OGH 5Ob201/61

OGH5Ob201/6128.6.1961

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Turba als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lachout, Dr. Heidrich, Dr. Graus und Dr. Greissinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „W*****, vertreten durch Dr. Gustav Horny, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Herbert S*****, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 10.414 S sA, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. April 1961, GZ 4 R 64/61-19, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 28. November 1960, GZ 17 Cg 278/59-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Keinem der beiden Rekurse wird Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 10.414 S samt 8 % Zinsen seit 1. 6. 1959 zu Handen des Finanzamts Klagenfurt zu bezahlen, mit folgender Begründung ab:

Der Kläger habe dem Beklagten im Herbst 1956 zum Preis von 59.000 S einen Musikschrank verkauft, der vorher schon einen Monat lang im Gasthaus der Maria R***** in H***** aufgestellt war. Anlässlich der Lieferung habe der Kläger 4.000 S nachgelassen. Der Beklagte habe 45.000 S durch Aufnahme eines Kredits bei der Autokreditstelle des Gewerbeförderungsinstituts der Stadt Wien bezahlt. Die Restforderung von 10.000 S habe der Kläger zur Tilgung eines Abgabenrückstands am 31. 10. 1957 der Republik Österreich zahlungshalber zediert. Der Beklagte habe die Forderung gegenüber dem Finanzamt Klagenfurt als richtig anerkannt und um Bewilligung der ratenweisen Abstattung gebeten, was ihm auch genehmigt worden sei. Erst mit Schreiben vom 5. 11. 1958 habe er die Richtigkeit der Forderung bestätigt. Das Finanzamt habe die Forderung dem Kläger nicht rückabgetreten, sondern ihm nur eine Klagsermächtigung erteilt.

Die Forderung befinde sich somit im Vermögen der Republik Österreich, sodass dem Kläger die Aktivlegitimation fehle. Aufgrund der Ermächtigung zur Klage könne der Kläger höchstens die Forderung im Namen der Republik Österreich, nicht aber im eigenen Namen geltend machen. Auch die Änderung des Klagebegehrens auf Zahlung zu Handen des Finanzamts ändere hieran nichts. Es erübrige sich daher, auf das weitere Parteivorbringen einzugehen.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es legte dar, dass die vom Erstrichter vertretene Ansicht auch die der älteren Rechtsprechung (GlUNF 7671, ZBl 1915, Nr 142, ZBl 1931, Nr 18, und SZ IX/132) sei, schloss sich aber selbst der Meinung der neueren Entscheidungen (SZ XXIV/158 und JBl 1957, S 294) an, wonach die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation dann nicht gerechtfertigt sei, wenn der wirklich Berechtigte der Klagsführung zugestimmt habe, weil er dadurch sein Klagerecht verloren habe und ihm bei einer neuerlichen Klagsführung im eigenen Namen die Einrede der Arglist entgegen gehalten werden könne. Der Beklagte bedürfe daher nicht des mit der Einrede der mangelnden Aktivlegitimation angestrebten Schutzes gegen eine doppelte Inanspruchnahme wegen derselben Forderung. Im vorliegenden Fall habe nicht nur die Republik Österreich der Geltendmachung der ihr abgetretenen Forderung durch den Kläger zugestimmt, sondern es werde auch Zahlung zu ihren Handen begehrt; darin liege bereits eine Rückzession zum Inkasso.

Da die Klagsabweisung durch den Erstrichter nicht stichhältig sei, werde er sich im fortgesetzten Verfahren mit dem übrigen Parteienvorbringen zu befassen haben.

Rechtliche Beurteilung

I. Den vom Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Aktivlegitimation ist vollinhaltlich zuzustimmen. Die Ansicht, dass die Einrede des Mangels der Aktivlegitimation unberechtigt ist, wenn der Zessionar der Geltendmachung der Forderung durch den Zedenten zugestimmt hat, wurde nicht nur - wie der Rekurs meint - aus Zweckmässigkeitserwägungen in den beiden Entscheidungen SZ XXIV/158 und JBl 1957, S 294, sondern auch in einer Reihe nicht veröffentlichter Entscheidungen (3 Ob 464/59, 3 Ob 20/58, 1 Ob 227/53, 1 Ob 62/52 ua) vertreten. Hievon abzugehen bieten die Rekursausführungen des Beklagten keinen Anlass.

Es muss ihnen eingeräumt werden, dass der gegenteilige, von der älteren Rechtsprechung eingenommene Standpunkt ebenfalls vertretbar ist, wonach nur der Zessionar zur Klage legitimiert und die Klage des Zedenten abzuweisen ist, selbst wenn sie mit Zustimmung des Zessionars eingebracht wird. Diese Ansicht ist jedoch unökonomisch, da sie zum Anwachsen überflüssiger Prozesskosten führt und dem Zessionsschuldner unter Umständen zu einem Prozesserfolg verhilft, obwohl er den Zessionsbetrag schuldet. Ihm kann kein Rechtsschutzinteresse daran zugebilligt werden, dass er von dem richtigen Gläubiger geklagt wird, wofern er nur dagegen geschützt ist, dass er wegen derselben Forderung ein zweites Mal belangt wird. Diesen Schutz gewährt ihm die Einrede der Arglist. Im vorliegenden Fall ist umso weniger Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen, als hier zwar der Zedent formell als Kläger auftritt, aber schon im Urteilsbegehren Zahlung an den Zessionar verlangt wird. Eine Gefahr für den Beklagten ist daher überhaupt nicht gegeben.

Nicht stichhältig ist auch der Hinweis des Rekurses, dass nach der Rechtsprechung eine Scheinabtretung zu dem Zwecke, dem Zedenten die Stellung eines Zeugen zu verschaffen und das Kostenrisiko auf den vermögenslosen Zessionar abzuwälzen, wegen Sittenwidrigkeit ungültig ist, da hier eine Scheinzession nicht behauptet wurde und auch nicht vorliegt. Der Rekurs des Beklagten musste daher erfolglos bleiben.

II. Aber auch dem Rekurs des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Von seinem Rechtsstand in der Legitimationsfrage ausgehend hat sich das Erstgericht mit dem weiteren Einwand des Beklagten, er mache Preisminderung in der Höhe der Klagsforderung geltend, weil ihm der Kläger entgegen der Vereinbarung keine fabriksneuen, sondern einen gebrauchten Musikschrank geliefert habe, nicht befasst. Nun wäre es zwar möglich, dass auf diesen Einwand nicht eingegangen werden muss, weil der Beklagte - wie festgestellt wurde - die Forderung mit Schreiben vom 19. 12. 1957 gegenüber dem Finanzamt anerkannt und um Ratenzahlung angesucht hat. Diesem Anerkenntnis könnte konstitutive Wirkung zukommen (vgl Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, § 149), zB wenn dem Beklagten bei seiner Erklärung die Mängel, aufgrund deren er jetzt Preisminderung begehrt, bekannt waren. Andernfalls müsste auf die Mängelrüge näher eingegangen werden.

Da hierüber die erforderlichen Feststellungen fehlen, hat das Berufungsgericht mit Recht das Ersturteil aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruhen auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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