Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Berufungsurteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen, nach allfälliger Ergänzung des Verfahrens zu treffenden Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Die klagende Partei hat in der Zeit vom 27.5.1993 bis 3.6.1993 über Auftrag der erstbeklagten Partei (deren Komplementärgesellschafterin die zweitbeklagte Partei ist) Baumeisterarbeiten im Keller des Hauses *****, durchgeführt und hiefür der erstbeklagten Partei am 4.6.1993 S 59.656,87 in Rechnung gestellt. Die Angemessenheit dieses Werklohns ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig; außerdem steht fest, daß die klagende Partei einen Kredit in Anspruch nimmt, der zumindest die Höhe der Klagsforderung erreicht und mit 14 % p.a. zu verzinsen ist.
Das daraus abgeleitete Begehren der klagenden Partei auf Zahlung von S 59.656,87 samt 14 % Zinsen seit 4.7.1993 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen haben die beklagten Parteien mit der Behauptung bestritten, die streitgegenständliche Werklohnforderung sei durch Aufrechnung mit einer den Klagsbetrag übersteigenden Schadenersatzforderung der erstbeklagten Partei getilgt. Am 12.1.1993 hätten nämlich "Erfüllungsgehilfen der klagenden Partei" ein Netzwerkkabel der erstbeklagten Partei schuldhaft beschädigt; der daraus resultierende Schaden (es geht vor allem um den Verlust und die Wiederherstellung gespeicherter Daten) belaufe sich auf S 68.028,- und sei bisher nur im Umfang von S 535,- ersetzt worden, weshalb die erstbeklagte Partei am 5.10.1993 ihre restliche Schadenersatzforderung von S 67.493,- samt 15 % Zinsen seit 27.1.1993 gegen die Werklohnforderung der klagenden Partei aufgerechnet habe. Die beklagten Parteien beantragten deshalb die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens.
In ihrer Replik auf dieses Vorbringen (das generell "bestritten" wurde) machte die klagende Partei geltend, daß die (erst-)beklagte Partei das alleinige, jedenfalls aber das überwiegende Verschulden an einem allfälligen EDV-Schaden trage. Das beim Herunterlassen des neu eingebauten Aufzugs in dessen Laufrollen geratene (und dabei gerissene) Kabel sei nämlich ÖNORM-widrig (gemeint ist: lose im Aufzugsschacht hängend) verlegt gewesen; dazu werde die Höhe der Gegenforderung insofern bestritten, als Sicherungsdisketten etc hätten vorhanden sein müssen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 58.372,87 samt 14 % Zinsen seit 4.7.1993 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen statt; die Abweisung des Mehrbegehrens von S 1.284,- s.A. ist in Rechtskraft erwachsen. Diese Entscheidung baut im wesentlichen darauf auf, daß die beklagte Partei den ihr durch die Zerreissung des EDV-Kabels entstandenen Hauptschaden, nämlich die Kosten der Wiederherstellung des Datenmaterials, selbst zu verantworten habe. Eine Wiedergabe der diesbezüglichen Feststellungen erübrigt sich, weil das Berufungsgericht - wie noch auszuführen sein wird - die Aufrechnungseinrede der beklagten Parteien als unschlüssig beurteilte und sie deshalb verwarf, ohne überhaupt auf die Frage eines Mitverschuldens der erstbeklagten Partei am Verlust gespeicherter Daten einzugehen. Zu erwähnen ist lediglich, daß das Erstgericht an der grundsätzlichen Schadenersatzpflicht der klagenden Partei nicht zweifelte. Den Maurern der klagenden Partei, die Reinigungsarbeiten im Aufzugsschacht durchführten und dabei die Aufzugskabine bewegten, sei nämlich bekannt gewesen, daß Kabel zum Teil noch nicht in Kabelschächten verlegt waren, sondern lose herabhingen. Dementsprechend hätten sie darauf achten müssen, daß sich keine Kabel in den Führungsrollen des Aufzuges verfangen. Die Ersatzpflicht der klagenden Partei beschränke sich allerdings auf die Neumontage des EDV-Kabels, die S 1.819,- gekostet habe; S 535,- seien davon der erstbeklagten Partei vom Haftpflichtversicherer der klagenden Partei (der dieser den Schadensfall gemeldet hatte) ersetzt worden, sodaß der Schuldtilgungseinwand nur im Umfang von S 1.284,- zu Recht geltend gemacht worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt lasse sich ein Schadenersatzanspruch der beklagten Parteien nicht ableiten. Es stehe fest, daß nicht etwa die Klägerin durch ihren Geschäftsführer ein ihr zurechenbares schädigendes Verhalten gesetzt hat; eine Haftung für fremdes Verschulden komme jedoch nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere nach den §§ 1313a bzw 1315 ABGB in Betracht. Erfüllungsgehilfe iSd § 1313a ABGB sei eine Person, derer sich der Geschäftsherr nur Erfüllung eines bestehenden Schuldverhältnisses bedient (vgl Koziol/Welser I9, 479 mwN), wobei das Bestehen eines bloß vorvertraglichen Schuldverhältnisses ausreiche; nach § 1315 ABGB hafte der Geschäftsführer für einen untüchtigen oder wissentlich gefährlichen Besorgungsgehilfen.
