European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00217.08K.1104.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Der erkennende Senat war mit dieser Rechtssache zu 5 Ob 275/06m (= immolex 2007/160, 316 = JusGuide 2007/24/4799) bereits im ersten Rechtsgang befasst. Der wesentliche, den Parteien bekannte Geschehnisablauf ist dieser Entscheidung zu entnehmen; in tatsächlicher Hinsicht sei deshalb hier nur mehr hervorgehoben:
Die Klägerin war Alleineigentümerin einer ererbten Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus und wollte dieses Objekt vermieten. Die Beklagte war für die Klägerin als Immobilienmaklerin tätig und machte dieser einen Mieter namhaft. Am 17. 6. 1998 kam es zur Unterfertigung des Mietvertrags, welcher auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
„....
2. Mietbeginn und Mietdauer
Das Mietverhältnis beginnt am 01. August 1998 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für die Kündigung, insbesondere für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gelten die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG). ....
3. Mietzins
Der aus dem Hauptmietzins, den Betriebskosten ohne Aufwendungen für Strom und Heizung, jedoch einschließlich der öffentlichen Abgaben, dem angemessenen Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände und der Umsatzsteuer bestehende Mietzins beträgt in freier Vereinbarung 16.000,‑- ATS. ...
Für Mietzinserhöhungen gelten die Bestimmungen des MRG.
4. Pflege und Erhaltungsaufwendungen
Der Mieter verpflichtet sich, den Mietgegenstand zu pflegen und instandzuhalten, sodaß der Vermieterin kein Nachteil erwächst. ....
....
7. Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG)
Für alle nicht in diesem Haupt‑Mietvertrag einzeln geregelte Punkte gelten die Bestimmungen des MRG in seiner jeweils gültigen Fassung."
Die Klägerin hatte keinen Vertrag auf unbestimmte Zeit gewollt, war aber von der Beklagten über die Möglichkeit der Befristung des Mietverhältnisses nicht aufgeklärt worden. Wäre die Klägerin über diese Möglichkeit belehrt worden, hätte sie den Mietvertrag nicht abgeschlossen.
Aus dem Bestand des Mietvertrags resultiert wegen merkantilem Minderwert beim festgestellten Verkehrswert von rd 10,000.000 Schilling (rd 726.728 EUR) ein Abschlag von rd 20 % (= rd 2,000.000 Schilling/145.346 EUR).
Die Klägerin hat mit Vertrag vom 5. 9. 2000 die Liegenschaft vor allem wegen der Querelen mit ihrem Mieter verschenkt.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes wegen Verletzung vertraglicher Informations- und Aufklärungspflichten - nach Abweisung eines Teilbetrages von 36.336 EUR sA - noch restlich 145.346 EUR sA.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 145.346 EUR sA. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage geltend:
1.1. Die Beklagte verweist darauf, dass der erkennende Senat in seiner Vorentscheidung 5 Ob 275/06m (= immolex 2007/160, 316 = JusGuide 2007/24/4799) ausgeführt habe: „Gemäß § 1332 ABGB ist (...) für die Höhe des Schadens grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschädigung maßgeblich (RIS‑Justiz RS0022715)." Wenn dies (nur) „grundsätzlich" gelte, dann seien - vom Berufungsgericht nicht bedachte - Konstellationen möglich, in welchen von diesem Grundsatz berechtigt abzugehen sei; dies treffe besonders auf den vorliegenden Fall zu. Analog zu dem vom Obersten Gerichtshof in der Vergangenheit mehrfach vertretenen Rechtsstandpunkt, dass der nachträgliche Tod die Bemessung allfälligen Schmerzengeldes insoferne beeinflusse, als in Folge der kürzeren Dauer der Schmerzen auch nur ein geringerer Schmerzengeldbetrag in Frage komme, müsse auch hier im Ergebnis auf eine sogenannte „begrenzte Zeit der Leiden" abgestellt werden. Das „Leiden" der Klägerin durch den unliebsamen Mieter habe nur solange andauern können, als der Mietvertrag bestanden bzw sich der Mieter auf der Liegenschaft befunden habe. Der Mietvertrag habe 2003 geendet, sodass bei der Zumessung des Schadenersatzbetrags auf diese „begrenzte Zeit der Leiden" jedenfalls Bedacht zu nehmen gewesen wäre. Demgegenüber hätten die Vorinstanzen rechtsirrig Schadenersatz zugemessen, der von einer („Leidens‑")Dauer von 40 Jahren ausgehe.
