OGH 5Ob36/93(5Ob37/93)

OGH5Ob36/93(5Ob37/93)29.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Robert H*****, Immobilienmakler, ***** vertreten durch Dr.Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Helma P*****, Geschäftsfrau, ***** vertreten durch Dr.Friedrich Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs. 1 Z 9 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 15.Dezember 1992, GZ 41 R 766/92-20, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien vom 21.Juli 1992, GZ 41 Msch 66/91-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - als Mieter seiner im Kopf dieser Entscheidung angeführten Wohnung die Feststellung der Anteile der einzelnen Mietgegenstände an den Gesamtkosten des im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hauses (§ 17 MRG) mit der Begründung, daß der von ihm begehrte Anteil an Betriebskosten in der Höhe von 28,65 % zu hoch sei. Einerseits weise seine Wohnung eine geringere Nutzfläche als die im Mietvertrag angegebene auf, andererseits lasse die Antragsgegnerin Keller- und Dachbodenräumlichkeiten bei der Aufteilung der Gesamtkosten zu Unrecht unberücksichtigt.

Die Antragsgegnerin wendete ein, der teilweise ausgebaute Dachboden dürfe mangels Benützungsbewilligung nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke verwendet werden; die Behauptung des Antragstellers, die Kellerräume seien für geschäftliche Lagerzwecke geeignet und müßten daher mitvermessen und in die Nutzfläche eingerechnet werden, werde bestritten (ON 3).

Das Erstgericht stellte die Anteile der einzelnen Mietgegenstände dieses Hauses an den Gesamtkosten ab Mai 1990 fest, darunter den Anteil der Wohnung des Antragstellers mit 19,94 %.

Das Erstgericht stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Antragsgegnerin ließ den Dachboden des Hauses als 157,95 m2 großes Atelier ausbauen. Der Dachbodenausbau war 1986/87 größtenteils abgeschlossen, doch ist eine Benützung des Objektes mangels behördlicher Benützungsbewilligung bisher nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin verwendet diesen Atelierraum weder zu Wohnzwecken noch für Lagerzwecke im Zusammenhang mit dem von ihr im Erdgeschoß geführten Geschäft. In dem Atelier sind vielmehr seit längerer Zeit viele Möbelstücke, weiters Teile einer Theaterdekoration sowie Theaterkostüme abgestellt.

In dem Atelier befindet sich eine vom Hauptraum nicht durch eine eigene Wand abgetrennte, komplett eingebaute Küche (Elektroherd, Abwasch mit Unterbaukästchen und Eisschrank). Ein komplett adaptiertes Badezimmer ist vom übrigen Atelier völlig abgetrennt. Neben dem Badezimmer befindet sich in einem eigenen Raum ein funktionierendes WC.

Der gesamte Atelierraum verfügt über einen Holzbretterboden, lediglich im Bereich der Eingangstüre ist auf einer kleineren Fläche ein Steinboden verlegt. Die Wände sind bereits isoliert, lediglich das Ausmalen der Wände sowie der Dachträger ist noch ausständig. Die Elektro- und Sanitärinstallationen sind bereits abgeschlossen, das Atelier verfügt also über Strom und Wasser, weiters ist auch bereits eine Zentralheizungsanlage installiert, lediglich die einzelnen Heizkörper sind noch nicht angeschlossen, sondern lediglich am Fußboden abgestellt. Ein eigener Stromzähler existiert nicht, es gibt lediglich einen Stromsubzähler.

An Beleuchtungskörpern gibt es in dem Atelier an den Dachträgern 4 Naßraumlampen, im Bereich des Küchenecks gibt es eine kleine Deckenlampe. Im gesamten Objekt gibt es mehrere Steckdosen und Lichtschalter. Weiters befindet sich im Bereich des Kücheneckes auch ein funktionierender Anschluß der Hausgegensprechanlage.

Zu dem Atelier gelangt man über eine gewundene Treppe vom obersten Stockwerk aus; durch eine Türe am Ende dieser Treppe gelangt man zu einem schlauchartigen, etwa 7 Meter langen und eineinhalb Meter breiten Gang, welcher direkt zur Eingangstüre des zuvor beschriebenen Atelierraumes führt. Infolge der Dachschräge ist es nicht möglich, diesen Gang aufrecht zu begehen, da dieser an seiner höchsten Stelle 1,90 Meter, an der tiefsten Stelle eine Höhe von nur etwa 80 cm aufweist, wobei die Dachschräge einen Winkel von rund 45 Grad bildet.

