem Provisorialantrag dahingehend statt, daß es dem Beklagten auftrug, der Klägerin ab 22.1.1993 bis zur Beendigung des Ehescheidungsverfahrens monatlich S 8.000,-- zu zahlen und dazu noch einen Prozeßkostenvorschuß von S 20.000,-- zu leisten. Das darüber hinausgehende Begehren (S 8.000,-- monatlich vom 1.5.1992 bis 21.1.1993) wurde abgewiesen, weil einstweiliger Unterhalt nicht für die Vergangenheit beansprucht werden könne.

Was den hier zu erörternden Verwirkungstatbestand betrifft, erschöpfen sich die Entscheidungsgründe des Erstgerichtes darin, daß "eine Lebensgemeinschaft der Klägerin (mit einem anderen Mann) nicht nachgewiesen werden kann und auch ein böswilliges Verlassen (des Beklagten bzw. der Ehewohnung) nicht gegeben ist". Der Satz findet sich in den Rechtsausführungen des Beschlusses und steht in keinerlei Bezug zu dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, der lediglich die Einkommensverhältnisse der Streitteile wiedergibt.

Der abweisliche Teil des erstgerichtlichen Beschlusses blieb unangefochten. In Stattgebung eines Rekurses des Beklagten wies das Gericht zweiter Instanz dann auch noch das übrige Sicherungsbegehren ab. Es führte aus:

"Zufolge § 94 Abs.2 zweiter Satz ABGB gebührt dem Ehegatten, der bisher den gemeinsamen Haushalt führte, auch nach dessen Aufhebung ein Unterhaltsanspruch wie bis dahin, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruches, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes geführt haben, ein Mißbrauch des Rechtes wäre. Diese Verwirkung wurde insbesondere auch angenommen, wenn die Ehefrau ihren Gatten grundlos verlassen hat (vgl. Ent-Hopf,

Die Neugestaltung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, 134; 7 Ob 608/77, 1 Ob 679/78; EFSlg. 42.556).

Für die Unterhaltsverwirkung ist zunächst der Unterhaltsschuldner beweispflichtig (vgl. EFSlg. 47.448; 42.560); diesem Postulat ist im konkreten Fall der Mann nachgekommen, weil der Auszug der Gefährdeten unbestritten ist. Der Unterhaltsberechtigte wiederum muß beweisen, daß das Verlassen der Ehewohnung berechtigt gewesen und somit eine Unterhaltsverwirkung nicht eingetreten ist. Diesem Nachweis kommt zentrale Bedeutung zu und ist dementsprechend auch ein strenger Maßstab anzulegen. Gründe, die zur Aufhebung der Gemeinschaft führen und den - auch hier gegebenen - Einwand des Rechtsmißbrauches eröffnen, sind zB die Aufgabe der Gemeinschaft, ohne daß der andere Ehegatte dazu berechtigten Anlaß gab (vgl. EvBl. 1979/83 und 156; EFSlg. 53.023, 50.181 uva).

Im konkreten Fall hat das Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung lapidar ausgeführt, "ein böswilliges Verlassen der Klägerin sei nicht gegeben" (vgl AS 147), ohne diese Darstellung auch nur andeutungsweise zu konkretisieren. Auch die gefährdete Partei vermag lediglich vorzubringen und bestätigt dies in ihrer Parteienvernehmung, daß sie ihr Ehemann im Februar 1992 mit einer Pistole bedroht und gesagt habe, das würde sie nicht überleben wie ihre Freundin Evita A*****, denn sie würde mausetot sein (vgl AS 97). Ganz abgesehen davon, daß der Mann diese Darstellung entschieden bestreitet, sei darauf hingewiesen, daß die gefährdete Partei dann "meint", die Pistole sei echt und keine Attrappe, denn sie habe dafür auch S 4.700,-- gezahlt, und selbst fortfährt, sie habe die Pistole "weggeräumt". Dazu kommt, daß sie dann erst zu Ostern 1992 (Ostersonntag 19.4.) im Zimmer Nr.3 des Gasthauses gesondert Wohnung genommen hat (vgl AS 103) und aus dem Haus überhaupt erst am 2.10.1992 ausgezogen ist (vgl AS 105). Daraus erhellt wohl, daß dieser Vorfall nicht der Grund für das Verlassen der Wohnung gewesen sein kann. Die Vorhaltungen und diversen schriftlichen, teilweise aktenkundigen Mitteilungen des Gegners der gefährdeten Partei mögen zwar nicht den durchschnittlichen Umgangsformen zwischen Ehegatten, auch wenn sie in Scheidung leben, entsprechen, sind aber keineswegs derart kraß und auch nicht als "Drohungen" zu bezeichnen, um ein gerechtfertigtes Ausziehen aus der Ehewohnung zu begründen. Dahingestellt kann hier bleiben, ob das Ausziehen der Frau andere Gründe, allenfalls die Betreuung ihres pflegebedürftigen Vaters hat (vgl AS 105), zumal das nicht einmal behauptet wird.

