OGH 5Ob322/00i

OGH5Ob322/00i16.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz O*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Maria O*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wegen Liegenschaftsteilung (Streitwert S 150.000), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Oktober 2000, GZ 36 R 403/00g-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. Juli 2000, GZ 6 C 214/99i-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluss zurückgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

8.370 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.395 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Kläger und Beklagte sind in aufrechter Ehe verheiratet, ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Sie sind Mit- und Wohnungseigentümer der im verbundenen Ehegattenwohnungseigentum stehenden Wohnung Nr 23 auf Stiege II im Haus ***** in *****, zu je 950/44.904 Anteilen an der EZ ***** KG *****.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft zwischen ihm und der Beklagten an der bezeichneten Wohnung durch gerichtliche Feilbietung.

Die eheliche Wohnung und der ständige gewöhnliche Aufenthalt der Beklagten befinde sich nicht in dieser Wohnung, sondern in *****.

Zunächst brachte der Kläger die Teilungsklage beim Landesgericht für ZRS Wien ein, welches die Klage a-limine zurückwies. Nach § 76 a JN sei das Gericht, bei dem eine in § 76 Abs 1 JN genannte Streitigkeit anhängig sei, für die aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringenden sonstigen Streitigkeiten ausschließlich zuständig. Aufgrund eines Überweisungsantrages wurde die Klagezurückweisung aufgehoben und die Klage dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwiesen.

Nach Zustellung der Klage erhob die Beklagte die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes, weil keine Streitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 2c JN vorliege.

Nach abgesonderter Verhandlung über die Einrede der Unzuständigkeit sprach das Erstgericht seine sachliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück. Zu Recht habe die Beklagte, die an den vor Streitanhängigkeit gefassten Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien mangels Beteiligung am Verfahren nicht gebunden sei, sofort vor Einlassung in den Rechtsstreit die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit erhoben. Eine Teilungsklage entspringe gerade nicht aus dem Eheverhältnis. Dass Wohnungseigentum nach § 9 WEG als Ausnahme vom Grundsatz der Unteilbarkeit (§ 8 WEG) nur zwischen Ehegatten begründet werden könne, stehe dem nicht entgegen.

Einem dagegen vom Kläger erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichtes auf und trug diesem die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage auf. Die Kosten des Zuständigkeitsstreits legte das Rekursgericht der Beklagten auf.

Die Voraussetzung für die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes sei gemäß § 49 Abs 2 Z 2c JN gegeben. Abgesehen davon, dass es zur Begründung von Miteigentum an einem Wohnungseigentumsobjekt nur unter der Voraussetzung der Ehe kommen könne, sehe das WEG auch für die Auflösung des gemeinsamen Ehegattenwohnungseigentums Sonderregelungen vor, mit denen zwischen den Miteigentümern bestehenden familienrechtlichen Verhältnissen Rechnung getragen werde. In Hinblick auf die Auflösung des Miteigentums an einem Wohnungseigentumsobjekt würden Ehegatten anders behandelt als schlichte Miteigentümer einer sonstigen gemeinsamen Sache. § 9 Abs 3 letzter Satz WEG und § 11 WEG sähen einen besonderen Wohnraumschutz für den beklagten Ehegatten vor, was unter den dort geregelten Voraussetzungen einem Erfolg der Teilungsklage entgegenstehe. Es sei also die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft nicht allein nach § 830 ABGB zu beurteilen, sondern darüber hinaus auch noch nach Sondernormen, die auf das familienrechtliche Verhältnis von Ehegatten Bezug nähmen und gerade den Zweck verfolgten, den aus dem Eheband resultierenden gegenseitigen Rechten und Pflichten der Ehegatten besonders Rechnung zu tragen. Insofern könne eine Teilungsklage nicht abstrahiert von den mit der Ehe verbundenen Rechtsbeziehungen der Streitteile entschieden werden.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO für zulässig, weil zur vorliegend zu entscheidenden Frage, ob eine auf Auflösung von Ehegattenwohnungseigentum abzielende Teilungsklage als Streitigkeit familienrechtlichen Charakters vor die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte gehöre, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Dieser Frage komme auch deshalb Bedeutung zu, weil damit die Frage zusammenhänge, ob der den Beteiligten offenstehende Instanzenzug durch den Einheitswert der strittigen Wohnung bestimmt werde oder aber unabhängig von der Bewertung im Sinn des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO offenstehe. Im Weiteren sei auch von besonderer Bedeutung, dass in der Endentscheidung ua auch über das Wohnbedürfnis des beklagten Ehegatten an der strittigen Wohnung abgesprochen werden könne.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses.

