Normen
AO §3 Abs1 Z3
AO §47
AO §53
Erstes Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention Art I
AO §3 Abs1 Z3
AO §47
AO §53
Erstes Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention Art I
Spruch:
Wesen des sogenannten "Liquidationsausgleiches". Auch beim Abschluß eines solchen Ausgleiches müssen die zwingenden Anordnungen des § 3 Abs 1 Z 3 AO eingehalten werden
Daß einzelne Gläubiger nach der Abstimmung über den Ausgleichsvorschlag auf einen Teil der ihnen zukommenden Ausgleichsquote verzichten, begrundet noch keine unerlaubte Sonderbegünstigung iS des § 47 AO
§ 53 AO ist geltendes Recht; weder dieser Bestimmung noch der Ausgleichsordnung als solcher ist durch Art I des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention BGBl 1956/210 derogiert worden
OGH 18. 1. 1972, 5 Ob 346/71 (OLG Wien 3 R 207/71; HG Wien Sa 21/71)
Text
Der Ausgleichsschuldner stellte ursprünglich nachstehenden Ausgleichsvorschlag:
1. Die bevorrechteten Forderungen werden iS der §§ 23 und 46 AO durch den Ausgleich nicht berührt und nach dem ihnen gesetzlich zustehenden Vorrecht befriedigt;
2. die übrigen Gläubiger erhalten eine Quote von 40%, zahlbar in fünf gleichen Raten, deren erste sechs Monate nach Annahme des Ausgleiches, während die weiteren jeweils am Ende der Folgemonate fällig werden; 3. sämtliche Gläubiger sind verpflichtet, gegen volle Bezahlung der Ausgleichsquote die vom Ausgleichsschuldner akzeptierten Wechsel oder sonstigen Schuldurkunden demselben auszufolgen...
Dazu erstattete der Ausgleichsverwalter zur Frage der Erfüllbarkeit des Ausgleiches iS des § 31 AO den Bericht, daß bei bevorrechteten Forderungen von S 1.900.000.- bei einer Quote von 40% zur Befriedigung der nicht bevorrechteten Forderungen S 5.600.000.- sowie zur Deckung der Verfahrenskosten S 270.000.-, somit ein Gesamtbetrag von S 7.770.000.- notwendig wäre. Dem Erfordernis von S 7.770.000.- stehe ein frei verwertbares Vermögen von S 8.000.000.- gegenüber, so daß der Ausgleich erfüllbar wäre, wenn sämtliche Aktiven realisiert würden. Bei einer Weiterführung seiner Betriebe müßten dem Ausgleichsschuldner Maschinen im Wert von S 1.000.000.- und Waren im Wert von S 2.000.000.- überlassen werden. S 3.000.000.- zu verdienen sei der Ausgleichsschuldner nicht imstande. Der Fehlbetrag müßte ihm von dritter Seite zugeschossen werden, damit der Ausgleich erfüllt werden könnte. Auch eine 40% übersteigende Ausgleichsquote könnte aus dem Betrieb nur erzielt werden, wenn bei völliger Liquidation und Verwertung aller Aktiven höhere Erlöse als die Schätzwerte erreicht würden, was unwahrscheinlich erscheine. Dazu komme, daß im Fall einer Liquidation mit höheren Steuerstrafbeträgen gerechnet werden müsse, als im Fall der Weiterführung der Unternehmen. Ohne Liquidation könnte eine höhere als die Quote von 40% nur erzielt werden, wenn von dritter Seite entsprechende Mittel beigesteuert würden.
Nach der Erstattung des Berichtes des Ausgleichsverwalters änderte der Ausgleichsschuldner bei der Tagsatzung vom 6. 8. 1971 den P 2 seines Ausgleichsvorschlages dahin ab, daß die nicht bevorrechteten Gläubiger eine Quote von 50%, zahlbar innerhalb von 18 Monaten nach Annahme des Ausgleiches, erhalten, der Schuldner zum Zweck der Erfüllung des Ausgleiches ab sofort sein gesamtes Geschäftsvermögen gemäß §§ 55b und c AO dem Sachwalter Dr Erhard H überträgt und eine unwiderrufliche Veräußerungs- und Verwertungsvollmacht bis 31. 12. 1973 erteilt. Die zur Liquidation bzw Verwertung einfließenden Beträge sollten nach Bezahlung der voll zu bezahlenden Gläubiger an die Quotengläubiger bis zur Erlangung von 100% der Gesamtforderung ausgeschüttet werden und der Sachwalter die Ausschüttung jeweils dann vornehmen, wenn 10% der Quoten zur Verfügung stehen.
