European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00537.840.1204.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 18.673,95 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.400 S an Barauslagen und 1.479,45 S an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Aufgrund des am 14. 5. 1979 zwischen dem Kläger und der Ö***** AG über den Import einer bestimmten Menge Calzium‑Chlorid aus Polen abgeschlossenen Rahmenvertrags war der Kläger verpflichtet, die Ware frei Grenzbahnhof S***** zu liefern und für die Verzollung zu sorgen. Es folgten ähnliche Rahmenverträge für 1980/81 und für 1981/82; weitere derartige Rahmenverträge waren geplant. Für das Geschäftsjahr 1982/83 wurde mit dem Kläger ein solcher Rahmenvertrag nicht mehr abgeschlossen. Außerdem hatte der Kläger von der Ö***** AG die Zusage erhalten, von 1980 bis 1985 exclusiv die Speisesalz‑Exporte nach Ungarn, Jugoslawien und Italien durchführen zu können, so er dort Abnehmer finde.
Mit der am 16. 3. 1983 erhobenen Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von 500.000 S samt Anhang und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden des Klägers aus der Auflösung der Geschäftsverbindung zwischen ihm und der Ö***** AG. Er habe mit der Ö***** Aktiengesellschaft einen bis 1985 gültigen Exklusivvertrag über den Import von Calzium‑Chlorid aus Polen und den Export von Speisesalz nach Ungarn, Jugoslawien und Italien gehabt. Nachdem im Rahmen dieser Vereinbarung bereits Geschäfte abgewickelt worden seien, habe die Ö***** AG diesen Vertrag aufgekündigt, wodurch dem Kläger bisher ein Verdienstentgang von 500.000 S entstanden sei und weitere Schäden in Zukunft entstehen würden. Die Beendigung dieses Vertragsverhältnisses durch die Ö***** AG sei ausschließlich auf ein grob fahrlässiges und vereinbarungswidriges Verhalten der Beklagten zurückzuführen, sodass diese ersatzpflichtig sei. Mit der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin, der V*****, habe nämlich eine Vereinbarung bestanden, wonach diese verpflichtet gewesen sei, dem Kläger die für die Bezahlung der Einfuhr‑Umsatzsteuer erforderlichen Beträge, womit er das importierte Calzium‑Chlorid jeweils bei der Bahn hätte auslösen müssen, vorschussweise (bevor also die Ö***** AG auch diesen Betrag im Rahmen des Kaufpreises bezahlt) zur Verfügung zu stellen. An diese Vereinbarung habe sich die Beklagte anlässlich der am 19. 2. 1981 im Zusammenhang mit der Lieferung von 21 Waggons Calzium‑Chlorid aufgelaufenen Einfuhr‑Umsatzsteuer in Höhe von 164.294 S nicht gehalten. Da der Kläger diesen Betrag von sich aus nicht habe aufbringen können, sei die Ö***** AG mit der Einfuhr‑Umsatzsteuer belastet worden. Sie habe dann diesen Betrag (zusammen mit anderen kleineren Beträgen) zurückverlangt. Der Kläger habe jedoch nicht zahlen können, weil die Beklagte diese (insbesondere auf die Einfuhr‑USt entfallenden) Gelder vereinbarungswidrig einbehalten und damit eine alte Schuld des Klägers teilweise abgedeckt habe. Die Ö***** AG habe schließlich die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger von der Bezahlung dieser Forderung abhängig gemacht. Da der Kläger aus Verschulden der Beklagten dazu nicht in der Lage gewesen sei, habe die Ö***** AG per Dezember 1981 das Vertragsverhältnis mit dem Kläger ‑ und zwar ausschließlich wegen Nichtzahlung der geltend gemachten Forderung ‑ aufgelöst, weshalb der Kläger keine weiteren Geschäfte mehr mit der Ö***** AG habe machen können.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es habe für sie keine Verpflichtung bestanden, dem Kläger den für die Bezahlung der Einfuhr‑Umsatzsteuer benötigten Betrag zur Verfügung zu stellen. Außerdem habe die Ö***** AG ihre Geschäftsbeziehungen zum Kläger nicht aus dem nun behaupteten Grund abgebrochen, sondern deshalb, weil Konkursanträge gegen ihn gelaufen seien und ihm die Entziehung der Gewerbeberechtigung gedroht habe. Darüber hinaus führe der Kläger diese Geschäfte mit der Ö***** AG ohnedies nach wie vor weiter, allerdings nunmehr durch einen Strohmann. Der Kläger habe auch gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, weil er bei den für den Fall der Nichtzahlung der Forderung der Ö***** AG angedrohten weitreichenden Konsequenzen den geforderten Betrag jedenfalls anderswo hätte aufnehmen müssen. Überdies mache er einen indirekten und damit nicht ersatzfähigen Schaden geltend. Schließlich wies die Beklage noch darauf hin, dass sie eine Gegenforderung gegen den Kläger habe, die die Klagsforderung bei weitem übersteige, und zwar aus dem Titel der Rückforderung der dem Kläger eingeräumten Kredite.
