Spruch:
Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über das Vermögen der S***-M*** G*** MBH in Bregenz wurde am 9.6.1983 der Konkurs eröffnet. Dr. Ingobert S***, Rechtsanwalt in Bregenz, wurde zum Masseverwalter bestellt. In seinem dritten Bericht vom 28.7.1983 (ON 14) führte Dr. Schuler aus, daß er die Schließung sämtlicher Verkaufslokale der Gemeinschuldnerin in Bregenz, Feldkirch und Innsbruck sowie die Inventarisierung der gesamten vorhandenen Warenbestände vorgenommen habe. Die Schätzung dieser Warenbestände habe einen Zeitwert von S 495.941,- (ohne Umsatzsteuer) ergeben. Die N***
G*** MBH Raum-Trennung und Innenausbau Bregenz habe ihm durch ihren Geschäftsführer Fridolin N*** angeboten, die Warenbestände zu 50 % des geschätzten Neuwertes zu kaufen. Nach Rücksprache habe sich diese Unternehmung bereiterklärt, das Anbot für die inventarisierten Gegenstände auf S 520.000,- zuzüglich Umsatzsteuer zu erhöhen. Der Betrag sei Zug um Zug gegen Übergabe der inventarisierten Warenbestände zur Zahlung fällig, wobei der Masseverwalter jedwede Art von Gewährleistung ausschließe. Die Waren würden in Pausch und Bogen übernommen. Der Masseverwalter vertrat die Auffassung, daß dieses Anbot annehmbar sei, weil zu erwarten sei, daß für diese Waren im Wege einer Versteigerung kein höherer Preis erzielt würde. Außerdem sei auf diese Weise gewährleistet, daß sämtliche Waren verkauft werden könnten. Er stellte den Antrag, eine außerordentliche Gläubigerversammlung zur Entscheidung über diesen Antrag einzuberufen und ihm die Genehmigung zum Verkauf der inventarisierten Warenbestände in Pausch und Bogen zum Preis von S 520.000,- zuzüglich Umsatzsteuer zu erteilen.
Das Erstgericht berief über diesen Antrag eine Gläubigerversammlung ein, die am 12.8.1983 stattfand. Dem hierüber aufgenommenen Verhandlungsprotokoll (ON 18) ist kein ausdrücklicher Beschluß der Gläubigerversammlung mit den gemäß § 92 Abs. 2 KO erforderlichen Mehrheiten zu entnehmen.
Mit Schriftsatz vom 12.10.1983 (ON 33) beantragte Dr. S***, die hiemit vorgelegte Kaufvertragsurkunde vom 10.8.1983 gemäß § 117 KO auch schriftlich zu genehmigen. Er verwies darauf, daß der Verkauf des gesamten Warenlagers im Sinne dieser Kaufvertragsurkunde anläßlich der Gläubigerversammlung vom 12.8.1983 mündlich bewilligt worden sei. Eine Entscheidung über diesen Antrag in Form eines Beschlusses ist den Akten nicht zu entnehmen.
Das Warenlager der Gemeinschuldnerin wurde von Dr. Schuler der Kaufinteressentin N*** G*** MBH Bregenz übergeben. Nach Mitteilung des Dr. S*** wurde der Veräußerungserlös von S 520.000,- zuzüglich Umsatzsteuer an die Konkursmasse bezahlt. Mit Eingabe vom 9.10.1985 (ON 82) beantragte Dr. S***, ihn seines Amtes als Masseverwalter zu entheben und einen anderen Masseverwalter zu bestellen. Zur Begründung brachte er vor, daß der nunmehr in dieser Konkurssache tätige Richter sich weigere, eine ihm (Dr. S***) vom früheren Konkursrichter mündlich erteilte Genehmigung des freihändigen Verkaufes von Massegegenständen zu übernehmen, daß ihm der Auftrag erteilt worden sei, in der Rechtssache 1 b Cg 97/83 des Erstgerichtes die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens zu beantragen, obwohl er das für unzweckmäßig halte, und daß überdies aufgrund der in anderen Konkurssachen, in denen er zum Masseverwalter bestellt worden sei, vorgekommenen Zwischenfälle das Vertrauensverhältnis zwischen Masseverwalter und Konkursrichter zutiefst erschüttert worden sei. Er könne daher mit dem derzeitigen Konkursrichter nicht mehr zusammenarbeiten; dies stelle einen wichtigen persönlichen Enthebungsgrund dar.