1.2. Mit der Beurteilung, es sei hier für die Höhe des Schadens der Zeitpunkt der Beschädigung maßgeblich, ist der erkennende Senat der - zu einem recht ähnlichen Sachverhalt ergangenen - Entscheidung 8 Ob 652/92 (= SZ 65/167 ecolex 1993, 381 = MietSlg 44.215 = HS 22.582) gefolgt. Ob vom besagten Grundsatz der Maßgeblichkeit des Beschädigungszeitpunkts für die Ausmittlung der Höhe des Schadens (RIS‑Justiz RS0022715) allenfalls in bestimmten anderen Konstellationen abzuweichen sei, ist hier nicht zu prüfen. Es wäre im Übrigen - wie schon in der Vorentscheidung vertreten - sachfremd, auf die hier vorzunehmende Berechnung eines Vermögensschadens die Grundsätze der pauschalen Berechnung von Schmerzengeld anzuwenden, welches ganz anderen Zwecken dient (zum Zweck des Schmerzengeldes s Danzl in KBB² § 1325 ABGB Rz 26).
2.1. Die Beklagte meint, nach dem Mietvertrag vom 17. 6. 1998, in dem die Vertragsparteien die Anwendung des MRG in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart hätten, wäre infolge Änderung der Rechtslage bereits ab dem 1. 1. 2002 die Beendigung des Vertrags möglich und von der Klägerin im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht auch zu verlangen gewesen. Es sei daher bereits mit 1. 1. 2002, allerspätestens aber nach erfolgter Räumung im Jahr 2003 der Zeitraum abgelaufen, für den allenfalls Schadenersatz zugestanden hätte.
2.2. Soweit die Beklagte von der Klägerin Maßnahmen zur Vertragsbeendigung ab 2002 verlangt, übersieht sie, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft war. Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass ein Schaden in der zuerkannten Höhe bereits bei und durch Abschluss des unbefristeten Mietvertrags infolge merkantilem Minderwert der Liegenschaft eingetreten ist, sodass dafür ein bestimmter (längerer) „Schadenszeitraum" nicht maßgeblich ist.
3.1. Letztlich vermisst die Beklagte noch eine Auseinandersetzung mit ihren weiteren Argumenten, wonach eine Überwälzung der Instandhaltungspflichten auf den Mieter vertraglich vereinbart worden sei, dass es nach §§ 15a Abs 4, 16 MRG, soweit auf den Richtwertmietzins Bedacht genommen werde, zur Erhöhung des Hauptmietzinses kommen hätte können, und § 15 Abs 4 MRG die Aufspaltung eines Pauschalmietzinses ermögliche, wodurch weitere Schadenselemente weggefallen wären.
3.2. Auch mit ihren letztgenannten Ausführungen verkennt die Beklagte neuerlich den maßgeblichen Zeitpunkt für die Ermittlung des Schadens und dessen Grundlage. Dieser resultierte bereits aus dem merkantilem Minderwert der Liegenschaft durch deren „Belastung" mit einem unbefristeten Bestandvertrag und war mit dessen Abschluss eingetreten. Die Höhe des Bestandzinses spielte für den so ermittelten Schadensbetrag nach den Feststellungen keine Rolle.
Da die Beklagte keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht, ist deren Revision unzulässig und zurückzuweisen.
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