Das Erstgericht wies sowohl das Leistungs‑, wie auch das Feststellungsbegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Da der Kläger bei der V***** (die Beklagte ist deren Gesamtrechtsnachfolgerin) große Schulden hatte, wurde im Zuge von Bemühungen des Klägers, seine diesbezüglichen Verpflichtungen sicherzustellen und abzubauen, die Ö***** AG veranlasst, sich gegenüber der Beklagten (bzw gegenüber deren Rechtsvorgängerin) zu verpflichten, sämtliche Fakturenbeträge aus dem Calzium‑Chlorid‑Import aus Polen direkt an diese Bank zu bezahlen. Abgesehen von ausdrücklichen mündlichen Zusagen für den Zeitraum davor erfolgte dies schriftlich für den Rahmenvertrag 1980/81 mit Schreiben vom 4. 9. 1980. Im Februar 1981 wurde eine Teilmenge von 21 Waggons Calzium‑Chlorid angeliefert. Die darauf entfallende Einfuhr‑USt von 164.294 S (sowie Spesen von 12.203,92 S) wurde vom Kläger nicht bezahlt bzw konnte er sie nicht bezahlen. An die Beklagte wandte er sich um Ausfolgung unter anderem des darauf entfallenden Betrags erstmals nach Erhalt eines Schreibens der Ö***** AG vom 6. 4. 1981 oder vom 6. 5. 1981. Eine Feststellung darüber, ob die Beklagte (bzw deren Rechtsvorgängerin) an sich verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger diesen ‑ den Rahmenvertrag 1980/81 betreffenden ‑ Betrag vorzustrecken (seine Rückzahlung war durch die Zahlung des Fakturenbetrags durch die Ö***** AG gesichert), hielt das Erstgericht nicht für erforderlich.
Da die Ö***** AG das Calzium‑Chlorid dringend benötigte, bezahlte sie die Einfuhr‑USt selbst. Die V***** war jedoch damit nicht einverstanden, dass die Ö***** AG diesen Betrag von dem zu überweisenden Fakturenbetrag abzieht; die Ö***** AG belastete daher mit Faktura vom 11. 3. 1981 den Kläger mit dem Betrag von 164.294 S. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass dieser Betrag von der nächsten Rechnung in Abzug gebracht werden würde. Mit Schreiben vom 6. 4. 1981 mahnte die Ö***** AG unter anderem diesen Betrag (der Gesamtbetrag war 193.020,48 S) ein. Mit Schreiben vom 22. 4. 1981 erfolgte eine „Zahlungserinnerung“ hinsichtlich dieses Betrags und wurde der Kläger „höflichst ersucht, den oben angeführten Betrag bis spätestens 30. 4. 1981 zu überweisen“. Mit Schreiben vom 6. 5. 1981 wurde dem Kläger für den Fall, dass dieser Betrag nicht bis zum 14. 5. 1981 überwiesen würde, die Übergabe der Angelegenheit der Rechtsabteilung (der Ö***** AG) angedroht. Am 14. 10. 1981 richtete die Ö***** AG folgendes Schreiben an den Kläger:
„Sehr geehrter Herr M*****,
entgegen Ihrer mehrmaligen mündlichen Zusagen können wir bis heute keinen Zahlungseingang nachstehender Forderungen feststellen:
diverse Belastungen aus März und April 193.020,48 S (Zahlungserinnerung 22.4.)
