Spruch:
Die Einverleibung eines auf unbestimmte Zeit eingeräumten Bestandrechtes ist unzulässig.
Ein unzulässigerweise eingetragenes Recht kann bücherlich nicht übertragen werden.
Die Einverleibung der Übertragung des verbücherten Bestandrechtes ist nur mit der in buchmäßiger Form beigebrachten Zustimmung des Bestandgebers zulässig.
Entscheidung vom 14. Oktober 1959, 5 Ob 500/59.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Im Lastenblatt der EZ. 986 GB. M. ist auf Grund des Bestandvertrages vom 25. Juli 1932 das Bestandrecht in Ansehung der Wohnung Nr. 12 bis 31. Juli 1937 unkundbar und von da ab auf unbestimmte Zeit für Hermine O. einverleibt. Der Mietvertrag vom 25. Juli 1932 enthielt im Pkt. IV die Bestimmung, daß der Mieterin gestattet sei, den Bestandgegenstand während der Dauer des genannten Mietvertrages an jemand anderen zu übertragen und abzutreten. Die Mieterin hat von diesem Recht Gebrauch gemacht; am 19. Juli 1933 wurde auf Grund des Mietvertrages und der Zession vom 17. Juli 1933 die Übertragung des Bestandrechtes an Eduard und Käthe F. einverleibt.
Nunmehr beantragte Käthe F., die Alleinerbin des Eduard F., auf Grund der Zessionsurkunde vom 7. März 1959 die Einverleibung der Übertragung des Bestandrechtes für Rosa T.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag, das Rekursgericht wies ihn ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Rosa T. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Einverleibung der Übertragung des verbücherten Bestandrechtes ist nur mit der in buchmäßiger Form beigebrachten Zustimmung des Bestandgebers zulässig (Klang 2. Aufl. V 37; SZ. III 54). Das folgt aus dem Grundsatz, daß wegen des Charakters des Bestandvertrages als eines zweiseitig verbindlichen Vertrages im Verhältnis zum Bestandgeber ohne dessen Zustimmung die Abtretung von Mietrechten wirkungslos ist (MietSlg. 6303, 4392 u. a.). Die Zustimmung des Bestandgebers lag dem Erstgericht nicht vor. Die im Pkt. IV des Mietvertrages der Erstmieterin eingeräumte Befugnis, den Bestandgegenstand während der Dauer des Mietvertrages an jemand anderen zu übertragen und abzutreten, vermag diese Zustimmung nicht zu ersetzen, weil Pkt. IV des Mietvertrages auch die Auslegung zuläßt, daß das Recht zur Übertragung des Mietgegenstandes nur der Erstmieterin, nicht aber einem späteren Mieter zustehen solle, und § 94 Abs. 2 GBG. 1955 dem Grundbuchsrichter die Bewilligung einer Grundbuchseintragung nicht erst dann untersagt, wenn der Mangel des Verfügungsrechtes über den Gegenstand, der die Eintragung betrifft, klar zutage tritt, sondern schon dann, wenn wesentliche Bedenken gegen das Verfügungsrecht bestehen (3 Ob 87/54).
Das Grundbuchsgesuch ist auch deshalb abzuweisen, weil darin die Übertragung eines Rechtes begehrt wird, das nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Einverleibung sein kann. Ist der Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen, muß sich gemäß § 1095 ABGB. auch der nachfolgende Besitzer der Liegenschaft das Bestandrecht "auf die noch übrige Zeit" gefallen lassen. Aus dieser Fassung des Gesetzestextes folgt, daß ein Bestandvertrag nur dann in das Grundbuch eingetragen werden kann, wenn er auf bestimmte Zeit geschlossen worden ist. Die Einverleibung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrages wäre sinnlos, weil im Falle der Veräußerung der Liegenschaft auch der Bestandnehmer eines im Grundbuch einverleibten, auf unbestimmte Zeit begrundeten Bestandrechtes nach gehöriger Aufkündigung den Bestandgegenstand aufgeben muß. Damit wäre seine Rechtsstellung keine andere als die des Bestandnehmers, dessen Bestandrecht nicht verbüchert ist, weil auch dieser gemäß § 1120 ABGB. dem neuen Besitzer erst nach gehöriger Aufkündigung weichen muß. Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag kann, ob verbüchert oder unverbüchert, von dem neuen Eigentümer der Liegenschaft nur dann nicht durch gehörige Aufkündigung gelöst werden, wenn dem Bestimmungen des Mietengesetzes entgegenstehen (RiZ. 1937 S. 393; 1 Ob 530-536/50).
Daraus folgt, daß die Einverleibung des Bestandrechtes nur hinsichtlich der bestimmten Bestanddauer bis 31. Juli 1937 zulässig war; soweit die Einverleibung auch die nachfolgende Zeit betraf, in welcher ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Bestandverhältnis fortdauerte, lag eine unzulässige Eintragung vor. Aus der Unzulässigkeit der Einverleibung eines Rechtes folgt auch die Unzulässigkeit der bücherlichen Einverleibung der Zession dieses Rechtes.
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