Daß die Streitteile zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes zueinander in einem vertraglichen oder vorvertraglichen Schuldverhältnis gestanden wären - die klagsgegenständlichen Arbeiten der Klägerin im Keller seien erst einige Monate später durchgeführt worden -, lasse sich den erstgerichtlichen Feststellungen ebensowenig entnehmen wie eine Untüchtigkeit der mit den Arbeiten betrauten Maurer. Diesbezüglich hätten auch die Beklagten in erster Instanz nichts vorgebracht, sodaß das Fehlen entsprechender Feststellungen auch keinen (sekundären) Verfahrensmangel bilden könne (Kodek in Rechberger, Rz 4 zu § 496 ZPO; RZ 1967, 105; ZVR 1989/108 ua), der von den Beklagten im übrigen gar nicht geltend gemacht worden sei. Allenfalls könnte ein Verfahrensmangel in der Verletzung der dem Gericht nach § 182 ZPO obliegenden Anleitungspflicht liegen, der jedoch vom Berufungswerber ausdrücklich geltend gemacht werden müßte (Kodek in Rechberger, Rz 6 zu § 471 ZPO; Fasching, Lb2, Rz 1765). Unter dem (einzig geltend gemachten) Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung hätten die Beklagten einleitend zwar ganz allgemein darauf verwiesen, daß das Erstgericht ausgehend von seiner (verfehlten) Rechtsansicht erhebliche Tatsachen nicht erörtert habe, doch beziehe sich dies erkennbar nur auf die Berufungsausführungen zu Fragen der Adäquanz und der Verschuldensteilung. Im übrigen wäre der Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn deutlich erkennbar sei, welche konkreten Feststellungen das Erstgericht zusätzlich treffen hätte sollen (Delle-Karth, Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozeßrechts, ÖJZ 1993, 19).
Die Behauptungslast für alle einen allfälligen Schadenersatzanspruch begründenden Tatsachen treffe zweifellos die Beklagten (Rechberger in Rechberger, Rz 7 vor § 266 ZPO), zu deren Lasten das Fehlen der für die Anwendung einer Rechtsnorm notwendigen Tatsachenbehauptungen gehe, weshalb sich das zur behaupteten Schadenersatzforderung der Beklagten erstattete Vorbringen als unschlüssig erweise (vgl Fasching, Lb2, Rz 1873 ff). Mangels eines Anhaltspunktes für das Vorliegen der durch § 1313a ABGB geforderten besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Streitteilen (auch Tatsachen in Richtung eines Vertrages zwischen der Klägerin und einem Dritten, der Schutzwirkungen zugunsten der Beklagten auslösen würde, seien nicht aufgestellt worden) könnten die Beklagten aus dem Fehlverhalten von Mitarbeitern der Klägerin keine Ansprüche gegen diese selbst ableiten. Ein Eingehen auf die in der Berufung angesprochene Frage des Mitverschuldens bzw des überwiegenden Verschuldens der Arbeiter der Klägerin erübrige sich, da eine Haftung der Klägerin schon dem Grunde nach nicht bestehe.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf die ohnehin befolgten Judikaturgrundsätze zur Frage der Behauptungslast des Geschädigten sowie der Zurechenbarkeit von Gehilfenverhalten.
In der jetzt vorliegenden Revision machen die beklagten Parteien geltend, daß sich ihrem Vorbringen und den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach Arbeiter der klagenden Partei Arbeiten am Aufzugsschacht durchführten, sehr wohl der Tatbestand der Erfüllungsgehilfenhaftung der klagenden Partei für die aus dem Kabelriß resultierenden Schäden ergebe. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichtes beruhe auf aktenwidrigen Annahmen bzw auf einer Verkennung der Rechtslage, weil die Feststellungen des Erstgerichtes in denkunmöglicher Weise interpretiert worden seien. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Der klagenden Partei wurde die Beantwortung der Revision freigestellt. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt. Ihre Argumentation geht - bezogen auf die Frage der Schlüssigkeit des Schuldtilgungseinwandes der beklagten Parteien - dahin, daß sie die Arbeiten im Aufzugsschacht im Auftrag der Inhabung des Hauses ***** durchführte, sodaß es an einem Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen fehle; auf Schutzwirkungen des betreffenden Werkvertrages zu ihren Gunsten hätten sich die beklagten Parteien nie berufen.