Gutschrift vom 30. 7. 1981 12.624,82 S
(doppelt bel. Säcke)
Belastung vom 25. 9. 1981 26.632,97 S
/Fracht Ebensee‑Hallein) 207.028,63 S
Sollte dieser Betrag bis 30. 10. 1981 nicht bei uns eingegangen sein, übergeben wir diese Angelegenheit ohne weitere Kontaktaufnahme unserem Rechtsanwalt. Weiters ersucht und die Firma P***** um Übersendung der Bankgarantie für Auftrag vom 1. 7. 1981, um weitere Lieferungen vornehmen zu können. Es ist unbedingt notwendig, dass wir im Laufe der nächsten drei Wochen auftragsgemäß beliefert werden, ansonsten wir unseren Lieferverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen und Monate machen wir Sie heute bereits darauf aufmerksam, dass wir eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen von den sofortigen vereinbarungsgemäßen Zusagen und Aufträgen und deren Einhaltung abhängig machen.“
Diese Forderung wurde einschließlich diverser Kosten am 21. 12. 1981 vom Vater des Schwiegersohnes des Klägers namens W***** bezahlt. W***** gehört auch der W*****‑GmbH, nunmehr auch: Import‑Export‑Großhandel, die mit der Ö***** AG genau die gleichen Geschäfte abwickelt, wie vorerst der Kläger, der nunmehr bei dieser Gesellschaft als Handelsberater zu einem dem Existenzminimum entsprechenden Lohn angestellt ist. W***** (allenfalls auch die W***** GmbH) war seit 19. 8. 1981 zur vorbehaltslosen Zahlung aller Schulden des Klägers gegenüber der Ö***** AG verpflichtet. Wenn die Ö***** AG den zuletzt am 14. 10. 1981 eingeforderten Betrag direkt von W***** verlangt hätte, hätte sie das Geld sofort und nicht erst am 21. 12. 1981 bekommen. Wenn auch im Schreiben vom 14. 10. 1981 eine Zahlungsfrist bis 30. 10. 1981 gesetzt worden ist, so hätte die Ö***** AG die Geschäftsbeziehungen zum Kläger nicht abgebrochen, nur weil die Zahlung tatsächlich erst am 21. 12. 1981 erfolgt ist. Ursache dafür, dass für 1982/83 mit dem Kläger kein Rahmenvertrag mehr abgeschlossen wurde, war vielmehr (wenn letztlich auch im Zusammenhang mit dem Umstand der Nichtzahlung der Einfuhr‑Umsatzsteuer durch den Kläger), dass die Ö***** AG am 15. 10. 1981 durch eine Drittschuldnerverständigung davon Kenntnis erhielt, dass der Kläger beim Finanzamt Steuerschulden in Höhe von ca 700.000 S habe. Die Ö***** AG befürchtete Schwierigkeiten für sich, da sie einerseits eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der V***** eingegangen war und andererseits nunmehr als Drittschuldner in Anspruch genommen wurde. Außerdem brachte sie nun in Erfahrung, dass gegen den Kläger Anträge auf Eröffnung eines Konkursverfahrens eingebracht worden waren, aus welchem Grunde sie den Kläger, der letztlich doch als Exponent der Ö***** AG gegenüber den ausländischen Geschäftspartnern auftrat, für nicht mehr tragbar erachtete und darüber hinaus Sorge wegen einer pünktlichen Abwicklung der Geschäfte hatte.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin habe nichts dazu beigetragen, dass die Ö***** AG ihre Geschäftsbeziehungen zum Kläger nicht fortsetzte, und zwar unabhängig davon, ob sie sich nun vertragstreu verhalten habe oder nicht. Letztlich hätten nur vom Kläger alleine zu vertretende Umstände den Abschluss eines neuen Rahmenvertrags verhindert: Die Exekutionsführung des Finanzamts gegen den Kläger und die drohende Insolvenz. Der Umstand, dass der Kläger seine Schulden bei der Ö***** AG so lange nicht tilgte, der bei der Entscheidung, sich von ihm als Geschäftspartner zu trennen, mitgespielt habe, sei deshalb unerheblich, weil darüber hinaus feststehe, dass bei Vorliegen dieses Umstands alleine die Geschäftsbeziehungen normal weitergelaufen wären. Das Klagebegehren sei deshalb unabhängig