Die klagende Partei beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit und Rechtssicherheit zulässig, weil das Rekursgericht den Rechtsmittelausschluss des § 45 JN nicht beachtet hat.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses auch berechtigt.

Nach § 45 JN sind nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Unzuständigkeit ausspricht, dann unanfechtbar, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz in derselben Gemeinde hat.

Die Frage, ob diese Anfechtungsbeschränkung eine ausdrückliche Entscheidung des Gerichts über seine sachliche Zuständigkeit bzw Unzuständigkeit voraussetzt oder auch dann besteht, wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt, sondern nur in der Sachentscheidung enthalten ist, muss hier nicht geklärt werden, hat das Erstgericht doch ausdrücklich im ersten Teil seines Spruches die sachliche Zuständigkeit verneint (vgl zu diesem Problem Ballon in Fasching Zivilprozessgesetze**2 1. Band, Rz 4 zu § 45 JN mwN).

Nach Ansicht von Fasching, Lb**2 Rz 232 muss das Gericht, das sich für sachlich unzuständig erklärt, in seinem Unzuständigkeitsbeschluss ausdrücklich das Gericht bezeichnen, das nach seiner Auffassung sachlich zuständig ist. Dieser Ausspruch sei für die Parteien notwendig, um beurteilen zu können, ob ein Rechtsmittel zulässig ist. Fehle ein solcher Ausspruch, dann fehle ein gesetzlich gefordertes Kriterium für die Unzulässigkeit des Rekurses, der dann im Zweifel zulässig sei.

Der vorliegende Fall zeigt aber die Entbehrlichkeit eines solchen Ausspruchs dann, wenn aus dem gesamten Zusammenhang bereits klar ist, dass nur ein anderes Gericht am selben Ort zuständig sein kann (vgl Mayr in Rechberger Rz 2 zu § 45 JN; EvBl 1985/128). Nur dann, wenn nicht feststeht, ob das sonst sachlich zuständige Gericht seinen Sitz in derselben Gemeinde hat, kommt der Rekursausschluss nach § 45 JN nicht zum Tragen (4 Ob 518/92).

Weil im vorliegenden Fall bereits eine a-limine-Zurückweisung der Klage durch das ursprünglich angerufene Landesgericht für ZRS Wien vorlag, hätte das Erstgericht in seinem Beschluss ohnedies nicht mehr auf die Zuständigkeit dieses Gerichts mit dem Sitz in derselben Gemeinde hinweisen können. In diesem Zusammenhang ist aber klar, dass nach Auffassung des Erstgerichtes das sachlich zuständige Gericht das Landesgericht für ZRS Wien ist, das ursprünglich angerufen wurde.

Es war daher der erstgerichtliche Beschluss wiederherzustellen, ohne dass auf die Frage einzugehen wäre, ob der geltend gemachte Teilungsanspruch aus den Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB resultiert oder das in § 9 Abs 3 letzter Satz WEG normierte Teilungshindernis die Anspruchsgrundlage zu definieren vermag.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Hiebei sind der beklagten Partei Kosten der Rekursbeantwortung nicht zuzuerkennen, weil darin auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen wurde. Die Kosten des Revisionsrekurses stehen ihr jedoch nach dem Erfolgsprinzip zu. Unberührt bleibt der erstinstanzliche Kostenzuspruch.

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