OGH 5Ob45/99z

OGH5Ob45/99z23.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Anna P*****, vertreten durch Martina Pucher-Schwimmer, Landessekretärin des Österreichischen Mieter- und Wohnungseigentümerbundes, Biberstraße 7, 1010 Wien, wider die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. August 1998, GZ 39 R 388/98t-62, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. April 1998, GZ 20 Msch 71/96k-58, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte zunächst bei der Schlichtungsstelle die Überprüfung der Angemessenheit des von der Antragsgegnerin als Hauseigentümerin vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages. Die Antragstellerin habe die Wohnung 1955 als Naturalwohnung zugewiesen erhalten, am 20. 6. 1972 sei ein unbefristeter Mietvertrag abgeschlossen worden. Seit 1. 11. 1995 werde ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 45 MRG vorgeschrieben, wobei die Antragsgegnerin davon ausgehe, daß das Mietobjekt der Kategorie A entspreche. Dies sei jedoch unzulässig, da beim Abschluß des Mietvertrages die Badezimmerwände lediglich einen Ölanstrich aufgewiesen hätten und die elektrischen Leitungen unverrohrt und ohne Schutzerdungsleiter gewesen seien. Gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle rief die Antragsgegnerin das Gericht an.

Die Antragstellerin brachte ergänzend vor, daß das Badezimmer auch deshalb dem ortsüblichen Standard nicht entsprochen habe, weil die Wände nur einen Karanitbelag aufgewiesen hätten und eine Mischbatterie nicht vorhanden gewesen sei (ON 11) bzw Waschmuschel und Badewanne nur aus einem Schwenkarm mit Warmwasser versorgt werden können bzw die Badewanne freistehend aufgestellt gewesen sei, sodaß Spritzwasser zwischen Wand und Wanne habe abrinnen können (ON 16). Die Wohnung entspreche daher lediglich der "Kategorie C".

Die Antragsgegnerin brachte vor, daß die verfahrensgegenständliche Wohnung schon Anfang der 50iger Jahre als Naturalwohnung zugewiesen worden sei. Die Antragstellerin habe sich verpflichtet, Wohnung und Inventar auf ihre Kosten zu erhalten und bei Lösung des Mietverhältnisses in gebrauchsfähigem Zustand zurückzulassen. Zum Zeitpunkt der Überlassung habe das Badezimmer genauso dem ortsüblichen Standard entsprochen wie die elektrische Anlage. In der Folge sei das Naturalwohnverhältnis über Wunsch der Antragstellerin in ein Mietverhältnis umgewandelt worden, ohne daß es zu einer Rückgabe der Wohnung und einer neuerlichen Übergabe derselben an die Antragstellerin gekommen wäre. Aber auch noch im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages habe das Badezimmer dem ortsüblichen Standard entsprochen, zumal die Wände mit einem Karanitbelag versehen gewesen seien.

