Normen
KO §46
KO §124 (3)
KO §46
KO §124 (3)
Spruch:
Die nach der Konkurseröffnung entstandenen und von der zuständigen Verwaltungsbehörde festgesetzten Entlohnungsansprüche des öffentlichen Verwalters der Gemeinschuldnerin sind als mit der Verwaltung der Masse verbundene Auslagen Masseforderungen im Sinne des § 46 (1) Z. 1 (2) KO.
Entscheidung vom 5. Dezember 1963, 5 Ob 297/63.
I. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß Hans S., der öffentliche Verwalter der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 31. Juli 1957 der Konkurs eröffnet worden war, am 10. Mai 1963 gemäß § 124
(3) KO. den Antrag stellte, der Konkurskommissär wolle den Masseverwalter anweisen, seine ihm zustehende Masseforderung in der Höhe von 65.000 S an ihn sofort zur Auszahlung zu bringen. Seine Forderung sei in der angeführten Höhe mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 2. 4. 1963 als Entlohnung für seine Mühewaltung als öffentlicher Verwalter der Gemeinschuldnerin für die Zeit vom 1. April 1958 bis zum 31. Juli 1962 festgesetzt worden; sie sei nach der Konkurseröffnung entstanden und festgestellt worden und stelle eine Masseforderung dar, doch zögere der Masseverwalter, obwohl die Mittel der Konkursmasse zur Befriedigung seiner Masseforderung hinreichen, mit der Zahlung.
Der Masseverwalter nahm auftragsgemäß am 17. Mai 1963 hiezu Stellung. Er berichtete, daß die Frage, ob die gegenständliche Forderung des öffentlichen Verwalters als Masseforderung anzuerkennen sei oder nicht, im Gläubigerausschuß bisher zu keiner Einigung geführt habe.
Er teilte dieses Ergebnis dem Konkurskommissär gemäß § 95 KO. mit. Infolge der ungeklärten Sach- und Rechtslage und infolge der zwiespältigen Haltung im Gläubigerausschuß könne er den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen nicht in Rechtskraft erwachsen lassen; er habe daher die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht. Mit Rücksicht auf die ungeklärte Sach- und Rechtslage beantrage er als Masseverwalter, den öffentlichen Verwalter als Gläubiger zwecks Feststellung, ob seine geltendgemachte Forderung als Masseforderung anzuerkennen sei oder nicht, auf den Rechtsweg zu verweisen.
Hierauf wies der Konkurskommissär den Antrag des öffentlichen Verwalters der Gemeinschuldnerin, der Konkurskommissär wolle gemäß § 124 (3) KO. den Masseverwalter anweisen, die Masseforderung von 65.000 S sofort zur Auszahlung zu bringen, ab und verwies den öffentlichen Verwalter zur Klärung der Frage, ob seine Forderung eine Masseforderung darstelle, auf den Rechtsweg.
Dem gegen diese Entscheidung des Konkurskommissärs vom öffentlichen Verwalter erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht Folge, hob unter Rechtskraftvorbehalt den angefochtenen Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem Gerichte eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf; denn der Erstrichter habe keine Feststellungen über den derzeitigen Stand der Masse getroffen, was Voraussetzung für einen Auftrag des Konkurskommissärs an den Masseverwalter zur Bezahlung der gegenständlichen Masseforderung sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Masseverwalters nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht hat ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die nach der am 31. Juli 1957 erfolgten Konkurseröffnung entstandenen und vom Bundesministerium für Finanzen festgesetzten Entlohnungsansprüche des öffentlichen Verwalters der Gemeinschuldnerin als mit der Verwaltung der Masse verbundene Auslagen Masseforderungen im Sinne des § 46 (1) Z. 1 (2) KO. sind. Der öffentliche Verwalter ist weder Angestellter noch gewählter Vertreter des Gemeinschuldners, seiner Bestellung liegt kein privatrechtlicher Vertrag, sondern ein behördlicher Auftrag zu Gründe, so daß auch seine Entlohnung nicht im ordentlichen Rechtswege von den Gerichten, sondern von der zuständigen Verwaltungsbehörde festzusetzen ist (SZ. XXIII 102 u. a.). Der öffentliche Verwalter kann entgegen der im Rekurs des Masseverwalters vorgetragenen Ansicht nicht mit einem freiwilligen (gewählten) Vertreter des Gemeinschuldners verglichen werden und es kann deshalb auch nicht daraus, daß die Kosten eines vom Gemeinschuldner zu seiner Vertretung im Konkursverfahren frei gewählten Anwaltes keine Massekosten im Sinne des § 46 KO. sind, abgeleitet werden, daß dies auch bei einem öffentlichen Verwalter des Gemeinschuldners so sein muß. Dieser ist nicht auf Grund eines Privatrechtstitels, sondern kraft behördlichen Auftrages der gesetzliche Vertreter des Gemeinschuldners. Wenn dessen Vermögen in Konkurs verfallen ist, so hat der zwecks Wahrung öffentlicher Interessen (§ 2 (1) VerwalterG.) bestellte öffentliche Verwalter als der gesetzliche Vertreter des Gemeinschuldners die diesem nach der Konkurseröffnung verbliebenen Befugnisse auszuüben. Seiner Mitarbeit kann insbesondere bei der Feststellung der Konkursmasse (vgl. §§ 96 ff. KO.) und bei der Prüfungsverhandlung (§ 105 KO.) nicht entraten werden. Alle diese Arbeiten dienen aber der Erhaltung und Verwaltung der Masse. Da er sie kraft behördlichen Auftrages verrichtet, müssen seine Auslagen hiefür als Masseforderungen im Sinne des § 46 (1) Z. 1 (2) KO. anerkannt werden.
Dem Rekursgericht ist auch darin beizustimmen, daß eine Verweisung des Gläubigers auf den Rechtsweg durch den Konkurskommissär nur dann an Stelle des im § 124 (3) KO. vorgesehenen Verfahrens in Betracht kommt, wenn Grund oder Höhe der Masseforderung selbst oder deren Eigenschaft als solche von streitigen Tatsachen abhängig ist, nicht aber, wenn es sich - wie im vorliegenden Falle - nur um die Lösung einer Rechtsfrage handelt. In einem solchen Falle würde die Verweisung auf den Rechtsweg nur überflüssigen Kosten verursachen und ist daher abzulehnen.
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