Die im Keller des Hauses liegenden Räumlichkeiten sind nicht selbständig vermietet. Der Keller, welcher über eine enge und steile gewundene Steintreppe zu erreichen ist, besteht aus zwei schmalen Gangteilen und weist mit Ausnahme der Räume, in denen sich die Zentralheizungsanlage befindet, insgesamt 4 Kellerabteile auf, welche jeweils durch eine Holztüre versperrbar sind.

Die Kellerabteile sind Mietern des Hauses (inkl. der Antragsgegnerin als Hauseigentümerin) zugewiesen, wobei allerdings der Antragsteller über kein Kellerabteil verfügt. Das von der Antragsgegnerin verwendete Kellerabteil weist in etwa ein Ausmaß von 4 x 8 Meter auf.

Wie der gesamte Kellerbereich ist dieses Abteil trocken und sehr gut beheizt, was auf die daneben führenden Heizungsrohre zurückzuführen ist. Die Decke dieses Abteils ist gewölbt und an der höchsten Stelle in etwa 3 Meter hoch. Beleuchtet wird dieses Kellerabteil durch eine Naßraumlampe in der Mitte der Decke; die Stromleitung von der Lampe hinaus auf den Kellergang ist über den Wandziegeln verlegt.

Einen gesonderten Stromanschluß, insbesondere eine Steckdose gibt es in diesem Abteil nicht. Der Boden in dem Abteil ist entweder ein alter verstaubter Ziegelboden oder ein gepreßter Sandboden.

Der Gesamteindruck des Kellers bzw des von der Antragsgegnerin verwendeten Kellerabteiles kann zur besseren Veranschaulichung durchaus als typisch für einen Keller in einem alten Wiener Mietshaus bezeichnet werden; dies mit Ausnahme der festgestellten Trockenheit des gesamten Kellerbereiches.

Die Antragsgegnerin verwendet das Kellerabteil zur Lagerung von Werkzeugen, Holzteilen, alten Fenstern und Baumaterial, nicht jedoch zur Lagerung von Gegenständen, welche im Zusammenhang mit dem von ihr im Erdgeschoß geführten Geschäft stehen.

Die Antragsgegnerin führt in ihrem im Erdgeschoß liegenden Verkaufsgeschäft nahezu ausschließlich Waren der Firma M*****, größtenteils Textilien, Strickwaren, Ledergürtel, Handschuhe, Krawatten, Parfum, Stofftaschen und Papierwaren.

Die Nutzflächen der vermieteten bzw von der Antragsgegnerin benützten Objekte des Hauses betragen - ohne Berücksichtigung der Nutzfläche des Kellers und des ausgebauten Dachgeschosses - 76,43 m2 (Geschäft Nr 1), 71,70 m2 (Geschäft Nr 2), 175,05 m2 (Wohnung Nr 3 - Antragsteller), 182,50 m2 (Wohnung Nr 4), 182,48 m2 (Wohnung Nr 5) und 189,72 m2 (Wohnung Nr 6), zusammen also 877,88 m2.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:

Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 MRG seien Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet seien, bei Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Mangels Vorliegens einer Benützungsbewilligung des Dachgeschosses (Atelier) seien die darauf entfallenden Flächen nicht zu berücksichtigen.

Hinsichtlich Größe, Feuchtigkeits- und Kälteisolierung sowie Beleuchtungsmöglichkeit wäre die Eignung des von der Antragsgegnerin benützten Kellerabteils als Lagerraum zu bejahen, im Hinblick auf die übrige Ausstattung (Zustand der Wände und des Bodens, beschwerliche Zugangsmöglichkeit vom Gang aus über eine enge und steile Steintreppe) eher zu verneinen. Unter Abwägung dieser Kriterien sei die objektive Eignung des von der Antragsgegnerin benützten Kellerabteils für Lagerzwecke im Zusammenhang mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit zu verneinen, weil insbesondere eine Lagerung des von der Antragsgegnerin vertriebenen Warensortiments in diesem Kellerabteil nicht tunlich erscheine.

