OGH 5Ob543/59

OGH5Ob543/599.12.1959

SZ 32/161

Normen

KO §44 Abs2
KO §44 Abs2

 

Spruch:

Bei der Ersatzaussonderung kann nur der konkrete, in der Masse noch vorhandene und individualisierbare Leistungsgegenstand ausgesondert werden, nicht aber ein Geldbetrag schlechthin.

Entscheidung vom 9. Dezember 1959, 5 Ob 543/59.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Kläger verkauften an Simon F. einen Autobus um 80.000 S und übergaben ihm diesen vor der Zahlung des Kaufpreises. Simon F. erlitt am 23. September 1957 einen tödlichen Verkehrsunfall, bei dem der Autobus vollständig zerstört wurde. Am 21. Februar 1958 wurde über den Nachlaß der Konkurs eröffnet. Der Masseverwalter veräußerte das Wrack des Autobusses und gab den Erlös zur Konkursmasse. Die Kläger behaupten, der Autobus sei infolge eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes ihr Eigentum gewesen, der Betrag gehöre nicht in die Konkursmasse, sondern sei auszusondern und an sie auszufolgen. Sie begehrten die Verurteilung des Masseverwalters, den Erlös im Betrage von 8500 S aus der Konkursmasse auszusondern und an sie zu zahlen.

Das Erstgericht stellte mit Teilurteil fest, daß die Forderung in der vom Masseverwalter zugestandenen Höhe des Erlöses von 4585 S zu Recht und die aufrechnungsweise geltend gemachte Gegenforderung von 16.000 S nicht zu Recht bestehe. Es verurteilte den Masseverwalter, den Erlös von 4585 S aus der Konkursmasse auszusondern und den Klägern zu zahlen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es sich nur mit dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung befaßte. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, den Klägern sei auf Grund der beim Kaufabschluß getroffenen Vereinbarung das Eigentumsrecht an dem Wrack des Autobusses zugestanden, es sei ein Eigentumsvorbehalt bis zur Zahlung des Betrages von 60.000 S vereinbart worden und dieser sei mangels Zahlung des Betrages aufrecht geblieben. Den Klägern stehe aber der Anspruch auf Aussonderung des an die Stelle des Autowracks getretenen Erlöses deshalb nicht zu, weil der Masseverwalter den Erlös mit dem übrigen Geld der Masse bereits ununterscheidbar vermengt habe. Das Entgelt unterliege gemäß § 371 ABGB. nicht mehr der Eigentumsklage und damit auch nicht der Aussonderung. Zwar könnten die Kläger, falls die Vermengung durch den Masseverwalter geschehen oder die Masse um den Erlös grundlos bereichert worden sei, eine Forderung in gleicher Höhe als Masseforderung im Sinne des § 46 Z. 2 oder 4 KO. geltend machen, doch seien derartige Ansprüche nicht erhoben worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger Folge und hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Annahme des Berufungsgerichtes, der Masseverwalter habe den Erlös mit dem übrigen Geld der Masse ununterscheidbar vermengt, entbehrt der Grundlage, denn das Erstgericht hat diese Feststellung nicht getroffen, sondern ließ es dahingestellt, ob der Masseverwalter den Erlös abgesondert verwahre oder, wie er behaupte, mit dem übrigen "Massebetrag" vermengt habe. Infolge des in den §§ 21 Abs. 2 AO. und 44 Abs. 2 KO. verwirklichten Grundsatzes: "pretium succedit in locum rei" (Kaserer, Kommentar zur KO., S. 66; Lehmann, Kommentar zur KO., I S. 361) wären die Kläger, wenn man die Richtigkeit ihrer Behauptungen voraussetzt, durch die vom Masseverwalter vorgenommene Veräußerung anstatt Eigentümer des Wracks Eigentümer des Erlöses geworden. So wie der Aussonderungsanspruch beruht auch der Anspruch auf Ersatzaussonderung auf einem dinglichen Recht. Es kann nur der konkrete, in der Masse noch vorhandene und individualisierbare Leistungsgegenstand ausgesondert werden, nicht aber ein Geldbetrag schlechthin (Bartsch - Pollak, Konkursordnung, 3. Aufl. I S. 269). Insoweit ist die Ansicht des Berufungsgerichtes richtig. Die Beurteilung der Frage, ob den Klägern der geltend gemachteErsatzaussonderungsanspruch zusteht, bedarf einer Überprüfung der Behauptung des Masseverwalters, daß er den Erlös mit dem übrigen "Massebetrag" vermengt habe, denn Geld ist nur so lange ein geeigneter Gegenstand der Eigentumsklage, als es unterscheidbar vorhanden ist (§ 371 ABGB.; Klang 2. Aufl. II 232 f.; SZ. X 356, DREvBl. 1938 Nr. 182).

Die Rechtssache ist aus dem weiteren Grund nicht spruchreif, weil das Klagebegehren noch einer näheren Aufklärung bedarf. Die Kläger verlängen nicht nur die Aussonderung, sondern auch die Zahlung des Betrages von 8500 S. In ihrem Vorbringen finden sich die notwendigen rechtlichen Grundlagen für eine Beurteilung des Anspruches im Sinne des § 46 Z. 4 KO., denn die Behauptung, der Masseverwalter habe eine fremde Sache verkauft, der Erlös gehöre nicht in die Masse, sondern den Klägern, genügt für die rechtliche Beurteilung, daß die Masse dadurch grundlos bereichert wurde. Ein weiteres Vorbringen ist dazu nicht notwendig. Die Beurteilung träfe nach den Feststellungen des Erstgerichtes zu, wonach das Wrack, an dessen Stelle der Erlös getreten ist, Eigentum der Kläger war. Das auf Zahlung gerichtete Klagebegehren durfte nicht mit der Begründung abgewiesen werden, daß keine Masseforderung geltend gemacht worden sei, weil dies aus der Fassung des Klagebegehrens nicht mit Sicherheit hervorgeht. Während Aussonderungs- und Ersatzaussonderungsansprüche mit den im & 44 Abs. 3 KO. bestimmten Einschränkungen ohne Rücksicht auf den Stand der Masse zu erfüllen sind, gelten für Masseforderungen die Bestimmungen des § 47 KO., wonach sie nur nach Zulänglichkeit der Masse befriedigt werden müssen. Aus dem Klagebegehren ist nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob die Kläger die Herausgabe eines auszusondernden Geldbetrages oder die Zahlung einer Masseschuld nach den dafür geltenden gesetzlichen Vorschriften (§ 47 KO.) verlangen. Ohne Klarstellung der Art des geltend gemachten Anspruches kann über die Sache nicht entschieden werden. Es wäre in der Prozeßleitungspflicht der Untergerichte gelegen gewesen, darauf hinzuwirken, daß darüber die nötigen Aufschlüsse gegeben werden. Der vom Berufungsgericht herangezogene rechtliche Gesichtspunkt durfte der Entscheidung ohne nähere Aufklärung über die Art des Anspruches nicht zugrunde gelegt werden. Das Urteil des Berufungsgerichtes mußte daher aus dem Grund des § 503 Z. 4 ZPO. aufgehoben werden. Die Richtigstellung und Erläuterung des Klagebegehrens in der angegebenen Richtung ist im Berufungsverfahren möglich. Da das Klagebegehren beide Deutungen zuläßt, kann darin keine im Berufungsverfahren unzulässige Klagsänderung im Sinne des § 235 Abs. 1 und 4 ZPO. erblickt werden.

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