Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß als Bezugsgröße für den wertgesicherten Bauzins anstelle der für April 1991 veröffentlichten Indexzahl des Index der Verbraucherpreise 1986 dessen für Jänner 1991 veröffentlichte Indexzahl tritt.
Text
Begründung
Der Antragsgegnerin steht das Baurecht an einer im Eigentum der Antragstellerin stehenden Liegenschaft zu. Gemäß § 10 des Baurechtsvertrages vom 7.11.1978/7.12.1978 (Beilage C) hat die Bauberechtigte einen jährlichen Bauzins von S 50.652,- zu entrichten. Der Bauzins ist bis zum 2.Jänner eines jeden Jahres für das vergangene Kalenderjahr fällig.
Mit Schreiben vom 8.4.1991 (Beilage A) begehrte die Antragstellerin unter Berufung auf Artikel III Abs 5 BauRGNov 1990 eine Erhöhung des Bauzinses. Eine Valorisierung des seinerzeit vereinbarten Bauzinses von S 50.652,- unter Heranziehung des Verbraucherpreisindex 1986 bzw vorangegangener Indizes ergebe ab dem Jahr 1991 einen Bauzins von S 78.478,77 (VPI 1976 per Jänner 1979: 111,4; per Jänner 1991: 172,6;
50.652 : 111,4 x 172,6 = 78.478,77). Der (neue) Bauzins sei mit dem Verbraucherpreisindex 1986 wertzusichern. Sollte bis 25.4.1991 keine schriftliche Zustimmung der Antragsgegnerin zu dieser Bauzinserhöhung vorliegen, müßte das Gericht befaßt werden.
Die Antragsgegnerin erwiderte darauf mit Schreibem vom 2.5.1991 (Beilage B), derartige Vereinbarungen könnten nur für künftige Zeiträume vereinbart werden. Erhöhungsstichtag könnte daher nur der der Abfassung der entsprechenden Vereinbarung folgende 1.7. oder 1.1. des jeweiligen Jahres sein.
Die Antragstellerin begehrte daraufhin am 27.6.1991 die gerichtliche Entscheidung, daß der angemessene Bauzins ab 1.1.1991 jährlich S 78.478,77, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1986 (Ausgangsbasis Jänner 1991) betrage.
Die Antragsgegnerin stimmte einer Erhöhung des angmessenen Bauzinses ab dem der rechtskräftigen Entscheidung folgenden 1.Jänner des jeweiligen Jahres mit jährlich S 78.478,77 wertgesichert nach den Verbraucherpreisindex 1986 (Ausgangsbasis Jänner 1991) zu.
Das Erstgericht setzte den Bauzins mit Wirkung ab Antragstellung, das ist der 27.6.1991, mit jährlich S 78.478,77, wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 1986, Bezugsgröße Jänner 1986, fest.
Zu dem zwischen den Parteien allein strittigen Beginn der Bauzinserhöhung führte das Erstgericht aus:
Auch wenn darin in der Regelung des Art III Abs 5 BauRGNov 1990 (Erhöhung "für die Zukunft") eine Benachteiligung gesetzestreuer Baurechtsgebers gesehen werde möge, sei dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, daß die Erhöhung des Bauzinses mit Wirkung des Inkrafttretens der BauRGNov 1990 am 1.7.1990 begehrt werden könne. Wegen der Notwendigkeit der gerichtlichen Geltendmachung sei davon auszugehen, daß für das Wirksamwerden des Erhöhungsbegehrens der Tag der Gerichtsanhängigkeit des Antrages maßgebend sei.
