OGH 5Ob2391/96w

OGH5Ob2391/96w10.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin E***** AG, ***** betreffend Eintragungen in der EZ *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Liegenschaftseigentümerin (offene Handelsgesellschaft) Otto K*****, ***** vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. September 1996, AZ 46 R 1085/96s, womit der Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 8. Juli 1993, TZ 1088/93, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Als Alleineigentümer(in) der Liegenschaft EZ ***** ist im Grundbuch "Otto K***** ADR: N***** Str. ***** *****" eingetragen. Es handelt sich dabei um eine Handelsgesellschaft in der Rechtsform einer OHG, die am 29.10.1937 (unter der Firma "K***** & M*****") in das Handelsregister eingetragen wurde (HRA *****). Aus dem Grundbuch ergibt sich insoweit ein Hinweis auf den Ursprung der Firma und ihre Änderung, als zu TZ *****/1987 (BLNR 1 b) eine Namensänderung angemerkt wurde. Persönlich haftende Gesellschafter der OHG mit der Firma "Otto K*****" sind Otto K*****, geboren am *****, sowie Margarethe K*****. Jeder kann die OHG allein vertreten.

Mit Beschluß vom 8.7.1993 bewilligte das Erstgericht auf Antrag der E***** AG die Eintragung eines Höchstbetragspfandrechtes, des Kautionsbandes sowie etlicher Löschungsverpflichtungen im Lastenblatt der EZ ***** zugunsten der genannten Bank. Sowohl im Bewilligungsbeschluß als auch in der Verständigungsverfügung wurde dabei als Liegenschaftseigentümer(in) bzw Adressat(in) des Grundbuchsbeschlusses "Otto K***** ADR: N***** Str. ***** *****" bzw Otto K*****, N*****straße *****, ***** Wien", also die Firma der OHG genannt. Dieser Beschluß wurde am 24.7.1993 (durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt) an "Otto K*****, N*****straße *****, ***** Wien" zugestellt. Die den Grundbuchseintragungen zugrundeliegende Pfandbestellungsurkunde führt allerdings "Otto K*****, geb. *****, ***** Wien, N*****straße 61-71" als Pfandbesteller an und ist auch von "Otto K*****, geboren am *****, Kaufmann, ***** Wien, N*****straße *****", unterzeichnet.

Am 11.4.1996 beantragte die "Otto K***** OHG, N***** Straße *****, ***** Wien" (ua) die Zustellung des Beschlusses vom 8.7.1993 und hat nach Entsprechung dieses Antrages (durch Zustellung einer Beschlußausfertigung an den für die OHG unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht einschreitenden Rechtsanwalt am 9.5.1996) am 22.5.1996 Rekurs gegen die Bewilligung der Pfandrechtseinverleibung sowie der übrigen Eintragungen zugunsten der Hypothekargläubigerin E***** AG erhoben. Gegen die Zulässigkeit der Eintragungen wurde vor allem ins Treffen geführt, daß Pfandbestellerin nicht die Liegenschaftseigentümerin gewesen sei.