von den Abmachungen der Streitteile und deren allfälliger Verletzung durch die Beklagte abzuweisen gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels und erachtete auf der Grundlage der für unbedenklich befundenen und zur Gänze übernommenen Feststellungen des Erstgerichts auch die Rechtsrüge des Klägers als unberechtigt. Insoweit die Rechtsrüge darzulegen versuche, das Nichtzahlen der Schuld habe für sich allein ‑ also ohne Kenntnis der übrigen Begleitumstände wie Steuerschuld, Exekutionen, Konkursanträge ‑ den behaupteten Schaden herbeigeführt, gehe sie nicht von den Feststellungen aus und sei daher unbeachtlich. Zu prüfen bleibe jedoch die Frage, ob der Kläger Ansprüche für den Fall einer Vertragsverletzung durch die Beklagte ableiten könnte, wenn diese eine Mitursache für den angeblichen Schaden gewesen sei. Die natürliche Kausalität sei zu bejahen, wenn aus einer Tatsache (dem Verhalten des Schädigers) der eingetretene Schadenserfolg zu erschließen sei. von der Rechtsprechung werde der Beweis des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht mit mathematische Exaktheit gefordert, es werde vielmehr der Nachweis der Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs als ausreichend angesehen. Das Erfordernis der Wahrscheinlichkeit dürfe allerdings nicht leicht genommen werden; es müsse zwischen der bloßen Möglichkeit und Zweifelhaftigkeit des Ursachenzusammenhangs einerseits und der Wahrscheinlichkeit der Verursachung andererseits unterschieden werden. Die Frage, ob überwiegende Gründe für die Wahrscheinlichkeit des natürlichen Ursachenzusammenhangs vorlägen, gehöre in das Gebiet der Beweiswürdigung, soweit es sich dabei um Tatsachenfeststellungen handle. Die Wertung dieser Tatsachenfeststellungen hingegen, ob damit der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht sei, falle in das Gebiet der Beweislastverteilung und damit auch der rechtlichen Beurteilung. Im vorliegenden Fall sei ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen der Nichtzahlung der Einfuhrumsatzsteuer und der angeblich eingetretenen Schaden nur insoweit erwiesen, als die Unterlassung der Zahlung (die verspätete Zahlung) zwar Mitursache gewesen sei, für sich allein aber keinen Schaden hervorgerufen hätte. Komme eine Schädigung durch Unterlassung in Betracht, so sei zu fragen, ob der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Wäre er nicht eingetreten, so sei die Unterlassung ursächlich. Gehe man solcherart von der Formel der „conditio sine qua non“ aus, dann habe die Unterlassung der Zahlung einer Einfuhrumsatzsteuer nicht kausal sein können, weil die Geschäftsverbindungen mit dem Kläger dennoch aus anderen Gründen aufgelöst worden wären. Eine Betrachtung des Problems unter dem Gesichtspunkt der „minimalen Kausalität“ (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 87) führe zu demselben Ergebnis. Die Besonderheit liege hier darin, dass sich nicht konkret feststellen ließe, ob ein Ereignis einen Schaden herbeigeführt habe; anderseits stehe aber fest, dass mehrere gleichartige Ereignisse zusammen jedenfalls einen Schaden herbeigeführt hätten. Kumulative oder überholende Kausalität liege hier nicht vor, weil nicht jedes Ereignis für sich schon den Schaden herbeigeführt hätte, vielmehr bei Wegdenken des Einzelereignisses sich der Gesamtschaden nur in unberechenbarer Geringfügigkeit ändere. Hier wäre der unerwünschte Erfolg aber auf jeden Fall aus anderen Gründen eingetreten, nämlich aus dem Grund der Steuerschulden, Exekutionen und Konkursanträge gegen den Kläger. Das Wegdenken des Einzelereignisses (Unterlassung der Zahlung der Einführungsumsatzsteuer) hätte