Die Antragstellerin focht diesen Sachbeschluß insoweit an, als die Bauzinserhöhung ab 27.6.1991 anstatt ab 1.1.1991 festgesetzt wurde. Die Antragstellerin habe die Erhöhung des Bauzinses mit Wirkung ab 1.1.1991, sohin für einen Zeitraum, der ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der BauRGNov 1990 gelegen sei, begehrt. Die Antragstellerin begehrte demgemäß die Abänderung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses nur hinsichtlich des Zeitpunktes des Wirksamkeitsbeginnes der Bauzinserhöhung.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß der angemessene Bauzins ab dem dem 8.4.1991 folgenden (Jahres) Zinstermin jährlich S 78.478,77, wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 1986 (Bezugsgröße: die für April 1991 veröffentlichte Indexzahl) betrage und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach dem Gesetzestext könne bei Fehlen einer Wertsicherungsvereinbarung in einem bestehenden Baurechtsvertrag das Begehren auf Erhöhung des Bauzinses lediglich für die Zukunft gestellt werden. Eine Bauzinserhöhung sei daher erst nach Zugang des betreffenden Schreibens zulässig. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht komme es nicht an.
Zu der von der Entscheidung des Erstgerichtes abweichenden Wahl der Bezugsgröße des Maßstabes für die Wertsicherung enthält die Entscheidung des Rekursgerichtes keine besondere Begründung.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, ab wann die Erhöhung des Bauzinses entsprechend Art III Abs 5 BauRGNov 1990 begehrt werden könne.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin insoweit, als bei der Wertsicherung nach dem Index der Verbraucherpreise 1986 als Bezugsgröße April 1991 anstatt Jänner 1986 genommen und die Bauzinserhöhung ab dem dem 8.4.1991 folgenden (Jahres-)Zinstermin anstatt ab 1.1.1991 festgesetzt wurde. Der angefochtene Sachbeschluß möge daher in den genannten Teilen entsprechend abgeändert werden.
Die Antragstellerin machte im wesentlichen folgendes geltend:
1.) Nichtigkeit:
Die Antragstellerin habe die Entscheidung des Erstgerichtes nur insoweit angefochten, als damit ihrem Begehren auf Erhöhung des Baurechtszinses nicht für den Zeitraum vom 1.1.1991 bis 26.6.1991 stattgegeben wurde. Die im erstgerichtlichen Sachbeschluß enthaltene Bezugsgröße Jänner 1986 für den zur Wertsicherung gebrauchten Verbraucherpreisindex 1986 sei daher unangefochten geblieben und rechtskräftig geworden. Das Rekursgericht sei daher nicht berechtigt gewesen, als Bezugsgröße für die Wertsicherung den April 1991 anstatt - wie vom Erstgericht zugesprochen - den "Jänner 1991" heranzuziehen. Damit greife die Entscheidung des Rekursgerichtes teilweise in die Rechtskraft des erstgerichtlichen Sachbeschlusses ein.
2.) Unrichtige rechtliche Beurteilung:
Gestehe das Gesetz - wie sich auch aus den Gesetzesmaterialien (AB 1264 BlgNR 17.GP) ergebe - die Zahlung von Wertsicherungsbeträgen schon ab Inkrafttreten der BauRGNov 1990 zu, so ergebe sich daraus eindeutig, daß das derzeitige Begehren der Antragstellerin, das sich ohnedies erst auf einen Zeitraum ein halbes Jahre nach Inkrafttreten dieser Novelle beziehe, berechtigt sei. Es hätte daher dem Erhöhungsbegehren nicht erst ab 1.1.1992 stattgegeben werden dürfen. Eine andere Auslegung führte dazu, daß ein rechtswidrig handelnder Grundeigentümer, der bereits vor Inkrafttreten der BauRGNov 1990 eine Erhöhung begehrt hätte, im Hinblick auf die Sanierungsvorschrift des Artikel III Abs 2 BauRGNov 1990 bessergestellt wäre als ein gesetzestreuer Grundeigentümer. Auch die im Wege der Rechtsanalogie heranzuziehende Vorschrift des § 18 MRG lasse einen Erhöhungsbeginn vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung zulässig erscheinen.
Die Antragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Die Antragstellerin begehrt die Erhöhung des Bauzinses ab 1.1.1991, das heißt für den mit 1.1.1991 beginnenden Zeitraum. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Aufforderungsschreiben Beilage A, dem Antrag ON 1 und vor allem auch aus dem Inhalt ihres Rekurses und Revisionsrekurses, worin darauf hingewiesen wird, daß die Erhöhung des Bauzinses erst für einen Zeitraum begehrt werde, der ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten der BauRGNov 1990 (1.7.1990) liege.
