OGH 5Ob509/92

OGH5Ob509/9210.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Fa. C*****gesellschaft m.b.H., ***** Wien, Z*****gasse 1, vertreten durch Dr. Gerhard Renner und Dr. Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mag. Romana P*****, BHS-Lehrerin, ***** Graz, N***** 44 a, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, und deren Nebenintervenientin Dr. Heidi P*****, Rechtsanwältin, ***** Wien, A*****straße 23, wegen Zuhaltung eines Kaufvertrages (Streitwert S 950.000,--) und restl. Herausgabe (Streitwert S 50.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. Oktober 1991, GZ 3 R 45/91-27, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. Jänner 1991, GZ 25 Cg 389/89-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Bekanntgabe der Geburtsdaten der beklagten Partei und Ausfolgung des Rangordnungsbeschlusses TZ 3588/89 BG Donaustadt als unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution den mit Gertrude P*****, geb. am 21.1.1934, abgeschlossenen Schenkungsvertrag betreffend die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** L***** mit dem Grundstück 1496/31 Baufläche und der Grundstücksanschrift *****straße 16 sowie die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern betreffend diesen Schenkungsvertrag herauszugeben und folgenden Kaufvertrag zu unterfertigen:

KAUFVERTRAG

abgeschlossen zwischen

Mag. Romana P*****, geb. 20.9.1958

*****

als Verkäuferin einerseits und der

prot. Fa. C*****gesellschaft m.b.H.

*****

als Käuferin andererseits wie folgt:

I.

Mag. Romana P*****, geb. 20.9.1958 ist aufgrund eines Schenkungsvertrages außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** L*****, GrundstücksNr. 1496/31 Baufläche, Grundstücksanschrift *****straße 16.

II.

Mag. Romana P***** - im folgenden kurz Verkäuferin

genannt - verkauft und übergibt, die prot. Firma C*****gesellschaft m.b.H. - im folgenden kurz Käuferin genannt - kauft und übernimmt die oben bezeichnete Liegenschaft um den hiemit einvernehmlich vereinbarten Kaufpreis von --------

S 3,250.000,-- ------- (Schilling drei Millionen zweihundertfünfzigtausend).

III.

Der oben bezeichnete Kaufpreis ist zur Zahlung fällig bei Übergabe eines von der Verkäuferin beglaubigt unterfertigten Kaufvertrages, des mit der bücherlichen Eigentümerin abgeschlossenen Schenkungsvertrages im Original samt der dazugehörenden steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern sowie einer Löschungsquittung zur Löschung des im Lastenblatte unter LNr. 4 für ***** einverleibten Pfandrechtes im Betrag von S 263.000,-- samt Nebengebühren.

IV.

Die im Lastenblatte unter LNr. 1 und 2 einverleibten Reallasten für die Stadt Wien werden durch die Käuferin ohne Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen.

V.

Die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes erfolgt per 1.11.1989 durch gemeinsame Begehung der Liegenschaft und Übergabe der Hausverwaltungsunterlagen. Mit oben bezeichnetem Tag gehen sämtliche Besitzvorteile, allerdings auch die mit dem Grundbesitz verbundenen Lasten, Zufall und Gefahr auf die Käuferin über.

VI.

Die Verkäuferin leistet Gewähr dafür, daß die kaufgegenständliche Liegenschaft außer den oben bezeichneten Belastungen frei ist von weiteren bücherlichen, aber auch außerbücherlichen Lasten, ausgenommen davon sind Bestandrechte betreffend das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude. Im übrigen übernimmt die Käuferin das Kaufobjekt in dem Zustand, in dem es sich bei Vertragsunterfertigung befindet, die Verkäuferin leistet keine Gewähr für eine bestimmte Beschaffenheit oder bestimmte Verwendbarkeit des Kaufobjektes.

VII.

Die Käuferin verzichtet auf eine Übergabe der Hauptmietzinsreserve, nicht jedoch auf deren Verrechnung. Die Verkäuferin ist verpflichtet, der Käuferin eine Abrechnung der Hauptmietzinsreserve für den Zeitraum im Sinne der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes samt Belegen über die Verwendung dieser Hauptmietzinsreserve zu übergeben.

Ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag wird nicht eingehoben.

VIII.

Günter K***** als Geschäftsführer der Fa. C*****gesellschaft m. b.H. erklärt an Eides statt, daß an dieser Gesellschaft nur österreichische Staatsbürger und Deviseninländer im Sinne der Bestimmungen des Devisengesetzes beteiligt sind.

IX.

Sämtliche, mit der Errichtung und bücherlichen Durchführung dieses Vertrages auflaufenden Kosten und Gebühren, welcher Art auch immer, trägt die Käuferin.

X.

Die Verkäuferin, Mag. Romana

P*****5116*****01657*****eopoldstadt*****Ybbsstraße 16*****on

Wert

Vermögensberatungs- und------Immobilientreuhand*****-------einverle ibt werde.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 202.430,80 (darin enthalten S 45.700,-- Barauslagen und S 26.121,80 Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte erhielt am 22.6.1989 von ihrer Mutter die Liegenschaft EZ ***** der KG L***** mit dem Zinshaus *****straße 16 geschenkt. Noch vor der Einverleibung ihres Eigentums wandte sie sich wegen eines Verkaufs der Liegenschaft telefonisch an die Fa. I***** Handelsgesellschaft, auf die sie durch ein Inserat in der Hausbesitzerzeitung aufmerksam geworden war. Kurz nach dieser Kontaktaufnahme unterbreitete ihr die klagende Partei am 13.10.1989 in einem an die Fa. I***** adressierten Telefax das Angebot, die Liegenschaft um S 3,250.000,-- unter Verzicht auf die Herausgabe einer allfälligen Mietzinsreserve, jedoch satz- und lastenfrei zu kaufen. Das Angebot sollte bis 16 Uhr desselben Tages gültig sein (Beilage A).

Noch am selben Tag nahm die Beklagte per Telefax an die klagende Partei und die Fa. I***** das Angebot an (laut Beilage B wurde das Annahmeschreiben jedenfalls an die klagende Partei adressiert und mit einem Begleitschreiben an die Fa. I***** geschickt). Dieses Telefax enthält den Hinweis, daß sich in den Händen des Rechtsanwaltes der Beklagten bereits ein Rangordnungsbeschluß befinde, der Zug um Zug gegen Unterfertigung des Kaufvertrages an den Käufer ausgefolgt werden soll; außerdem sei eine grundbücherliche "Sprungeintragung" vorgesehen; die Beklagte erwarte den Kaufvertragsentwurf der klagenden Partei.

Sofort nach Erhalt dieses Annahmeschreibens hat die klagende Partei ihren Rechtsanwalt beauftragt, einen Kaufvertragsentwurf zu verfassen. Dieser Entwurf wurde sowohl der Beklagten als auch deren Rechtsanwalt am 17.10.1989 per Telefax zugesendet.

Schon am Tag zuvor, am 16.10.1989, hat jedoch die Beklagte - gestützt auf eine Rechtsauskunft der nunmehrigen Nebenintervenientin - per Telefax an die Fa. I***** ihren Rücktritt vom Vertrag erklärt. Die mittlerweile mit der rechtsfreundlichen Vertretung der Beklagten beauftragte Nebenintervenientin wiederholte diese Rücktrittserklärung unter Berufung auf § 3 KSchG mit Schreiben vom 17.10.1989 an die Fa. I***** und mit Schreiben vom 23.10.1989 an die nunmehrigen Vertreter der klagenden Partei.

Der Schenkungsvertrag vom 22.6.1989 und der (bis 29.6.1990 wirksame) Rangordnungsbeschluß für die Veräußerung befinden sich nicht mehr in den Händen der Beklagten; die Urkunden wurden von ihrem früheren Rechtsanwalt Ende 1989 dem Anwalt des damaligen Käufers übersandt.