Jedenfalls zeigt sich auf Grund des Akteninhaltes, daß das Ausziehen der gefährdeten Partei als Rechtsmißbrauch im Sinne des Gesetzes zu beurteilen ist und sie damit keinen Anspruch auf den vom Erstgericht zuerkannten einstweiligen Unterhalt hat.

Da die Gewährung eines Prozeßkostenvorschusses das Bestehen einer Unterhaltszahlungsverpflichtung voraussetzt (EFSlg 61.056), ist zufolge der vorstehenden Überlegungen der Antrag auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses ebenfalls abzuweisen."

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Revisionsrekurs - mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen - unzulässig sei.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs macht die Klägerin geltend, daß es der höchstgerichtlichen Judikatur widerspreche, den Unterhaltsverwirkungstatbestand des § 94 Abs.2 Satz 2 ABGB schon allein dadurch als erfüllt anzusehen, daß sie aus der ehelichen Wohnung auszog. Um ihr Unterhaltsbegehren als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren, hätten verwerfliche Gründe ihres Auszuges festgestellt werden müssen. Selbst wenn man ein "grundloses Verlassen des Ehegatten" als ausreichend für den Verlust des Unterhaltsanspruches erachte, könne im gegenständlichen Fall von einer Unterhaltsverwirkung keine Rede sein, weil die vom Rekursgericht als richtig unterstellte Morddrohung des Beklagten und seine wüsten Beschimpfungen (so zB liege ein Schriftstück mit dem Wortlaut: "Du Bezirkshure, Du Tragößhure, verschwinde Du Versteigerungshure, Du Drecksau" vor) nicht bagatellisiert werden dürfen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung abzuändern.

Dem Beklagten wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt, doch hat er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne einer vom Abänderungsbegehren mitumfaßten Teilaufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch im wesentlichen berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist an die schon vom Erstgericht erwähnte Judikatur zu erinnern, daß einstweiliger Unterhalt nicht für die Vergangenheit zugesprochen werden kann (SZ 63/205). Dem hat die Klägerin dadurch Rechnung getragen, daß sie die damit begründete Abweisung ihres Unterhaltsbegehrens für die Zeit vom 1.5.1992 bis zum 21.1.1993 unangefochten ließ. Eine weitere Konsequenz dieser Rechtslage besteht jedoch darin, daß die Erhöhung des Unterhaltsbegehrens von S 6.000,-- auf S 8.000,-- monatlich erst ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung am 19.3.1993 berücksichtigt werden kann. Der Ausschluß eines einstweiligen Unterhaltsbegehrens für die Vergangenheit bedingt also auch die Abweisunng von S 2.000,-- monatlich für die Zeit vom 22.1.1993 bis zum 18.3.1993, was sich in der Teilbestätigung des angefochtenen Beschlusses niederzuschlagen hatte.

Im übrigen ist die Sache noch nicht entscheidungsreif.

