OGH 5Ob5/08h

OGH5Ob5/08h24.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin A***** Immobilientreuhand Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Axel Nebraunig und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ersichtlichmachung des Verwalters der Liegenschaft EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Oktober 2007, AZ 47 R 538/07a, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 24. Juli 2007, TZ 2667/2007, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Unter Vorlage einer als „Verwalterbestellung" übertitelten, mit 20. 6. 2007 datierten und beglaubigt sowohl von der Miteigentümerin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft N***** Gesellschaft m.b.H. als auch der Verwalterin A***** Immoblientreuhand Gesellschaft m.b.H. unterfertigten Urkunde begehrte die Antragstellerin die Ersichtlichmachung ihrer Bestellung zum Verwalter der Liegenschaft.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, zur Verwalterbestellung bedürfe es eines Mehrheitsbeschlusses; es sei auch die Unterzeichnung einer Bestellungsurkunde durch nur einen Eigentümer, auch wenn er Anteilsmehrheit besitze, nicht ausreichend. Weiters sei, wenn der Einschreiter vertreten sei, die Bevollmächtigung gemäß § 77 GBG nachzuweisen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen: Da das Grundbuchsgesuch von den im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführern der Antragstellerin eingebracht worden sei, bedürfe es keiner Vollmacht im Sinne des § 77 Abs 1 GBG. Nach § 19 WEG in der seit 1. 10. 2006 gültigen Fassung sei die Einreichung des Grundbuchsgesuchs durch einen Verwalter im eigenen Namen zulässig. Für die Ersichtlichmachung genüge die Vorlage einer Urkunde, aus deren Inhalt sich die Bestellung der jeweiligen Person als Verwalter der Wohnungseigentumsliegenschaft eindeutig ergebe bzw durch Unterfertigung eines Wohnungseigentümers und des Verwalters bestätigt werde. Aus der Formulierung der Bestätigungsurkunde gehe keine ordnungsgemäße wirksame Willensbildung der gesamten Eigentümergemeinschaft bei der Bestellung des Verwalters im Sinne des § 24 WEG hervor. Die vom Gesetzgeber gewünschte Eindeutigkeit der Bestellung könne nur durch solche Dokumente bestätigt werden, die augenscheinlich einen unbedenklichen Bestellvorgang widerspiegeln. Diesem Erfordernis entspreche die vorgelegte Urkunde nicht, nach deren Text die Bestellung nicht durch die Eigentümergemeinschaft, sondern nur durch die die Bestätigungsurkunde unterfertigende Miteigentümerin erfolgt sei. Die Rekursentscheidung enthält den Ausspruch, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Qualifikation der nach § 19 WEG idF der WRN 2006 zur Ersichtlichmachung des Verwalters geforderten Urkunden fehle.

Mit ihrem - nach Verbesserungsauftrag anwaltlich gefertigten - Revisionsrekurs strebt die Antragstellerin die Bewilligung ihres Antrags auf Ersichtlichmachung als Verwalter an. Nach der neuen Fassung des § 19 WEG bedürfe es dafür einer von mindestens einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter jeweils beglaubigt unterfertigten Bestätigung über die Bestellung einer bestimmten Person zum Verwalter, jedoch keines Nachweises mehr über eine gesetzeskonforme Beschlussfassung; es genüge ein bestätigendes, den Inhalt der Verwalterbestellung wiedergebendes Dokument. Die vorliegende Verwalterbestellung vom 20. 6. 2007 entspreche dem. Das Grundbuchsgericht habe nämlich die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung aus Anlass der beantragten Ersichtlichmachung nicht mehr zu prüfen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts führe die vom Gesetzgeber angestrebte Verfahrenserleichterung ad absurdum, da Urkunden entsprechend der vor der WRN 2006 geltenden Regelungen verlangt würden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Gemäß der mit 1. 10. 2006 (§ 58 Abs 1 WEG 2002) durch die WRN 2006 neu gefassten Bestimmung des § 19 WEG 2002 kann die Eigentümergemeinschaft eine natürliche oder juristische Person zum Verwalter bestellen; Name und Anschrift des Verwalters sind bei der Bestellung durch das Gericht von Amts wegen, sonst aufgrund einer Urkunde über die Bestellung zum Verwalter, sofern die Unterschriften auch nur eines Wohnungseigentümers sowie des Verwalters darauf öffentlich beglaubigt sind, auf Antrag dieses oder eines anderen Wohnungseigentümers oder des Verwalters im Grundbuch ersichtlich zu machen.

Nach den Materialien handelt es sich dabei um eine erleichternde und/oder vereinfachende Neuerung, nach der es künftig ausreichen soll, wenn eine Urkunde über die Bestellung des Verwalters vorgelegt werde, auf der lediglich die Unterschriften des Verwalters und eines einzigen Wohnungseigentümers beglaubigt sein müssen. Bei dieser Urkunde müsse es sich ‑ dies sei das Ergebnis der Diskussion in der Arbeitsgruppe „Wohnrecht" - nicht um den Verwaltungsvertrag handeln, sondern es reiche eine Urkunde, aus deren Inhalt sich die Bestellung der jeweiligen Person als Verwalter der jeweiligen Wohnungseigentumsliegenschaft eindeutig ergebe. Der diese „Bestätigungsurkunde" unterfertigende Wohnungseigentümer habe damit die Funktion eines „wohnungseigentumsrechtlichen Legalisators" für die Eigentümergemeinschaft (1183 BlgNR XXII. GP 12, 6 und 23).

