OGH 5Ob178/09a

OGH5Ob178/09a25.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H***** AG *****, 2. A***** H*****, 3. A***** K*****, 4. M***** A*****, 5. I***** P*****, 6. J***** P*****, 7. G***** E*****, 8. R***** A***** E*****, und 9. M***** P*****, wegen Grundbuchseintragungen in EZ *****, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der Erst- und Drittantragstellerinnen sowie des Viertantragstellers, alle vertreten durch Dr. Daniel Malin & Partner, Öffentlicher Notar in 6800 Feldkirch, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 17. Juni 2009, GZ 2 R 173/09w-5, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil die zur Begründung der Zulässigkeit relevierte Rechtsfrage, ob auch jene Wohnungen als „Bedarfsobjekte“ anzusehen seien, die aufgrund der bereits rechtskräftig im Grundbuch durchgeführten Wohnungseigentumsbegründung über einen eigenen, ihnen ausschließlich zur Verfügung stehenden Kfz-Abstellplatz als Zubehör verfügten, mangels Präjudizialität ebenso wenig die Kriterien des § 62 Abs 1 AußStrG erfüllt wie der Vorwurf, das Rekursgericht habe zu Unrecht einen Verstoß gegen das Neuerungsverbot angenommen.

1. Gemäß dem - hier auch nach Ansicht der Rechtsmittelwerber anzuwendenden - § 5 Abs 2 WEG 2002 (idF der WRN 2006) kann das Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für Kraftfahrzeuge bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nur von einer Person oder Eigentümerpartnerschaft erworben werden, der Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einem selbständigen Geschäftsraum der Liegenschaft (Bedarfsobjekt) zukommt; dabei kann ein Wohnungseigentümer mehrerer Bedarfsobjekte schon während der dreijährigen Frist eine entsprechende Mehrzahl von Abstellplätzen erwerben. Darüber hinaus kann der Wohnungseigentümer eines Bedarfsobjekts während der dreijährigen Frist mehrere Abstellplätze nur erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen und als Wohnungseigentumsobjekte gewidmeten Abstellplätze die Zahl der Bedarfsobjekte übersteigt.

2. Nach § 93 GBG ist für die Beurteilung des Grundbuchgesuchs der Zeitpunkt maßgebend, in dem dieses beim Grundbuchsgericht einlangte. Maßgeblich ist daher auch für das Rekursgericht und den Obersten Gerichtshof die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einlangens desselben (RIS-Justiz RS0061117; RS0049588; RS0010717; RS0061113). Im Grundbuchsverfahren ist eine Änderung der Entscheidungsgrundlagen im Zeitraum zwischen Einlangen des Gesuchs bei Gericht und dessen Erledigung unerheblich (RIS-Justiz RS0060885).

Entsprechend § 94 Abs 1 Z 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung ua nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht. Es kann bei seiner Entscheidung neben dem Buchstand, dem Gesuchsantrag und den ihm vorgelegten Urkunden nur gerichtsbekannte Tatsachen berücksichtigen (RIS-Justiz RS0040040 [T10] = 5 Ob 139/08i mwN = immolex 2009/21 [Neugebauer]). Gerichtsbekannt ist aber eine Tatsache nicht schon deswegen, weil sie in einer dem Grundbuchsgericht zugänglichen Urkundensammlung dokumentiert ist (RIS-Justiz RS0040040 [T4]). Die Gerichtskundigkeit erfordert vielmehr, dass der Richter die Tatsache kennt, ohne erst in bestimmte Unterlagen Einsicht nehmen zu müssen (RIS-Justiz RS0040040 [T3]).

§ 94 GBG regelt bloß, unter welchen materiellrechtlichen und formalrechtlichen Voraussetzungen ein Gesuch bewilligt werden darf; auf welchen Zeitpunkt die Entscheidung hierbei abgestellt werden müsse, ergibt sich eindeutig aus § 93 GBG (RIS-Justiz RS0061138).