Das Erstgericht ließ den geänderten Ausgleichsantrag zu, weil die Gläubiger dadurch besser gestellt würden (§ 37 Abs 2 AO).
Der bei der Tagsatzung vom 6. 8. 1971 geänderte Ausgleichsantrag erzielte bei der Abstimmung die erforderlichen Mehrheiten. Nach der Abstimmung über den Ausgleichsantrag erklärten die dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger, daß sie sich für befriedigt erachteten, wenn sie aus der Liquidation des Unternehmens eine Mindestquote von 40% ihrer Gesamtforderung erhielten.
Das Erstgericht bestätigte den zwischen dem Ausgleichsschuldner und seinen Gläubigern bei der Tagsatzung am 6. 8. 1971 abgeschlossenen Ausgleich und führte als dessen wesentliche Bestimmungen an:
"1. Die bevorrechteten Forderungen werden iS der §§ 23 und 46 AO durch den Ausgleich nicht berührt und nach dem ihnen gesetzlich zustehenden Prioritätsrecht voll befriedigt;
2. die übrigen Gläubiger erhalten eine 50%ige Quote, zahlbar innerhalb von 18 Monaten nach Annahme des Ausgleiches.
Zum Zwecke der Erfüllung des Ausgleiches hat der Ausgleichsschuldner dem Sachwalter Dr Erhard H eine unwiderrufliche Veräußerungs- und Verwertungsvollmacht hinsichtlich seines gesamten Geschäftsvermögens bis 31. 12. 1973 erteilt (§ 55b und c AO).
Der Sachwalter ist berechtigt, das Unternehmen entweder im Ganzen oder in Teilen zu veräußern.
Dem Sachwalter wird ein Gläubigerkomitee beigeordnet, dessen Stellungnahme vor Durchführung von Verkäufen einzuholen ist.
Die zur Liquidation bzw Verwertung einfließenden Beträge sind nach Bezahlung der voll zu bezahlenden Gläubiger an die Quotengläubiger bis zur Erlangung von 100% der Gesamtforderungen auszuschütten.
Der Sachwalter hat die Ausschüttung jeweils dann vorzunehmen, wenn 10% der Quoten zur Verfügung stehen.
Die dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger erklären, daß sie sich für befriedigt erachten, wenn sie aus der Liquidation eine Mindestquote von 40% ihrer Gesamtforderung erhalten."
Das Erstgericht ging davon aus, daß der Ausgleichsvorschlag beide vom Gesetz geforderten Mehrheiten erlangt habe. Ein Grund, die Bestätigung zu versagen, habe sich nicht ergeben.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß dem zwischen dem Ausgleichsschuldner und seinen Gläubigern bei der Tagsatzung am 6. 8. 1971 abgeschlossenen Ausgleich gemäß § 50 Z 1 AO die Genehmigung versagt werde. Es treffe nicht zu, so führte das Gericht zweiter Instanz aus, daß den Bestimmungen der Ausgleichsordnung, insbesondere der Vorschrift des § 53 AO, durch Art I des Ersten Zusatzprotokolles zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl 1958/210) derogiert worden sei. Die Bestätigung eines Ausgleiches stelle keine Enteignung jenes Teiles der Forderung des Gläubigers, von dessen Berichtigung der Schuldner befreit werde, dar. Ein wesentliches Merkmal der Enteignung sei die Übertragung von Eigentumsrechten, wobei das enteignete Gut zu einem öffentlichen Eigentum werde. Von einer Übertragung enteigneten Gutes ins öffentliche Eigentum oder einer Übertragung aus Gründen des öffentlichen Wohles ins Eigentum eines anderen könne bei einem gerichtlichen Ausgleich keine Rede sein.
