Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, binnen 14 Tagen ein Nutzwertgutachten im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bezüglich des im Eigentum der beklagten Partei stehenden und auf dem Grundstück Nr ***** der EZ *****, Grundbuch *****, befindlichen neu errichteten Hauses einzuholen, wird abgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.956,94 (darin enthalten EUR 826,16 an USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.477,04 (darin enthalten EUR 243,24 an USt und EUR 1.017.60 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.050,41 (darin enthalten EUR 175,07 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Wohnungseigentumsorganisatorin und Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****.
Die Kläger kauften jeweils als Wohnungseigentumsbewerber von der Beklagten Liegenschaftsanteile, die mit einer bestimmten Wohnung im Haus A 2 verbunden sind. Zweitklägerin und Drittkläger kauften die Miteigentumsanteile gemeinsam. Die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes ist jeweils im Eigentumsblatt angemerkt. Sämtliche Kaufverträge enthalten folgende Bestimmung:
"Beide Vertragsteile verpflichten sich, zusammen mit den künftigen übrigen Miteigentümern der vertragsgegenständlichen Liegenschaft bzw künftigen Wohnungseigentumswerbern jederzeit über Verlangen auch nur eines Miteigentümers (Wohnungseigentumswerbers) einen grundbuchsfähigen Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen. Diesem Wohnungseigentumsvertrag hat das Nutzwertgutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. Rudolf A***** vom 25. 10. 1999 oder ein allenfalls abgeändertes Nutzwertgutachten zugrunde zu liegen. ... Die Wohnungseigentumswerber nehmen zur Kenntnis, dass Wohnungseigentum erst dann begründet werden kann, wenn die übrigen Baulichkeiten Häuser A 1, B 1 und B 2 fertiggestellt sind. Sollte, aus welchen Gründen immer, eine Fertigstellung der genannten Baulichkeiten ganz oder teilweise unterbleiben, verpflichtet sich die Verkäuferin, auf ihre Kosten ein entsprechend abgeändertes Nutzwertgutachten einzuholen, welches auf den tatsächlichen Zustand der Verbauung abgestellt ist. Sollten sich, aus welchem Grund auch immer, die Nutzwerte verändern, so sind die Vertragsteile verpflichtet, entsprechende Miteigentumsanteile an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft zusätzlich abzutreten bzw rückzuübertragen, wobei sich hiedurch an der Höhe des Kaufpreises nichts ändert."
Bisher wurde lediglich das Haus A 2 mit den Wohnungen der Kläger (3 von 7 Wohnungen) errichtet. Mit der Errichtung der Häuser A 1, B 1 und B 2 wurde bis jetzt nicht begonnen. Das Nutzwertgutachten von Ing. Rudolf A***** beruht darauf, dass sämtliche Häuser errichtet sind. Die Kläger haben die Wohnungen übernommen und den vereinbarten Kaufpreis bezahlt.
Die Kläger begehren die Einholung eines neuen Nutzwertgutachtens hinsichtlich des neu errichteten Hauses A 2. Die Beklagte sei in Finanzierungsschwierigkeiten geraten. Der Baubeginn der übrigen drei Häuser habe sich ständig verschoben, weshalb zumindest in absehbarer Zeit mit der Errichtung der anderen Häuser nicht zu rechnen sei. Trotz mehrmaliger schriftlicher Urgenz weigere sich die Beklagte beharrlich, ein abgeändertes Nutzwertgutachten im Sinne der Kaufverträge, welche als Grundlage zur Errichtung eines Wohnungseigentumsvertrages diene, einzuholen. Durch die Nichtverbücherung des Wohnungseigentums seien die Kläger nicht frei verfügungsberechtigt. Die Ansprüche der Wohnungseigentumsbewerber nach § 23 Abs 2 Z 2 WEG 1975 (§ 37 Abs 2 Z 2 WEG 2002) seien mangels einer für den Wohnungseigentumsbewerber günstigeren Vereinbarung jedenfalls mit Vollendung der Baulichkeit fällig, worunter das tatsächliche Ende der Bauarbeiten zu verstehen sei. Es hätte eine Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechtes nach § 25 WEG 1975 (§ 43 WEG 2002) eingebracht werden können. Die Geltendmachung von Teilleistungen wie hier sei aber deshalb zulässig und begründet, weil ein über den Rahmen des § 25 WEG hinausgehendes rechtliches Interesse an der Teilleistung bestehe. Die Kläger hätten nach Neuregelung des § 3 Abs 2 WEG 2002 keine Möglichkeit mehr, einen Antrag auf Nutzwertfestsetzung zu stellen. Damit wären die Kläger bei Unterbrechung des Verfahrens nach § 25 WEG 1975, zu der das Gericht bei mangelnder Festsetzung der maßgebenden Nutzwerte verpflichtet wäre, vom guten Willen der Beklagten als Wohnungseigentumsorganisatorin abhängig, da mangels Antragslegitimation der Kläger nur eine entsprechende privatrechtliche Verpflichtung der Beklagten, zur Festsetzung der Nutzwerte ein neuerliches Gutachten einzuholen, geltend gemacht werden könnte. Dazu sei aber die Beklagte nicht bereit.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Nichterrichtung der restlichen Häuser nicht feststehe. Es sei vielmehr mit einem Bauunternehmen am 27. 4. 2001 ein Werkvertrag geschlossen worden. Für die Einverleibung des Wohnungseigentums reiche das Nutzwertgutachten des Sachverständigen Ing. Rudolf A***** hin, das bereits bei Abschluss des Kaufvertrages bestande habe und den Klägern vor Klagseinbringung ausgehändigt worden sei.