den angeblichen Gesamtschaden daher überhaupt nicht geändert. Die „minimale Kausalität“ des Einzelereignisses trete hier in den Hintergrund und begründe daher keine Haftung. Selbst wenn man den natürlichen Kausalzusammenhang bejahen würde, fehlte es am Erfordernis der Adäquität. Nach der Rechtsprechung bestehe Haftung für alle zufälligen Folgen des schuldhaften Verhaltens, mit deren Möglichkeit in abstracto habe gerechnet werden müssen, aber nicht für einen atypischen Erfolg. Für das Entstehen eines Schadens sei jede Bedingung als Ursache im rechtlichen Sinn anzunehmen, die für den Erfolg typisch sei, diesen Erfolg erwarten ließe und nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge zur Herbeiführung des Erfolgs geeignet sei, wobei es genüge, dass die generelle Eignung einer Ursache, den Schaden herbeizuführen, von jedem vernünftigen Menschen habe erkannt werden können; die Adäquanz sei also objektiv zu beurteilen. Haftung bestehe auch, wenn eine weitere Ursache hinzugetreten sei, falls dieses Hinzutreten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als wahrscheinlich zu erwarten gewesen sei. Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend sei ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassung der Beklagten und dem behaupteten Schaden zu verneinen. In abstracto habe nicht damit gerechnet werden müssen, dass der Kläger infolge Beendigung der Geschäftsverbindung mit der Ö***** AG einen Schaden erleiden werde, nur weil die Beklagte die Auszahlung eines Umsatzsteuerbetrags von rund 164.000 S an ihn verweigerte. Er hätte diesen seitens der Ö***** AG wiederholt geforderten Betrag anderweitig aufbringen können, etwa aus seinem Privatvermögen oder aus einer Kreditaufnahme bei einem anderen Geldgeber; in diesem Fall wären etwa erhöhte Kreditkosten als echter Verspätungsschade adäquat gewesen. Mit der Möglichkeit eines Verdienstentgangs in Millionenhöhe nur infolge Unterlassung der Auszahlung von 164.000 S sei objektiv nicht zu rechnen gewesen, wozu noch komme, dass der Kläger erst Monate nach der Überweisung des Fakturenbetrags an die Beklagte herangetreten sei und ihr gegenüber auch gar nicht geltend gemacht habe, durch die Zahlungsverweigerung würde ihm ein Verdienstentgang drohen. Ob die Beklagte gegenüber dem Kläger vertragsbrüchig geworden sei und ob sie (ihre Organe) ein Verschulden daran treffe, könne auf sich beruhen. Es habe daher weder ergänzender Beweisaufnahmen noch weiterer Feststellungen bedurft.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise der Stattgebung des Feststellungsbegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die vom Revisionswerber geltend gemachten Aktenwidrigkeiten und die behauptete Mangelhaftigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In seiner Rechtsrüge wendet sich der Revisionswerber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Unterlassung der Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer sei für den behaupteten Schaden nicht kausal gewesen, weil die Geschäftsverbindung dennoch aus anderen Gründen aufgelöst worden wäre. Der Kläger meint dazu, dass im Rahmen der Kausalität alle Ursachen gleichwertig seien und es keinen Unterschied zwischen „nahen“ und „entfernten“, „typischen“ oder „atypischen“, „normalen“ oder „zufälligen“ Ursachen gebe; ebensowenig ließe sich im Rahmen der Äquivalenztheorie zwischen „notwendigen“, „auffallenden“, „wirksamen“ oder „überwiegenden“ Ursachen oder sonstigen Bedingungen differenzieren. Die Ursächlichkeit könne daher nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass noch andere oder spätere Ursachen zum Erfolg beigetragen hätten.