Mit Beschluß vom 20.1.1986 (ON 92) wies das Erstgericht diesen Antrag aus nachstehenden Erwägungen zurück:
Die Enthebung des Masseverwalters sei im § 87 KO abschließend geregelt. Danach könne das Konkursgericht den Masseverwalter aus wichtigen Gründen von Amts wegen oder auf Antrag entheben. Gemäß § 87 Abs. 2 KO könne ein Enthebungsantrag jederzeit von jedem Mitglied des Gläubigerausschusses gestellt werden. Ein solcher Antrag liege nicht vor, sodaß der auf seine "Enthebung" abzielende Antrag des Masseverwalters - ohne auf den Inhalt seiner vorgenannten Eingabe eingehen zu müssen - schon mangels Antragslegitimation zurückzuweisen gewesen sei. § 80 Abs. 1 Satz 2 KO sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil der Masseverwalter die Übernahme seiner Tätigkeit nach der Bestellung nicht abgelehnt und im Laufe des Verfahrens keinen sachlichen Verhinderungsgrund zu relevieren vermocht habe. Für den Fall der vorübergehenden Verhinderung treffe § 85 KO Vorsorge; bei dauernder Verhinderung sei amtswegig gemäß § 87 Abs. 1 KO vorzugehen. Das Vorbringen des Masseverwalters in seiner Eingabe sei allenfalls dem Bereich der Ablehnung des Richters zuzuordnen (§ 19 JN, § 171 KO); insoweit liege aber bereits eine der Ablehnung nicht Folge gebende Entscheidung (ON 89) vor.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Masseverwalters Dr. S*** Folge und enthob den Genannten über eigenen Antrag seines Amtes als Masseverwalter; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteigt und ein weiteres Rechtsmittel gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei (ON 95).
Das Rekursgericht führte aus:
Es sei dem Rekursgericht aus amtlicher Wahrnehmung bekannt, daß Dr. S*** auch in zwei anderen beim Erstgericht anhängigen Konkursen zum Masseverwalter bestellt wurde. Aus Gründen, welche hier nicht weiter zu erörtern seien, sei es zwischen dem nach der Geschäftsverteilung des Erstgerichtes nunmehr zuständigen Richter des Landesgerichtes Dr. Leo von der T*** und dem Masseverwalter Dr. S*** zu differenten Auffassungen über die Führung der Konkurse gekommen, die nicht mehr ausgeräumt werden konnten und darin gipfelten, daß der Richter gegen Dr. S*** wegen Verdachtes der Untreue im Sinne des § 153 StGB Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch und wegen Verletzung anwaltlicher Berufspflichten die Disziplinaranzeige bei der Rechtsawaltskammer für Vorarlberg und Dr. S*** gegen den Richter Dr. von der T*** die Strafanzeige wegen Verleumdung und falscher Beweisaussage bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch erstattete.
Die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Masseverwalter zur Stellung eines Enthebungsantrages nach Übernahme des Amtes nicht mehr legitimiert sei, werde vom Rekursgericht nicht geteilt: So wie der zum Masseverwalter bestellte Rechtsanwalt oder Notar aus erheblichen Gründen - deren Beurteilung allerdings dem Konkursgericht zustehe - die Übernahme dieses Amtes ablehnen könne, könne er per analogiam aus § 80 Abs. 1 Satz 2 KO auch im Laufe des Konkursverfahrens um seine Enthebung ansuchen, wenn nunmehr erhebliche Gründe seine Abberufung rechtfertigten. Auch in diesem Falle stehe es dem Konkursgericht zu, darüber zu befinden, ob die vom Masseverwalter geltend gemachten Gründe als erheblich anzuerkennen seien (Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht 155). Die Zurückweisung des Enthebungsantrages des Masseverwalters Dr. S*** mangels Antragslegitimation sei daher nicht zu Recht erfolgt.