3. Bei Einlangen des Gesuchs am 8. 5. 2009 bestand die Entscheidungsgrundlage für die hier relevante Frage einerseits im Grundbuchstand, der zwar 58 Bedarfsobjekte (= Wohnungen) erkennen ließ, denen nur 40 Abstellflächen für Kraftfahrzeuge gegenüber standen, nicht jedoch die Begründung von Zubehörwohnungseigentum an Kellerabteilen und/oder Kfz-Abstellflächen; andererseits in den vorgelegten Urkunden (vor allem die jeweiligen Kaufverträge), von denen nicht einmal die Rechtsmittelwerber behaupten, dass diesen das Vorhandensein weiterer Abstellflächen von (zubehör-)wohnungseigentumstauglicher Qualität zu entnehmen gewesen wäre; schließlich im Antrag selbst, der einen solchen Hinweis, geschweige denn die entsprechenden Urkunden dazu (betreffend Widmung und Parifizierung) oder ausreichende Hinweise darauf iSd § 87 Abs 2 GBG, ebenso wenig enthielt.

Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchgesuchs hatte daher das Grundbuchsgericht davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für den Erwerb von jeweils 2 Kfz-Abstellflächen durch die Drittantragstellerin und den Viertantragsteller nach § 5 Abs 2 WEG 2002 mangels ausreichender Anzahl von Kfz-Abstellplätzen nicht gegeben (gewesen) sind. Davon, dass der Inhalt der der Begründung von Wohnungseigentum zugrunde liegenden Urkunden (Wohnungseigentumsvertrag, Nutzwertgutachten) dem Entscheidungsorgan erster Instanz bekannt war, gehen nicht einmal die Rechtsmittelwerber aus; Derartiges lässt sich auch der Begründung des Erstgerichts nicht entnehmen, die sich nur abstrakt mit Abstellplätzen im Zubehörwohnungseigentum auseinandersetzt.

Schon die Wesentlichkeit des Zeitpunkts des Einlangens des Grundbuchgesuchs verbietet sohin eine Berücksichtigung des Inhalts des nachgereichten Schreibens des Antragstellervertreters vom 12. 5. 2009.

4. Damit erübrigt sich die Beantwortung der als erheblich angesehenen Rechtsfrage, ob auch jene Wohnungen als „Bedarfsobjekte“ anzusehen seien, die über einen eigenen, ihnen ausschließlich zur Verfügung stehenden Kfz-Abstellplatz als Zubehör verfügen, weil dieser Umstand keinen Eingang in die relevanten Entscheidungsgrundlagen gefunden hat und deshalb hier gar nicht zu prüfen war.

5. Auch zur Ansicht des Rekursgerichts, der Vortrag zu weiters vorhandenen 24 Kfz-Abstellplätzen verstoße gegen das Neuerungsverbot des § 122 Abs 2 GBG, vermag der Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Die Argumentation, diese Ausführungen im Rekurs hätten sich eindeutig aus der in der Urkundensammlung zu TZ 2711/2009 erliegenden Parifizierung ergeben und auf diese gestützt, ist aktenwidrig: Im Rekursvorbringen findet sich nämlich weder ein Hinweis auf ein konkretes Nutzwertgutachten noch auf die TZ, unter der es in der Urkundensammlung erliegt. Der von der Lehre (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 122 GBG Rz 68, und Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht § 122 GBG Rz 25, jeweils unter Berufung auf die zweitinstanzliche Entscheidung RpflSlg 1699) verneinte Verstoß gegen das Neuerungsverbot bei Rekursausführungen, die auf eine in der Urkundensammlung erliegende Urkunde verweisen, liegt daher gar nicht vor. Einer weiteren inhaltlichen Stellungnahme dazu bedarf es daher nicht.

6. Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG war das Rechtsmittel somit als unzulässig zurückzuweisen.

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