Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Drittantragsgegners wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind Mieter der Wohnung Nr 7 in dem den Antragsgegnern gehörenden Haus *****. Wohnungseigentum ist für die Antragsgegner noch nicht begründet, doch ist die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum angemerkt.
Die Antragsteller begehrten bei der Schlichtungsstelle die Feststellung, daß die Antragsgegner ihnen gegenüber zu den Zinsterminen 1.6.1994 bis 1.9.1994 das gesetzliche Zinsausmaß überschritten hätten.
Die Schlichtungsstelle stellte die Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes um monatlich S 2.380 (Hauptmietzins) und monatlich S 1.666,60 ("Mietzinsvorauszahlung") fest und verhielt die Antragsgegner zur Zurückzahlung von insgesamt S 16.186,40 s.A.
Die Entscheidung der Schlichtungsstelle wurde am 13.7.1995 an die Immobilienverwalterin Renate Ü***** zugestellt. Diese war namens der "Hausinhaber" eingeschritten, allerdings ohne ihre Vollmacht nachgewiesen zu haben.
Mit dem am 18.Juli 1995 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz rief die genannte Immobilienverwalterin namens des Minderheitseigentümers Thomas L***** (Drittantragsgegner) gemäß § 40 MRG das Gericht an. Mit Beschluß vom 28.8.1995 (ON 2) forderte das Erstgericht die genannte Immobilienverwalterin auf, binnen 14 Tagen ihre Vollmacht im Original oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, widrigenfalls ihre Anrufung des Gerichtes zurückgewiesen würde. Der Schlichtungsstellenantrag sei gegen sämtliche Liegenschaftseigentümer gerichtet. Die Einschreiterin habe daher ihre Vollmacht dem Gericht nachzuweisen. Ungeachtet dieses Auftrages legte Renate Ü***** jedoch lediglich eine unbeglaubigte Kopie einer beglaubigten Kopie der an sie nach der darauf befindlichen Unterschrift (vermutlich) vom Drittantragsgegner erteilten Vollmacht vor. Ein weiterer Verbesserungsauftrag betreffend den Nachweis der Bevollmächtigung seitens der anderen Miteigentümer (Verwaltungsvollmacht) blieb unbeachtet (ON 4).
Das Erstgericht wies daraufhin die Anrufung des Gerichtes durch den Drittantragsgegner zurück. Die isolierte Anrufung des Gerichtes durch einen Minderheitseigentümer sei nicht zulässig, es sei denn, daß dieser Antrag erkennbar vom Willen der übrigen Miteigentümer getragen sei.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß im Falle der Schaffung eines Rückzahlungstitels durch die Schlichtungsstelle jeder betroffene Miteigentümer das Gericht anrufen können müsse. Außerdem sei jeder Gemeinschafter befugt, rechtswidrige Eingriffe in das gemeinschaftliche Recht abzuwehren und sich zu diesem Zweck der zur Wahrung des Gesamtrechtes erforderlichen Rechtsbehelfe zu bedienen, wenn er sich dadurch nicht in Widerspruch zu seinen Mitgemeinschaftern setze. Ein solcher Widerspruch liege nicht vor.
Da Entscheidungsgegenstand die Feststellung der wirksamen Höhe der Mietzinsvereinbarung und die Berechtigung der Einhebung eines bestimmten Hauptietzinses sei, wäre der Streitgegenstand mit über S 50.000 zu bewerten gewesen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Minderheitseigentümer zu einer Prozeßhandlung wie der vorliegenden befugt sei, eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Drittantragsgegner begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, daß der angefochtene Beschluß kein Sachbeschluß im Sinne des § 37 Abs 3 Z 18 MRG ist, sondern ein sogenannter verfahrensrechtlicher Beschluß, dessen Bekämpfungsmöglichkeit sich nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG richtet. Auch handelt es sich dabei in Wahrheit nicht um einen Aufhebungsbeschluß, weil dem Erstgericht ja nicht die neuerliche Entscheidung über die Zurückweisung der Anrufung des Gerichtes aufgetragen wurde. Es liegt vielmehr ein abändernder Beschluß vor, weil das Rekursgericht den eine Sachentscheidung ablehnenden Zurückweisungsbeschluß behob und dem Erstgericht eine Sachentscheidung auftrug. Daraus folgt, daß es sich gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 521a ZPO um keinen zweiseitigen Revisionsrekurs handelt. Die Revisionsrekursbeantwortung war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zu der vom Rekursgericht vorgenommenen Bewertung des Entscheidungsgegenstandes ist folgendes zu sagen:
Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ist nicht über die wirksame Höhe der Mietzinsvereinbarung und die Berechtigung der Einhebung eines bestimmten Hauptmietzinses schlechthin zu entscheiden, sondern bloß über die Zulässigkeit eines bestimmten Hauptmietzinses im Sinne des der Entscheidung der Schlichtungsstelle zugrundeliegenden Antrages. Der Antrag geht von der rechtsirrtümlichen Zahlung unzulässigen Mietzinses vom 1.6.1994 bis dato (Seite 2 des Schli-Aktes; Einlangen des Antrages bei der Schlichtungsstelle 6.10.1994) aus, wobei zu beachten ist, daß die letzte Verhandlung vor der Schlichtungsstelle am 7.6.1995 (Seite 32 des Schli-Aktes) stattfand und daß daher - insbesondere auch im Hinblick auf das die Mietzinsvorauszahlung betreffende Vorbringen der Antragsteller nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Antrag vor der Schlichtungsstelle auch noch auf die bis zum genannten Verhandlungstag erfolgten Mietzinsvorschreibungen und Zahlungen bezog. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die vom Rekursgericht vorgenommene Bewertung nicht zwingenden Bewertungsgrundsätzen zu widersprechen, so daß sie auch für den Obersten Gerichtshof bindend ist.
