Spruch:
Revisionsrekurs und Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Beklagte ist zu der für den 17. September 1986 anberaumten ersten Tagsatzung zwar erschienen, hat jedoch nach Rechtsbelehrung erklärt, nicht verhandeln zu wollen, worauf über Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens gefällt wurde, wogegen die Beklagte rechtzeitig Widerspruch gemäß § 397 a ZPO erhob.
Diesen Widerspruch wies das Erstgericht im wesentlichen mit folgender Begründung zurück:
Nach § 396 ZPO seien drei Fälle der Versäumung der ersten Tagsatzung denkbar, und zwar a) die beklagte Partei kommt nicht zu Gericht, b) die beklagte Partei verhandelt ungeachtet richterlicher Aufforderung nicht und c) die beklagte Partei entfernt sich nach Aufruf der Sache. Die im § 397 a Abs 1 ZPO normierte Rechtswohltat des Widerspruches gegen ein Versäumungsurteil betreffe nur den erstgenannten dieser drei Säumnisfälle. Dagegen spreche auch nicht die Bestimmung des § 398 Abs 1 Satz 3 ZPO, denn dieser betreffe nur die Unterlassung der Klagebeantwortung. Im übrigen sei zu bedenken, daß das gefällte Versäumungsurteil aufgrund des von der Beklagten bei der ersten Tagsatzung an den Tag gelegten Verhaltens in materieller Betrachtungsweise in Wahrheit ein Anerkenntnisurteil darstelle. Unter diesem Gesichtspunkt könne aber die Erhebung eines Widerspruches gegen das Versäumungsurteil nicht mehr als eine im Bereich denkmöglichen Rechtsverständnisses gelegene vertretbare Rechtshandlung begriffen werden, sondern entpuppe sich als ein Akt des Mutwillens und des Mißbrauches rechtsstaatlicher Einrichtungen. Das von der Beklagten angerufene Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt auf, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund das gesetzmäßige Verfahren fortzusetzen. Es führte aus:
Gemäß § 397 a Abs 1 ZPO stehe gegen ein nach § 396 ZPO gefälltes Versäumungsurteil "dem Ausgebliebenen" der mit vorbereitendem Schriftsatz zu erhebende Widerspruch zu. Das Erstgericht meine nun, der Ausdruck "ausgeblieben" sei wörtlich auszulegen, und weise darauf hin, daß nur dem durch physische Abwesenheit von der ersten Tagsatzung säumig Gewordenen das Widerspruchsrecht eingeräumt sei, während in den beiden übrigen im § 133 Abs 2 ZPO genannten Säumnisfällen dem Beklagten ein Widerspruchsrecht nicht zustehe. Dieser einschränkenden, rein wörtlichen Interpretation sei nicht zu folgen. Der Gesetzgeber habe vielmehr mit dem Ausdruck "dem Ausgebliebenen" ganz allgemein Beklagte gemeint, aufgrund deren Säumnis ein Versäumungsurteil nach § 396 ZPO gefällt worden sei. Die Wortwahl des Gesetzgebers im § 397 a ZPO - "dem Ausgebliebenen" - stimme durchaus überein mit der Diktion in anderen die prozessuale Säumnis betreffenden Bestimmungen, in denen die Worte "ausbleiben" und "versäumen" synonym gebraucht würden, wo ein Verhalten des Beklagten bezeichnet werde, das zu einer im Gesetz vorgesehenen Säumnisfolge führen könne, auf Seite des Beklagten eben zu einem Versäumungsurteil nach § 396 ZPO (vgl. etwa § 442 Abs 1 bis Abs 3 ZPO - Säumnis auf Seite des Beklagten - oder § 398 Abs 4 ZPO - Säumnis auf Seite des Klägers -). Daß der Gesetzgeber, der im § 397 a ZPO nur der Diktion in anderen bereits bestehenden Bestimmungen gefolgt sei, in dieser neuen Bestimmung dem Wort einen anderen Sinn beilegen habe wollen, ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut selbst noch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (742 BlgNR 14. GP 51 f). Es wäre auch eine legistische Fehlleistung, würde der Gesetzgeber einem bestimmten Ausdruck in der Novelle eines einheitlichen Gesetzeswerkes einen anderen Sinn beilegen, als das gleiche Wort in derselben speziellen Materie in ursprünglichen Bestimmungen dieses Gesetzeswerkes ständig gehabt habe. Nach § 397 a Abs 1 ZPO sei daher die säumige Partei ohne Unterschied der spezifischen Art der Säumnis zum Widerspruch gegen ein gemäß § 396 ZPO gefälltes Versäumungsurteil berechtigt (gleicher Ansicht wohl auch Fasching, Lehrbuch, Rz 592). Es wäre auch nicht einzusehen, daß dem Beklagten, der zur Tagsatzung nicht erscheine, weil er sich schuldig fühle oder eine Verzögerung des Rechtsstreites anstrebe, ein Widerspruchsrecht eingeräumt würde, demjenigen aber, der vor Gericht erkläre, nicht verhandeln zu wollen, nicht. Es könne daher auch im letzteren Fall von einem Akt des Mutwillens oder des Mißbrauches rechtsstaatlicher Einrichtungen nicht gesprochen werden, wenn sich der Betreffende dann doch entschließe, Widerspruch zu erheben. Die Erklärung, "nicht verhandeln zu wollen", sei eben kein prozessuales Anerkenntnis, d.h. die einseitige Erklärung des Beklagten an das Gericht in der prozeßrechtlich vorgeschriebenen Form, daß der vom Kläger geltend gemachte Klagsanspruch ganz oder teilweise berechtigt sei, sondern lediglich die Grundlage dafür, ihn als säumig anzusehen. Auch ein Beklagter, der ohne Hinderungsgründe nicht zur Tagsatzung erscheine, gebe nichts anderes als seine Absicht zu erkennen, nicht verhandeln zu wollen. Die Zurückweisung des rechtzeitigen Widerspruches der Beklagten finde also im Gesetz keine Deckung.
Der Rechtskraftvorbehalt gründe sich auf § 527 Abs 2 ZPO und erscheine hier deshalb zweckmäßig, weil - soweit ersichtlich - die gegenständliche Frage vom Obersten Gerichtshof bisher nicht entschieden worden sei.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung sind unzulässig.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich daraus, daß der Oberste Gerichtshof die von den Vorinstanzen verschieden beantwortete Verfahrensfrage bereits in den Entscheidungen RZ 1981/65, 6 Ob 764/83 und 1 Ob 680/86 im Sinne des Rekursgerichtes gelöst hat und die Ausführungen des Revisionsrekurses keinen Anlaß bieten, diese Frage zur Wahrung der im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO genannten Grundsätze einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen (so schon 6 Ob 764/83).
Die Unzulässigkeit der Revisionsrekursbeantwortung folgt daraus, daß keiner der Fälle des § 521 a ZPO vorliegt.
Es waren daher Revisionsrekurs und Revisionsbeantwortung zurückzuweisen.
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