Das Erstgericht gab der Klage statt. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass die Ansprüche nach § 37 Abs 2 Z 2 WEG mit dem Zeitpunkt der Vollendung der Baulichkeit, bei größeren Bauvorhaben die Errichtung eines einzelnen Traktes einer Anlage, fällig würden. Das vorliegende Nutzwertgutachten beziehe sich auf alle vier geplanten Objekte, wovon aber erst das Objekt A 2 fertiggestellt worden sei. Damit stimmten die Voraussetzungen des Gutachtens mit der tatsächlichen Situation nicht überein. Das Gutachten könne nicht als Grundlage für die Errichtung eines Wohnungseigentumsvertrages dienen. Da für das bereits errichtete Objekt A 2 allein noch kein Nutzwertgutachten bestehe, liege auch kein Fall des § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 WEG der gerichtlichen Festsetzung der Nutzwerte vor. Die Kläger seien daher auf die Einhaltung der von der Beklagten übernommenen privatrechtlichen Verpflichtung zur Einholung eines auf das Objekt A 2 abgestimmten Nutzwertgutachtens auf eigene Kosten angewiesen. Es bestehe ein rechtliches Interesse an der Geltendmachung des Teilanspruchs.
Das Berufungsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die Geltendmachung eines Einzelanspruches trotz der Klagemöglichkeit nach § 43 Abs 1 WEG nur dann bestehe, wenn das Verfahren über die Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechtes mit der Unterbrechung nach § 43 Abs 2 WEG bei Untätigkeit der Beklagten praktisch ihr Ende fände, weil die klagenden Wohnungseigentumsbewerber selbst keinen Antrag auf Nutzwertfeststellung stellen könnten. Da aber die gerichtliche Nutzwertfestsetzung in den Fällen des § 9 Abs 2 WEG gemäß § 10 Abs 1 WEG von jedem Wohnungseigentumsbewerber beantragt werden könne, bestehe kein selbständiges, im Klageweg durchsetzbares Recht auf Errichtung eines auf die vollendete Baulichkeit beschränkten Nutzwertgutachtens, weil ein solches für einen Antrag auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung nicht vorliegen müsse. Der Anspruch der Kläger könnte aber aus den Kaufverträgen abgeleitet werden. Bevor dies beurteilt werden könne, müsse das Erstgericht ergänzende Feststellungen zu den vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für die Einholung eines abgeänderten Nutzwertgutachtens unter Bedachtnahme auf die dem Sinn und Zweck der Vereinbarung entsprechende Parteienabsicht treffen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob in einem Fall wie dem vorliegenden ein Teilanspruch nach § 37 Abs 2 Z 2 WEG gesondert mit Klage geltend gemacht werden könne, nicht vorliege.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag, den Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde, in eventu, die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und - wenngleich nicht in dem von den Klägern angestrebten Sinn - berechtigt. Der Oberste Gerichtshof kann gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, wobei diese Entscheidung auch zum Nachteil des Rekurswerbers ausfallen kann. Eine solche Sachentscheidung verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Rekurswerber ja mit seinem Aufhebungsbegehren im Rekurs Recht bekommen hat. Dadurch ist gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO die Sachentscheidungsbefugnis an den Obersten Gerichtshof devolviert, der sie nun im Rahmen der noch unerledigt gebliebenen Berufungsanträge ausübt (RIS-Justiz RS0043853, RS0043939, RS0043903, RS0043858).