Das Erstgericht stellte in seinem Sachbeschluß fest, daß 1. die Antragsgegnerin als Vermieterin der Wohnung ***** gegenüber der Antragstellerin durch Vorschreibung eines monatlichen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages in Höhe von S 1.079,30 im Zeitraum 1. 11. 1995 bis 28. 2. 1996 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich S 568,37 überschritten habe und erkannte 2. die Antragsgegnerin für schuldig, der Antragstellerin den Betrag von S 2.273,48 zuzüglich 10 % USt samt 4 % Zinsen aus je S 625,20 seit 1. 11. 1995, 1. 12. 1995, 1. 1. 1996 und 1. 2. 1996 zu bezahlen. Es traf folgende wesentlichen Feststellungen: Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft *****. 1955 wurde die Wohnung top Nr ***** dieses Hauses der Antragstellerin, welche zu diesem Zeitpunkt Beamtin war, mittels Bescheid als Dienstwohnung zugewiesen. Als Entgelt hatte die Antragstellerin S 68,-- monatlich zu bezahlen. Die Wohnung weist eine Nutzfläche von 52,63 m2 auf. Das Badezimmer hatte bei Abschluß des Mietvertrages am 20. 6. 1972 folgende Ausstattung: Eine Türe mit Beschlag, Klofalle und Absperrolive sowie Entlüftung, eine Entlüftung mit Kettenzug, ein Hahntürchen mit Absperrventil, einen Radiator mit 2 Absperrventilen, einen Gasautomaten Siemens mit Handbrause und überlangem Schwenkhahn, eine freistehende Badewanne, sowie ein Waschbecken, wobei beide über einen gemeinsamen Schwenkhahn mit Warm- und Kaltwasseranschluß verfügten. Das WC war ebenfalls im Badezimmer untergebracht. Der Boden wies einen Terrazzobelag auf, die Wände einen Karanitbelag. Dieser Belag besteht hauptsächlich aus weißem Zement mit verschiedenen Farbstoffen. Dieser Belag wurde vollflächig mit einer Flachspachtel an den Wänden aufgetragen und durch Einziehen von weißen Linien optisch in Plattenform gebracht. Nach dem Auftragen wurde die Oberfläche strukturiert und eingefärbt. Nach dem Trocknen des Anstrichs wurde die Oberfläche mit Lack bzw mit anderen wasserabweisenden Beschichtungen (zB hart werdendem Wachs) versehen und hiedurch eine Versiegelung geschaffen, sodaß ein wasserabweisender und dauerhafter Wandbelag vorhanden war. Der Karanitbelag allein wäre ohne diese Versiegelung nicht wasserabweisend. Nach Abschluß des Mietvertrages im Jahr 1972 bezahlte die Antragstellerin weiterhin einen Hauptmietzins von S 68,-- netto. Mit Schreiben vom 12. 9. 1995 schrieb die Antragsgegnerin ab 1. 11. 1995 einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, ausgehend von der Kategorie A, in Höhe von S 1.079,30 vor. Diesen bezahlte die Antragstellerin in der Folge.

Das Erstgericht vertrat folgende Rechtsauffassung: Gemäß § 45 Abs 1 MRG idF des 3. WÄG dürfe der Vermieter, soferne der Hauptmietzins, den der Hauptmieter für eine vor dem 1. 3. 1994 gemietete Wohnung zu entrichten habe, bei einer Wohnung der Ausstattungskategorie C und D brauchbar niedriger als S 9,90 pro/m2 Nutzfläche (ab 1. 12. 1994 S 11,-- pro/m2) oder bei einer Wohnung der Ausstattungskategorie D im brauchbaren Zustand niedriger als S 7,40 pro/m2 (ab 1. 12. 1994 S 8,20 pro/m2) sei, den Unterschiedsbetrag zwischen diesen Beträgen und dem bisherigen Hauptmietzins als Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag verlangen. Die Berechnung des EVB basiere auf der Urkategorie, das heißt, maßgebend für die Beurteilung der Ausstattungskategorie sei der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages. Nach einhelliger Judikatur sei der vom Vermieter herzustellende oder tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung entscheidend, was auch für Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge gelte (MietSlg 37.334, 41.270 ua). Unerheblich sei die Überlassung des Objektes als Dienst- bzw Naturalwohnung, maßgeblich sei vielmehr der Mietvertragsabschluß vom 20. 6. 1972. Zu diesem Zeitpunkt habe das Bad einem zeitgemäßen Standard nicht mehr entsprochen, insbesondere nicht den als Maßstab heranzuziehenen, damals geltenden Förderungsrichtlinien. Das damals in Geltung befindliche Wohnbau- förderungsgesetz 1968 habe nämlich auf eine dem Fortschritt in den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen entsprechende, normal ausgestattete Wohnung abgestellt (§ 2 Abs 1 Z 2 Wohnbauförderungsgesetz 1968), während das früher in Geltung befindliche Wohnbauförderungsgesetz 1954 nur einfach ausgestattete Wohnungen als förderungwürdig angesehen habe. In der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 5. 3. 1968, kundgemacht am 19. 3. 1968, werde in den §§ 2 und 3 die normale Ausstattung einer Wohnung umschrieben (gleichlautend die Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. 12. 1972, LGBl 1973/3). Danach habe ein Bad wie folgt ausgestattet zu sein: Brausebad oder Wannenbad mit Schlauchbrause, Waschtisch mit Mischbatterie für Kalt- und Warmwasserversorgung, Vorsorge für Raumheizung; bei den Wandbelägen wurden dauerhafte Verkleidungen und Beläge im Badezimmer bzw in der Küche im Bereich der Herde und Abwäsche vorgeschrieben. Im vorliegenden Fall sei der damals vorhandene Karanitbelag wohl wasserabweisend und dauerhaft gewesen, doch sei er in seinen Wirkungen einem Ölanstrich gleichzusetzen, welcher von der Rechtsprechung bereits mehrfach als nicht mehr zeitgemäß im Sinne des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 befunden worden sei (insbesondere MietSlg 38.346, 47.251). Die Wohnung der Antragstellerin sei daher mangels Vorhandenseins eines zeitgemäßen Bades im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Katgegorie C zuzuordnen. Unter Berücksichtigung der Nutzfläche von 52,63 m2 ergebe sich bei der Kategorie C ein Kategoriemietzins von S 11 pro/m2, sohin insgesamt S 578,97. Davon sei der Hauptmietzins von S 68,-- in Abzug zu bringen, sodaß als EVB S 510,97 netto verblieben.

