Spruch:
Dem Revisionsrekurs, der, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrages des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe richtet, zurückgewiesen wird, wird im übrigen, d.h. hinsichtlich der Zurückweisung der Nichtigkeitsklage, nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit der an das Oberlandesgericht Linz gerichteten und bei diesem Gericht am 23. Jänner 1987 eingebrachten Wiederaufnahmsklage, die der Sache nach auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt wurde, strebte der Kläger die Wiederaufnahme des am 7. März 1984 über sein Vermögen eröffneten und am 24. April 1984 gemäß § 67 Abs 1 Z 8 und 9 AO eingestellten Ausgleichsverfahrens an. In diesem Zusammenhang sollten der Einstellungsbeschluß des Kreisgerichtes Wels vom 24. April 1984, Sa 9/84-21, und der bestätigende Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 25. Mai 1984, 4 R 124/87, sowie der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 5. Juni 1984, S 36/84-2, womit über das Vermögen des Wiederaufnahmsklägers der Anschlußkonkurs eröffnet wurde, und der bestätigende Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 26. Juni 1984, 4 R 157/84, und des weiteren alle übrigen im Konkursverfahren erlassenen Verfügungen, Entscheidungen und Anordnungen aufgehoben werden. Gleichzeitig beantragte der Kläger damals unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 und 2 ZPO.
Mit den Beschlüssen des Oberlandesgerichtes Linz vom 2. Februar 1987, 4 R 25/87-2 und 4 R 26/87-3, wurde die Wiederaufnahmsklage als unzulässig zurückgewiesen und der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 31. März 1987, 5 Ob 305, 306/87, wurden die vom Kläger dagegen erhobenen Revisionsrekurse als unzulässig bzw. als verspätet zurückgewiesen. Nunmehr richtet der Kläger eine Nichtigkeitsklage an das Oberlandesgericht Linz, wo sie am 24. September 1987 eingelangt ist. Als Klagegrund wird § 529 Abs 1 Z 1 ZPO geltend gemacht, weil Dr. Kurt P*** als Senatspräsident, aber wahrscheinlich der gesamte Senat von der Ausübung des Richteramtes in dem Rechtsstreit (4 R 25, 26/87 des Oberlandesgerichtes Linz) ausgeschlossen gewesen sei. Über die Wiederaufnahmsklage habe wahrscheinlich derjenige Senat, in jedem Fall aber derjenige Senatsvorsitzende entschieden, der schon die mit der Wiederaufnahmsklage bekämpften Beschlüsse gefaßt habe. Diese Ausschließung gründe darüber hinaus auf der zwingenden Bestimmung des § 537 ZPO, wonach ein Richter, wegen dessen Beteiligung an der Entscheidung die Nichtigkeitsklage (§ 529 Abs 1 Z 1 ZPO) oder wegen dessen Verhaltens die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO angebracht werde, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen sei. Der die Wiederaufnahmsklage zurückweisende Beschluß sei daher nichtig und seinem gesamten Inhalt nach aufzuheben. Begehrt wird demnach die Aufhebung des die Wiederaufnahmsklage rechtskräftig zurückweisenden Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz als nichtig, die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens zu Sa 9/84 des Kreisgerichtes Wels und die Aufhebung der bereits in der Wiederaufnahmsklage genannten rechtskräftigen Beschlüsse sowie aller übrigen im Verfahren zu S 36/84 des Kreisgerichtes Wels erlassenen Verfügungen, Entscheidungen und Anordnungen des Konkursgerichtes und seiner Organe.
Das Rekursgericht wies die Nichtigkeitsklage gemäß § 538 Abs 1 ZPO mit dem Ausspruch zurück, daß der Streitwert 300.000 S übersteigt, und den Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab. Es hielt die Bestimmungen der §§ 529 ff ZPO über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Ausgleichs- und Konkursverfahren für unanwendbar und führte zur Zurückweisung der Nichtigkeitsklage ferner aus:
Der erkennende Richter im Hauptprozeß sei von der Verhandlung und Entscheidung über die Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage nicht schlechthin, sondern nur in den Fällen des § 537 ZPO, nämlich einer Nichtigkeitsklage gemäß § 529 Abs 1 Z 1 ZPO oder einer Wiederaufnahmsklage gemäß § 530 Abs 1 Z 4 ZPO, ausgeschlossen (Fasching, Kommentar IV 539 mit Hinweis auf RZ 1968, 176). Nun sei schon dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 31. März 1987, 5 Ob 305, 306/87, eindeutig zu entnehmen, daß es sich bei der am 23. Jänner 1987 eingebrachten Wiederaufnahmsklage nur um eine solche nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO handle. Der Vorwurf einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Verletzung der Amtspflichten durch die Rekurse im Insolvenzverfahren erledigenden Richter
(§ 530 Abs 1 Z 4 ZPO) fehle. Da die vorliegende Nichtigkeitsklage auch keinen der im § 20 JN aufgezählten allgemeinen Ausschließungsgründe betreffend die die Wiederaufnahmsklage zurückweisenden Richter dartue, folge, daß keiner der erkennenden Richter von der Ausübung des Richteramtes im Verfahren betreffend die Wiederaufnahmsklage kraft des Gesetzes ausgeschlossen gewesen sei (§ 529 Abs 1 Z 1 ZPO). Aus § 537 ZPO sei für den vorliegenden Fall lediglich abzuleiten, daß die Richter, welche die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen hätten, von der Entscheidung über die vorliegende, auf § 529 Abs 1 Z 1 ZPO gestützte Nichtigkeitsklage (samt dem damit im untrennbaren Zusammenhang stehenden Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) ausgeschlossen seien; dies sei von ihnen entsprechend geltend gemacht und bei der Senatszusammensetzung berücksichtigt worden.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 2. Februar 1987, 4 R 25, 26/87, als nichtig aufgehoben und dem Kläger die Verfahrenshilfe für die Durchführung dieses Rechtsstreites bewilligt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Revisionsrekurs ist, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wendet, unzulässig, im übrigen aber nicht berechtigt.