Zur Sachentscheidung ist folgendes zu sagen:
In der zu 5 Ob 2164/96p ergangenen Entscheidung hat der erkennende Senat zu der hier entscheidungswesentlichen Problematik folgendes erwogen:
Die Verwaltung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft komme gemäß § 833 ABGB allen Teilhabern insgesamt zu, wobei in strittigen Angelegenheiten grundsätzlich die nach dem Verhältnis der Anteile zu zählende Mehrheit der Stimmen, bei wichtigen Veränderungen allenfalls der Außerstreitrichter entscheide. Sei ein gemeinsamer Verwalter nicht bestellt, könnten daher Verwaltungshandlungen nur von der Mehrheit gesetzt werden. Von den bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der Teilhaber würden sich derartige Verwaltungshandlungen dadurch unterscheiden, daß sie Maßregeln einer Geschäftsführung im Interesse aller Gemeinschafter seien oder wenigstens sein sollten (Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 833 mwN). Die Anrufung des Gerichtes durch die Miteigentümer eines vermieteten Objektes in einem Verfahren zur Überprüfung der Mietzinshöhe (dort: Betriebskosten) stelle eine solche Verwaltungshandlung dar, weil der vom Mieter zu leistende Mietzins immer nur allen Vermietern gegenüber einheitlich festgestellt werden könne (vgl WoBl 1996, 154/55) und jede vom Vertreter der Eigentümergemeinschaft zu diesem Gegenstand abgegebene Prozeßerklärung die Interessen aller berühre. Folgerichtig würden Judikatur und Lehre dem Minderheits- oder bloßen Hälfteeigentümer in einem Verfahren, in dem es um Interessen der Gemeinschaft gehe, keine Antrags- und Rechtsmittelbefugnis zugestehen (Gamerith, aaO, Rz 12 mwN; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 2 zu § 40 MRG). Aus der Qualifikation der Anrufung des Gerichtes als Verwaltungshandlung für die Eigentümergemeinschaft versage auch das Argument, es liege ein der Durchsetzung von Individualinteressen (wie etwa bei der Abwehr von Eingriffen Dritter in das gemeinschaftliche Recht) vergleichbarer Fall vor, der eine Antrags- bzw Rechtsmittelbefugnis der Minderheitseigentümer rechtfertige. Auch der Umstand, daß die mehreren Miteigentümer in einem Verfahren zur Überprüfung des Mietzinses eine einheitliche Streitpartei darstellten und daß daher jeder der Streitgenossen Prozeßhandlungen setzen könne, die mangels einheitlicher Vorgangsweise zumindest nach dem Günstigkeitsprinzip wirksam seien (vgl Fasching, ZPR2, Rz 381; Rechberger/Simotta, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechtes4, Rz 205), ändere daran nichts, weil vorrangig die materielle Wirksamkeit der Prozeßhandlung zu prüfen sei und eine solche Verwaltungshandlung für die Eigentümergemeinschaft gemäß § 833 ABGB nur von der Mehrheit der Teilhaber gesetzt werden könne.
Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser jüngst geäußerten Rechtsansicht abzugehen. Dies hat zur Folge, daß der Drittantragsgegner als Minderheitseigentümer, der - nach erfolglosen Verbesserungsverfahren - allein das Gericht anrief, zur Abziehung der Rechtssache von der Schlichtungsstelle an das Gericht nicht legitimiert ist, sodaß sein diesbezüglicher Antrag vom Erstgericht zutreffend zurückgewiesen wurde.
Ob die Entscheidung der Schlichtungsstelle bisher überhaupt allen Miteigentümern rechtswirksam zugestellt wurde und ob nicht noch andere Miteigentümer oder zumindest eine Mehrheit derselben - allenfalls unter abermaliger Einbeziehung des Drittantragsgegners - noch zu einer Anrufung des Gerichtes berechtigt wären, ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zu prüfen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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