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht seiner Entscheidung eine Annahme zugrundelegte, die in Verletzung des § 498 Abs 1 ZPO von den Entscheidungsgrundlagen des Erstgerichtes abweicht (vgl SZ 59/101; SZ 63/178 ua); sie ist im Sinne ihres Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Die Voraussetzungen der Erfüllungsgehilfenhaftung und die den Geschädigten in diesem Zusammenhang treffende Behauptungslast wurden vom Berufungsgericht an sich richtig dargelegt. Daß dementsprechend die Behauptung der beklagten Parteien, Erfüllungsgehilfen der klagenden Partei hätten schuldhaft ein Netzwerkkabel der Erstbeklagten beschädigt und ihr dadurch einen Schaden von S 68.028,-
zugefügt, ergänzungsbedürftig war, um ausreichende Anhaltspunkte für eine auf § 1313a ABGB gegründete Schadenersatzpflicht der klagenden Partei zu gewinnen, ist dem Berufungsgericht ebenfalls zuzugestehen; die notwendigen Ergänzungen, die letztlich das Erstgericht dazu veranlaßten, dem Schuldtilgungseinwand der beklagten Parteien teilweise stattzugeben und den Rechtsbestand der übrigen Gegenforderung aus anderen, die Erfüllungsgehilfenhaftung der klagenden Partei an sich nicht in Frage stellenden Gründen zu verneinen, haben sich jedoch im Verfahren ergeben.
Auszugehen ist davon, daß die Behauptung der beklagten Parteien, den Riß des Netzwerkkabels der Erstbeklagten hätten Erfüllungsgehilfen der klagenden Partei verursacht, von letzterer nie substantiiert bestritten wurde. Die klagende Partei hat sich vielmehr sofort auf die Erörterung der Verschuldensfrage eingelassen und das Fehlen vertraglicher Beziehungen zu den beklagten Parteien mit keinem Wort erwähnt. Ein solches Verhalten kann, wenn sich aus dem gegnerischen Prozeßvorbringen insgesamt kein gegenteiliger Schluß aufdrängt, durchaus als schlüssiges Zugeständnis der behaupteten Tatsache gewertet werden (vgl SZ 47/3; SZ 55/116; SZ 63/201; EWr III/1118 ABGB/16; Rechberger in Rechberger, Rz 5 zu § 267 ZPO). Angesichts der unwidersprochen gebliebenen (und letztlich sogar verifizierten) Behauptung der beklagten Parteien, einen kleinen Teil ihres Schadens bereits ersetzt erhalten zu haben, liegt die Schlußfolgerung, die klagende Partei habe die Erfüllungsgehilfenhaftung für die Beschädigung des EDV-Kabels am 12.1.1993 nie in Abrede gestellt, sondern nur die Haftung für den Datenverlust bestritten, sogar nahe.
Betrifft ein Geständnis - wie hier - einen Rechtsbegriff, also ein Recht oder ein Rechtsverhältnis, ist es als Geständnis jenes Komplexes von Tatsachen anzusehen, die nach Kenntnis dessen, der ein Geständnis ablegt, dem zugestandenen Recht oder Rechtsverhältnis zugrundeliegen, sodaß es das Gericht in diesem Umfang bindet (EvBl 1973/113; SZ 50/69; SSV-NF 6/41 ua). Demnach konnte das schlüssige Zugeständnis der klagenden Partei, die Beschädigung der EDV-Leitung der Erstbeklagten sei von "ihren Erfüllungsgehilfen" herbeigeführt worden, eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Anknüpfung der Schadenersatzpflicht der klagenden Partei an die Haftungsnorm des § 1313a ABGB bieten. Daß dies auch die klagende Partei selbst so gesehen hat, ergibt sich aus der festgestellten Tatsache, daß sie den gegenständlichen Schadensfall ihrem Haftpflichtversicherer meldete und dieser Ersatz für das beschädigte Kabel leistete. Nicht Probleme der Haftung für ihre Arbeiter waren demnach für die klagende Partei der Grund für die Bestreitung der Schadenersatzpflicht, sondern Fragen des Verschuldens und der Adäquanz. Das Einstehenmüssen für die eigenen Arbeiter, sollten diese der erstbeklagten Partei am 12.1.1993 schuldhaft einen Schaden zugefügt haben, war für die klagende Partei kein Streitpunkt.
Genau diese Annahme liegt auch dem Urteil des Erstgerichtes zugrunde. Wäre es nicht überzeugt gewesen, die Haftung der klagenden Partei für einen von ihren Arbeitern der erstbeklagten Partei schuldhaft zugefügten Schaden stehe außer Streit, wäre die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 1.284,- s.A. ebenso unverständlich wie die Argumentation, für darüber hinausgehende Schäden stehe den beklagten Parteien wegen ihres Eigenverschuldens am Datenverlust kein aufrechenbarer Ersatzanspruch gegen die klagende Partei zu.
Mit der Annahme, es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß die klagende Partei gemäß § 1313a ABGB für den von ihren Arbeitern der erstbeklagten Partei am 12.1.1993 zugefügten Schaden einzustehen hätte, ist somit das Berufungsgericht von den Entscheidungsgrundlagen des Erstgerichtes abgewichen, ohne über neue Verfahrensergebnisse zu verfügen. Ein solcher Verstoß gegen § 498 Abs 1 ZPO ist - wie bereits erwähnt - auch über außerordentliche Revision aufzugreifen; er erzwingt im konkreten Fall die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht, da der für die Abweisung des Rechtsmittelbegehrens herangezogene Grund nicht zu halten ist, andererseits aber die Erörterung der vom Erstgericht als entscheidungswesentlich erachteten (und auch in der Berufung der beklagten Parteien relevierten) Verschuldensfrage noch aussteht.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)