OGH 5Ob215/69

OGH5Ob215/6917.9.1969

SZ 42/128

Normen

Mietengesetz §19 (2) Z1
Mietengesetz §21 (2)
Mietengesetz §19 (2) Z1
Mietengesetz §21 (2)

 

Spruch:

Ein Beschluß nach § 21 (2) MietG. ist auch dann zu fassen, wenn der Mietzinsrückstand schon dem Gründe nach bestritten wird.

Entscheidung vom 17. September 1969, 5 Ob 215/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Klägerin kundigte ein dem Beklagten vermietetes Geschäftslokal unter Heranziehung der Kündigungsgrunde nach § 19 (2) Z. 1, 3, 4 und 10 MietG. (alte Fassung) auf. Sie behauptet, der Beklagte habe den Bestandgegenstand ohne ihre Zustimmung an ein Ehepaar W. übergeben. Von den Übernehmern habe sie einen Mietzins nicht angenommen, worauf dieser Zins gerichtlich hinterlegt worden sei. Der Beklagte habe seit Juli 1967 keinen Mietzins mehr gezahlt. Die Kündigungsgrunde des unleidlichen Verhaltens und des nachteiligen Gebrauches seien auf das Verhalten der Übernehmer zurückzuführen.

Der Beklagte behauptete in den Einwendungen den Mangel seiner passiven Klagelegitimation mit der Begründung, er habe das Unternehmen unter Mitübertragung der Mietrechte an das Ehepaar W. übergeben. Die Zustimmung zur Weitergabe der Mietrechte durch die Vermieterin sei seinerzeit im Mietvertrag vereinbart worden. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens legte die Klägerin eine Aufstellung über die bisher vom Beklagten nicht gezahlten Mietzinse einschließlich der Betriebskosten vor.

Das Erstgericht sprach mit Beschluß aus, daß der Rückstand des Beklagten an Mietzins samt aufgelaufenen Zinsen sowie Betriebskosten und öffentlichen Abgaben für die Zeit vom 1. Juli 1967 bis zum 23. Oktober 1968 47.475.16 S betrage. Es vertrat die Meinung, aus der in der Vertragsurkunde enthaltenen Klausel, der Vertrag solle für die beiderseitigen Rechtsnachfolger gelten, ergebe sich keine Verpflichtung der Klägerin, einer Veräußerung der Mietrechte zuzustimmen. Der gesamte Rückstand an Mietzins falle dem Beklagten zur Last, weil die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, die von den Geschäftsübernehmern W. angebotenen Beträge anzunehmen.

Das Rekursgericht hob den erstinstanzlichen Beschluß ersatzlos auf. Es ging von der Auffassung aus, die Voraussetzungen für eine Beschlußfassung im Sinn des § 21 (2) MietG. lägen nicht vor. Nur die Frage des Mangels der passiven Klagelegitimation sei letztlich Gegenstand des Zwischenstreites gewesen, die Höhe der Zahlungsrückstände sei jedoch unbestritten geblieben. Die alleinige Aufgabe des Zwischenstreites sei es, die Höhe des geschuldeten Mietzinses festzustellen, nicht aber über die sonstigen Voraussetzungen der Kündigung zu entscheiden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem Gericht die Sachentscheidung unter Abstandnahme vom Aufhebungsgrund auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels ist zu bejahen, weil in der ersatzlosen Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses die Ablehnung dieser Entscheidung überhaupt und somit eine Abänderung liegt, mag sich auch der Wortlaut des Spruches nicht von einer Aufhebung im technischen Sinn unterscheiden. Ein derartiger Beschluß kann nicht dem § 527 (2) ZPO. unterstellt werden und ist daher auch ohne Rechtskraftvorbehalt anfechtbar (Fasching, Kommentar zu § 527 ZPO. S. 441, Anm. 6).

Der Rekurs ist daher zulässig; er ist aber auch begrundet.

Das Rekursgericht übersieht vor allem, daß die Höhe des Zahlungsrückstandes nicht voll anerkannt und daher bestritten war, denn der Beklagte anerkannte zwar die ziffernmäßige Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten Aufstellung, verwies aber gleichzeitig darauf, daß die darin enthaltenen Beträge für Verzugszinsen von ihm nicht begehrt werden könnten. Darüber hinaus wurde vom Beklagten die Forderung nach Zahlung von Rückständen auch dem Gründe nach bestritten. Ist aber ein Rückstand überhaupt bestritten, dann ist damit auch die Höhe desselben strittig (8 Ob 77/65. MietSlg. 20518). Dem Mieter, der der Auffassung ist, daß die gemäß § 21 (2) MietG. gefällte Entscheidung dem Gesetz nicht entspreche, weil er diesen Betrag bei Einbringung der Kündigung mangels Fälligkeit oder aus sonstigen Gründen, also nicht nur der bestrittenen Höhe wegen, nicht schulde, kann die Behebung des Beschlusses im Rechtsmittelweg begehren (MietSlg. 9777). Gerade gegen das Bestehen der Forderung setzte sich der Beklagte in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß zur Wehr. Würde man von der Auffassung des Berufungsgerichtes ausgehen, daß nur bei Bestreitung der Höhe nach eine Beschlußfassung nach § 21 (2) MietG. zulässig wäre, dann würde dies im Fall der Bestreitung dem Gründe nach dem Zweck dieser Gesetzesbestimmung nicht genügen, der darin besteht, klarzustellen, welchen Betrag der Mieter zu entrichten hat, um eine Aufhebung der auf § 19 (2) Z. 1 MietG. gestützten Kündigung zu erreichen, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß ihn an der Nichtzahlung kein grobes Verschulden trifft.

Die Beschlußfassung durch das Erstgericht entspricht daher den von § 21 (2) MietG. geforderten Voraussetzungen, sie bildet die rechtliche Voraussetzung für ein stattgebendes Urteil. Ob die Entscheidung des Erstgerichtes auch inhaltlich gerechtfertigt ist, wird vom Rekursgericht noch zu überprüfen sein.

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