Da das Erstgericht in der Begründung seiner Entscheidung außerdem zum Ausdruck gebracht habe, daß der Enthebungsantrag des Masseverwalters sachlich nicht gerechtfertigt sei, und der Masseverwalter in seinem Rekurs auch diese Auffassung bekämpfe, habe das Rekursgericht ungeachtet der den Enthebungsantrag des Masseverwalters bloß zurückweisenden Spruchformel über den Rekurs, mit dem die "Abänderung" im Sinne der Amtsenthebung des Masseverwalters beantragt wird, in der Sache selbst entscheiden können. Das Rekursgericht komme zur Auffassung, daß der Enthebungsantrag des Masseverwalters begründet sei. Die Auffassung des Erstgerichtes, daß die vom Masseverwalter vorgetragenen Gründe bloß dem Bereich der Ablehnung des Richters zuzuordnen seien und hierüber bereits abschlägig entschieden worden sei, sei eine zu enge und werde der Gesamtproblematik nicht gerecht:
Im Konkurs trage der Masseverwalter, der das Vermögen des Gemeinschuldners zu verwalten habe und diesen nicht bloß, wie der Ausgleichsverwalter den Ausgleichsschuldner, beaufsichtige, eine weitaus größere Verantwortung als der Ausgleichsverwalter. Der Masseverwalter unterliege der Aufsicht des Konkursgerichtes. Dieses könne ihm schriftlich oder mündlich Weisungen erteilen, Berichte und Aufklärungen einholen, Rechnungen oder sonstige Schriftstücke einsehen und die erforderlichen Erhebungen vornehmen. Es könne ferner anordnen, daß der Masseverwalter über bestimmte Fragen Weisungen des Gläubigerausschusses einhole (§ 84 Abs. 1 KO). Im vorliegenden Falle sei ein Gläubigerausschuß nicht bestellt worden. Das bedeute, daß der Masseverwalter und das Konkursgericht im Interesse einer zweckentsprechenden und zügigen Abwicklung des Konkurses ständig in engem Kontakt stehen müßten und daß auftauchende Zweifelsfragen ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten und möglichst im Einvernehmen gelöst werden sollten, was wiederum das Vorhandensein einer ausreichenden Vertrauensgrundlage voraussetze. Die in der Entscheidungsform des Beschlusses ergehenden Weisungen seien, sofern sie als Verfügungen im Sinne des § 173 Abs. 6 KO anzusehen seien, sofort vollstreckbar. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt sei, könnten Verfügungen und Entscheidungen des Konkursgerichtes durch Rekurs angefochten werden. Auch die vom Konkursgericht zur Durchführung seiner den Masseverwalter überwachenden Tätigkeit erlassenen Verfügungen seien vollstreckbar. Gegen sie stehe der sofortige Rekurs offen, es wäre denn, daß er durch besondere Vorschriften ganz versagt sei (Bartsch-Pollak 3 I 416). Wenn nun, aus welchen Gründen immer, zwischen Konkursgericht und Masseverwalter keine Vertrauensgrundlage vorhanden sei, könne kein Zweifel darüber bestehen, daß sich das abträglich auf die Konkursabwicklung auswirke und es, wie schon das bisherige Verfahren gezeigt habe, zu umfänglichem Schriftverkehr zwischen Gericht und Masseverwalter und durch Anrufung der übergeordneten Instanz zu Verzögerungen des Verfahrens komme. In der Rechtsprechung sei die Abberufung des Masseverwalters und die Bestellung eines anderen Masseverwalters dann für zulässig und notwendig angesehen worden, wenn es zwischen Masseverwalter und Gläubigern zu Kontroversen über die Konkursabwicklung gekommen sei (OLG Wien in EvBl. 1941/24). Dasselbe könne auch dann gelten, wenn zwischen Konkursgericht und Masseverwalter keine Vertrauensbasis vorhanden sei, wie es offenbar hier der Fall sei, wo sogar schon der Weg der gegenseitigen strafgerichtlichen Verfolgung beschritten wurde, möge dies auch im Zuge anderer Insolvenzverfahren geschehen sein. Es liege daher im wohlverstandenen Interesse der Gläubigerschaft, daß zur Vermeidung weiterer Friktionen zwischen Konkursgericht und Masseverwalter der bisherige Masseverwalter seines Amtes enthoben werde, wenngleich ein Personenwechsel im Laufe des Verfahrens nur aus besonders wichtigen Gründen stattfinden solle. Fehle es aber an einem friedlichen Einvernehmen zwischen dem Konkursgericht und dem Masseverwalter, so liege ein solcher wichtiger Grund vor, der die Enthebung des Masseverwalters rechtfertige; dies umso mehr, wenn er das selbst beantrage.
