Spruch:
Die auf den Erbrechtstitel eines mündlichen Testamentes gestützte Erbserklärung ist zurückzuweisen, wenn ein der äußeren Form nach gültiges Testament i. S. des § 585 ABGB. nicht vorliegt.
Entscheidung vom 21. November 1963, 5 Ob 346/63.
I. Instanz: Bezirksgericht Gmunden; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Der am 4. Juni 1961 verstorbene Erblasser errichtete am 12. Mai 1961 ein eigenhändig geschriebenes und eigenhändig unterschriebenes Testament, in welchem er Verfügungen zu Gunsten seines Sohnes Johann X. und seiner sechs Töchter traf. Der mj. Johann X. ein Enkel des Erblassers und Sohn des Erben Johann X., gab auf Grund eines behaupteten mündlichen Testamentes des Erblassers die bedingte Erbserklärung ab.
Das Erstgericht nahm die unbedingten Erbserklärungen von fünf Töchtern des Erblassers und die bedingte Erbserklärung des Sohnes des Verstorbenen an, wies hingegen die bedingte Erbserklärung des mj. Johann X., des Enkels des Verstorbenen, auf Grund des behaupteten mündlichen Testamentes zurück. Aus der Vernehmung der Testamentszeugen - so führt das Erstgericht aus - ergebe sich, daß die letztwillige Verfügung, auf die sich das Enkelkind des Verstorbenen berufe, infolge eines Formmangels keinen gültigen Erbrechtstitel darstelle, da nur zwei Zeugen bei der Testamentserrichtung zugegen gewesen seien und dadurch ein Erbrecht nicht begrundet werden könne. § 122 AußStrG. sei einschränkend auszulegen. Da sich bereits auf Grund der Aktenlage ergebe, daß die Erbserklärung des Mj. nicht gesetzmäßig sei, sei sie zurückzuweisen.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß ab und nahm die mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars auf Grund des mündlichen Testamentes des Erblassers erstattete (bedingte) Erbserklärung des Enkels des Erblassers zu Gericht an. Der Enkel des Erblassers habe eine den Erfordernissen der §§ 799 und 800 ABGB. entsprechende Erbserklärung beigebracht, die keinen Hinweis darauf enthalte, daß sie mangels Einhaltung der Form oder ihrem Inhalte nach keinen Erbrechtstitel darstelle.
Der Oberste Gerichtshof gab den von fünf Töchtern des Erblassers eingebrachten Revisionsrekurs Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß, mit welchem die Erbserklärung des mj. Johann X., des Enkels des Erblassers zurückgewiesen worden war, wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Rekurslegitimation der Beschwerdeführerinnen ist zu bejahen. Wohl wird die verfahrensrechtliche Stellung eines Erben durch die Annahme der Erbserklärung eines anderen Erben formell nicht berührt. Es kann aber die Annahme der Erbserklärung zu einer Verweisung auf den Rechtsweg und damit zu einer Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens führen, welche zweifellos durch Verzögerung die Interessensphäre eines anderen erbserklärten Erben berührt. Es kann auch ein unnötiger Kostenaufwand durch die Annahme einer Erbserklärung entstehen, von der von vornherein feststeht, daß sie zu keiner Einantwortung führen kann. Nun ist aber für die Legitimation zum Rekurs nach § 9 AußStrG. nur notwendig, daß jemand durch die anzufechtende Verfügung sich beschwert erachten kann, d. h., daß sein Interesse in irgend einer Richtung verletzt wird (Sander, Verfahren Außerstreitsachen, S. 106, Rintelen, Grundriß des Verfahrens außer Streitsachen, S. 34, Schuster, Commentar z. Gesetz über das Verfahren außer Streitsachen, S. 44). Eine Verzögerung des Abhandlungsverfahrens und ein möglicher hoher Kostenaufwand stellen zweifellos die Verletzung eines solchen Interesses dar. Der Oberste Gerichtshof hält daher an der in den Entscheidungen SZ. XXI 49, SZ. XXVI 174 vertretenen Auffassung fest, welche den Miterben die Rekurslegitimation einräumt.
Für die Entscheidung ist weiter erheblich, ob die Voraussetzungen für die Annahme der Erbserklärung des mj. Enkels des Erblassers gegeben waren oder, ob mangels dieser Voraussetzungen die Erbserklärung zurückgewiesen war. Für die Annahme einer Erbserklärung ist nach § 799 ABGB. der Ausweis des Erbrechtstitels erforderlich. Hiezu genügt jedoch nach § 123 AußStrG. schon die Berufung auf einen dem Inhalt und der äußeren Form nach vorschriftsmäßig errichteten letzten Willen (s. hiezu Schuster, Commentar zum Gesetz über das Verfahren außer Streitsachen, S. 201, Ott, Rechtsfürsorgeverfahren, S. 239, SZ. VI 227, SZ. XXI 49).
Im vorliegenden Falle errichtete der Erblasser nach den Feststellungen der Untergerichte das mündliche Testament mit der Erbeinsetzung seines Enkels nur in Gegenwart von zwei Zeugen. Der äußeren Form nach liegt ein mündliches Testament im Sinne des § 585 ABGB. nicht vor. Nach der angeführten Gesetzesstelle muß die Erklärung des letzten Willens vor drei fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig sind, abgegeben werden (vgl. Klang, Komm.[2], III. Band zu § 585 ABGB., S. 324). Fehlt es aber an einem mündlichen Testament - auf einen anderen Erbrechtstitel als das mündliche Testament berief sich der Enkel des Erblassers nicht -, dann sind die Voraussetzungen für die Annahme der Erbserklärung im Sinne des § 123 AußStrG., wie bereits dargetan wurde, nicht gegeben. Die Erbserklärung des mj. Johann X. war daher zurückzuweisen.
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