OGH 5Ob201/19y

OGH5Ob201/19y18.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* e.V., *, vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinnützige * Genossenschaft mbH, *, vertreten durch die Mag. Michael Rudnigger Rechtsanwalt-GmbH, Wien, wegen 31.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2019, GZ 40 R 162/19y‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127246

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die beklagte Partei ist eine gemeinnützige Bauvereinigung und Baurechtsberechtigte, die mit der verstorbenen Rechtsvorgängerin des klagenden Vereins einen Nutzungsvertrag über eine Baulichkeit samt Garten abgeschlossen hatte. Der klagende Verein strebt den Ersatz von Investitionen für umfangreiche Um‑ und Ausbauten an, die seine Rechtsvorgängerin vor ca 20 Jahren durchgeführt hatte. Er stützt sich dabei auf § 1097 ABGB; § 20 Abs 5 WGG sei nicht anwendbar, weil die Umbauten ihrem Umfang nach einer Neuerrichtung des Gebäudes geglichen hätten, sodass sein Anspruch nicht unter das WGG subsumiert werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte die das Klagebegehren abweisende Entscheidung des Erstgerichts. Ansprüche des Bestandnehmers bzw Nutzungsberechtigten auf Ersatz des notwendigen oder nützlichen Aufwands gemäß § 1097 ABGB, müssten innerhalb der Präklusivfrist von sechs Monaten nach Zurückstellung des Bestandstücks gerichtlich gefordert werden, sonst sei die Klage verfristet. Da diese erst nach Ablauf dieser Fallfrist erhoben worden sei, sei der Anspruch erloschen. Ein Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB komme hier nicht zum Tragen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene außerordentliche Revision spricht keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung an:

1. Zur Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs liegt eine rechtskräftige Entscheidung vor (Beschluss vom 2. 8. 2018). Unverständlich sind daher die Ausführungen des Revisionswerbers, es könne [Anm: der Beklagten] nicht frei stehen, sich durch „Berufung auf eine formelle Bestimmung im WGG wie der gemäß § 22 Abs 4 WGG iVm § 39 MRG gebotenen Anrufung der Schlichtungsstelle im Außerstreitverfahren der Inanspruchnahme hinsichtlich des dem Grunde nach vom Berufungsgericht ausdrücklich als berechtigt erachteten Aufwandersatzanspruchs zu entziehen“. Die Vorinstanzen haben den vom Kläger behaupteten Anspruch gerade nicht § 20 Abs 5 WGG unterstellt, sondern wie auch in der Revisionsschrift gefordert, nach den Bestimmungen des ABGB geprüft; seine Ausführungen, es sei unbillig, dass die Bestimmungen des WGG der Beklagten als Handhabe dienten, Aufwandersatzansprüche zu vereiteln, können daher nicht nachvollzogen werden.

2. Der Bestandnehmer, der dem Bestandgeber obliegende Instandhaltungsarbeiten vornimmt, hat nach § 1097 ABGB Anspruch auf Ersatz seiner – ex ante betrachtet – notwendigen und zweckmäßigen Aufwendungen, auch wenn sie ohne sein Verschulden fehlschlagen (RIS‑Justiz RS0020526; Iro/Rassi in KBB5 § 1097 ABGB Rz 4; Pesek in Schwimann/Kodek 4 § 1097 ABGB Rz 21; Höllwerth in GeKo Wohnrecht I § 1097 ABGB Rz 24). Diese Bestimmung erfasst Aufwendungen, die der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses gemacht hat und zu deren Vornahme der Vermieter verpflichtet gewesen wäre oder für diesen einen nützlichen Aufwand (§ 1037 ABGB) darstellen (RS0020492 [T2]). Dazu entspricht es der Rechtsprechung, dass auch auf der Bestandliegenschaft neu errichtete Objekte und Anlagen mit erheblichem Investitionensvolumen im Lichte des § 1097 ABGB zu beurteilen sind (vgl 5 Ob 152/14k und die darin aufgezählten Judikaturbeispiele). Warum die von seiner Rechtsvorgängerin vorgenommenen Investitionen für Um‑ und Ausbauten, mag mit diesen Investitionen auch die Vergrößerung des Bestandobjekts verbunden gewesen sein, nicht nach § 1097 ABGB beurteilt werden sollten, kann der Kläger nicht schlüssig erklären.

3. Nach ständiger Rechtsprechung schließt die spezielle Regelung der Ansprüche des Mieters auf Ersatz von für das Bestandobjekt gemachten Aufwendungen in § 1097 ABGB die Anwendung anderer bereicherungsrechtlicher Grundsätze aus (RS0020480). Rechtsprechung und Lehre anerkennen dessen ungeachtet einen auf § 1435 ABGB gestützten Rückforderungsanspruch wegen Wegfalls des Leistungsgrundes auch bei Dauerschuldverhältnissen. Voraussetzung ist aber, dass die Leistungen nur in der für den anderen Teil erkennbaren Erwartung einer bestimmten Dauer des Dauerschuldverhältnisses erbracht wurden, die tatsächliche Dauer aber in einem auffallenden Missverhältnis zu der erwarteten Dauer steht und den Mieter daran kein Verschulden trifft (RS0033883 [T6, T11]; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1097 Rz 11). Dass das Berufungsgericht die für einen solchen Rückforderungsanspruch geforderten Voraussetzungen verneinte, bedarf entgegen der Ansicht des Revisionswerbers keiner Korrektur. Mit der von ihm zitierten Entscheidung zu 6 Ob 44/15m lässt sich der vorliegende Fall schon deshalb nicht vergleichen, weil keine Rede davon sein kann, dass die vor etwa 20 Jahren getätigten Aufwendungen von einer, der Beklagten erkennbaren Motivenlage getragen gewesen wären, die einer Investition in den Bestandgegenstand wegen der Aussicht auf ein unbefristetes Bestandverhältnis und die vereinbarte Schenkung der Liegenschaft auf den Todesfall vergleichbar wäre. Die von der Klägerin dazu ins Treffen geführte Annahme ihrer Rechtsvorgängerin, sie würde durch die von der Beklagten gestattete Bautätigkeit Eigentum am Gebäude erwerben, begründet aber keinen in diesem Sinn für den Empfänger der Leistung erkennbaren, relevanten Leistungszweck.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es daher nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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