Es bestehe keine Veranlassung, den Rekurs gegen die vorliegende Rechtsmittelentscheidung an den Obersten Gerichtshof zuzulassen, weil die Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfragen nicht über die Besonderheit des Einzelfalles hinausreiche (§ 528 Abs. 2, § 526 Abs. 3 in Verbindung mit § 500 Abs. 3 und § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO).
Mit Beschluß vom 3.3.1986 (ON 98) bestellte das Erstgericht - vorbehaltlich der Rechtskraft der rekursgerichtlichen Entscheidung - den Wirtschaftstreuhänder, beeideten Buchprüfer und Steuerberater Dr. Wolfgang F*** zum neuen Masseverwalter.
Mit Beschluß vom 4.3.1986 (ON 99) hat das Erstgericht:
1.) festgestellt, daß ein rechtswirksamer Beschluß der Gläubigerversammlung vom 12.8.1983 über die Annahme des Anbotes der N*** G*** MBH Raum-Trennung und Innenausbau Bregenz auf Übernahme des gesamten Warenbestandes der Gemeinschuldnerin in den Verkaufsgeschäften in Bregenz, Feldkirch und Innsbruck zum Preis von 50 % des geschätzten Wertes nicht vorliege; 2.) den Antrag des früheren Masseverwalters Dr. S*** vom 12.10.1983 (ON 33), die Veräußerung des im Schätzungsgutachten des Dipl.Ing. Oskar S*** vom 28.7.1983 unter den Postzahlen 1 bis 241 verzeichneten Warenlagers zu den in der Vertragsurkunde vom 10.8.1983 enthaltenen Bedingungen gemäß § 117 KO konkursgerichtlich zu genehmigen, abgewiesen.
Das Erstgericht kam - zusammengefaßt - zu dem Ergebnis, daß die Gläubigerversammlung vom 12.8.1983 nicht ordnungsgemäß einberufen worden und in ihr auch kein rechtsgültiger Beschluß über den Verhandlungsgegenstand zustande gekommen sei. Das Erstgericht verfüge nicht über eine ausreichende Beurteilungsgrundlage, um den freihändigen Verkauf des Warenlagers der Gemeinschuldnerin entsprechend dem gestellten Antrag zu genehmigen. Die Schätzung dieses Warenlagers durch Dipl.Ing. S*** sei anfechtbar, weil es sich bei diesem nicht um einen Fachmann auf dem Gebiet der Schätzung von Möbeln und Kleinteilen handle. Der frühere Masseverwalter habe nicht darzulegen vermocht, daß es sich bei diesem Rechtsgeschäft um das für die Gesamtheit der Gläubigerschaft günstigste Veräußerungsgeschäft handle. Die Gesellschafter der Käuferin seien nahe Angehörige der Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Die Berufung des früheren Masseverwalters auf eine ihm mündlich erteilte Genehmigung des Verkaufes durch den früheren Konkursrichter sei ohne jegliche Rechtswirkung. Im übrigen habe der frühere Konkursrichter in dem Beschluß vom 7.10.1983, 1 b Cg 97/83-1 des Erstgerichtes, mit welchem er (als zuständiger Streitrichter) den Antrag eines Aussonderungsgläubigers auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen habe, ausgeführt, daß der vom Masseverwalter beabsichtigte Freihandverkauf bisher mangels Vorlage einer Vertragsurkunde nicht genehmigt worden sei.
Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs des früheren Masseverwalters Dr. S*** Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt auf, das Verfahren zur Frage der Genehmigung des freihändigen Verkaufs des Warenlagers der Gemeinschuldnerin fortzusetzen und gegebenenfalls neuerlich über den Antrag des früheren Masseverwalters Dr. S*** auf Genehmigung des Verkaufes im Sinne der Vertragsurkunde vom 10.8.1983 zu entscheiden; es sprach aus, daß der von der Stattgebung des Rekurses betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,- übersteigt (ON 108). Das Rekursgericht führte aus:
Die Rechtsmittellegitimation des Dr. S***, der mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 10.2.1986 (ON 95) seines Amtes enthoben worden sei, ergebe sich daraus, daß mit der angefochtenen Entscheidung über einen von ihm als Masseverwalter gestellten Antrag im abweislichen Sinne entschieden worden sei, wobei er sich auf eine anders lautende mündliche Beschlußfassung des Erstgerichtes berufe, entsprechend welcher er bereits tätig geworden sei. Damit mache er nicht bloß ein persönliches Interesse im wirtschaftlichen Sinne geltend (was für die Rekurslegitimation allein nicht ausreichen würde), sondern ein Rechtsschutzinteresse im Rahmen seines Amtes als Masseverwalter bei divergierender Auffassung über diese Amtsführung zwischen ihm und dem Konkursgericht
(vgl. Bartsch-Pollak 3 II 25 Anm. 45), weshalb ihm die Beschwer nicht abgesprochen werden könne. Die sachliche Begründetheit des Rekurses im Sinne einer Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung folge aus nachstehenden Überlegungen:
Ohne daß es vorerst notwendig wäre, auf die übrigen Rekursausführungen einzugehen, sei jener Punkt in der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses herauszugreifen, in dem das Erstgericht auf die Wirkungslosigkeit einer allfälligen, dem damaligen Masseverwalter Dr. S*** gegenüber mündlich erteilten Genehmigung des Abverkaufes des Warenlagers durch den seinerzeitigen Konkursrichter Dr. Falser verweise.
Dem Erstgericht sei grundsätzlich darin beizupflichten, daß nach § 171 KO, soweit in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet sei, auf das Verfahren die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und der Jurisdiktionsnorm sinngemäß anzuwenden seien. Gemäß § 427 Abs. 1 ZPO seien außerhalb von Tagsatzungen gefaßte Beschlüsse schriftlich auszufertigen und den Parteien durch Zustellung der Ausfertigung bekanntzugeben. Die außerhalb einer mündlichen Verhandlung gefaßten Beschlüsse würden zwar erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung wirksam, doch bedeute das nicht, daß sie, wenn sie nur mündlich verkündet worden seien, ohne jede rechtliche Bedeutung wären. Die Partei erlange nämlich damit einen Anspruch auf schriftliche Ausfertigung des Beschlusses. Das ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des § 427 Abs. 1 ZPO, wonach solche Beschlüsse zwingend den Parteien durch eine schriftliche Ausfertigung bekanntzugeben seien (vgl. Fasching, Kommentar III 831). Da sich Dr. S*** schon im Verfahren erster Instanz wiederholt darauf berufen habe, daß der damals die Gerichtsbarkeit in dieser Konkurssache ausübende Einzelrichter (Dr. F***) ihm gegenüber die Genehmigung zum freihändigen Verkauf des Warenlagers gemäß dem mit der N*** G*** MBH Bregenz vereinbarten Kaufvertrag vom 10.8.1983 erteilt habe, hätte dies vom Erstgericht zum Anlaß genommen werden müssen, die bislang fehlende schriftliche Abfassung eines solchen Beschlusses vom erkennenden Richter Dr. F*** beizuschaffen und den Beteiligten nach Maßgabe der Bestimmungen der Konkursordnung zuzustellen. Zu diesem Vorgehen habe umso mehr Veranlassung bestanden, als in der Begründung des Beschlusses des Erstgerichtes vom 6.9.1983 (ON 25), mit welchem dem Masseverwalter Dr. S*** ein weiterer Vorschuß auf seine Ansprüche (Ersatz der Barauslagen und Entlohnung für Mühewaltung) in Höhe von S 100.000,-
bewilligt worden sei, ausgeführt werde, daß sich der Masseverwalter um einen freihändigen Verkauf des in den Verkaufsgeschäften in Bregenz, Feldkirch und Innsbruck vorhandenen Warenlagers der Gemeinschuldnerin bemühe und hiefür ein Anbot der N*** G*** MBH Bregenz erhalten habe. Diese freihändige