Das Rekursgericht änderte diesen Sachbeschluß dahin ab, daß es den Antrag abwies und die Antragstellerin zum teilweisen Kostenersatz verhielt. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- nicht übersteige, der Revisionsrekurs jedoch zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß zwar bei der Beurteilung, ob eine Badegelegenheit dem zeitgemäßen Standard entspreche, auf die Förderungsrichtlinien, die Bestimmungen der Bauvorschriften und die örtlich geltenden Maßstäbe (Verkehrsauffassung) Bedacht zu nehmen sei (MietSlg 45.281 = WoBl 1993/83), doch bedeute dies nicht, daß dadurch zwingend ein jedenfalls einzuhaltender Mindeststand gegeben sei, unterhalb dessen von einem zeitgemäßen Standard nicht mehr gesprochen werden könne. Umgekehrt könne gerade für den Wiener Bereich aus den Förderungsrichtlinien alleine nicht der Schluß gezogen werden, der zeitgemäße Standard eines Wandbelages im Baderaum habe sich zwischen 1968 und dem hier zur Beurteilung stehenden Zeitpunkt 20. 6. 1972 geändert. Die im vorliegenden Fall heranzuziehende Verordnung der Wiener Landesregierung verlange dauerhafte Verkleidungen oder Beläge im Baderaum. Möge auch vertretbar sein, daß ein bloßer Ölanstrich dem Erfordernis einer Verkleidung oder eines Belages nicht genüge, könne dies für den festgestellten Karanitbelag nicht gesagt werden. Ausgehend von den Feststellungen könne nicht zweifelhaft sein, daß es sich hiebei um einen dauerhaften Belag handle, welcher überdies durch die aufgetragene Versiegelung wasserabweisend sei. Sollten bei der Befandaufnahme durch den Sachverständigen bereits Haarrisse aufgetreten sein, so sei dies auf eine normale Abnützung zurückzuführen, wie sie etwa auch bei Fliesen auftreten würden, welche Sprünge erhalten könnten oder deren Fugenmasse abbröckeln könne. Darüber hinaus komme der festgestellte Wandbelag auch optisch einer Verfliesung wesentlich näher als einem bloßen Ölanstrich. Das Badezimmer habe somit im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages dem zeitgemäßen Standard entsprochen, sodaß die Kategorie A Anwendung zu finden habe.