Diesen Ausführungen des Klägers ist zu entgegnen, dass nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Grenzen, bis zu der dem Urheber eines Schadens die Haftung für die Folgen seiner Handlungen oder Unterlassungen auferlegt wird, nach der Adäquanztheorie bestimmt wird. Danach besteht ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte ‑ eine Haftung für alle Folgen eines schädigenden Verhaltens, mit denen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge abstrakt gerechnet werden muss, nicht aber für einen atypischen Erfolg. Die Adäquanz fehlt, wenn das schädigende Ereignis für den eingetretenen Erfolg nach allgemeiner Lebenserfahrung gleichgültig ist und nur durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen eine Bedingung für den Schaden war (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 144 f; ZVR 1975/158; ZVR 1980/16 und 150; ZVR 1982/95; ZVR 1983/19; ZVR 1984/93). Stellt man aber im vorliegenden Fall unter Heranziehung des gesamten im Zeitpunkt der Beurteilung zur Verfügung stehenden Erfahrungswissens darauf ab, ob nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der schädigende Erfolg (oder das Hinzutreten weiterer Ursachen) als möglich zu erwarten war oder außerhalb der menschlichen Erfahrung lag, so muss dem Berufungsgericht beigepflichtet werden, dass ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der der Beklagten vom Kläger vorgeworfenen Unterlassung und dem behaupteten Schaden jedenfalls zu verneinen ist, weil nicht damit gerechnet werden konnte, dass wegen dieser Zahlungsverweigerung der Beklagten eine Fortsetzung der Geschäftsverbindung des Klägers mit der Ö***** AG unterbleiben und dem Kläger damit ein Schaden erwachsen werde. Die Richtigkeit dieser vom Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung ergibt sich insbesondere auch aus dem in der Revision selbst hervorgehobenen Umstand, dass das Unterbleiben einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen dem Kläger selbst von der Ö***** AG erst im Oktober 1981 angedroht wurde, mit dieser Gefahr zu dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte nach Ansicht des Klägers ihrer Zahlungspflicht hätte nachkommen müssen, somit noch gar nicht zu rechnen war. In der Annahme des Berufungsgerichts, mit der Möglichkeit des behaupteten Verdienstentgangs sei objektiv nicht zu rechnen gewesen, kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.
Insoweit der Kläger noch die Ablehnung einer Haftung der Beklagten durch das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der „minimalen Kausalität“ bekämpft, übersieht er, dass die Annahme einer Haftung der Beklagten schon daran scheitert, dass die für die Zurechnung des Schadens in den Verantwortungsbereich der Beklagten jedenfalls erforderliche Adäquität hier nicht gegeben ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Lehre von der „minimalen Kausalität“ im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar wäre, weil hier keineswegs gleichartige, gemeinschaftliche Handlungen der Beklagten und des Klägers vorliegen, sondern Verhaltensweisen zusammentrafen, die unabhängig voneinander gesetzt wurden (vgl Koziol aaO 88).
Schließlich „verweist“ der Revisionswerber noch darauf, dass die für die Ablehnung einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen durch die Ö***** AG mitentscheidenden Steuerschulden des Klägers „letztlich auf die Zurückbehaltung der Einfuhrumsatzsteuer durch die Beklagte zurückzuführen seien“. Damit lässt sich für den Kläger jedoch nichts gewinnen, weil es sich bei dieser nunmehr erstmalig aufgestellten Behauptung um eine im Revisionsverfahren unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung handelt (§ 504 Abs 2 ZPO).
Die Revision erweist sich damit als unberechtigt, weshalb ihr der Erfolg versagt werden musste.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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