OGH 5Ob33/75

OGH5Ob33/7518.3.1975

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma A*, Dachdeckerei, *, vertreten durch Dr. Anton Waisocher, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei L* S*, Hausverwalter, *, vertreten durch Dr. Anton Prattes, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 41.144,92 s. A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24. 10. 1974, GZ. 5 R 168/74‑26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Graz vom 18. 7. 1974, GZ. 16 Cg 287/73‑21, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00033.75.0318.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht wird aufgetragen, über die Berufung neuerlich zu entscheiden.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Begründung:

Die Klägerin, die ein Dachdeckereiunternehmen betreibt, begehrte vom Beklagten, einem Hausverwalter, die Zahlung von insgesamt S 41.144,92 als Entgelt für in seinem Auftrag an den Häusern in * durchgeführte Dachdeckerarbeiten samt 9,5 % Zinsen als Schadenersatz für schuldhaften Zahlungsverzug, weil deshalb ein gleich hoch verzinslicher Bankkredit aufgenommen werden mußte.

Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und unter anderem den Mangel der passiven Klagelegitimation eingewendet: er habe die Vornahme der Dachdeckerarbeiten bei der Klägerin nicht in eigenem Namen, sondern im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Hauseigentümer, deren Häuser er verwalte, bestellt.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Frage der passiven Klagelegitimation ein und wies nach dem dazu abgeführten Beweisverfahren das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Im Zuge der Geschäftsverbindung zwischen dem Beklagten als Hausverwalter und der Klägerin als Dachdeckereiunternehmerin hat sich die Gewohnheit herausgebildet, daß der Beklagte oder eine seiner Angestellten unter der Bezeichnung „Hausverwaltung S*“ telefonisch bei der Klägerin die an den jeweils bezeichneten Häusern vorzunehmenden Reparaturarbeiten bestellen, ohne jedoch den Namen und die Anschrift der Eigentümer der betroffenen Häuser bekanntzugeben. Die Klägerin hat die jeweils bestellten Arbeiten durchgeführt und die darüber ausgestellten Rechnungen an die Anschrift „Hausverwaltung S*“ gesendet. In den in der Klage bezeichneten Reparaturfällen hat der Beklagte die Bezahlung der Rechnungen abgelehnt, weil sie seiner Ansicht nach überhöht sind und Leistungen verrechnen, die nicht erbracht worden sind. In den anderen Fällen hat der Beklagte die Rechnungen der Klägerin aus den von ihm verwalteten Geldern der betroffenen Häuser bezahlt.

Bei der Entgegennahme der telefonischen Reparaturaufträge des Beklagten ist allen Beteiligten klar gewesen, daß der Beklagte nur deshalb befugt war, diese Reparaturaufträge zu erteilen, weil er von den Hauseigentümern hiezu bevollmächtigt war, nicht aber etwa, weil er selbst Eigentümer dieser Häuser sei. Die Angestellten der Klägerin I* P* und E* S*, wußten bei den Bestellungen des Beklagten, daß dieser die Reparaturverträge namens der Hauseigentümer abschließen will. Die Eigentümer der betroffenen Häuser waren der Klägerin jedoch nicht bekannt.

Rechtlich schloß das Erstgericht aus diesem Sachverhalt, daß der Beklagte aus den von ihm abgeschlossenen Reparaturverträgen nicht verpflichtet worden sei, weil er der Klägerin zu erkennen gegeben habe, die Verträge namens der jeweiligen Hauseigentümer als deren Verwalter abzuschließen.

In Stattgebung der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Ausspruch des Rechtskraftvorbehaltes im Sinne des § 519 Z 3 ZPO das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Im Wesentlichen ist das Berufungsgericht der Ansicht, es könne bloß auf Grund der Tatsache, daß der Klägerin erkennbar war, die bestellten Arbeiten sind für dritte Personen bestimmt und ein Hausverwalter handelt üblicherweise namens der Eigentümer der von ihm verwalteten Häuser, mit Überlegung aller Umstände und unter Berücksichtigung der im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten nicht angenommen werden, der Beklagte habe nur als Machthaber seiner namentlich nicht genannten Auftraggeber handeln wollen und es sei die Absicht beider Parteien dahin gegangen, nicht den Beklagten, sondern dessen Auftraggeber zu verpflichten, schon weil ja sonst zwischen den Parteien vorausgehende Erörterungen über die Person des Auftraggebers nach allgemeiner Lebenserfahrung unvermeidlich gewesen wären.

Das Berufungsgericht vermeint, ausreichende Feststellungen darüber, auf welche Weise bzw. unter welchen Umständen der Beklagte oder seine Angestellten die einzelnen Aufträge zur Vornahme der Dachreparaturen an den betroffenen Häusern erteilt haben, seien vom Erstgericht bisher nicht getroffen worden, dieses habe sich darauf beschränkt, festzustellen, wie im allgemeinen die Auftragserteilung zur Durchführung solcher Reparaturen erfolgte. Sollte dies in den konkreten Fällen auf die vom Erstgericht geschilderte Art vorgenommen worden sein, kämen die dargestellten Grundsätze zur Anwendung und der Beklagte sei zur Zahlung der bestellten Arbeiten verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes ist berechtigt.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren die Feststellungen des Erstgerichtes nicht bekämpft, daß alle Reparaturbestellungen des Beklagten, gleichviel ob sie von ihm oder einer seiner Angestellten aufgegeben wurden, bei der Klägerin unter der Bezeichnung „Hausverwaltung S*“ telefonisch vorgenommen worden sind und daß dabei nur die einzelnen Häuser, nicht aber deren Eigentümer bezeichnet wurden; die Angestellten der Klägerin, I* P* und E* S*, wußten, daß der Beklagte die Reparaturaufträge namens der betroffenen Hauseigentümer abschließen will.