Allein nach dem Bericht des Ausgleichsverwalters hätte der ursprüngliche Ausgleichsvorschlag mit einer Quote von 40% nur dann erfüllt werden können, wenn entweder sämtliche Aktiven realisiert oder von dritter Seite der Fehlbetrag zugeschossen worden wäre. Bei einer höheren Quote als 40% wäre die Erfüllung des Ausgleiches nur dann möglich gewesen, wenn bei völliger Verwertung aller Aktiven höhere Erlöse als die Schätzwerte erzielt worden wären, was unwahrscheinlich sei. Wenngleich der Ausgleichsschuldner seinen Ausgleichsvorschlag geändert habe, so müßten auch bei einem Liquidationsausgleich die zwingenden Vorschriften über die anzubietende Mindestquote eingehalten werden. Es sei bei der Ausgleichsbestätigung nicht zu prüfen, ob die angebotene Quote auch tatsächlich erfüllt werde. Aus dem Ausgleichsvorschlag müsse aber hervorgehen, daß das gestellte Mindestangebot ernst gemeint sei und seine Erfüllung zur Voraussetzung des Ausgleiches gemacht werde. Aus dem Bericht des Ausgleichsverwalters, daß eine Quote von 50% für die nicht bevorrechteten Forderungen nur bei einer Verwertung aller Aktiven zu einem höheren Erlös als dem Schätzwert erreicht werden könne, was unwahrscheinlich sei, ergebe sich, daß von einem ernst gemeinten Ausgleichsvorschlag, dessen Erfüllung zur Voraussetzung des Ausgleiches gemacht werde, nicht gesprochen werden könne. Bestätigt werde diese Annahme durch den letzten Absatz des Ausgleiches, wonach die dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger erklärten, sich für befriedigt zu erachten, wenn sie aus der Liquidation eine Mindestquote von 40% ihrer Gesamtforderung erhalten. Dies lege die Annahme nahe, daß tatsächlich ein verbindliches Angebot nur für 40% gestellt worden sei, wobei aber die hiefür in § 3 Abs 1 Z 3 AO verlangte Mindestfrist von einem Jahr ab dem Tag der Annahme nicht festgelegt worden sei. Da die zwingenden Bestimmungen über die anzubietende Mindestquote nicht beachtet worden seien, sei der erstgerichtliche Beschluß iS der Versagung der Bestätigung des Ausgleiches abzuändern gewesen.
Das Erstgericht berichtigte nach der Fällung der Entscheidung des Rekursgerichtes seinen den Ausgleich bestätigenden Beschluß vom 6. 10. 1971 dahin, daß der letzte Satz des P 2 der Ausgleichsbedingungen, wonach die dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger erklärten, daß sie sich für befriedigt erachteten, wenn sie aus der Liquidation eine Mindestquote von 40% ihrer Gesamtforderung erhielten, zu entfalten habe. Das Erstgericht ging davon aus, daß nach der Zulassung des geänderten Ausgleichsvorschlages bei der Tagsatzung vom 6. 8. 1971 über den Ausgleich und die Ausgleichsaufhebung abgestimmt und der Ausgleichsvorschlag mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen worden sei. Erst nach der Abstimmung über den geänderten Ausgleichsvorschlag hätten die dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger erklärt, daß sie sich für befriedigt erachteten, wenn sie aus der Liquidation eine Mindestquote von 40% ihrer Gesamtforderung erhielten. Schon aus dem Geschehensablauf sei erkennbar, daß der letzte Satz des Spruches des berichtigten Beschlusses nicht Inhalt des Ausgleichsvorschlages gewesen und darüber auch nicht abgestimmt worden sei. Er könne auch gar nicht Inhalt des Ausgleichsvorschlages gewesen sein, weil er den zwingenden Bestimmungen des § 3 Abs 1 Z 3 AO (Zahlung innerhalb eines Jahres) nicht entspreche. Die Mehrheit hätte eine solche Bestimmung der Minderheit nicht aufzwingen können. Dennoch habe aber der einzelne Gläubiger das Recht, abweichend vom Ausgleichsvorschlag größere Zugeständnisse zu machen, was seitens der dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger auch geschehen sei. Gegenstand des Ausgleichsvorschlages sei aber das Zugeständnis nicht. Wenn die einschlägige Erklärung in den Bestätigungsbeschluß aufgenommen worden sei, so handle es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die berichtigt werden könne.
