Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrte von den Beklagten zunächst (ON 1) die Zahlung von insgesamt S 174.120,- s.A. mit der Begründung, sie habe als Verwalterin der Liegenschaft Wien 9, L*****gasse 10, deren Mit- und Wohnungseigentümer die Beklagten seien, in den Jahren 1980 bis 1988 über Auftrag des (schlichten) Mehrheitseigentümers Dr.Rudolf E***** notwendige Instandhaltungskosten (ON 7) von insgesamt S 813.903,-
aus ihren Mitteln bezahlt. Davon entfielen auf die beklagten Parteien unter Berücksichtigung von ihnen allenfalls geleisteter Teilzahlungen entsprechend ihren Miteigentumsanteilen die im einzelnen von ihnen begehrten Beträge von zusammen S 174.120,-. Nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens gegen die Fünft- und Sechstbeklagte Partei (S 20.083,- und S 16.328,-) mit Versäumungsurteil (ON 5) und Einschränkung des Begehrens gegen die Erstbeklagte um S 6.350,- (ON 19) beträgt der Gesamtstreitwert für die noch den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Klagebegehren gegen die erst- bis viert- sowie siebent- bis zehntbeklagte Partei (im folgenden "beklagte Parteien" genannt) S 131.359,-.
Die Klägerin habe die eingeklagten Rückforderungsansprüche mit Schreiben vom 12.7.1989 per 31.8.1989 fällig gestellt.
Die beklagten Parteien wendeten sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein und beantragten die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe seit über 10 Jahren keine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 17 WEG gelegt, sodaß Fälligkeit nicht eingetreten sei.
Der Klägerin mangle die Aktivlegitimation, weil sie weder Miteigentümerin noch Verwalterin der Liegenschaft sei. Auch sei Verjährung eingetreten.
Der Achtbeklagte wendete überdies ein, er sei, wie sich aus dem Grundbuchsauszug ergebe, nicht Eigentümer der Wohnung top Nr.7 und daher passiv nicht legitimiert.
Das Erstgericht wies die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit (unbekämpft) unter Hinweis auf § 55 Abs 1 Z 2 JN zurück und die Klagebegehren kostenpflichtig ab.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Beklagten sind Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****. Der Ehegatte der Klägerin Dr.Rudolf E***** ist zu 1058/1548stel Anteilen schlichter Miteigentümer und damit Mehrheitseigentümer der Liegenschaft. Auf dieser Liegenschaft wurden in den Jahren 1980 bis 1988 zahlreiche Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, die auf Grund der vorgelegten Rechnungen Beilagen./I und ./J nur teilweise konkretisiert sind und insbesondere nicht nachvollziehen lassen, welche Teile des Hauses sie betreffen und was im einzelnen durchgeführt wurde. Die den Beklagten mit Schreiben vom 12.7.1989 übermittelten Abrechnungen enthalten lediglich eine Aufstellung der in den Jahren 1980 bis 1988 angeblich durchgeführten Instandhaltungsarbeiten, wobei der jeweilige Anteil der Beklagten nach ihren Miteigentumsanteilen und der Dauer ihrer Miteigentümereigenschaft angeführt ist. Die mit dem Rechnungskonvolut Beilag./I vorgelegten Aufstellungen enthalten lediglich eine Zusammenfassung der numerierten Rechnungen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß nach § 17 WEG die Wohnungseigentümer Anspruch auf eine nicht nur ordnungsgemäß zusammengestellte und formell vollständige, sondern auch auf eine materiell vollständige und wahrheitsgemäße Abrechnung hätten. Die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht solle dem Wohnungseigentümer die Grundlage für die Beurteilung seiner Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber dem Verwalter geben. Erforderlich sei eine möglichst detaillierte Anführung der Einnahmen- und Ausgabenposten, wofür und an wen Zahlungen geleistet und von wem Geld eingenommen worden sei. Die einzelnen Rechtsgeschäfte müßten durch Anführung der Vertragspartner und Leistungen individualisiert und an Hand der dazugehörigen Belege überprüfbar sein. Eine den Grundsätzen des § 17 WEG entsprechende Abrechnung müsse spätestens im Prozeß vorliegen (MietSlg.37.629). Die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen enthielten aber lediglich die Namen der jeweiligen Professionisten, es fehle ein Hinweis darauf, welche konkreten Arbeiten an welchen Teilen des Hauses durchgeführt wurden. Die Einnahmen seien in der Abrechnung überhaupt nicht angeführt. Auch aus den erst im Verfahren vorgelegten Rechnungen Beilage./I und ./J sei eine Konkretisierung der Arbeiten, die insbesonders eine Überprüfung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit ermöglichte, nicht möglich. Die vorgelegten Abrechnungsunterlagen stellten daher keine den Grundsätzen des § 17 WEG entsprechende Rechnungslegung dar, sodaß die Klagsforderung mangels Fälligkeit abzuweisen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.
Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:
Die Klägerin sei auch während des Prozesses ihrer Abrechnungspflicht
nicht nachgekommen. Zwar bildeten Abrechnung und Belegsammlung eine
Einheit, sodaß das, was in den Belegen nachgelesen und bei
ausreichender Querverbindung zur Abrechnung auch ohne Schwierigkeiten
aufgefunden werden könne, nicht in der Abrechnung selbst stehen
müsse, damit deren Übersichtlichkeit und Verständlichkeit nicht
beeinträchtigt werde. Im vorliegenden Fall könnte daher die
Abrechnung der Instandhaltungsausgaben im Zusammenhang mit den
vorgelegten Belegen als ausreichend angesehen werden. Dies ändere
aber nichts daran, daß die Abrechnung insgesamt unvollständig sei,
weil sie nicht auch die Einnahmen des Hauses ausweise. Im
vorliegenden Fall handle es sich um eine sogenanntes Mischhaus, in
dem neben Wohnungseigentum auch schlichtes Miteigentum bestehe. Wohl
sei es richtig, daß nach § 20 Z 2 WEG Nutzungen aus Wohnungen und
sonstigen Räumlichkeiten, die nicht im Wohnungseigentum stehen, den
Eigentümern der Anteile, mit denen Wohnungseigentum nicht verbunden
sei, gebühren. Da die Wohnungseigentümer aber ebenso wie die
schlichten Miteigentümer von einem allfälligen Verfahren nach den §§
6 oder 18 MRG betroffen seien, hätten sie gegenüber dem gemeinsamen
Verwalter auch Anspruch, über die Einnahmen des Hauses Klarheit zu
erlangen.
Schließlich enthalte die von der Klägerin vorgelegte Abrechnung auch nichts über Betriebskosten und Einnahmen aus den laufenden Vorschreibungen.
Im vorliegenden Prozeßverfahren habe die Klägerin nicht einmal den Versuch unternommen, ihre Abrechnung zu vervollständigen; sie habe sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, daß sie über die Einnahmen des Hauses nicht Abrechnung legen müsse. Zutreffend habe daher das Erstgericht die Fälligkeit der eingeklagten Forderungen verneint.
Die Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wurden Aufhebungsanträge gestellt.
Die beklagten Parteien beantragen, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und im Sinn ihres zweiten Eventualantrages auch berechtigt.
a) Zur Zulässigkeit:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung der Frage, ob im hier gegebenen Fall eine zur Rechtfertigung des Klagebegehrens geeignete Abrechnung bereits vorliegt oder doch bei Aufnahme aller hiezu von der klagenden Partei beantragten Beweise vorgelegen wäre, zumindest im Ergebnis - wie bei der Sachentscheidung gezeigt werden wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich (s. zuletzt 5 Ob 20/92).
b) Zur Sachentscheidung:
Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, daß der Anspruch des Verwalters auf Ersatz von Aufwendungen auf die Liegenschaft der Miteigentümer nicht von der vorherigen Rechnungslegung abhängig ist;
es genügt, daß diese in dem Prozeß vorliegt, in dem der Verwalter
seinen Anspruch geltend macht (MietSlg 36.073 mwN; jüngst 5 Ob
20/92). Dabei ist es unerheblich, ob die Abrechnung vom Verwalter
selbst erstellt wurde oder bloß das Ergebnis der gerichtlichen
Beweisaufnahme bildet, das sich der Verwalter zur Begründung seines
Aufwandersatzanspruches zu eigen macht (SZ 58/197).
In der hier zu beurteilenden Rechtssache legte die Klägerin die
Abrechnung als Belegskonvolut Beilagen./I und ./J samt 44 Rechnungen
vor, die zutreffend vom Berufungsgericht als ausreichende Abrechnung
der geltend gemachten Ausgaben angesehen wurden. Dazu kommt noch,
daß die von den Beklagten begehrte Vorlage der Originalbelege im
Rahmen der in der mündlichen Verhandlung durchzuführenden
Beweisaufnahme (hier: Einvernahme der Klägerin als Partei) von der
Klägerin zugesagt wurde (ON 7). Diese Beweisaufnahme unterblieb
aber bisher. Erst nach Durchführung der von der Klägerin hiezu und
von den Beklagten im Rahmen ihrer konkreten Bestreitung einzelner
Abrechnungspositionen (siehe ON 9, 11 und 14) angebotenen Beweise
wird beurteilt werden können, ob die eingeklagten Beträge zu Recht
geltend gemacht werden. Dazu bedarf es zu den jeweils strittigen
Positionen der Abrechnung begründeter Feststellungen.