Es unterliegt nach den Feststellungen des Erstgerichtes keinem Zweifel, daß durch diesen allgemein geübten Bestellungsvorgang auch die in der Klage bezeichneten Reparaturverträge erfaßt sind, sodaß es weiterer Feststellungen des Erstgerichtes nicht mehr bedarf.

Bei dieser Sachverhaltslage ist aber der Rechtsstreit bereits entscheidungsreif, wie das Erstgericht richtig erkannt hat.

Es ist jetzt in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß der Vertreter nicht sofort den Namen und die Identität des Vertretenen bekanntgeben muß, um Vertretungsrecht zur Anwendung zu bringen (vgl. Welser, Vertretung ohne Vollmacht, 248 und die dort zitierte Judikatur und Lehre). Vielmehr genügt es, daß sich seine rechtsgeschäftliche Erklärung für den Erklärungsempfänger erkennbar auf einen Dritten, also dem Vertretenen, etwa dem Inhaber eines Unternehmens oder den Träger eines bestimmten Vermögens, wer dies auch immer sei (so Larenz 2, Allgem. Teil, 478), bezieht. Dem Offenlegungsgrundsatz entspricht es, daß der in Stellvertretung für einen anderen Handelnde seine Stellvertretereigenschaft dem Kontrahenten ausreichend zu erkennen gibt (Welser aaO, 15; Koziol‑Welser, GrundrißI, 122; Stanzl in Klang IV/1, 775; Coing in Staudingers Kommentar zum BGB11, I, 970; Griehsler in GesRZ 1973,40 f; 6 Ob 9/71, 5 Ob 219/71 u.a.), soferne nicht bereits ohnedies der Vertretungswille des Handelnden dem Kontrahenten aus den Umständen, unter denen der Vertreter handelt, unzweifelhaft erkennbar ist (so Coing aaO, 970). So ist es etwa nicht zu bezweifeln, daß ein Hausverwalter im Namen des Eigentümers des betroffenen Hauses einen Mietvertrag schließt, der ein in dem verwalteten Haus befindliches Mietobjekt betrifft, und daß er Verträge mit Handwerkern über die Vornahme von Reparatur- und Verbesserungsarbeiten in oder an von ihm verwalteten Häusern grundsätzlich namens der jeweiligen Hauseigentümer schließt, mag auch deren Name des Kontrahenten nicht bekanntgegeben werden (so Stanzl aaO, 775 und 6 Ob 380/59). Ob die Umstände ergeben, daß der Handelnde nicht in eigenem, sondern in fremdem Namen handeln will, ist unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 863 Abs 2 ABGB) mit einer natürlichen Rechtsauffassung der dem Rechtsverkehr zugrunde liegenden Lebensverhältnisse zu würdigen (vgl. Coing aaO, 971). Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet das, daß die Verwendung der Bezeichnung „Hausverwaltung S*“ durch den Beklagten oder seine Angestellten für die Person des Bestellers der Dachdeckerarbeiten gegenüber der Klägerin ausreichend erkennbar gemacht hat, daß es sich um für einen Hausverwalter typische Vertretungsakte handelt, aus denen nicht er persönlich berechtigt und verpflichtet sein will. Es stand der Klägerin frei, bereits anläßlich des Vertragsschlusses mit dem Beklagten, oder wann immer später, auf die Bekanntgabe der Namen der vertretenen Hauseigentümer zu dringen, und endlich konnte sie auch jederzeit von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich die erforderliche Kenntnis durch Einsicht in das Grundbuch zu verschaffen (so auch 6 Ob 380/59). Jedenfalls aber sind die Rechtswirkungen durch den Vertragsschluß des Beklagten als Hausverwalter direkt für die jeweils davon betroffenen Hauseigentümer eingetreten.

Der Einwand der Klägerin, daß der Beklagte niemals die auf ihn lautenden Rechnungen aus diesem Grunde bemängelt habe (S 17), ist ohne Belang, weil dieser Vorgang nur mit der Sachlage konform geht, daß sich die Klägerin nicht um die Namen der durch den Beklagten vertretenen Hauseigentümer kümmerte, weshalb sie die Rechnungen an die „Hausverwaltung L* S*“ adressierte (Beilagen ./B bis ./L).

Für das Vorliegen besonderer Umstände, welche die Klägerin trotz des rechtsgeschäftlichen Handelns des Beklagten und seiner Angestellten unter der Bezeichnung „Hausverwaltung S*“ nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu der Annahme verleiten konnten, der Beklagte wolle aus den Dachdeckerreparaturverträgen selbst berechtigt und verpflichtet sein, wäre die Klägerin behauptungs- und beweispflichtig gewesen. Entsprechende Behauptungen und Beweisanbote hat die Klägerin jedoch in erster Instanz unterlassen.

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Erwägungen erweist sich der Rechtsstreit im Sinne des erstgerichtlichen Urteiles bereits als entscheidungsreif, ohne daß es der Aufnahme weiterer Beweise bedarf.

Der Rekurs des Beklagten ist deshalb berechtigt, sodaß der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und diesem die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin aufzutragen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

 

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