Die Rekurswerber vertreten die Rechtsansicht, dass im Hinblick auf § 3 Abs 2 WEG 2002 eine Klage nach § 43 WEG 2002 unzulässig sei, da nicht an allen Wohnungseigentumsobjekten Wohnungseigentum begründet werden könne und sich die Beklagte als Wohnungseigentumsorganisatorin weigere, die übrigen Häuser der Wohnungseigentumsanlage zu errichten. Die Kläger müssten daher berechtigt sein, ihre Ansprüche gemäß § 37 Abs 2 Z 2 WEG 2002 gesondert geltend zu machen.
In den folgenden Ausführungen wird nur auf die Bestimmungen des WEG 2002 Bezug genommen.
Gemäß § 6 WEG sind dem Antrag auf Einverleibung jedenfalls beizulegen Z 1 die Vereinbarung der Miteigentümer nach § 3 Abs 1 Z 1 oder die gerichtliche Entscheidung nach § 3 Abs 1 Z 2 bis 4, Z 2 die Bescheinigung der Baubehörde oder das Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbau- oder das Immobilienwesen über den Bestand an Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten und über die auf der Liegenschaft vorhandenen Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, und Z 3 das Nutzwertgutachten oder die rechtskräftige Entscheidung über die gerichtliche Nutzwertfestsetzung. In § 6 Abs 2 WEG ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass die Bescheinigung oder das Gutachten (Z 2) schon aufgrund der behördlich bewilligten Baupläne ausgestellt werden darf. Auch § 7 WEG regelt, dass die Nutzfläche aufgrund des behördlich genehmigten Bauplans zu berechnen ist. Der Nutzwert ist aus der Nutzfläche und den im § 8 WEG genannten Zuschlägen und Abstrichen zu berechnen. Dies bedeutet, dass Wohnungseigentum an einer Liegenschaft bereits vor Errichtung der Gebäude nur auf Grund der behördlich genehmigten Baupläne begründet werden, also eine Einverleibung erfolgen kann (zu WEG 1975 3 Ob 252/98z vgl RIS-Justiz RS0109567; zu WEG 2002: T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 6 Rz 12, § 7 Rz 9; Würth in Rummel II/53, § 6 Rz 1, § 7 Rz 2). Für die Einverleibung von Wohnungseigentum ist daher die Errichtung des Baus selbst nicht Voraussetzung. Die Kläger können daher mit dem ihnen vorliegenden, auf Grund der genehmigten Baupläne erstellten Nutzwertgutachten von Ing Rudolf A***** die Einverleibung ihres Wohnungseigentumsrechtes bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen beantragen. Sie haben daher kein von der Klagsführung nach § 43 WEG gesondertes Rechtsschutzinteresse (NZ 1984, 176; RIS-Justiz RS0083261; Würth aaO, § 37 WEG, Rz 7; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 43 WEG, Rz 25) an der Erlangung von Urkunden, die für die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes gar nicht notwendig ist. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich daher aus dem WEG nicht.
Der Klagsanspruch lässt sich aber auch nicht aus dem Vertrag zwischen den Parteien ableiten, da sich aus dem Sinn des Vertrags eindeutig ergibt, dass nur dann die Beklagte die Erstellung eines abgeänderten Nutzwertgutachtens auf ihre Kosten beauftragen muss, wenn dies zur Rechtsdurchsetzung für die Kläger notwendig ist. Aus dem vorliegenden Verfahren ergibt sich zur Zeit kein rechtliches Interesse der Kläger an einem anderen als dem bereits vorhandenen Nutzwertgutachten, weshalb das Klagebegehren abzuweisen ist. Ein Rechtsschutzinteresse ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs 2 WEG.
Sind die Wohnungseigentumsorganisatoren mit der Stellung der Anträge oder der Errichtung von Urkunden (§ 37 Abs 2 Z 2) säumig, so kann der Wohnungseigentumsbewerber den Liegenschaftseigentümer auf die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentums am Mindestanteil und seines Wohnungseigentums am zugesagten Objekt bei dem Bezirksgericht klagen, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist (§ 43 Abs 1 WEG). Die Ansprüche gemäß § 43 WEG werden grundsätzlich nach Vollendung der Bauführung fällig. Werden, so wie hier, vier Gebäude auf einer Liegenschaft errichtet, so ist der Anspruch mit der Fertigstellung des jeweiligen Objektes fällig (vgl Würth in JBl 1979, S 131, Würth aaO, § 37 WEG, Rz 8).
Lässt man zunächst die Bestimmung des § 3 Abs 2 WEG außer Acht, wären die Kläger daher, da das Haus A 2 bereits errichtet ist, berechtigt, ihre Ansprüche auf Einverleibung ihres Wohnungseigentumsrechtes geltend zu machen.
