OGH 5Ob339/99k

OGH5Ob339/99k11.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Ing. Herbert S*****, geboren *****, 2.) Ing. Herbert S*****, geboren *****, 3.) Mag. Brigitte E*****, und 4.) Roswitha M*****, alle vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer und Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwälte in Liezen, betreffend Eintragungen in den Einlagen EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 24. November 1999, AZ 3 R 183/99i, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Kindberg vom 28. Juli 1999, TZ 1135/99, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 28. 7. 1999 wies das Erstgericht den Antrag der Antragsteller ab, die ihnen von der Ö*****gesellschaft m. b. H. eingeräumten Wegedienstbarkeit zu verbüchern. Der betreffende Dienstbarkeitsbestellungsvertrag dokumentiert (neben den Eigentumsverhältnissen sowie der Aufsandungserklärung) lediglich die "Einräumung" der jeweiligen Wegerechte als Zufahrt zu den Grundstücken der Antragsteller. Der Verlauf des Weges ist auf einem dem Vertrag angehefteten Plan genau dargestellt. Als Grund für die Abweisung des Eintragungsgesuches führte das Erstgericht an, dass mangels einer Entgeltvereinbarung eine Schenkung vorliege und der Notariatsaktspflicht nicht entsprochen worden sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Da die Dienstbarkeiten unentgeltlich eingeräumt wurden, habe das Erstgericht den betreffenden Vertrag zu Recht als notariatsaktspflichtige Schenkung beurteilt (E 34 zu § 26 GBG MGA4). Eine tatsächliche Übergabe der Dienstbarkeiten hätte zwar den Notariatsakt erübrigt, doch lasse sich dem Vertrag keinerlei Hinweis auf einen Übergabsakt entnehmen. Der dem Vertrag beigeheftete Plan, der die räumliche Ausdehnung der Dienstbarkeiten ausweist, beweise nicht, dass sie in den Besitz der Antragsteller übergegangen sind.

Zu Unrecht hätten sich die Antragsteller (erstmals) in ihrem Rekurs auch darauf berufen, dass ihnen die Ö*****gesellschaft m. b. H. in dem zu TZ 1383/98 erliegenden Kaufvertrag vom 23. 4. 1998 den Abschluss des gegenständlichen Dienstbarkeitsbestellungsvertrages versprochen habe. Darin liege nicht der Tatbestand einer wirklichen Übergabe.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 260.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anrufung des Obersten Gerichtshofes lägen nicht vor.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Entscheidung vertreten die Antragsteller den Rechtsstandpunkt, dass die Offenkundigkeit der eingeräumten Wegerechte ihre Verbücherung rechtfertige. Offenbar meinen sie damit, es liege keine notariatsaktspflichtige Schenkung der Dienstbarkeiten vor. Ihr Rechtsmittelantrag geht dahin, ihrem Eintragungsgesuch stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der von den Vorinstanzen konstatierte Formmangel die Abweisung des Eintragungsgesuches nicht trägt; er erweist sich jedoch wegen eines anderen nach § 95 Abs 3 GBG wahrzunehmenden Abweisungsgrundes als nicht berechtigt.

Entgegen der im angefochtenen Beschluss zitierten Rechtsprechung von Instanzengerichten (LGZ Wien RPflSlgG 759 und KG St. Pölten RPflSlgG 1040) bedeutet das Fehlen einer Entgeltvereinbarung in einem Dienstbarkeitsbestellungsvertrag noch nicht, dass eine nach § 1 Abs 1 lit d NZwG formpflichtige Schenkung vorliegt. Auch wenn die Einräumung von Dienstbarkeiten entgeltlich erfolgen kann (vgl RIS-Justiz RS0011527), ist nämlich die Entgeltlichkeit kein Wesensmerkmal des Bestellungsvertrages. Vor allem Wegerechte, um die es hier geht, werden oft in Erfüllung vertraglicher Nebenpflichten bei der Übereignung von Grundstücken eingeräumt; unter bestimmten Voraussetzungen ist ihre Einräumung sogar nach dem Notwegegesetz gegen Ersatz des daraus für den Belasteten resultierenden Schadens erzwingbar. Die für eine Schenkung wesentliche Absicht einer unentgeltlichen Zuwendung (vgl JBl 1971, 197 ua) ist beim Besteller einer Dienstbarkeit, der sich kein Entgelt ausbedingt, also keineswegs zu vermuten. Damit kann der Grundbuchsrichter auch nicht die Verletzung der Formpflicht des § 1 Abs 1 lit d NZwG unterstellen, wenn in einem Dienstbarkeitsbestellungsvertrag keine Entgeltsvereinbarung getroffen wurde.

Gemäß § 26 Abs 2 GBG müssen allerdings Urkunden, auf Grund deren die Erwerbung oder Umänderung eines dinglichen Rechts verbüchert werden soll, einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Aus diesem Grund reicht die bloße Einräumung einer Dienstbarkeit nicht aus, um die Einverleibung im Grundbuch zu erwirken (vgl Dittrich/Pfeiffer, Grundbuchsrecht kurz gefasst2, 23). Es muss vielmehr aus der Vertragsurkunde zu entnehmen sein, warum die Dienstbarkeit eingeräumt wurde, sei es durch Kauf, Schenkung etc oder in Erfüllung einer bereits bestehenden (zB beim Verkauf eines Grundstücks übernommenen) Verpflichtung.

Im gegenständlichen Fall ist in der Vertragsurkunde kein Rechtsgrund für die Einräumung der Wegerechte genannt. Dass dies in Erfüllung einer bei Grundstücksverkäufen eingegangenen Verpflichtung der Ö*****gesellschaft m. b. H. geschehen sei, wie die Antragsteller im Rechtsmittelverfahren mit dem Hinweis auf die zu TZ 1383/98 erliegende Urkunde geltend gemacht haben, konnte das Erstgericht nicht verwerten. Das Grundbuchsgericht kann nämlich bei seiner Entscheidung neben dem Buchstand, dem Gesuchsantrag und den ihm vorgelegten Urkunden nur gerichtsbekannte Tatsachen berücksichtigen; gerichtsbekannt ist aber eine Tatsache nicht schon deswegen, weil sie in einer dem Grundbuchsgericht zugänglichen Urkundensammlung dokumentiert ist (JBl 1999, 333 mwN).

Die Abweisung des Grundbuchsgesuches erfolgte daher gemäß §§ 26 Abs 2, 94 Abs 1 Z 3 GBG zu Recht.

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