Der Revisionsrekurs sei gemäß § 528 Abs 1 iVm § 37 Abs 2 Z 18 MRG zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, bis zu welchem Jahr ein Wandbelag der hier festgestellten Qualität dem Erfordernis eines zeitgemäßen Standards entsprochen habe. Wie allein die Vielzahl der mit dem gegenständlichen Verfahren zunächst verbunden gewesenen Verfahren aufzeige, existierten in Wien eine Reihe von gleichartigen Wandbelägen in Bädern, sodaß der Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß dahin abzuändern, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil weder die vom Rekursgericht für wesentlich erachtete Rechtfrage noch die weiteren, von der Rechtsmittelwerberin aufgeworfenen Rechtsfragen von der im § 528 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung sind.

Die Vorinstanzen gehen zunächst zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0069894) davon aus, daß für die Ermittlung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ausnahmslos auf den Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages abzustellen ist. An diesem Grundsatz hat sich auch durch die Änderungen des 3. WÄG nichts geändert.

Das Rekursgericht folgt der Rechtsprechung auch dahin, daß für die Qualifizierung des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit auf die Förderungsrichtlinien, die Bestimmungen der Bauvorschriften und die örtlich geltenden Maßstäbe (Verkehrsauffassung) Bedacht zu nehmen ist, dh alle diese Beurteilungskriterien in ihrem Zusammenspiel, nicht aber die Prävalenz eines von ihnen ohne Rücksicht auf die anderen, zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0070016). Folgerichtig hat das Rekursgericht daraus auch geschlossen, daß (entsprechend der Wiener Verordnung LGBl 1968/7, § 3 Abs 1 Z 2) eine dauerhafte Verkleidung oder ein solcher Belag im Baderaum einer im Jahr 1972 zeitgemäßen Ausstattung entsprach. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes reduziert sich aber die Frage, ob es sich bei einem mit wasserabweisenden Lack oder Wachs versehenen Karanitbelag um einen solchen handelt, der diesen Kriterien entspricht, auf eine solche des Einzelfalls. Entgegen der - nicht näher ausgeführten - Ansicht des Rekursgerichtes ist nicht zu erkennen, daß tatsächlich ein größerer, über die Mieter des konkreten Wohnobjektes hinausgehender Personenkreis von der sehr eng umgrenzten Fragen betroffen ist, wie lange ein spezieller Wandbelag einer zeitgemäßen Badezimmerausstattung entsprochen hat. Auch die Revisionsrekurswerberin vermag in diesem Zusammenhange nicht aufzuzeigen, daß die Beurteilung durch das Rekursgericht, wonach der Karanitbelag zeitgemäßen Anforderungen entsprochen habe, unvertretbar sei.

Weiters stellen weder die Höhe des oberen Randes des Karanitwandbelages noch das Fehlen einer Mischbatterie bzw die Ausstattung mit einem einzigen Schwenkhahn für Waschbecken und Badewanne derartige Fragen dar, die einer einheitlichen Lösung durch das Revisionsgericht zugeführt werden müßten. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich schon mehrfach (WoBl 1993/83; 5 Ob 184/97p) ausgesprochen, daß die empfohlene "Bedachtnahme" auf Bauvorschriften und Förderungsrichtlinien nicht bedeutet, daß es bei der Beurteilung des zeitgemäßen Standards eines Baderaums nur auf diese Kriterien ankäme. Maßgeblich ist vielmehr, ob der betreffende Baderaum insgesamt der Verkehrsauffassung eines zeitgemäßen Standards entspricht. Dem hat das Rekursgericht in seiner Beurteilung, ob der Baderaum dem zeitgemäßen Standard des Jahres 1972 entsprochen hat, vertretbar Rechnung getragen.

Zusammenfassend sind daher die Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht gegeben.

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