Veräußerung des Warenlagers der Gemeinschuldnerin sei mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 12.8.1983 genehmigt worden. Wenngleich den Akten diese Entscheidung in Form eines schriftlich verfaßten Beschlusses (§§ 425, 429 ZPO) nicht zu entnehmen sei, so werde doch durch diesen Hinweis in der Begründung des zitierten Beschlusses die Behauptung des früheren Masseverwalters erhärtet, daß es zu einer derartigen mündlichen Genehmigung des freihändigen Verkaufes des Warenlagers der Gemeinschuldnerin durch den zuständigen Konkursrichter gekommen sei. Solange das aber nicht eindeutig durch eine den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (§ 429 ZPO, § 62 Geo) entsprechende Abfassung dieser Entscheidung nachgewiesen sei, sei eine Entscheidung über den Antrag des früheren Masseverwalters auf Genehmigung des Verkaufes durch den nunmehr mit dieser Konkurssache befaßten Richter nicht zulässig. Der frühere Richter sei vielmehr zu veranlassen, in diesem Sinne tätig zu werden, falls er eine derartige (mündliche) Entscheidung tatsächlich getroffen habe.
Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß das Konkursgericht seinerzeit eine Gläubigerversammlung zur Verhandlung über das Anbot der N*** G*** MBH einberufen habe. Wenn es in derselben nicht zu einer formellen Beschlußfassung gekommen sei, hätte das Konkursgericht dennoch den vom Masseverwalter beantragten Verkauf des Warenlagers bewilligen können, sofern die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 KO gegeben gewesen seien. Welche Motive den seinerzeitigen Richter dazu bestimmt hätten, eine Gläubigerversammlung einzuberufen, dann aber doch keine formelle Beschlußfassung dieser Versammlung herbeizuführen und selbst die Entscheidung zu treffen, werde er in der Begründung des Beschlusses auszuführen haben, sofern er die Genehmigung des Verkaufes mündlich erteilt habe. Sei dies alles der Fall gewesen, so bedürfe es auch keiner Feststellung, daß ein rechtswirksamer Beschluß der Gläubigerversammlung vom 12.8.1983 nicht vorliege, weil nur ein gültig zustande gekommener Beschluß der Gläubigerversammlung die Entscheidung des Konkursgerichtes ersetzen könnte
(vgl. Bartsch-Pollak 3 I 547 Anm. 22; Bartsch-Heil, Grundriß 4 Rdz 282).
Es sei daher der erstgerichtliche Beschluß seinem gesamten Umfang nach aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen gewesen, vorerst jene Verfahrensschritte zu setzen, die der Klärung der Frage dienten, ob der früher mit dieser Konkurssache befaßte Richter des Landesgerichtes Feldkirch (Dr. F***) seine Zustimmung zum freihändigen Verkauf des Warenlagers im Sinne des vorliegenden Vertragsentwurfes in ON 33 ausdrücklich (mündlich) erteilt habe, in welchem Fall die schriftliche Abfassung dieses Genehmigungsbeschlusses (Urschrift im Sinne des § 429 Abs. 1 ZPO) beizuschaffen und die Ausfertigungen den Verfahrensbeteiligten nach den Bestimmungen der Konkursordnung zuzustellen wären. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung, die diesem Aufhebungsbeschluß wegen der darin angestellten rechtlichen Erwägungen zur Rekurslegitimation eines bereits seines Amtes enthobenen Masseverwalters und zur Bindung des Gerichtes an eine mündlich erteilte Verkaufsgenehmigung zukomme, erscheine es zweckmäßig, ihn der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich zu machen.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 95 richtet sich der außerdordentliche Revisionsrekurs des derzeitigen Masseverwalters Dr. F*** mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß ON 92 - allenfalls mit der Ergänzung, daß Dr. F*** zum besonderen Verwalter im Sinne des § 84 Abs. 2 KO (mit den vom Obersten Gerichtshof oder vom Erstgericht zu umschreibenden Befugnissen) bestellt werde - wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 108 richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des derzeitigen Masseverwalters Dr. F*** mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen. Hilfswise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Im Konkursverfahren ist nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jeder zur Erhebung des Rekurses befugt, der durch den angefochtenen Beschluß in seinen Rechten verletzt sein kann, ohne daß es darauf ankäme, ob er am Konkursverfahren bereits teilgenommen hat oder nicht; ein bloß wirtschaftliches Interesse an der Rekurserhebung genügt allerdings nicht (Bartsch-Pollak 3 I 696 in Verbindung mit II 25 f; Bartsch-Heil, Grundriß 4 Rdz 53; EvBl. 1968/165, SZ 43/51, EvBl. 1973/269 ua, zuletzt etwa 5 Ob 304/84). Davon ausgehend kann Dr. F*** im Hinblick auf seine Rechtspflicht als derzeitiger Masseverwalter, die Interessen der Konkursmasse und der Gläubiger zu wahren, die Legitimation zur Erhebung dieser Revisionsrekurse nicht abgesprochen werden.