Dem steht nicht die Vereinbarung in den Kaufverträgen entgegen, wonach das Wohnungseigentum erst begründet werden kann, wenn alle Baulichkeiten fertiggestellt sind. Vereinbarungen, die geeignet sind, dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, sind nämlich rechtsunwirksam (§ 38 Abs 1 WEG). Dass diese Vereinbarung, insbesondere im Hinblick auf das gesetzliche Ziel, den Wohnungseigentumsbewerber gegen Verzögerungen bei der Einverleibung seines Wohnungseigentumsrechtes und seiner Verfügungsmöglichkeit über das Eigentumsrecht zu schützen, rechtsunwirksam ist, wird von der Beklagten zu Recht gar nicht mehr bestritten. Es läge nämlich völlig im vom Wohnungseigentumsbewerber unkontrollierbaren Belieben des beklagten Wohnungseigentumsorganisators, die Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes durch Einflussnahme auf die Bauführung hinauszuzögern.
Nun ist der Einfluss des § 3 Abs 2 WEG auf die dargestellte Rechtsstellung des Wohnungseigentumsbewerbers zu untersuchen.
Ein vorrangiges Ziel des WEG 2002 ist der Schutz des Wohnungseigentumsbewerbers. Mit diesem Ziel steht im vorliegenden Fall aber die Bestimmung des § 3 Abs 2 WEG im Widerspruch, nach der die Begründung von Wohnungseigentum nur zulässig ist, wenn sie sich auf alle Wohnungen und alle sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Liegenschaften und Abstellplätze, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen sind, beziehen. Die uneingeschränkte Anwendung des § 3 Abs 2 WEG auch im Fall der Klagsführung nach § 43 WEG würde bedeuten, dass des Wohnungseigentumsrecht - trotz der bisherigen Ausführungen - solange nicht einverleibt werden könnte, als nicht hinsichtlich aller entsprechenden Objekte Wohnungseigentum begründet würde, d.h., dass durch § 3 Abs 2 WEG die Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes der Wohnungseigentumsbewerber auf für sie nicht absehbare Zeit, zumindest zum Teil vom Willen des Wohnungseigentumsorganisators abhängig, hinausgeschoben würde. Dies widerspricht eindeutig dem oben dargelegten Willen des Gesetzgebers und würde zu einer massiven Verschlechterung der Rechtsstellung des Wohnungseigentumsbewerbers führen.
Zur Lösung dieses Widerspruchs wird von Würth (WoBl 2002, S 120; aaO § 37 WEG, Rz 7, § 40 Rz 5, § 43 Rz 1 und 2) vorgeschlagen, dass der Organisator nach § 43 WEG nicht nur zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentums des Bewerbers am Mindestanteil geklagt werden kann, sondern überdies auch auf Erstellung der Urkunden zur Einverleibung des Wohnungseigentums auch für die übrigen Miteigentumsanteile, sogar auf Stellung des Grundbuchsgesuches hiezu.
Vonkilch (aaO, § 43 WEG, Rz 6 ff) vertritt die Ansicht, dass im Fall einer Klage nach § 43 WEG § 3 Abs 2 WEG überschießend sei und daher unbeachtlich bleiben müsse.
Der vom Gesetzgeber gewollte umfassende Rechtsschutz des Wohnungseigentumsbewerbers kann, nach Ansicht des erkennenden Senates Vonkilch folgend, nur so effizient und verfahrensrechtlich zwanglos umgesetzt werden, dass § 3 Abs 2 WEG einschränkend so ausgelegt wird, dass er im Falle von Klagen nach § 43 WEG nicht zur Anwendung gelangt. Diese Auslegung scheint umso vertretbarer als ja das Gesetz das (Weiter-)Bestehen von sogenannten Mischhäusern ja nicht schlechthin verbietet und nicht erkennbar ist, dass dem Gesetzgeber das Bestreben der Beseitigung von Mischhäusern wichtiger wäre als der ausdrücklich proklamierte Schutz der Wohnungseigentumsbewerber.
Für den vorliegenden Rechtsfall bedeutet dies, dass die Wohnungseigentumsbewerber nach Fertigstellung des Gebäudes, in dem ihre Eigentumsobjekte gelegen sind, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bereits nach § 43 WEG gegen den Wohnungseigentumsorganisator die Klage auf Einverleibung ihres Wohnungseigentumsrechtes einbringen können.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Ansatz für das Rekursverfahren beträgt EUR 486,30.
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