OGH 5Ob161/09a

OGH5Ob161/09a13.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als Vorsitzende sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Carla R*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Cornelia R*****, beide *****, diese vertreten durch Mag. Christian Leyroutz LL.M., Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Vaters Jürgen A*****, vertreten durch Mag. Paul Wolf, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 15. Oktober 2008, GZ 3 R 233/08m-21, mit dem über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 5. Juni 2008, GZ 2 P 119/07z-U-16, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Minderjährige hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der am 30. 6. 1978 geborene Vater hielt dem Unterhaltsfestsetzungsantrag seiner am ***** geborenen Tochter - soweit hier wesentlich - entgegen, er sei einkommenslos und gehe einem „Doppelstudium" (Medizin in Wien; Rechtswissenschaften in Linz) nach, weshalb er nicht auf eine (zusätzliche) Erwerbstätigkeit angespannt werden dürfe.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater, zum Unterhalt seiner Tochter ab deren Geburt monatliche Unterhaltsbeiträge von 170 EUR zu leisten. Es führte (ua) aus, dass auch für Studenten der Anspannungsgrundsatz in Richtung einer nicht studienverlängernden (zusätzlichen) Erwerbstätigkeit während der Ferienzeiten gelte, der Vater (nur) eine Bestätigung der Johannes Kepler Universität Linz über seinen Studienerfolg vorgelegt habe, die teilweise geschwärzt gewesen sei, und er im Übrigen nicht an der Feststellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse mitgewirkt habe. Der Vater habe allerdings behauptet, zur Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet zu sein, welche Verpflichtung erst ab einem Jahreseinkommen von 14.000 EUR bestehe. Der von einem solchen Einkommen berechnete Unterhaltsanspruch des Kindes (16 %) läge dann ohnehin über dem zuerkannten Betrag.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit das Absolvieren bzw die Fortsetzung zweier verschiedener Studien einem Unterhaltspflichtigen bei Prüfung einer möglichen Anspannung überhaupt zugebilligt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, was - wie folgt - kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG) zu begründen ist:

1. Ob die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltspflichtigen vorliegen, ist immer aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und stellt daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RIS-Justiz RS0007096; ferner 9 Ob 316/97d). Die Zulässigkeit der Anspannung auch eines Studenten (vgl dazu 12 Os 95/06x) stellt auch der Vater in seinem Revisionsrekurs nicht grundsätzlich in Frage.

2. Ein Studium kann, wie dies wohl auch der Vater im Ansatz nicht bezweifelt, nur dann unterhaltsrechtlich von einer Erwerbstätigkeit entbinden, wenn es ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (vgl [für den Unterhaltsberechtigten] RIS-Justiz RS0083694; RS0047687). Der Vater hat hier für die Beurteilung seines Erfolgs des Studiums der Medizin überhaupt keine Unterlagen vorgelegt. Für das Studium der Rechtswissenschaften liegt eine - teilweise geschwärzte - Bestätigung vor, die lediglich die - durchaus mäßigen - Ergebnisse von 5 - in der Zeit von 24. 2. 2007 bis 6. 10. 2007 abgelegten - Prüfungen ausweist. Im Übrigen hat der Vater eine Mitwirkung an der Klärung seines bisherigen Studienverlaufs abgelehnt. Vom gelungenen Nachweis ernsthaft und zielstrebig betriebener Studien des - inzwischen mehr als 30 Jahre alten Vaters - kann daher in keinem Fall ausgegangen werden; die Beobachtung lediglich weniger Monate in der Zeit ab Frühjahr 2007 - wie dies dem Vater offenbar vorschwebt - reicht dafür nicht, wenn dieser bei üblichem zeitlichen Ablauf schon rund 10 (!) Jahre studiert haben müsste. Schon aus diesem Grund besteht kein Einwand gegen eine Anspannung des Vaters auf eine Erwerbstätigkeit. Die vom Rekursgericht für erheblich erachtete und auch vom Vater in seinem Revisionsrekurs aufgegriffene Rechtsfrage, ob das Absolvieren bzw die Fortsetzung zweier verschiedener Studien einem Unterhaltspflichtigen bei Prüfung einer möglichen Anspannung zugebilligt werden könne, stellt sich daher nicht.

3. Letztlich erscheint dem Vater die Anspannung auf ein Einkommen von mehr als 1.100 EUR monatlich als bedenklich, weil ihm bestenfalls Nebenjobs oder eine Teilzeitbeschäftigung zugemutet werden könnten, mit denen er nur wenige Monate einige hundert Euro verdienen könne. Mit diesem Einwand unterstellt der Vater zunächst, es sei ihm die weitere Verfolgung eines (Doppel-)Studiums zuzubilligen, was jedoch ohne (ausreichenden) Nachweis auch nur eines ernsthaft und zielstrebig verfolgten Studiums nicht zutrifft.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Vaters unzulässig und zurückzuweisen. Die Mutter war zum Einschreiten für die Minderjährige - entgegen der Ansicht des Vaters - befugt (§ 212 Abs 4 ABGB). Da aber im Verfahren über Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes ein Kostenersatz nicht stattfindet (§ 101 Abs 2 AußStrG), hat die Minderjährige die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung (jedenfalls) selbst zu tragen.

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