OGH 5Ob206/19h

OGH5Ob206/19h20.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. K*****, 2. A*****, beide vertreten durch Dr. Marschitz, Dr. Petzer, Dr. Telser, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 10. September 2019, AZ 51 R 122/17s, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom 25. Oktober 2017, TZ 4301/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00206.19H.0220.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der verstorbene M***** war Miteigentümer von 218/487 bzw 269/487 Anteilen einer Liegenschaft in K*****, mit denen Wohnungseigentum an den Wohnungen Top Nr 1 bzw Top Nr 2 verbunden ist. Die Antragsteller sind im österreichischen Vereinsregister registrierte Vereine. Sie begehrten – soweit noch Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens – die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin ob der Liegenschaftsanteile B‑LNr 1 und der Zweitantragstellerin ob der Liegenschaftsanteile B‑LNr 2. Dazu legten sie Ausfertigungen der verlassenschaftsgerichtlichen Beschlüsse vom 10. 5. 2017, „Nachweise bei einem Rechtserwerb an einem bebauten Grundstück gemäß § 32 Abs 2 lit c Z 2 des TGVG 1996 idgF“ betreffend die Antragsteller, Vereinsregisterauszüge und Kopien der Reisepässe der organschaftlichen Vertreter vor. Dem Auftrag des Erstgerichts zur Verbesserung durch Nachweis der Staatsangehörigkeit der Vereinsmitglieder kamen die Antragsteller nicht nach und begehrten eine Entscheidung in der Sache selbst.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch mit der Begründung ab, § 2 Abs 7 lit e TGVG normiere, dass ein Verein, der seinen Sitz zwar im Inland habe, dessen Mitglieder jedoch mindestens zur Hälfte nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, als Ausländer gelte. Ohne Nachweis der Staatsbürgerschaft der Rechtserwerber könne nicht beurteilt werden, ob die begehrte Eintragung im Baulandgrundverkehr über das Grundbuch erfolgen könne oder gemäß § 12 TGVG nicht ohnehin die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde erforderlich sei. Eine Genehmigung der Grundverkehrsbehörde sei dem Ansuchen nicht angeschlossen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerinnen nicht Folge. Eine Verfassungswidrigkeit des TGVG bzw denkunmögliche und verfassungswidrige Auslegung des § 2 Abs 7 lit e dieses Gesetzes sei nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 18. 6. 2019, G 299/2018 nicht mehr zu prüfen, weil die §§ 2 Abs 7 lit e, 12, 25 und 32 Abs 1 des TGVG 1996 als sachlich gerechtfertigt erachtet worden seien. Dem Argument, schon aus Namen und Wortlaut der Vereine (laut Vereinsregisterauszügen) sei abzuleiten, dass es sich um Vereine nach österreichischem Recht mit überwiegend österreichischen Mitgliedern handle, entgegnete das Rekursgericht, das Grundbuchsverfahren als reines Akten‑ und Urkundenverfahren beschränke die richterliche Beurteilung in Grundbuchsachen und schließe die Entscheidung von Zweifelsfragen bei der Auslegung von Urkunden und Anträgen aus. Die Eintragung dürfe nur dann bewilligt werden, wenn die vorgelegten Urkunden den landesgesetzlichen Bestimmungen über den Grundverkehr zweifelsfrei entsprechen. Das Erstgericht habe daher im Sinn der verfassungsrechtlich unbedenklichen Bestimmungen des TGVG zur Abgrenzung des Ausländergrundverkehrs bei Antragstellung durch Vereine mit Sitz in Österreich auf die Staatsangehörigkeit der Mehrheit der Mitglieder anhand der vorgelegten Urkunden abzustellen gehabt, ohne bloße Vermutungen anstellen zu müssen. Zum Nachweis der Staatsangehörigkeit sei die Vorlage eines Staatsbürgerschaftsnachweises oder eines Reisepasses erforderlich. Anhand der vorgelegten Urkunden sei nicht einmal beurteilbar, wie viele österreichische Staatsangehörige überhaupt Mitglieder des jeweiligen antragstellenden Vereins sein müssten, um die geforderte Anzahl von mehr als der Hälfte der Vereinsmitglieder zu erreichen. Als offenkundige Tatsache könne im Grundbuchsverfahren nur das gelten, was sich unmittelbar aus dem Gesetz oder aus dem Nachweis gewisser Tatsachen in Verbindung mit dem Gesetz ergebe. Weder anhand der vorgelegten Urkunden noch im Sinn einer Offenkundigkeit sei die Qualifikation der Antragsteller als In‑ oder Ausländer und damit die Frage der Genehmigungspflichtigkeit der beantragten Einverleibungen beurteilbar gewesen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Klärung der Anforderungen an die (urkundlichen) Nachweise der Staatsangehörigkeit von Vereinen eine erhebliche Rechtsfrage aufwerfe.

In ihrem Revisionsrekurs streben die Antragstellerinnen eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses dahin an, dass ihre Einverleibungsbegehren zur Gänze bewilligt werden.

Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) – nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).