Die klagende Partei, die die Rechtswirksamkeit der Rücktrittserklärung bestreitet, begehrt - wie im Spruch - die Zuhaltung des Kaufvertrages und zu diesem Zweck auch noch die Herausgabe des Schenkungsvertrages vom 22.6.1989 samt dazugehöriger Unbedenklichkeitsbescheinigung (die weiteren Leistungsbegehren wurden rechtskräftig abgewiesen, weil das Geburtsdatum der Beklagten im Zuge des Verfahrens bekannt geworden ist und dem Rangordnungsbeschluß wegen Zeitablaufs keine Bedeutung mehr zukommt). Dazu hat sie schon in der Klage vorgebracht, daß die Klägerin (gemeint ist offensichtlich die Beklagte) das streitgegenständliche Grundstück über die Fa. I***** zum Verkauf offerierte, daß ihr Kaufangebot von der Beklagten mittels Telefax angenommen wurde und wegen des Zustandekommens der Vereinbarung im Korrespondenzweg ein Vertragsrücktritt nach dem KSchG gar nicht in Frage komme. Darüber hinaus stünden sich die Streitteile gar nicht als Unternehmer und Konsument gegenüber; als Eigentümerin eines Zinshauses sei nämlich die Beklagte selbst als Unternehmerin zu betrachten. Schließlich seien dem Zustandekommen des Vertrages keine Gespräche iSd § 3 Abs 3 Z 2 KSchG vorangegangen.

Die Beklagte und die an ihrer Seite dem Verfahren beigetretene Nebenintervenientin beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Ihr Vorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Beklagte - schon wegen des sofortigen Verkaufs des ihr geschenkten Hauses - sehr wohl als Verbraucherin iSd § 1 KSchG zu behandeln sei und daß vor dem Briefwechsel - wie sich aus der Übermittlung von Verkaufsunterlagen an die Fa. I***** ergebe - auch Gespräche stattgefunden hätten. Sämtliche Erklärungen der Beklagten seien im übrigen in deren Räumlichkeiten, jedenfalls außerhalb der Geschäftsräume der klagenden Partei abgegeben worden. Unabhängig davon sei die Beklagte gar nicht in der Lage, das Urteilsbegehren zu erfüllen, weil sich die Urkunden, die sie herausgeben soll, gar nicht in ihren Händen befinden. Hinsichtlich des Zustandekommens des Vertrages differieren die Prozeßbehauptungen der Beklagten und ihrer Nebenintervenientin: Während die Beklagte die zeitgerechte und auch inhaltlich korrekte Annahme des Kaufangebotes der klagenden Partei nicht bestreitet, behauptet die Nebenintervenientin, ein Kaufvertrag sei wegen Zeitablaufs des Kaufangebotes - die bis 16 Uhr gesetzte Annahmefrist sei zumindest um 3 Minuten überschritten worden - und mangels Bindungs- und Abschlußwillens der Beklagten gar nicht zustandegekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beklagten (die das Erstgericht als Verbraucherin iSd § 1 KSchG qualifizierte, weil sie nie die Absicht hatte, das ihr geschenkte Zinshaus zu behalten) sei zwar das Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG zu versagen, weil sie die empfangsbedürftige Annahme des Kaufangebotes mit dem Einlangen ihres Telefax bei der Beklagten, also in deren Geschäftsräumlichkeiten abgegeben habe (§ 3 Abs 1 KSchG); es liege jedoch dauernde Unmöglichkeit der begehrten Leistung (Zuhaltung des Kaufvertrages) vor, weil die streitgegenständliche Liegenschaft mittlerweile einem Dritten veräußert worden sei. Laut Auskunft des Bezirksgerichtes Donaustadt (die nach Schluß der Verhandlung in erster instanz eingeholt wurde) sei nämlich auf Grund eines Kaufvertrages vom 20.10.1989 bereits am 7.11.1989 das Eigentumsrecht für Josef B***** im Range der Veräußerungsanmerkung verbüchert worden. Dadurch sei noch vor dem Schluß der Verhandlung in erster Instanz die Herausgabe der Liegenschaft an die klagende Partei rechtlich unmöglich geworden. Der Klagsvertreter hätte 9 Monate lang die Möglichkeit gehabt, das Klagebegehren (auch eventualiter) auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen umzustellen, doch habe er dies verabsäumt. Auch die begehrte Herausgabe des Schenkungsvertrages vom 22.6.1989 sei unmöglich geworden; die Unbedenklichkeitsbescheinigung wäre nur im Zusammenhang mit dem Hauptbegehren von Bedeutung.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, wenn auch aus anderen Erwägungen. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme jener, für die die Verfahrensergebnisse erst nach Schluß der Verhandlung beigeschafft worden waren, und führte rechtlich aus:

Die vom Erstgericht angenommene Unmöglichkeit der Vertragszuhaltung trage die Abweisung des Klagebegehrens nicht. Abgesehen davon, daß sich der diesbezügliche Einwand der Beklagten nur auf die Herausgabe von Urkunden beziehe, könne ein Schuldner, der nacheinander mehrere Verpflichtungen gegenüber verschiedenen Personen übernommen hat, bei denen aus der Erfüllung der einen notwendigerweise die Vereitelung der Erfüllung der anderen folgt, gegenüber dem Erfüllungsanspruch eines Gläubigers nicht Leistungsunmöglichkeit einwenden, wenn er nicht zu beweisen versucht, daß er alles unternommen hat, den Dritten zu der ihm die Erfüllung ermöglichenden Handlung zu bewegen. Dieser Grundsatz gelte für die Doppelvermietung, den Doppelverkauf und alle anderen Fälle, in denen ein Vertragsteil in schuldhafter Verletzung seiner Vertragspflichten deren Erfüllung unmöglich macht (JBl 1987, 783 mwN). Da die Beklagte nicht einmal behauptete, sich um die Beschaffung der Kaufliegenschaft und der von ihr verlangten Urkunden bemüht zu haben, könne sie sich ohne rechtswirksamen Rücktritt vom streitgegenständlichen Kaufvertrag von der Verpflichtung gegenüber der klagenden Partei, eine formgerechte, verbücherungsfähige Vertragsurkunde zu unterfertigen, ebensowenig befreien wie von der Herausgabepflicht hinsichtlich des Schenkungsvertrages und der Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Entscheidend sei allein die Frage, ob ein rechtswirksamer Rücktritt vom Kaufvertrag nach § 3 KSchG vorliegt. Insoweit spiele die Beweislast eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich habe derjenige, der (wie hier die Beklagte) den Schutz des KSchG für sich in Anspruch nehmen will, auch nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für diesen Schutz vorliegen (Krejci in Rummel II, Rz 44 zu § 1 KSchG). Korrespondierend dazu müsse aber andererseits verlangt werden, daß der Gegner, will er den behaupteten rechtswirksamen Rücktritt zu Fall bringen, seinerseits die dem Rücktritt entgegenstehenden Tatsachen iSd § 3 KSchG behauptet und beweist. Habe die das Rücktrittsrecht für sich in Anspruch nehmende Partei ihrem Teil an Beweispflicht Genüge getan, nicht jedoch der das Rücktrittsrecht Leugnende, könne ohne weiteres von einem rechtswirksamen Vertragsrücktritt nach § 3 KSchG ausgegangen werden.

Die Unternehmereigenschaft der klagenden Partei sei unstrittig. Die Beklagte sei dagegen Verbraucherin, weil sie die ihr geschenkte Liegenschaft überhaupt nicht zur Entfaltung einer dauernden, nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit verwendete, sondern sogleich verkaufte. Unter diesen Umständen könne vom "Betrieb eines Unternehmens" der Beklagten keine Rede sein; es liege aber auch im Verkauf der Liegenschaft, die einem Unternehmen die Grundlage bietet, kein "zum Betrieb des Unternehmens gehörendes Geschäft", weil es nicht den Unternehmensinteressen diene.