Die Aufteilung der Gesamtkosten des Hauses habe daher ausgehend von einer Gesamtnutzfläche von 877,88 m2 auf die einzelnen Mietobjekte entsprechend ihrem Anteil an dieser Gesamtfläche zu erfolgen. Demgemäß entfielen auf den Antragsteller 19,94 %.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes bezüglich der Nichtberücksichtigung der auf das Atelier im Dachboden und auf das von der Antragsgegnerin benützte Kellerabteil entfallenden Flächen bei der Ermittlung des Aufteilungsschlüssels.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Nutzflächenrelevanz von mangels Benützungsbewilligung nicht vermietbaren Dachwohnungen, in denen der Liegenschaftseigentümer Gegenstände abgestellt habe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß bei Feststellung des Aufteilungsschlüssels der Gesamtkosten des Hauses der Dachgeschoßausbau von 157,95 m2 und das Kellerabteil von 32 m2 berücksichtigt werden, sodaß der auf die vom Antragsteller gemietete Wohnung top Nr 3 entfallende Anteil nur 16,39 % betrage; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 MRG sind Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Demgemäß wurde schon entschieden, daß Kellerräume als Zubehör einer Wohnung nutzflächenirrelevant sind, wenn sie nicht zu Wohnzwecken (etwa als Kellerstüberl, Hobbywerkstatt oder Sauna) ausgestattet sind, wohl aber nutzflächenrelevant sind, wenn sie selbständig zu Betriebs-, Geschäfts- oder Wohnzwecken nutzbar sind oder als Zubehör mit einem betrieblichen, gewerblichen oder sonstigem geschäftlichen Nutzgegenstand räumlich oder rechtlich verbunden sind. Die Widmung zu Geschäftszwecken führt dazu, daß auch sonst neutrale Räume, wie Kellerräume, in die Nutzfläche einzubeziehen sind, auch wenn es sich nur um Lagerräume handelt (MietSlg 38.378 mwN). Ob diese Eignung zu Wohn- oder Geschäftszwecken besteht, ist demnach weder nach der subjektiven Ansicht der Vertragsteile noch nach der tatsächlichen Verwendung, sondern nach dem objektiven Zustand der Räume - auch unter Beachtung der einschlägigen Rechtsvorschriften - zu beurteilen (ImmZ 1991, 102 mwN).

Wendet man diese Grundsätze auf den festgestellten Sachverhalt an, so folgt daraus - im Einklang mit der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen - folgendes:

a) Zum Atelier im Dachboden:

Mangels Benützungsbewilligung darf dieser Raum weder für Wohn- noch für Geschäftszwecke verwendet werden, also auch nicht vermietet werden. Er wird - entsprechend der Rechtslage - von der Antragsgegnerin auch nicht für solche Zwecke verwendet. Es handelt sich dabei vielmehr um eine erst im Errichtungsstadium befindliche Wohnung in einem Dachboden, der von der Antragsgegnerin nur zur Lagerung von Gegenständen verwendet wird, wie es auf Dachböden auch sonst vorkommt, ohne daß der Dachboden dabei bei Berechnung des Ausmaßes der Nutzfläche der von den Mietern oder Eigentümern benützten Wohnungen oder Geschäftslokale berücksichtigt würde. Der Umstand, daß die Antragsgegnerin als Liegenschaftseigentümerin allein diesen Dachbodenraum zum Abstellen von Gegenständen verwendet, schadet nicht, weil eben den Mietern in diesem Haus ein solches Benützungsrecht nicht zukommt.

b) Zum Kellerabteil:

Nach den maßgebenden erstgerichtlichen Feststellungen handelt es sich bei dem von der Antragsgegnerin als Abstellraum benützten Kellerabteil um ein der Ausstattung nach gleiches, wie sie einem Teil der Mieter des Hauses ebenfalls zur Verfügung stehen, um ein typisches Kellerabteil in einem Wiener Altbau, abgesehen von der Trockenheit. Eine selbständige Benützbarkeit des festgestelltermaßen größeren Kellerabteils durch Vermietung als Lagerraum scheidet überdies nach den objektiven Gegebenheiten (Zugang nur über eine enge und steile Wendeltreppe) aus. Damit läßt sich leicht in Einklang bringen, daß auch die Antragsgegnerin selbst dieses Kellerabteil nicht als Lagerraum im Zusammenhang mit dem von ihr im Haus betriebenen Geschäft verwendet.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die von der Antragsgegnerin verzeichneten Barauslagen (Vorschreibung von Vollzugs- und Wegegebühren für Hausanschläge während des Verfahrens) enthalten nach der Aktenlage keine durch das Verfahren über den Revisionsrekurs entstandenen Kosten, sodaß keine Grundlage für einen Kostenzuspruch durch den Obersten Gerichtshof besteht (§ 37 Abs. 3 Z 19 MRG iVm § 50 ZPO).

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