Nach dem eingangs wiedergegebenen Vertragsinhalt (von der Antragstellerin vorgelegte Beilage C, deren Echtheit und Richtigkeit unbestritten ist - ON 7) ist der jährliche Bauzins jeweils in nachhinein am 2.Jänner des folgendes Jahre fällig. Die nun angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes stellt die Erhöhung des Bauzinses auf den dem 8.4.1991 folgenden Jahreszinstermin ab, sodaß der erhöhte Bauzins erstmals am 2.1.1992 zu zahlen ist. Dieser Jahreszinsbetrag wird jedoch für das Jahr 1991 geleistet, also für genau denjenigen Zeitraum, ab dem die Antragstellerin die Erhöhung des Bauzinses anstrebt. Es wurde also durch die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des bis zum 1.1.1991 einvernehmlich auf S 78.478,77 aufgewerteten Bauzinses im Ergebnis dem Standpunkt der Antragstellerin Rechnung getragen. Auf die Rechtsfrage, die dem Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichtes zugrundeliegt, kommt es daher bei der Entscheidung dieser Rechtssache nicht mehr an.
Für die gleichfalls angefochtene Entscheidung betreffend die für die Wertsicherung maßgebende Bezugsgröße gilt folgendes:
Nach übereinstimmendem Vorbringen der Parteien (ON 1 und 3) hat die Wertsicherung des für das Jahr 1991 übereinstimmend mit S 78.478,77 errechneten Bauzinses, ermittelt durch Aufwertung des im Vertrag vereinbarten Bauzinses auf den dem Geldwert im Jänner 1991 entsprechenden Betrag, nach dem Verbraucherpreisindex 1986 zu erfolgen. Dabei soll Ausgangsbasis (für die weitere Ermittlung des wertgesicherten Bauzinses) der Jänner 1991 sein. Dies ist in sich konsequent, weil ein entsprechend der für Jänner 1991 geltenden Indexzahl aufgewerteter Betrag in Zukunft sinnvollerweise nur ausgehend von dieser Grundlage den in den folgenden Jahren eintretenden Geldwertschwankungen angepaßt werden kann.
Aus der Begründung des Sachbeschlusses des Erstgerichtes geht hervor, daß dessen Entscheidung der unstrittige Sachverhalt zugrundegelegt und lediglich über den strittigen Erhöhungsbeginn eine richterliche Entscheidung notwendig wurde. Dies entspricht dem gemäß Art III Abs 6 BauRGNov 1990 iVm § 37 Abs 3 Z 12 MRG geltenden beschränkten Untersuchungsgrundsatz. Da demnach die Vorschriften über zugestandene Tatsachen anzuwenden sind (§§ 266, 267 ZPO), ist das Gericht an das übereinstimmende Parteienvorbringen gebunden (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 29). Die Tatsache, daß das Erstgericht im Spruch der Entscheidung als Bezugsgröße - nach dem Gesagten gänzlich unverständlich - Jänner 1986 nannte, ist daher offensichtlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen, dessen Berichtigung gemäß § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz erfolgen kann. Der Oberste Gerichtshof geht daher davon aus, daß im Sachbeschluß des Erstgerichtes in Wahrheit als Bezugsgröße "Jänner 1991" festgesetzt wurde, wovon der Revisionsrekurs selbst in seinen Ausführungen zur Nichtigkeit (auch) ausgeht.
Da der Sachbeschluß des Erstgerichtes nur insoweit angefochten war, als die Erhöhung des Bauzinses statt mit 1.1.1991 erst mit 27.6.1991 für zulässig erkannt worden war, konnte das Rekursgericht ohne Verletzung der Rechtskraft die mit Jänner 1991 festgesetzte Bezugsgröße für die Wertsicherung nicht durch eine andere Bezugsgröße ersetzen.
Die in der Verletzung der Rechtskraft gelegene und geltend gemachte Nichtigkeit stellt eine erhebliche Rechtsfrage dar.
In diesem Umfang war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Rekursgerichtes spruchgemäß abzuändern.
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