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel als verspätet zurück. Es vertrat den Standpunkt, daß Otto K***** als einzelvertretungsbefugter Gesellschafter der gleichnamigen OHG berechtigt und imstande gewesen sei, an die Gesellschaft gerichtete Willenserklärungen bzw Schriftstücke entgegenzunehmen. Bereits am 24.7.1993 sei daher die Zustellung des erstinstanzlichen Eintragungsbeschlusses an die Eigentümerin der Pfandliegenschaft erfolgt; ihr nunmehriger Rekurs sei verspätet, nämlich außerhalb der 30-Tage-Frist des § 123 Abs 1 GBG erhoben worden.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß es an den in § 14 Abs 1 AußStrG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Im jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Otto K***** OHG im wesentlichen geltend, daß eine wirksame Zustellung des Beschlusses vom 8.7.1993 an sie vorausgesetzt hätte, sie eindeutig als Adressaten des Schriftstückes zu bezeichnen. Tatsächlich sei jedoch der Gerichtsbrief an die natürliche Person Otto K***** adressiert gewesen. Das ergebe sich nicht zuletzt daraus, daß das Erstgericht dem Ersuchen der OHG um Zustellung des fraglichen Beschlusses nachgekommen ist. Auch das Erstgericht habe also offensichtlich die natürliche Person Otto K***** als Liegenschaftseigentümer und Adressaten der Eintragungsbewilligung betrachtet. Sei aber der Eintragungsbeschluß an die natürliche Person Otto K***** gerichtet gewesen, dann habe die Entgegennahme des Schriftstückes durch ihn keine Zustellung an die OHG bewirken können. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zum Problem der Zustellung eines Grundbuchsbeschlusses bei Namensgleichheit zwischen einer Handelsgesellschaft und ihrem vertretungsbefugten Gesellschafter eine höchstgerichtliche Judikatur fehlt, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Annahme der Rechtsmittelwerberin wurde ihr der erstinstanzliche Grundbuchsbeschluß bereits am 24.7.1993 und nicht erst am 9.5.1996 wirksam zugestellt. Sowohl im Grundbuchsbeschluß als auch in der Zustellverfügung und in der Adresse des Gerichtsbriefes mit der zuzustellenden Beschlußausfertigung wurde nämlich ihre Firma angeführt. Unter dieser Firma war die offene Handelsgesellschaft "Otto K*****" nicht nur rechtmäßig im Grundbuch eingetragen, weil eine OHG unter ihrem Namen Eigentum erwerben kann (§ 124 Abs 1 HGB); sie konnte und mußte mit dieser Firma sogar ganz generell im Rechtsverkehr bezeichnet werden, weil es sich dabei um ihren einzigen Namen handelt und jede Personengesellschaft des Handelsrechtes verpflichtet ist, ihre Firma im Geschäftsverkehr zu verwenden (vgl Schuhmacher in Straube2, Rz 6 zu § 17 HGB). Daß die Firma der Rechtsmittelwerberin entgegen der Vorschrift des § 19 Abs 1 HGB keinen das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz enthält, ändert nichts an ihrer gesetzmäßigen Funktion, sie als Rechtssubjekt (hier als Liegenschaftseigentümerin und Adressatin des Grundbuchsbeschlusses) zu identifizieren.

Damit könnte der richtig an die Liegenschaftseigentümerin (Hypothekarschuldnerin) adressierte Gerichtsbrief mit der Bewilligung der Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechtes (und anderer Eintragungen) die Wirkung der Zustellung nur verfehlt haben, wenn er einer nicht vertretungsbefugten Person ausgehändigt worden wäre. Daß Otto K*****, geb. am *****, zur Vertretung (insbesondere zur Empfangnahme des Grundbuchsbeschlusses) berechtigt war, bestreitet jedoch die Rechtsmittelwerberin (sieht man von ihrem bereits widerlegten Argument einer angeblich unrichtigen Adressierung ab) selbst nicht. Ist der Empfänger eines vom Gericht in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Schriftstückes keine natürliche Person, so kann die Sendung gemäß § 13 Abs 3 ZustG einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zugestellt werden. Diese Befugnis zur Empfangnahme eines gerichtlichen Schriftstückes kommt bei offenen Handelsgesellschaften allen Gesellschaftern zu, die nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen sind (§ 125 Abs 1 HGB), selbst jenen, die die Gesellschaft nur in Gemeinschaft mit einem anderen (oder mehreren) Gesellschaftern vertreten dürfen (§ 125 Abs 2 HGB). Es kann daher gar kein Zweifel bestehen, daß die Zustellung des Beschlusses vom 8.7.1993 an den alleinvertretungsbefugten Otto K*****, geb. am *****, der Vorschrift des § 13 Abs 3 ZustG (hier iVm §§ 17 und 21 ZustG sowie § 119 Z 1 GBG) entsprach (vgl HS 4.133; SZ 59/138).

Daran änderte auch der Umstand nichts, daß Otto K*****, geb. *****, der das Schriftstück entgegennahm, nicht ausdrücklich als Vertreter der an derselben Anschrift ansässigen Adressation "Otto K*****" (OHG) angeführt war. Selbst bei einer unrichtigen Bezeichnung des empfangsbefugten Vertreters der Adressatin wäre an den tatsächlichen Vertretungsberechtigten zuzustellen gewesen (vgl E 1 zu § 13 ZustG in Stohanzl, JN-ZPO MGA14). Das ist im gegenständlichen Fall geschehen.

Das Rekursgericht hat somit den Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den sie belastenden Grundbuchsbeschluß vom 8.7.1993 im Ergebnis zu Recht als verspätet erkannt.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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