Dieser Berichtigungsbeschluß des Erstgerichtes vom 30. 11. 1971 ist in Rechtskraft erwachsen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Ausgleichsschuldners und der Ausgleichsgläubigerin T-GmbH Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30. 11. 1971 wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 63 AO sind, soweit die Ausgleichsordnung nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Konkursordnung und in deren Ermangelung die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung... anzuwenden. Da die Konkursordnung über die Berichtigung von Beschlüssen keine Regelung enthält, gelangen §§ 419, 430 ZPO zur Anwendung (Fasching III § 419 ZPO Anm 1). Das Erstgericht konnte daher auch nach der Entscheidung des Rekursgerichtes von Amts wegen den den Ausgleich bestätigenden Beschluß berichtigen (Fasching aaO Anm 3; Neumann[4], 1192). Von dem in Rechtskraft erwachsenen Berichtigungsbeschluß, der im übrigen im erstinstanzlichen Verfahren bereits vorgekommene, nämlich bei der Ausgleichstagsatzung vom 6. 8. 1971 protokollierte Tatsachen zum Gegenstand hat, und von den durch den Berichtigungsbeschluß geschaffenen Entscheidungsgrundlagen hat der Oberste Gerichtshof bei seiner rechtlichen Beurteilung auszugehen.
Es trifft zu, daß ein Liquidationsausgleich vorliegt. Der Ausgleichsschuldner hat sich zur Liquidation seiner gesamten Aktiven verpflichtet. Es wurde ein Sachverwalter bestellt, dem der Ausgleichsschuldner eine unwiderrufliche Vollmacht zur Veräußerung seines gesamten Vermögens (Unternehmens) erteilte. Die Gläubiger sollen aus dem Liquidationserlös der Aktiven befriedigt werden. Das Unternehmen soll abgewickelt werden. Eine Ausschüttung an die Gläubiger hat auch dann zu erfolgen, wenn sich eine höhere Quote als die Ausgleichsquote ergibt. Auf Grund der angeführten Ausgleichsbedingungen, insbesondere aber aus der Übertragung des Vermögens des Ausgleichsschuldners an den Sachwalter mit der Ermächtigung zur Verwertung und ausschließlichen Befriedigung der Ausgleichsgläubiger, ergibt sich der dem Liquidationsausgleich innewohnende Zweck der Geschäftsabwicklung unter gleichzeitiger Lastenbereinigung (Bartsch-Pollak[3] II 4 Anm 1, 93 Anm 21; Reimer. Die Ausgleichsordnung und ihre Anwendung auf die offene Handelsgesellschaft und ihre persönlich haftenden Gesellschafter 111; ZBl 1934/103; 3 Ob 260/59; SZ 31/13; EvBl 1970/213).
Dem Rekursgericht ist auch beizupflichten, daß im Falle des Abschlusses eines Liquidationsausgleiches die zwingenden Anordnungen des § 3 Abs 1 Z 3 AO eingehalten werden müssen, auf die auch § 50 Z 1 AO ausdrücklich Bezug nimmt (EvBl 1965/309).
Wohl ist bei der Bestätigung des Ausgleiches, wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat (SZ 13/168; EvBl 1965/309), nicht zu überprüfen, ob die angebotene Quote auch tatsächlich erfüllt wird. Aus dem Ausgleichsvorschlag muß aber hervorgehen, daß das iS der zwingenden gesetzlichen Normen gestellte Mindestanbot ernst gemeint ist und seine Erfüllung zur Voraussetzung des Ausgleiches gemacht wird. Es darf auch keine unerlaubte Sonderbegünstigung vorliegen.
Als unerlaubte Sonderbegünstigung ist nach § 47 AO eine Vereinbarung des Ausgleichsschuldners oder anderer Personen mit einem Gläubiger anzusehen, wodurch dem Gläubiger vor Abschluß des Ausgleiches oder in der Zeit zwischen dem Abschluß und der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses besondere Vorteile eingeräumt werden. Davon kann aber nicht gesprochen werden, wenn einzelne Gläubiger nach der Abstimmung über den Ausgleichsvorschlag auf einen Teil der ihnen zukommenden Ausgleichsquote verzichten und die Erklärung abgeben, sich für befriedigt zu erachten, wenn sie eine Mindestquote von 40% an Stelle einer solchen von 50% erhalten. Abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall keine Vereinbarung zwischen dem Ausgleichsschuldner und den dem Ausgleich zustimmenden Ausgleichsgläubigern getroffen wurde (§ 47 AO), kann jeder Gläubiger von sich aus auf die ihm zustehenden Ansprüche zur Gänze oder zum Teil verzichten (Reimer, Die Ausgleichsordnung und ihre Anwendung auf die offene Handelsgesellschaft und ihre persönlich haftenden Gesellschafter 118).