Sei insoweit noch die Rechtsansicht des Erstgerichtes zu billigen, so könne der Versagung des Rücktrittsrechtes nicht gefolgt werden. Dem von der Beklagten geltend gemachten Vertragsrücktritt habe nämlich die klagende Partei nur zwei Einwände entgegengesetzt: Erstens das Fehlen der Verbrauchereigenschaft, was sich als unrichtig herausgestellt habe; zweitens, daß dem Vertragsabschluß keine Besprechungen vorangegangen seien. Zu letzterem habe das Erstgericht - von der klagenden Partei ungerügt - keine Feststellungen getroffen, weshalb dieses Thema aus dem Verfahren ausgeschieden sei. (Käme es dennoch darauf an, wären Feststellungen im Sinne der Behauptungen der klagenden Partei ohnedies schwerlich zu treffen.) Damit bestehe aber schon nach der tatsächlichen Behauptungs- und Beweislage kein Grund, der Beklagten das von ihr in Anspruch genommene Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG zu verweigern.

Wo die Beklagte die Annahme des Kaufangebotes der klagenden Partei erklärte (ob in deren Geschäftsräumlichkeiten oder außerhalb), hätte das Erstgericht bei dieser Sach- und Rechtslage gar nicht erörtern dürfen, weil die klagende Partei ja gar nicht geltend machte, es mangle an Rücktrittsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 KSchG. Im übrigen wäre den rechtlichen Schlußfolgerungen des Erstgerichtes auch in diesem Punkt nicht zu folgen, weil es unlogisch sei, die Vertragserklärung der Beklagten nur deshalb als in den Geschäftsräumlichkeiten der klagenden Partei abgegeben anzusehen, weil sie per Telefax von Graz nach Wien übermittelt wurde. Abgegeben worden sei die Angebotsannahme der Beklagten jedenfalls in Graz, in Wien sei sie nur entgegengenommen worden.

Das Urteil des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 50.000,-- übersteigt, die ordentliche Revision jedoch unzulässig sei, weil die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhing, sondern allein schon die vorliegende Behauptungs- und Beweissituation zum Mißerfolg der Berufung führen mußte.

Gegen das Berufungsurteil hat die klagende Partei fristgerecht außerordentliche Revision mit dem Antrag erhoben, es so abzuändern, daß dem Klagebegehren mit Ausnahme des Begehrens auf Bekanntgabe des Geburtsdatums der Beklagten und Herausgabe des Rangordnungsbeschlusses TZ 3588/89 des Bezirksgerichtes Donaustadt vollinhaltlich stattgegeben wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagten wurde die Beantwortung der Revision freigestellt. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und beantragt, die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen oder das Urteil der zweiten Instanz zu bestätigen. Von der Nebenintervenientin - der die Revision allerdings auch nicht zuzustellen war (2 Ob 24, 25/69; JBl 1979, 34 u.a.) - liegt keine Revisionsbeantwortung vor.

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Die Zulässigkeit der Revision ergibt sich daraus, daß sich weder für die Verneinung der Unternehmereigenschaft der Beklagten noch für die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, die negativen Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 und 3 KSchG habe der das Rücktrittsrecht des Verbrauchers bestreitende Unternehmer zu beweisen, ein eindeutiger Judikaturbeleg findet.

