OGH 5Ob20/24p

OGH5Ob20/24p26.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, gegen die beklagte Partei N1 * Ltd., *, Malta, vertreten durch Mag. Marcus Marakovics, Rechtsanwalt in Wien, wegen 54.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2023, GZ 13 R 253/23f‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00020.24P.0226.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Malta und bietet über eine von ihr betriebene Website Dienstleistungen auf dem Gebiet des Glücksspiels auch in Österreich an. Sie verfügt über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht.

[2] Der Kläger nahm in der Zeit vom 2. 5. bis 7. 8. 2022 an von der Beklagten angebotenen Online‑Glücksspielen teil und verlor dabei insgesamt 54.000 EUR. Er begehrt den Rückersatz seines Verlusts.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, mit dem es die Beklagte zur Zahlung verpflichtete, und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen kann.

[5] 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online‑Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um daran teilzunehmen (RIS‑Justiz RS0016325 [T16]). Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand verwirklicht (hier § 52 Abs 5 GSpG), kommt es daher nicht an (für viele: 5 Ob 174/23h mwN). Den Rückforderungsanspruch zu verweigern, widerspräche vielmehr dem Zweck der Glücksspielverbote (RS0025607 [T1]). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nichts Gegenteiliges abzuleiten (siehe nur 5 Ob 155/23i mwN).

[6] 2. Der Oberste Gerichtshof geht – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen Höchstgerichte – in ständiger Judikatur davon aus, dass das österreichische System der Glücksspiel‑Konzessionen bei Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (RS0130636 [T7]). Der Oberste Gerichtshof hat daher auch erst jüngst in mehreren Entscheidungen einen Verstoß gegen Unionsrecht verneint (7 Ob 147/23b; 5 Ob 174/23h je mwN). Der erkennende Senat sieht keinen Grund, aufgrund der Überlegungen der Beklagten von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen.

[7] 3. Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glückspielmonopols und der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl nur die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Kontext schon wiederholt darauf hingewiesen, dass sich aus der Entscheidung des EuGH zu C‑920/19 , Fluctus ua, kein Verbot für ein nationales Gericht ergibt, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte – hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs – zu berufen. Der EuGH sprach darin bloß aus, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen. Es besteht daher auch kein Anlass, ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (7 Ob 147/23b; 5 Ob 69/23t mwN). Dass und bei welcher nationalen Norm das hier der Fall gewesen wäre und deshalb eine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen vorliegt, zeigt die Beklagte nicht auf. Daher liegen weder sekundäre Feststellungsmängel „zum Thema Unionsrechtswidrigkeit“ vor, noch ist das Berufungsverfahren insoweit mangelhaft geblieben.

[8] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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