1.) Zum außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 95:
Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes hängt dessen Entscheidung von den im Sinne der §§ 528 Abs. 2, 502 Abs. 4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen ab, ob der Masseverwalter dazu legitimiert ist, nach Übernahme der Tätigkeit seine Amtsenthebung zu beantragen, und ob er diesen Antrag erfolgreich auf den Verlust der Vertrauensbasis zwischen ihm und dem Konkursgericht stützen kann. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Zunächst pflichtet der Oberste Gerichtshof dem Rekursgericht darin bei, daß der Masseverwalter auch nach Übernahme seiner Tätigkeit dazu befugt ist, aus wichtigen Gründen seine Enthebung zu beantragen. Auch nach der Fassung der §§ 80 Abs. 1 Satz 2und 87 KO durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz BGBl. 1982/370 liegt eine abschließende Regelung des in Rede stehenden Antragsrechtes, die einen Analogieschluß unzulässig erscheinen ließe, nicht vor (zum bisherigen Recht ebenso Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 155).
Der Oberste Grichtshof macht sich aber auch die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes darüber zu eigen, daß dann, wenn zwischen Konkursgericht und Masseverwalter keine Vertrauensbasis mehr vorhanden ist, die Abberufung des bisherigen Masseverwalters und die Bestellung eines anderen Masseverwalters als zulässig anzusehen sind. Die Frage, ob eine solche Maßnahme zweckmäßig oder gar notwendig erscheint oder ob etwa mit der Bestellung eines besonderen Verwalters im Sinne des § 84 Abs. 2 KO das Auslangen gefunden werden kann, ist jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu beantworten und einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof im Rahmen der §§ 528 Abs. 2, 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zugänglich.
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des derzeitigen Masseverwalters Dr. F*** war daher ein Erfolg zu versagen.
2.) Zum ordentlichen Revisionsrekurs gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 108:
Der ordentliche Revisionsrekurs ist im Sinne der rekursgerichtlichen Ausführungen zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Zunächst vertritt der Oberste Gerichtshof gleich dem Rekursgericht die auch vom derzeitigen Masseverwalter nicht weiter bekämpfte Auffassung, daß dem früheren Masseverwalter die Legitimation zur Erhebung des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß, der in seine Rechtssphäre als ehemaliger Masseverwalter eingreift, nicht abgesprochen werden kann. Zu den übrigen Ausführungen des Rekursgerichtes und den dagegen ins Treffen geführten Argumenten des derzeitigen Masseverwalters Dr. F*** ist wie folgt Stellung zu nehmen:
Soweit in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet ist, sind auf das Verfahren gemäß § 171 KO die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozeßordnung und ihre Einführungsgesetze sinngemäß anzuwenden.