Tatsächlich bestehen Zweilfel an der Verbrauchereigenschaft der Beklagten, ist doch ein Bestandgeber dann Unternehmer iSd KSchG, wenn er dritte Personen (zB einen Hausbesorger) beschäftigt und eine größere Zahl von Bestandverträgen abgeschlossen hat, die die Einschaltung anderer Unternehmungen oder von Erfüllungsgehilfen zur Regel macht (SZ 53/103). Alle diese Voraussetzungen könnten hier vorliegen, verfügt doch das fragliche Zinshaus über zahlreiche Wohnungen (nach den noch nicht ausgewerteten Zinslisten wären es rund 40), von denen eine einem Hausbesorger vorbehalten ist. Daß die Beklagte bis zum Verkauf der Liegenschaft nie als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war, stünde einer Unternehmertätigkeit nicht unbedingt entgegen, weil die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, daß sie (die "außerbücherliche Eigentümerin" der Liegenschaft) Besitz und Verwaltung des Hauses übernommen hat (vgl E 14 zu § 1120 ABGB, MGA33). Auch die sofort bekundete Verkaufsabsicht ändert daran nichts, weil es nicht auf die Dauer der unternehmerischen Tätigkeit, sondern auf die Notwendigkeit einer auf Dauer angelegten Betriebsorganisation ankommt (vgl. JBl 1991, 253). Schließlich ist der Meinung entgegenzutreten, daß die Veräußerung der Liegenschaft, also praktisch des ganzen "Unternehmens", keinesfalls zum Geschäftsbetrieb gehört. Ob dies zutrifft, ist nach § 344 HGB zu beurteilen, der im Zweifel die Geschäfte eines Unternehmers als zu dessen Betrieb gehörig behandelt (RZ 1989, 275/100 mwN). Demnach sind auch Abwicklungsgeschäfte (Liquidationsgeschäfte) grundsätzlich Handelsgeschäfte, auf die § 1 Abs 1 Z 1 KSchG verweist, selbst die Veräußerung des ganzen Unternehmens (vgl Kramer in Straube, Rz 17 zu §§ 343, 344 HGB; Welser, Zum Geltungsbereich des I.Hauptstückes des KSchG, in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 200). Die Verbrauchereigenschaft der Beklagten wäre daher noch zu klären, sollte das von ihr in Anspruch genommene Rücktrittsrecht nicht aus den bereits feststehenden Tatumständen zu verneinen sein.

Ähnliches gilt für das vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellte Problem der Beweislast. Der mehrmals judizierte Rechtssatz, wer den Schutz des KSchG in Anspruch nehmen will, habe die hiefür erforderlichen Voraussetzungen zu beweisen (WBl 1987, 242; 7 Ob 720/88; RZ 1989, 275/100; 6 Ob 599/89; JBl 1991, 253), befaßte sich immer nur mit Tatfragen zur Unternehmer- bzw. Verbrauchereigenschaft (also mit § 1 KSchG), läßt jedoch nicht den Umkehrschluß zu, die in § 3 Abs 1 und 3 KSchG normierten negativen Voraussetzungen eines vom Verbraucher ausgeübten Rücktrittsrechtes habe immer der dieses Rücktrittsrecht bestreitende Unternehmer zu behaupten und zu beweisen. Keinesfalls träfe dies für die Frage zu, wo der Verbraucher seine Vertragserklärung abgegeben hat (§ 3 Abs 1 KSchG), da derartige Modalitäten zum Grundtatbestand des Rücktrittsrechtes gehören, der einerseits erweitert (§ 3 Abs 2 KSchG), andererseits durch vier Ausnahmetatbestände (§ 3 Abs 3 KSchG) eingeschränkt wird (vgl Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung, 362). Führt man die vorhin zitierte Judikatur über die Behauptungs- und Beweislast bei Inanspruchnahme des besonderen Verbraucherschutzes fort, wären also die in § 3 Abs 1 KSchG normierten Voraussetzungen des Rücktrittsrechtes vom Verbraucher nachzuweisen.

Nähere Ausführungen zu diesem Thema erübrigen sich, weil die klagende Partei - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - ohnehin mit ausreichender Deutlichkeit vorgebracht hat, es fehle die Rücktrittsvoraussetzung einer Vertragserklärung außerhalb ihrer Geschäftsräume (§ 3 Abs 1 KSchG). Sie hat nämlich die Rechtsunwirksamkeit des Vertragsrücktrittes der Beklagten unter anderem damit begründet, daß die Annahme ihres Kaufangebotes "mittels Telefax" erfolgt und der Kaufvertrag "im Korrespondenzweg" zustandegekommen sei. Insoweit liegen auch Feststellungen vor, die bei der Entscheidung des Streitfalls nicht übergangen werden dürfen. Die vom Berufungsgericht geforderte Außerachtlassung dieser Verfahrensergebnisse widerspräche der in § 226 Abs 1 ZPO normierten Substantiierungstheorie, die nur die Behauptung der entscheidungswesentlichen Tatumstände verlangt, darüber hinaus aber auch den Grundsätzen über die Maßgeblichkeit überschießender Feststellungen (vgl E 15 zu § 266 ZPO, MGA14), weil sich die klagende Partei bei der Bestreitung des Rücktrittsrechtes der Beklagten eben nicht auf den Ausschlußgrund des § 3 Abs 3 Z 2 KSchG festgelegt hat.