2.1. Nach Hausmann (in Hausmann/Vonkilch § 19 WEG Rz 32 f) sei damit klargestellt, dass die Ersichtlichmachung nicht etwa nur aufgrund des Bestellungsbeschlusses oder des Verwaltungsvertrags erfolgen könne. Bei Neubestellungen biete sich an, die Kundmachung des Bestellungsbeschlusses entsprechend beglaubigt gefertigt unter Festhalten des Umstands, dass die Anfechtungsfrist ungenutzt verstrichen sei, als Eintragungsgrundlage vorzulegen. Da die Materialien von einer „Bestätigungsurkunde" sprechen, werde bei älteren Verwaltungsverhältnissen, bei denen die Verwalterbestellung nicht grundbuchstauglich dokumentiert sei, teleologisch dahingehend ausdehnend zu interpretieren sein, dass eine durch einen Wohnungseigentümer und den Verwalter beglaubigt gefertigte Urkunde, welche das Faktum der aufrechten Bestellung bestätige, zur Ersichtlichmachung des Verwalters ausreiche. Da infolge der WRN 2006 kein Erfordernis der Vorlage einer grundbuchstauglichen Urkunde über die Verwalterbestellung selbst mehr bestehe, sei der nach alter Rechtslage zutreffenden Rechtsprechung, dass alle für eine wirksame Beschlussfassung erforderlichen Tatbestandsmerkmale aus der Eintragungsgrundlage hervorgehen müssten, die gesetzliche Grundlage entzogen; das gehe freilich auf Kosten der Rechtssicherheit, da das Grundbuchsgericht nunmehr die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung als solche nicht mehr zu prüfen habe, sondern lediglich die Grundbuchstauglichkeit der Bestätigungsurkunde.

2.2. Für Würth/Zingher/Kovany, Wohnrecht 2007 § 19 Anm 3 genügt, dass sich aus der Bestätigungsurkunde die Bestellung des konkreten Verwalters der konkreten Wohnungseigentumsliegenschaft eindeutig ergebe; dies könnte beispielsweise ein in einem Verfahren gemäß § 52 Abs 1 Z 8 WEG ergangener Sachbeschluss sein, in dem rechtskräftig die Unwirksamkeit einer Verwalterkündigung ausgesprochen worden sei; denkbar wäre auch ein Protokoll über eine in der Eigentümerversammlung erfolgte Beschlussfassung über die Verwalterbestellung.

2.3. Dirnbacher (WEG idF der WRN 2006, 189) erblickt in der WRN 2006 eine wesentliche Erleichterung im Zusammenhang mit der Ersichtlichmachung des Verwalters im Grundbuch. Es sei nicht mehr erforderlich, dass sich der für den Grundbuchsantrag vorgelegten Urkunde die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung durch die Miteigentümergemeinschaft erfolgte Verwalterbestellung entnehmen lasse. Zur Ersichtlichmachung bedürfe es nur einer von mindestens einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter jeweils beglaubigt unterfertigten Bestätigung über die Bestellung einer bestimmten Person zum Verwalter; das Grundbuchsgericht habe sohin die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung aus Anlass der beantragten Ersichtlichmachung nicht mehr zu prüfen.

2.4. Derbolav ua (Wohnungseigentumsrecht 2006, 145 f) verlangen eine Bestätigungsurkunde, aus der sich eindeutig ergebe, dass eine Person zum Verwalter bestellt worden sei. Dabei handle es sich entweder um einen Mehrheitsbeschluss oder eine gerichtliche Entscheidung oder das Protokoll über die Beschlussfassung. Sowohl ein schriftlicher Umlaufbeschluss, ein Abstimmungsblatt über eine Eigentümerversammlung oder ein Protokoll über eine erfolgte Abstimmung seien Dokumente über eine erfolgte Beschlussfassung. Ein bloßes Protokoll sei daher eine für eine Grundbuchseintragung ausreichende Urkunde, wenn der Verwalter und ein Wohnungseigentümer beglaubigt unterschrieben haben.

2.5. Walter (Wohnungseigentumsgesetz und Nebengesetze § 19 WEG 2006, 2 f) erachtet eine Urkunde, aus deren Inhalt sich die Bestellung der jeweiligen Person als Verwalter der jeweiligen Wohnungseigentumsliegenschaft eindeutig ergebe, als ausreichend (unter Berufung auf die zur Rechtslage vor der WRN 2006 ergangenen Rechtsprechung [!]); es sei eine „beweiswirkende Urkunde" vorzulegen, aus der sich ‑ ohne eine vom GBG geforderte Konkludenzprüfung durch das Grundbuchsgericht - eindeutig ergebe, dass beim Bestellungsbeschluss die Vorschriften der Willensbildung der Gemeinschaft eingehalten worden seien.