Rechtliche Beurteilung

1. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656). Dies ist hier der Fall:

2.1. Mit Erkenntnis vom 18. 6. 2019, G 299/2018, hat der Verfassungsgerichtshof in dem vom Rekursgericht in diesem Verfahren eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren entschieden, dass die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (TGVG) betreffend die Einbeziehung der Staatsangehörigkeit der Vereinsmitglieder beim Grundstückserwerb durch einen nach österreichischem Recht gegründeten Verein mit Sitz in Österreich nicht unsachlich sind und auch durch den Entfall der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht für „EU/EWR‑Vereine“ mit mehrheitlich ausländischen Mitgliedern bei als Ausländergrundverkehr geltenden Transaktionen keine unsachliche Inländerdiskriminierung österreichischer Vereine vorliegt. Der auf Aufhebung von § 2 Abs 7 lit e, §§ 12, 25 und 32 Abs 1 des TGVG 1996 LGBl 61/1996 idF LGBl 26/2017 als verfassungswidrig gerichtete Antrag des Rekursgerichts wurde demnach abgewiesen. Ob die Gerichte nach Art 139 Abs 6 und Art 140 Abs 7 B‑VG nur an den Spruch eines aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs, nicht aber an dessen Auslegung der bekämpften Norm gebunden sind (vgl RS0132770), bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Antragstellerinnen gestehen im Revisionsrekurs selbst zu, dass eine Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 7 lit e TGVG 1996 nicht mehr relevant und von Verfassungskonformität und Anwendbarkeit der maßgeblichen Bestimmungen des TGVG auszugehen ist.

2.2. Die für das Grundbuchsgericht maßgeblichen Regelungen des TGVG 1996 sind unmissverständlich. Nach dessen § 2 Abs 7 lit e TGVG gelten Vereine, die zwar ihren Sitz im Inland haben, deren Mitglieder jedoch mindestens zur Hälfte nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, als Ausländer im Sinn dieses Gesetzes. § 12 Abs 1 lit a Z 1 TGVG verlangt für Rechtsvorgänge, die den Erwerb des Eigentums an Baugrundstücken durch Ausländer zum Gegenstand haben, die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde. Der sich ausdrücklich an das Grundbuchsgericht richtende § 32 Abs 1 lit c Z 2 TGVG sieht vor, dass ein Recht an einem bebauten Baugrundstück iSd § 12 Abs 1 TGVG im Grundbuch nur eingetragen werden darf, wenn dem Grundbuchsgesuch bei natürlichen Personen der Nachweis über die Staatsangehörigkeit und bei juristischen Personen oder sonstigen rechtsfähigen Personengemeinschaften die für die Beurteilung des Vorliegens der Gleichstellung iSd § 3 Abs 2 oder 3 erforderlichen Nachweise beigeschlossen sind. Diese Nachweise sollen dem Grundbuchsgericht die Beurteilung ermöglichen, ob der Rechtserwerber österreichischer Staatsbürger oder österreichischen Staatsbürgern nach § 3 TGVG gleichgestellt ist, weil nur in diesem Fall die Anwendung der genannten Bestimmung in Betracht kommt. Im Fall des Rechtserwerbs durch einen Ausländer verlangt § 32 Abs 1 lit a TGVG, dass dem Grundbuchsgesuch die entsprechende rechtskräftige Entscheidung nach § 24 Abs 1 oder § 25 Abs 1 TGVG beigeschlossen wird. Eine derartige Entscheidung der Grundverkehrsbehörde wurde hier nicht vorgelegt.

2.3. Die Erleichterung des Inländergrundverkehrs mit bebauten Grundstücken geht auf die Novellierung des TGVG durch LGBl 95/2016 zurück. Aufgrund dieser Novelle entfiel die Anzeige‑ und Erklärungspflicht an die Grundverkehrsbehörde bei einem Rechtserwerb an bebauten Grundstücken durch Inländer oder Inländern gleichgestellte Personen. Um dem Grundbuchsgericht die Abgrenzung zum Ausländergrundverkehr, der weiterhin der Genehmigungspflicht unterliegt, zu ermöglichen, ist seitdem vom Antragsteller der Nachweis der Inländereigenschaft zu erbringen (ErlBem zu LGBl 95/2016, 2, 8). § 32 Abs 4 TGVG ermächtigte die Landesregierung durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Bestätigung der Nachweise nach Abs 1 lit c Z 2 TGVG zu erlassen. Dies ist mit LGBl 113/2016 (samt Anlage 5) geschehen. Diese – dem Antrag hier auch beigeschlossenen Urkunden – sehen aber in Punkt 3.1. – im Sinn der gesetzlichen Vorgaben des TGVG – sehr wohl den Nachweis der Staatsangehörigkeit der Mitglieder der juristischen Person vor, der nach der im Revisionsrekurs nicht in Zweifel gezogenen Auffassung des Rekursgerichts nur durch einen Staatsbürgerschaftsnachweis oder einen Reisepass erbracht werden kann. Das bloße Ankreuzen des Punktes 3.1. im Formular „Nachweise bei einem Rechtserwerb an einem bebauten Grundstück gemäß § 32 Abs 2 lit c Z 2 des TGVG“ nicht als ausreichenden Nachweis der Inländereigenschaft des antragstellenden Vereins iSd § 2 Abs 7 lit e TGVG zu werten, entspricht der Wertung des Einleitungssatzes der Z 2 des § 32 Abs 1 lit c TGVG und bedarf daher keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Die Abgrenzung des Inländergrunderwerbs vom weiterhin genehmigungsbedürftigen Ausländergrunderwerb ist für das Grundbuchsgericht entscheidende Vorfrage, deren Beantwortung anhand der vorgelegten Bewilligungsurkunden unumgänglich ist, um die konkreten Eintragungserfordernisse in grundverkehrsrechtlicher Sicht beurteilen zu können. Es ist daher Sache der Antragstellerin, entweder den Nachweis ihrer Inländereigenschaft iSd § 2 Abs 7 lit e TGVG zu erbringen oder aber dem Grundbuchsgesuch nach § 32 Abs 1 lit a TGVG eine entsprechende Entscheidung der Grundverkehrsbehörde anzuschließen. Diese Regelung mag zwar wenig praktikabel erscheinen; daran etwas zu ändern, ist allerdings Sache des Landesgesetzgebers und nicht der Rechtsprechung.

3. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass diese Entscheidung einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).

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