Schließlich sei im Rahmen einer umfassenden rechtlichen Überprüfung der Berufungsentscheidung bemerkt, daß die klagende Partei gar keinen Anlaß hatte, in ihrer Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes mangelnde Feststellungen über den von ihr behaupteten Ausschluß des Rücktrittsrechtes gemäß § 3 Abs 3 Z 2 KSchG zu rügen, war doch auch das Erstgericht der Ansicht, daß ein Vertragsrücktritt der Beklagten nach den Bestimmungen des KSchG (konkret nach § 3 Abs 1 KSchG) nicht in Frage kommt. Es war daher unter den rechtlichen Prämissen des Berufungsgerichtes verfehlt, den Streitpunkt, ob dem Vertragsabschluß Besprechungen vorangegangen sind, "aus dem Verfahren auszuscheiden".

In der Sache selbst ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die Abweisung des Klagebegehrens nicht mit dem Argument der Leistungsunmöglichkeit begründet werden kann. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes entsprechen der Judikatur (E 10 zu § 920 ABGB, MGA33), und bedürfen keiner Ergänzung (§ 510 Abs 3 ZPO). Der von der Beklagten erhobene Einwand der Leistungsunmöglichkeit hat sich nach Inhalt und Sachzusammenhang ihres Vorbringens auch nur auf die Herausgabe von Urkunden bezogen.

Nicht zu folgen ist jedoch dem Berufungsgericht in der Rechtsansicht, die Annahme des Kaufangebots sei in den Räumen der Beklagten erfolgt, weil die Abgabe der Vertragserklärung mit der Absendung des Telebriefs gleichzusetzen sei. Diese Rechtsansicht findet sich zwar nur in einer Hilfsbegründung des Berufungsurteils, ist jedoch durch die Einbeziehung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 KSchG in die strittigen Sachfragen relevant geworden. Auch die unrichtige Lösung dieser (erstmals an den Obersten Gerichtshof herangetragenen) Rechtsfrage begründet daher die Zulässigkeit der Revision.

Das KSchG bezweckt den Schutz des Verbrauchers im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit professionellen Anbietern; er soll vor Rechtsnachteilen bewahrt werden, die ihm durch die Ausnützung seiner typischerweise schwächeren Position drohen (vgl Krejci in Rummel II, Rz 2 vor § 1 KSchG mwN). Ein besonders wirksames Instrument ist dabei das in § 3 KSchG normierte Rücktrittsrecht. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird es dem Verbraucher allerdings nicht in allen denkbaren Fällen einer Ungleichgewichtslage zugestanden; der Gesetzgeber hat das Rücktrittsrecht vielmehr auf Tatbestände beschränkt, die für unüberlegte, unter psychologischem Druck zustandegekommene Geschäftsabschlüsse typisch sind (vgl SZ 55/157).

Diese bewußt gewählte Gesetzestechnik verbietet nach herrschender Ansicht eine teleologische Reduktion der in § 3 Abs 1 und 3 KSchG normierten Rücktrittsvoraussetzungen nach Maßgabe der konkreten Überrumplungsgefahr (Schuhmacher aaO, 361 f; Krejci aaO, Rz 5 zu § 3 KSchG). Auslegungsprobleme, die sich bei der Subsumtion konkreter Tatumstände eines Geschäftsabschlusses unter die Tatbestandsmerkmale des § 3 KSchG ergeben, sind jedoch im Lichte des Gesetzeszweckes zu lösen, dem Verbraucher eine ausreichende Überlegungsfrist zu geben und ihn keiner Zwangssituation auszusetzen (vgl Krejci aaO, Rz 6 und 32 zu § 3 KSchG).