Nach der Judikatur ist das auf § 94 Abs.2 Satz 2 ABGB gestützte Unterhaltsbegehren eines Ehegatten nur dann als rechtsmißbräuchlich zu beurteilen, wenn er die Haushaltsgemeinschaft ohne objektiv vorhandenen Grund und subjektiv eindeutig vorwerfbar aufgehoben hat (3 Ob 582/81 ua; zuletzt RZ 1990, 101/49). Dabei ist immer auch das Verhalten des anderen Ehegatten zu berücksichtigen (EFSlg. 64.904). Nur besonders krasse Fälle, in denen es bei Würdigung aller zur Auflösung der ehelichen Gemeinschaft führenden Umstände grob unbillig erschiene, die gesetzliche Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten einzufordern, rechtfertigen die Unterhaltsverwirkung (EvBl. 1979/83; SZ 51/168 ua; Purtscheller - Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 110).

Die besonderen Umstände, die ein Unterhaltsbegehren als Rechtsmißbrauch erscheinen lassen, sind von demjenigen zu beweisen, der sich auf den Verwirkungstatbestand beruft (EFSlg. 47.448 ua; 2 Ob 530/85; 5 Ob 635/89). Es geht daher zu Lasten des Unterhaltspflichtigen, wenn wesentliche Elemente des geltend gemachten Verwirkungstatbestandes ungeklärt bleiben, im gegenständlichen Fall also die Frage, ob die Klägerin den Beklagten "böswillig" (um aus der Ehe auszubrechen) oder "grundlos" (ohne jede Veranlassung durch ein Verhalten des Beklagten) verlassen hat.

Mit der Behauptung des Beklagten, die Klägerin hätte ihn wegen eines anderen Mannes verlassen, hat sich bisher keine der Vorinstanzen ernsthaft auseinandergesetzt. Genau darin könnte allerdings ein Grund für die Versagung des Unterhalts liegen (vgl. Purtscheller - Salzmann aaO). Sollte also die Entscheidung über das einstweilige Unterhaltsbegehren der Klägerin davon abhängen, ob sie ehebrecherische Beziehungen zu einem anderen Mann unterhält, werden die Vorinstanzen nicht umhin können, konkret auf diese Tatfrage einzugehen. Die diesbezügliche Mängelrüge des Beklagten blieb nur deshalb unerledigt, weil das Rekursgericht der Klägerin die vorhin erwähnte "grundlose" Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum Vorwurf machte.

Ansatzpunkt dieser Entscheidung ist die Annahme, daß der Beklagte seiner Behauptungs- und Beweispflicht (hier: Bescheinigungspflicht) schon allein dadurch genügt habe, daß die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch die Klägerin gar kein Streitpunkt sei. In weiterer Folge wäre es Sache der Klägerin gewesen, ihren Auszug aus der Ehewohnung zu rechtfertigen; das könne ihr jedoch mit dem, was sie zu angeblichen Drohungen und Beschimpfungen des Beklagten vorbrachte, gar nicht gelingen.

Dieser Argumentation ist schon deshalb nicht beizupflichten, weil das Verlassen der ehelichen Gemeinschaft nur dann zur Unterhaltsverwirkung führt, wenn sich in ihm ein völliger Verlust oder eine ihm nahekommende Verflüchtigung des Ehewillens manifestiert (6 Ob 635/81; EFSlg. 55.911 ua). Daß dies der Fall ist, hat nach der bereits dargestellten Beweislastverteilung in Fragen der Rechtsmißbräuchlichkeit eines Unterhaltsbegehrens der an sich Unterhaltspflichtige zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen. Es erlaubt aber auch der Umstand, daß ein Ehegatte den anderen in der offenen Absicht verläßt, die eheliche Gemeinschaft nicht mehr aufzunehmen, keine so weitgehende Beweislastverschiebung, wie sie der Entscheidung des Rekursgerichtes zugrundeliegt.