Nach dem den Ausgleich bestätigenden erstgerichtlichen Beschluß in der Fassung des rechtskräftigen Berichtigungsbeschlusses vom 30. 11. 1971 ist aber auch nicht die Annahme gerechtfertigt, daß der Ausgleichsvorschlag nicht ernst gemeint wäre, denn die Erklärung der dem Ausgleich zustimmenden Gläubiger, sich für befriedigt zu erachten, wenn sie eine Mindestquote von 40% erhalten, ist - abweichend von dem Sachverhalt, der der E EvBl 1965/309 zugrunde liegt - weder im Ausgleichsvorschlag enthalten, noch wurde darüber nach dem Protokoll über die Tagsatzung vom 6. 8. 1971 abgestimmt. Daraus ergibt sich aber, daß ein verbindliches Anbot auf 50% gestellt wurde, dessen Erfüllung von vornherein nach dem Bericht des Ausgleichsverwalters nicht als ausgeschlossen angenommen werden muß. Denn durch den bereits angeführten zulässigen Verzicht verschiedener Ausgleichsgläubiger auf einen Teil ihrer Quote erscheint die Erfüllung der Ausgleichsquote von 50% möglich. Bei einer Ausgleichsquote von 50% verstößt auch eine Zahlungsfrist von 18 Monaten nicht gegen die Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 3 AO. Ein hinreichender Grund, dem Ausgleich nach § 50 Z 1 AO die Bestätigung zu versagen, ist daher nicht gegeben.
Frei von Rechtsirrtum ist die Auffassung des Rekursgerichtes, daß den Bestimmungen der Ausgleichsordnung, insbesondere § 53 Abs 1 AO durch Art 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/ 210 nicht derogiert wurde. Wohl ist gemäß Art 5 StGG vom 21. 12. 1867 RGBl 142, welches Gesetz gemäß Art 149 Abs 1 B-VG als Verfassungsgesetz zu gelten hat, das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, die das Gesetz bestimmt. Unter dem Begriff "Eigentum" ist dabei jedes subjektive Privatrecht und unter Enteignung iS des Art 5 leg cit jede Entziehung oder Schmälerung von Privatrechten zu verstehen (Klang[2] II 193; Adamovich-Spanner, HdB des österr Verfassungsrechtes 460; Ermacora, HdB der Grundfreiheiten und der Menschenrechte 135; VfGHSlg 71, 1906, 2548). Dazu zählen auch die Forderungen der Ausgleichsgläubiger gegen den Ausgleichsschuldner. Allein eine Regelung der aus den Rechtsgeschäften oder sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Ausgleichsschuldner und den Ausgleichsgläubigern sich ergebenden Verbindlichkeiten wurde durch die Vorschriften der Ausgleichsordnung, insbesondere durch § 53 AO, getroffen. Die Schmälerung der Ansprüche der Ausgleichsgläubiger erfolgt auch durch einen Hoheitsakt, nämlich die rechtskräftige gerichtliche Bestätigung des Ausgleiches. Eine solche Beschränkung des Ausgleichsgläubigers auf einen Teil seiner Forderung, die ebenso wie Vereinbarungen nach § 7 MG durch einen Mehrheitsbeschluß der Ausgleichsgläubiger erfolgt, muß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erk 3. 3. 1971, G 11/70 und G 29/70) als zulässiger Eingriff in bestehende Rechtsgeschäfte oder Rechtsbeziehungen angesehen werden. Da die Menschenrechtskonvention einschlägige gegenteilige Anordnungen gar nicht enthält, ist § 53 AO als weiter in Geltung stehende Norm, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, anzusehen.
Den Revisionsrekursen war somit aus den dargelegten Erwägungen Folge zu geben und der angefochtene Beschluß dahin abzuändern, daß die erstgerichtliche Entscheidung in ihrer berichtigten Fassung wiederherzustellen war.
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