3.1. Der erkennende Senat schließt sich im Hinblick auf die vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachung/Erleichterung der Voraussetzungen der Rechtsansicht Hausmanns und Dirnbachers an, das Grundbuchsgericht habe nunmehr die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung aus Anlass der beantragten Ersichtlichmachung nicht mehr zu prüfen, sondern nur die Grundbuchstauglichkeit der Bestätigungsurkunde. Für die hier verfahrensgegenständliche Ersichtlichmachung der Bestellung eines Verwalters, die lediglich deklarative Wirkung bezüglich des ersichtlich gemachten Umstands hat und für Dritte den Rechtsverkehr mit der Wohnungseigentumsgemeinschaft erleichtern soll, ist die Vorlage eines die Verwalterbestellung „eindeutig" dokumentierenden Schriftstücks erforderlich, das - mangels besonderer Vorschriften - nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 27 und 52 GBG zu beurteilen ist. § 52 GBG verlangt für Anmerkungen (und daher auch Ersichtlichmachungen) bloß die Vorlage beweiswirkender Urkunden (5 Ob 86/98b = NZ 1999/439 [Hoyer]). Was beweiswirkend ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0110535). Das hat zwar grundsätzlich auch für den Inhalt einer „Urkunde über die Bestellung zum Verwalter" zu gelten; um aber davon sprechen zu können, dass sich die Bestellung der jeweiligen Person als Verwalter der jeweiligen Wohnungseigentumsliegenschaft aus dem Inhalt einer Urkunde eindeutig ergibt, bedarf es der Darstellung, wie (dh auf welche zulässige Art) und wann es konkret zur Bestellung eines bestimmten Verwalters kam. Zur bisherigen Judikatur liegt die Unterscheidung darin, dass zB der Nachweis der Wahrung der Äußerungsrechte aller Miteigentümer und damit des Abschlusses der Willensbildung sowie der Bindung der abstimmenden Miteigentümer an die abgegebene Erklärung (zuletzt 5 Ob 65/05b) nicht mehr erforderlich ist, wohl aber der Art der Bestellung. Dabei könnte allerdings die Nennung offenkundig der Rechtslage widersprechender Bestellvorgänge auch nach der neuen Rechtslage nicht unberücksichtigt bleiben, weil ein solcher Urkundeninhalt die Verwalterbestellung gerade nicht eindeutig und klar belegt.

3.2. Der von der Antragstellerin vorgelegten Urkunde mit der Bezeichnung „Verwalterbestellung" (jeweils notariell beglaubigt unterfertigt vom „Miteigentümer Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft N***** Gesellschaft m.b.H." und dem „Verwalter A***** Immobilientreuhand Gesellschaft m.b.H.") kommt aus folgenden Gründen keine ausreichende Beweiswirkung zu. Sie lautet im Wesentlichen:

„Wir haben die A***** Immobilientreuhand Gesellschaft m.b.H. in *****, gemäß § 21 und gemäß § 20 jedoch vorbehaltlich § 28 des Bundesgesetzes vom 26. April 2002 über Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 ‑ WEG 2002) BGBl I 70/2002 in der derzeit geltenden Fassung, mit der Verwaltung der uns anteilig gehörigen Liegenschaft in *****, EZ *****, betraut. Dies gilt insbesondere [...]

Wien, am 20. 6. 2007".

Wenn auch nach dem Wortlaut zu vermuten ist, dass mit dem einleitenden Wort „Wir" die als Miteigentümer unterfertigende Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft N***** Gesellschaft m.b.H. gemeint ist, lässt die gewählte Formulierung nicht erkennen,

- auf welche Art es konkret zur Bestellung der Antragstellerin zur Verwalterin der Liegenschaft gekommen ist, und ebenso wenig

- wann dies der Fall war.

Die Verwendung des Wortes „betraut" lässt zwar eine gerichtliche Bestellung gemäß § 30 WEG ausgeschlossen erscheinen, unklar bleibt aber jedenfalls, ob damit eine vertragliche Bestellung des Verwalters gemeint ist (die allerdings die Mitwirkung aller einzelnen Miteigentümer verlangen würde [vgl 1 Ob 604/80 = MietSlg 32.492; 5 Ob 91/02x]), oder eine solche durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft. Der Inhalt der vorgelegten Urkunde vom 20. 6. 2007, welches Datum sowohl den Zeitpunkt der Ausstellung dieser Urkunde als auch der behaupteten Verwalterbestellung betreffen kann, reduziert sich somit auf eine bloß unsubstantiiert gebliebene Feststellung der Bestellung einer bestimmten (juristischen) Person zum Verwalter ohne jede weitere Konkretisierung. Die geforderte „eindeutige" Dokumentierung einer Verwalterbestellung gelingt damit nicht.

4. Wegen des dargestellten mangelhaften Urkundeninhalts fehlt es ihr an der notwendigen Beweiswirkung im Sinne des § 52 GBG. Daher haben die Vorinstanzen zu Recht die beantragte Ersichtlichmachung der Verwalterbestellung verweigert. Dem Revisionsrekurs muss daher ein Erfolg versagt werden.

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