Hier läßt der Umstand, daß die Vereinbarung mittels Telefax (praktisch im Korrespondenzweg) zustandegekommen ist, durchaus unterschiedliche Deutungen zu, wo die Vertragserklärung der Beklagten abgegeben wurde. Allein schon die unterschiedlichen Auffassungen der Vorinstanzen zeigen, daß ein Wertungsspielraum besteht, der durch die ratio des Gesetzes auszufüllen ist, die Willensfreiheit des regelmäßig schwächeren Vertragspartners zu gewährleisten. Bei äußeren Vertragsumständen, unter denen typischerweise gar keine Gefahr für die Willensfreiheit des Verbrauchers besteht, ist die durch § 3 KSchG geschaffene Rücktrittsmöglichkeit einschränkend zu handhaben.

Eine besondere Schutzwürdigkeit des Verbrauchers ist in einer Situation, in der ein zugesandtes schriftliches Angebot ohne zwischenzeitigen Kontakt mit dem Anbieter wiederum schriftlich angenommen wird, nicht zu erkennen. Sie bietet beste Bedingungen für eine unbeeinflußte, wohlüberlegte Willenserklärung des Annehmenden, sodaß ihm das auf die typische Ungleichgewichtslage von Haustürgeschäften zugeschnittene Rücktrittsrecht (§ 3 Abs 1 KSchG) zu versagen ist. Wer als Verbraucher seine Vertragserklärung selbst zu Papier bringt und dieses Schriftstück (per Post oder Telefax) dem Unternehmer übersendet, ist daher so zu behandeln, als hätte er die Vertragserklärung in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgegeben (vgl Krejci aaO, Rz 32 zu § 3 KSchG). Auch der Bestimmung des § 3 Abs 3 Z 2 KSchG, die vor allem Geschäfte im Rahmen des Versandhandels von der Rücktrittsmöglichkeit des Verbrauchers ausnehmen soll (Krejci aaO, Rz 30 zu § 3 KSchG), liegt diese verallgemeinerungsfähige Wertung zugrunde.

Nach dieser am Gesetzeszweck orientierten Auslegung des § 3 Abs 1 KSchG macht es nicht einmal einen Unterschied, ob die Beklagte ihr Telefax mit der Annahmeerklärung an die klagende Partei, an die Fa. I***** oder an beide abgeschickt hat. An den Fall, daß der Kauf einer Liegenschaft gleich einem Haustürgeschäft abgewickelt werden könnte, hat nämlich der Gesetzgeber bei der schematischen Erfassung von Situationen, die eine verdünnte Willensfreiheit des Verbrauchers indizieren, gar nicht gedacht. Es fehlt daher auch eine Stellungnahme zum Problem, wie ein typischerweise in der Kanzlei eines Rechtsanwalts, Notars oder Immobilienmaklers abgeschlossenes Rechtsgeschäft über Liegenschaften zu behandeln ist (vgl. Krejci aaO, Rz 14 zu § 3 KSchG). Das spricht dafür, § 3 Abs 1 erster Halbsatz KSchG jedenfalls im Liegenschaftsverkehr analog auf alle Örtlichkeiten anzuwenden, die dem Vertragsabschluß über bewegliche Sachen in den Geschäftsräumen des Unternehmers gleichkommen. Auch dies liegt eindeutig im Rahmen der gesetzgeberischen Wertung (Fischer-Czermak, Das Konsumentenschutzgesetz und der Liegenschaftsverkehr, NZ 1991, 117). Die von den Vorinstanzen nicht abschließend beantwortete Tatfrage, ob das Telefax mit der Annahmeerklärung der Beklagten an die Fa. I***** geschickt und erst von dieser an die klagende Partei weitergeleitet wurde (so die Beilage B), kann daher auf sich beruhen.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden und lediglich der ins Klagebegehren aufgenommene Text als Kaufvertrag den unstrittigen Verfahrensergebnissen anzupassen (Geburtsdatum der Beklagten; Streichung des Beisatzes über die abgelaufene Rangordnung).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO. Den Kostenverzeichnissen der klagenden Partei konnte nur insoweit nicht gefolgt werden, als der Streitgenossenzuschlag erst ab dem Eintritt der Nebenintervenientin in das Verfahren gebührt.

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