In der von der Klägerin vorgelegten Abrechnung sind als Einnahmen "S
0,-" verzeichnet. Zu den Ausführungen des Berufungsgerichtes, die
Beklagten hätten Anspruch auf Abrechnung über alle das Haus
betreffenden Zinseinnahmen, auch wenn ihnen davon gemäß § 20 Z 2 WEG
kein Anteil zukomme, ist hier nur soviel zu sagen, daß eine
Abrechnung über Einnahmen, die nicht zu einer Minderung des
Anspruches der Klägerin führen kann, auch nicht präjudiziell für die
Entscheidung in dieser Rechtssache ist. Der Aufwandersatzanspruch
der Klägerin setzt lediglich voraus, daß er dem Saldo aus den
tatsächlich gemachten Aufwendungen vermindert um Leistungen der
Beklagten entspricht, nicht aber, daß die Klägerin alle anderen
allenfalls aus ihrer Verwalterfunktion den Beklagten gegenüber
obliegenden Pflichten erfüllte. Behauptungen der Beklagten, es
seien mit den Aufwendungen der Klägerin von dieser aus dem Haus
gezogene Einnahmen zu verrechnen, wurden nicht aufgestellt; das gilt
auch für Betriebskosten-Akontozahlungen.
Der Einwand des Achtbeklagten, er sei "nicht Eigentümer der Wohnung
Nr.7" bedarf der Konkretisierung. Nach dem Vorbringen der Klägerin
bezieht sich der geltend gemachte Aufwandersatz auf eine Zeit, in
der der Achtbeklagte noch Miteigentümer der Liegenschaft war. Dieser wird sich daher darüber zu äußern zu haben, bis wann er Miteigentümer der Liegenschaft war. Im Falle widerstreitenden Vorbringens hiezu werden auf Grund eines einzuholenden Grundbuchsauszuges (unter Berücksichtigung des Inhaltes des Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen) Feststellungen darüber zu treffen sein, ob bzw. bis wann der Achtbeklagte Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft war.
Zu dem von den Beklagten erhobenen Verjährungseinwand ist folgendes zu sagen:
Ansprüche des Hausverwalters auf Aufwandersatz für
Geschäftsbesorgungsleistungen des täglichen Lebens (Strasser in
Rummel, ABGB2, Rz 7 zu den §§ 1014 und 1015) verjähren gemäß § 1486
Z 1 ABGB in drei Jahren. Dazu gehören z.B. Betriebskosten (MietSlg
31.272/36 = 52/137; MietSlg 36.229) und öffentliche Abgaben (MietSlg
35.276 ua), wobei unter Betriebskosten alle im Zuge der Verwaltung
regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen zu verstehen sind, also etwa
Heizkosten, Servicegebühren, Rauchfangkehrergebühren, Wasser- und
Kanalgebühr, Müllabfuhr, Hausbesorgerkosten, aber auch kleinere
Reparaturen (MietSlg 36.229 mwN). Nicht der dreijährigen Verjährung
nach § 1486 Z 1 ABGB unterliegen hingegen Aufwandersatzforderungen
für andere Geschäftsfälle, wie zB Darlehensrückzahlungen (SZ 54/177 =
MietSlg 33.252), Aufwendungen für Großreparaturen, die nicht den
Charakter wiederkehrender Leistungen haben (MietSlg 36.229; zB
Sanierung einer Ölringleitung - MietSlg 35.277). Für den Beginn der
Verjährung ist das Ende des Abrechnungszeitraumes maßgebend, der
sich primär aus der Vereinbarung, mangels einer solchen aus dem
Gesetz (hier: das Kalenderjahr gemäß § 17 Abs 2 Z 1 WEG 1975)
ergibt (SZ 52/137) und in dem der Verwalter die Aufwendungen
tätigte.
Hätte die Klägerin die Aufwendungen nicht als Verwalterin der Liegenschaft getätigt so unterläge ihr Ersatzanspruch der allgemeinen (dreißigjährigen) Verjährungsfrist.
Anhand der dargelegten Grundsätze wird vom Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien und gegebenenfalls nach Ergänzung des Beweisverfahrens im Falle widerstreitender Tatsachenbehauptungen zu beurteilen sein, welche der von der Klägerin als Aufwandersatz begehrten Beträge zum Zeitpunkt des Einbringens der Klage bereits verjährt waren.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
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