OGH 5Ob252/00w

OGH5Ob252/00w24.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Vinzenz T*****,

2. S***** Aktiengesellschaft, ***** beide vertreten durch Dr. Werner Perscha & Partner, Notare in Graz, wegen Grundbuchshandlungen in der EZ ***** KG *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 25. Juli 2000, AZ 4 R 128/00y, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Weiz vom 9. Februar 2000, TZ 215/00-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Ob der EZ ***** Grundbuch ***** wird aufgrund der Satzvorrangseinräumungserklärung vom 25. Jänner 2000 der Vorrang des Pfandrechts für die Forderung des Landes S***** C-LNr 4a im Betrag von S 625.425 sA vor dem Pfandrecht im Höchstbetrag von S 1,700.000 zugunsten der S***** Aktiengesellschaft, C-LNr 2a, jedoch nur hinsichtlich eines Teilbetrages von S 200.000 im Rang der Abweisung des Gesuchs um Einverleibung TZ 215/2000 einverleibt."

Die bücherliche Durchführung und die erforderlichen Verständigungen obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** steht im bücherlichen Alleineigentum des Erstantragstellers. Diese Liegenschaft war zunächst mit einem Pfandrecht im Höchstbetrag von S 1,700.000 für die S***** AG (C-LNr 2a) belastet.

Über Antrag der beiden Antragsteller vom 4. 2. 2000 bewilligte das Erstgericht zu C-LNr 3a die Einverleibung einer Hypothek im Betrag von S 600.000 sA für die S***** AG sowie unter L-Nr 4a eine Hypothek über S 625.425 zugunsten des Landes S***** sowie ein Veräußerungsverbot gemäß § 53 StmkWFG 1993.

Das weitere Begehren der Antragsteller, aufgrund der Satzvorrangseinräumungserklärung vom 25. 1. 2000 den Vorrang des Pfandrechts für die Forderung des Landes S***** im Betrag von S

625.425 und des Veräußerungsverbots gemäß § 53 StmkWFG 1993 vor dem Pfandrecht im Höchstbetrag von S 1,200.000 zugunsten der S***** AG, C-LNr 2a, jedoch nur hinsichtlich eines Teilbetrages von S 200.000 einzuverleiben, wies das Erstgericht ab.

§ 30 GBG sehe zwar einen vertraglich begründeten Rangtausch vor, ein solcher sei jedoch hinsichtlich eines Teilbetrages nicht zulässig.

Unbekämpft blieb der bewilligende Teil des Beschlusses und die Abweisung der Vorrangseinräumung hinsichtlich des Veräußerungsverbots gemäß § 53 StmkWFG 1993 zugunsten des Landes S*****.

Dem Rekurs der Antragsteller gegen die Abweisung des Gesuchs um Teilvorrangseinräumung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Zunächst bejahte es die Rekurslegitimation beider Antragsteller, weil bei einer Vorrangseinräumung zwischen Hypotheken neben den Rechten des vortretenden und des zurücktretenden Pfandgläubigers auch die Interessen des Liegenschaftseigentümers berührt würden, weil dadurch in sein Recht auf Verfügung über die erloschene Hypothek eingegriffen werde.

Der Rekurs sei jedoch nicht berechtigt.

§ 30 GBG lasse die Änderung der Rangordnung "der auf einer Liegenschaft verbücherten Rechte" durch Einverleibung oder Vormerkung der Vorrangseinräumung zu. Gemäß § 30 Abs 2 GBG erhalte das vortretende Recht ohne Beschränkung die Rangstelle des zurücktretenden, wenn es bücherlich unmittelbar auf dieses folge oder ihm der Vorrang auch von allen Zwischenberechtigten eingeräumt werde. Eine Möglichkeit, die Rangordnung nur für einen Teil eines verbücherten Rechts zu vereinbaren und einzuverleiben, werde in § 30 GBG nicht ausdrücklich erwähnt. Wollte man die Einverleibung einer Rangordnungsänderung nicht nur für ein verbüchertes Recht als Ganzes, sondern auch für Teile desselben zulassen, so würde dies eine Aufsplitterung einer Hypothek in mehrere Teilbeträge bedeuten, wobei den einzelnen Teilen verschiedene Rangordnungen zugewiesen werden könnten. Darunter würde die Übersichtlichkeit des Grundbuchs erheblich leiden. Auch müsste als Konsequenz damit gerechnet werden, dass im Fall einer Zwangsversteigerung einer solchen Liegenschaft die Meistbotsverteilung sich wesentlich komplizierter gestalten würde.

Im Weiteren ergäben sich unlösbare Probleme bei Lösung der Frage, wann das zurücktretende Recht bei Wegfall des vortretenden Rechts wieder seinen früheren Rang erlange (SZ 57/109). Wenn nämlich nur ein Teil einer Hypothek den Vorrang erhalte, müsste bei Zahlungen auf diese Hypothek jeweils eine Qualifikation dahin vorgenommen werden, auf welchen Teil des Pfandrechts die Zahlung anzurechnen sei, um beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang das zurückgetretene Pfandrecht seinen früheren Rang wieder erworben habe.