Mit der Regel, daß die Nähe zum Beweis für die Zuteilung der Beweislast den Ausschlag gibt, wenn Tatfragen zu klären sind, die tief in die Sphäre einer Partei hineinführen (vgl. MietSlg. 34.640; SZ 59/158; WBl. 1989, 66; JBl. 1991, 453; WoBl 1993, 181/122 und 187/129; RdW 1993, 334), und daß daher niemand gehalten sein kann, den Beweis zu erbringen, er habe für ein bestimmtes Verhalten seines Prozeßgegners keinen Anlaß gegeben, läßt sich zwar rechtfertigen, den Beklagten vom Nachweis zu entbinden, warum ihn die Klägerin verlassen hat; liegen jedoch dem ersten Anschein nach plausible Gründe vor (oder werden sie - wie hier in den Entscheidungsgründen des Rekursgerichtes - als richtig unterstellt), darf die Beweiserleichterung nicht so weit gehen, daß im Zweifel zugunsten des Beklagten angenommen wird, sie hätten bei der Entscheidung der Klägerin in Wahrheit ohnehin keine Rolle gespielt. Die grundsätzliche Behauptungs- und Beweislast desjenigen, der sich auf einen Unterhaltsverwirkungstatbestand beruft, führt vielmehr dazu, die nicht aufklärbare Kausalität eines an sich berücksichtigungswürdigen Umstandes für die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zu Lasten des Beklagten gehen zu lassen.

Das erfordert zunächst ein Eingehen auf die Tatfrage, ob die Klägerin - wie sie behauptet - vom Beklagten unter Vorhalt einer Pistole oder Pistolenattrappe mit dem Umbringen bedroht und bei anderen Gelegenheiten schwer beschimpft wurde; dann wird allenfalls noch zu klären sein, ob die Klägerin diesen Angriffen auf ihre körperliche und psychische Integrität wirklich keine Bedeutung beimaß und andere Beweggründe hatte, den Beklagten zu verlassen. Eine rechtliche Handhabe zur Abstandnahme von dieser Verfahrensergänzung könnte nur darin bestehen, daß die von der Klägerin geschilderten (und vom Rekursgericht immerhin als möglich angesehenen) Vorfälle als bedeutungslose Kleinigkeiten angesehen werden. Das Rekursgericht hat diese Rechtsansicht vertreten, ist jedoch überzeugende Argumente dafür schuldig geblieben, warum die Bedrohung mit einer Pistole und die Verwendung von Schimpfwörtern wie "Hure" und "Drecksau" - im gegenständlichen Fall? - nur als geringfügige Abweichungen vom durchschnittlichen Umgangston zwischen Ehegatten, die in Scheidung leben, zu deuten sind. Die rechtliche Schlußfolgerung, daß der Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung keinesfalls gerechtfertigt war und sich deshalb ihr Unterhaltsbegehren als Rechtsmißbrauch darstellt, ist daher auf der Basis des bisher glaubhaft gemachten Sachverhalts nicht nachzuvollziehen.

Die Mängel in der Aufbereitung der Entscheidungsgrundlagen, die einer verläßlichen Beurteilung der geltend gemachten Unterhaltsverwirkung entgegenstehen, liegen bereits im Beschluß des Erstgerichtes, weshalb ihm die neuerliche Entscheidung aufzutragen war. Ob es dazu einer Verfahrensergänzung bedarf, bleibt seinem Ermessen anheimgestellt. Zu bemerken ist schließlich noch, daß es für den Fall einer Verneinung der Unterhaltsverwirkung an einer Stellungnahme des Rekursgerichtes zu den Argumenten des Beklagten gegen die Höhe des ihm abverlangten Unterhalts fehlt. Die besondere Dringlichkeit der Sache verbietet jedoch eine Aufhebung in die zweite Instanz, da sie wegen der aufgezeigten Mängel des erstgerichtlichen Beschlusses eine vermeidbare Zwischenerledigung provozieren würde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 402 Abs.2 EO iVm § 78 EO und § 52 ZPO. Erst in der neuen Entscheidung über den Provisorialantrag wird beurteilt werden können, ob die Klägerin die Kosten des Revisionsrekurses endgültig (§ 402 Abs.2 EO iVm § 78 EO und § 40 ZPO) oder vorläufig selbst zu tragen hat (§ 393 Abs.1 EO).

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