1.) Zum Revisionsrekurs gegen die Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem Beschluß vom 31. März 1987, 5 Ob 305, 306/87, auf den verwiesen werden kann, dargelegt, daß Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz - und als solches ist das Oberlandesgericht Linz auch im gegenständlichen Fall eingeschritten - über die Verfahrenshilfe gemäß § 528 Abs 1 Z 3 ZPO unzulässig sind.
2.) Zum Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage:
Der Kläger verficht die Zulässigkeit der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Insolvenzverfahren und geht mangels näherer Ausführungen des Rekursgerichtes davon aus, daß dessen Senat 4 sowohl den mit der Wiederaufnahmsklage angefochtenen Beschluß vom 25. Mai 1984, 4 R 124/84, als auch den nunmehr mit der Nichtigkeitsklage angefochtenen Beschluß vom 2. Februar 1987, 4 R 25/87, unter demselben Vorsitzenden (Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. Kurt P***), ja sogar in derselben Senatszusammensetzung gefaßt, also derselbe Senat über die gegen seine eigene Entscheidung gerichtete Wiederaufnahmsklage entschieden habe. Dies widerspreche seiner Auffassung nach den zur Sicherung der Objektivität der Rechtsprechung geschaffenen Ausschlußbestimmungen der §§ 20 JN und 537 ZPO. Dazu komme, daß beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein Amtshaftungsprozeß gegen die Republik Österreich anhängig sei, in dem genau diesem Senat ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten in bezug auf die Bestätigung der amtswegigen Ausgleichseinstellung vorgeworfen werde. Dem kann nicht gefolgt werden
Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen wollte, daß die Bestimmungen der §§ 529 ff ZPO entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes im Insolvenzverfahren sinngemäß anzuwenden seien, wäre für den Kläger nichts gewonnen, weil dem Rekursgericht darin beizupflichten ist, daß der erkennende Richter im Hauptprozeß von der Verhandlung und Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage nicht grundsätzlich, sondern nur im Falle einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO ausgeschlossen ist (§ 20 Z 5 JN iVm § 537 ZPO;
Fasching, Kommentar IV 539; Fasching,
Zivilprozeßrecht Rz 2057, 2077; RZ 1968, 176; vgl. ferner Rechberger-Simotta3, 420; Pollak2, 236 f; Sperl 716 f;
Petschek-Stagel 143, 406; nicht anders die herrschende Meinung im deutschen Rechtsbereich: Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht14, 136, 1028; Stein-Jonas, Kommentar zur ZPO20, Rz 19 zu § 41, Rz 17 zu § 580; BGH in NJW 1981, 1273). Bereits im Beschluß vom 31. März 1987, 5 Ob 305, 306/87, wurde ausgeführt, daß es sich hier der Sache nach um eine Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO handelt. Daß dem vom Kläger erwähnten Amtshaftungsprozeß der Vorwurf zugrundeläge, die an der Fassung des mit der Wiederaufnahmsklage angefochtenen Beschlusses beteiligten Richter hätten sich einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Verletzung ihrer Amtspflichten schuldig gemacht
(§ 530 Abs 1 Z 4 ZPO), wird vom Rechtsmittelwerber nicht behauptet. Im übrigen setzt § 529 Abs 1 Z 1 ZPO, der nicht so weit reicht wie § 477 Abs 1 Z 1 ZPO (oder der die Nichtigkeitsklage betreffende § 579 Abs 1 Nr.1 bis 3 dZPO), voraus, daß der erkennende Richter von der Ausübung des Richteramtes in dem Rechtsstreit kraft des Gesetzes ausgeschlossen war. Ablehnungsgründe rechtfertigen eine Nichtigkeitsklage nicht; eine Nichtigkeitsklage wäre selbst dann unzulässig, wenn bei der Entscheidung des Vorprozesses ein rechtskräftig abgelehnter Richter mitgewirkt hätte (Fasching, Kommentar IV 488).
Es war daher der Revisionsrekurs insoweit, als er sich gegen die Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe richtet, zurückzuweisen; im übrigen, d.h. in Ansehung der Zurückweisung der Nichtigkeitsklage, war ihm nicht Folge zu geben, ohne daß die Frage der sinngemäßen Anwendung der §§ 529 ff ZPO im Insolvenzverfahren erörtert zu werden brauchte.
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