Dass im GBG mit einem "Recht" nicht auch immer Teile eines Rechts gemeint seien, ergebe sich aus § 13 Abs 2 GBG, wonach die Übertragung einer Hypothekarforderung und die Erwerbung eines Pfandrechts ausdrücklich an der ganzen Forderung sowie an einem verhältnismäßig oder ziffernmäßig bestimmten Teil für zulässig erklärt werde. Da eine solche ausdrückliche Erwähnung in § 30 GBG fehle, sei davon auszugehen, dass eine Vorrangseinräumung nur für ein ganzes verbüchertes Recht, nicht aber für einzelne Teile davon einverleibt werden könne. Dass ein für eine (ganze) Hypothek vereinbarter und einverleibter Vorrang unter Umständen gemäß § 30 Abs 3 GBG nur für einen Teil dieser Hypothek wirksam werden könne, stehe dem nicht entgegen.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit einer Teilvorrangseinräumung fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Einverleibung des vereinbarten Teilvorrangs.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Durch Vertrag zwischen den Beteiligten kann der Rang bücherlicher Rechte geändert oder gleichgestellt werden. Eine solche Vorrangseinräumung, auch Rangabtretung, ist in § 30 GBG ausdrücklich für zulässig erklärt. Die Einverleibung oder Vormerkung der Vorrangseinräumung, die zur Verdinglichung des zunächst nur mit obligatorischer Wirkung ausgestatteten Vertrags führt, setzt den Antrag eines Berechtigten voraus, wobei jeder der am Rangtausch beteiligten Gläubiger zum Antrag als legitimiert angesehen wird, der Liegenschaftseigentümer nur dann, wenn er in einem Verfügungsrecht über eine Hypothek berührt wird.

Zu der hier zu entscheidenden Frage, ob unter der nach § 30 GBG vorgesehenen Vorrangseinräumung stets nur ein Rangtausch oder aber auch eine Teilvorrangseinräumung zulässig ist, hat der Oberste Gerichtshof, soweit überblickbar, bisher nicht Stellung genommen. Zunächst bestehen gegen die fragliche Möglichkeit einer nur teilweisen Vorrangseinräumung mangels gesetzlichen Verbots eines solchen Vereinbarungsinhalts keine Bedenken. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Vereinbarung auch im Grundbuch einverleibt oder angemerkt werden kann, bestehen ganz grundsätzlich keine systematisch begründbaren Bedenken, solange die Grundbuchsklarheit und Übersichtlichkeit damit erhalten bleibt. Insoweit besteht kein erkennbarer Unterschied, ob dies nun durch Teilung einer Forderung und Einverleibung des Vorrangs des einen Teils vor dem anderen geschieht (vgl dazu Bartsch, Grundbuchsrecht, 355 und Beispiel 126) oder in der hier begehrten Form.

Den vom Rekursgericht geäußerten Bedenken, dem Grundsatz, dass das durch Vorrangeinräumung zurückgetretene Recht bei einem Wegfall des vorgetretenen Rechts insoweit wieder in seinen früheren Rang einrücke (SZ 57/109), könne nicht entsprochen werden, ist entgegenzutreten. Mit dem materiellen Erlöschen einer Forderung verliert der Pfandgläubiger nur das Recht auf Befriedigung aus der Pfandsache. Die Verminderung der Restschuld geht Hand in Hand mit der Verminderung des Umfangs des Pfandrechts. Ist eine Forderung zum Teil erloschen (getilgt), so darf der Gläubiger, der die Teilzahlungen angenommen hat, eine Teillöschungsquittung nicht verweigern (RZ 1996/56). Es ist daher Sache der Ausgestaltung des Vertrages über die Teilvorrangseinräumung, festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Teillöschung (des Rechts des Vortretenden) zu erfolgen hat. Geschieht dies nicht, gilt Folgendes: Vom Akzessorietätsprinzip des Pfandrechts zu unterscheiden ist das Prinzip der ungeteilten Pfandhaftung für die ganze gesicherte Forderung bis zu ihrer vollständigen Tilgung, sodass der Hypothekargläubiger einer Verminderung der Pfandhaftung - von Schikanefällen abgesehen - nicht zustimmen muss (SZ 57/39 ua). Das wiederum bedeutet, dass eine Teillöschung hinsichtlich des vortretenden Rechts und damit ein Einrücken des zurückgetretenen Rechts in diesem Umfang so lange nicht in Betracht kommt, als die Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers gegenüber dem Land S***** (im Umfang des vorgetretenen Rechts) noch aufrecht ist.

Auf eine absolute oder relative Wirkung gegenüber dem Zwischenberechtigten muss hier nicht eingegangen werden. Dass im Fall einer Befriedigung aus einer Zwangsversteigerung der vorgetretene Gläubiger nicht in seinem ganzen Anspruch, sondern nur im teilbevorrangten Betrag aus diesem Rang zu befriedigen ist, versteht sich von selbst.

Die ganz offensichtlich dem Bedürfnis der Praxis im Hypothekenwesen entsprechende Teilvorrangseinräumung ist daher unbedenklich.

Der Revisionsrekurs war berechtigt.

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