§ 416 Abs. 2 ZPO, wonach das Gericht an seine Entscheidung gebunden ist, sobald dieselbe verkündet oder in schriftlicher Abfassung zur Ausfertigung abgegeben worden ist, gilt auch für Beschlüsse nicht prozeßleitender Art (SZ 8/352, EvBl. 1967/373 ua). Bei Tagsatzungen gefaßte Beschlüsse sind gemäß § 426 Abs. 1 ZPO zu verkünden und gemäß § 208 Abs. 1 Z 3 ZPO durch die Aufnahme in das Verhandlungsprotokoll festzustellen. Soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch einer Partei vorliegt, liefert das in Gemäßheit der vorstehenden Vorschriften errichtete Protokoll über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung vollen Beweis (§ 215 Abs. 1 ZPO). Der Beweis, daß sich ein Vorgang, über den das Protokoll keine Feststellungen enthält, dennoch ereignet hat, ist zulässig (Fasching, Kommentar II 1003; Fasching, Zivilprozeßrecht RdNr. 633). Außerhalb der Tagsatzungen gefaßte Beschlüsse sind den Parteien gemäß § 427 Abs. 1 ZPO durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung bekanntzugeben.
Gemäß § 90 KO hat das Konkursgericht, solange - wie hier - ein Gläubigerausschuß nicht bestellt ist, die dem Gläubigerausschuß zugewiesenen Obliegenheiten wahrzunehmen; wenn die Zustimmung des Gläubigerausschusses vorgeschrieben ist, kann das Konkursgericht den Beschluß der Gläubigerversammlung einholen. Gemäß § 117 KO bedarf ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes unter anderem die Veräußerung des ganzen Warenlagers oder von Teilen des Warenlagers oder einzelner Partien von Waren der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichtes. In dringenden Fällen kann gemäß § 118 Abs. 2 KO auf Antrag des Masseverwalters die Vornahme der im § 117 KO bezeichneten Rechtshandlungen und Geschäfte vom Konkursgericht bewilligt werden.
Hat der damalige Konkursrichter seinen Beschluß, die Veräußerung des Warenlagers der Gemeinschuldnerin an die N***
G*** MBH konkursgerichtlich zu genehmigen, in der Tagsatzung mündlich verkündet, die er am 12.8.1983 zur Durchführung der Gläubigerversammlung abgehalten hat, dann ist er und ebenso der derzeitige Konkursrichter, mag dieser Vorgang auch
§ 208 Abs. 1 Z 3 ZPO zuwider nicht protokolliert worden sein, an die Genehmigung gebunden. Diesfalls wäre es nach wie vor die Pflicht des damaligen Konkursrichters, seinen bei der Gläubigerversammlung mündlich verkündeten Beschluß schriftlich auszufertigen; für eine (neuerliche) Entscheidung des derzeitigen Konkursrichters darüber, ob die Veräußerung konkursgerichtlich zu genehmigen sei, wäre kein Raum. Hat der damalige Konkursrichter aber dem damaligen Masseverwalter Dr. S*** gegenüber bloß außerhalb einer Tagsatzung mündlich die konkursgerichtliche Genehmigung der Veräußerung des Warenlagers erklärt, dann ist dadurch eine Bindung weder des damaligen noch des derzeitigen Konkursrichters eingetreten. Eine Bindung des Erstgerichtes wäre diesfalls erst durch die Abgabe der schriftlichen Abfassung des Beschlusses vom 4.3.1986 (ON 99) zur Ausfertigung am 10.3.1986 eingetreten; dadurch wäre die noch nicht bindende Willensbildung des früheren Konkursrichters, die dem damaligen Masseverwalter lediglich außerhalb einer Tagsatzung mündlich kundgetan wurde, allerdings überholt.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu klären sein, ob der frühere Konkursrichter den Beschluß über die konkursgerichtliche Genehmigung der Veräußerung des Warenlagers in der Tagsatzung vom 12.8.1983 mündlich verkündet oder dem damaligen Masseverwalter bloß außerhalb einer Tagsatzung mündlich mitgeteilt hat (oder keiner der beiden Vorgänge stattgefunden hat). Für den Fall, daß es nach den Ergebnissen des fortgesetzten Verfahrens überhaupt noch darauf ankommen sollte, ob ein rechtswirksamer Beschluß der Gläubigerversammlung vom 12.8.1983 über die Annahme des Anbotes der N*** G*** MBH vorliegt, wird bemerkt, daß eine
spruchmäßige Erledigung dieser Vorfrage nicht in Betracht käme. Aus diesen Gründen war auch dem ordentlichen Revisionsrekurs des derzeitigen Masseverwalters Dr. F*** im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.
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