Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Der am 1.5.1992 tot aufgefundene Manfred Z***** hinterließ als nächste Angehörige seine Frau Monika Z***** und seinen Vater Karl Z*****. Eine letztwillige Verfügung ist nicht vorhanden. Dem Verstorbenen gehörte gemeinsam mit seiner Frau eine Eigentumswohnung in Liezen.
In den Nachlaß fällt ein Guthaben bei der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen in Höhe von zirka S 39.000,- sowie Hausrat, Bekleidung und Wäsche. An Verbindlichkeiten bestehen Kredite für den Erwerb der Eigentumswohnung sowie eine der Bezirkssparkasse Liezen aushaftende Schuld von ca. S 34.000,-.
Der Vater des Erblassers gab im Verlassenschaftsverfahren die Erklärung ab, auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen den Nachlaß sowie auf eine Teilnahme an der Verlassenschaftsabhandlung zu verzichten (ON 7).
Die Witwe nach dem Erblasser beantragte die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 10 Abs 1 Z 5 und Abs 3 WEG 1975 sowie die Überlassung des Guthabens bei der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen sowie des anteiligen Hausrates, der Bekleidung und der Wäsche auf Abschlag ihrer ausgewiesenen Begräbniskosten und Kosten einer Grabstätte einfachster Ausführung (in Höhe von rund S 25.000,-) an Zahlungsstatt.
Nachweise über die Kosten der Grabstätte befinden sich nicht im Akt. Eine Fristsetzung im Sinne des § 10 Abs 1 Z 2 WEG ist bisher nicht erfolgt.
Das Erstgericht wies die Anträge der erblasserischen Witwe ab.
Da sich erblasserische Vater seines Erbrechtes entschlagen habe und weitere Erbberechtigte im Sinne des § 757 ABGB nach der Aktenlage nicht vorhanden seien, sei die erblasserische Witwe Alleinerbin auf Grund des Gesetzes. Die Sonderregelungen des § 10 WEG würden jedoch nur dann gelten, wenn der überlebende Ehegatte den halben Mindestanteil nicht ohnehin nach allgemeinem Erbrecht erwerbe.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach dem Verzicht des Vaters des Verstorbenen werde die erblasserische Witwe - vorbehaltlich einer Ausschlagung der Erbschaft - den gesamten Nachlaß, also auch den Hälfteanteil an der Eigentumswohnung als Erbin allein erwerben. Es gelten daher die allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen, sodaß die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 10 Abs 1 Z 5 WEG nicht in Frage komme.
Eine Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt komme nicht in Betracht, weil der Nachlaß wegen des darin enthaltenen Liegenschaftsvermögens (= Hälfteanteil des Verstorbenen an der Eigentumswohnung) nicht als geringfügig angesehen werden könne. Überdies sei eine Überlassung an Zahlungsstatt unzulässig, wenn Liegenschaften in den Nachlaß gehörten.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es keine bzw. keine neuere veröffentlichte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Anwendungsbereich des § 10 WEG im Falle des Eigentumserwerbes durch Erbschaft gebe.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der erblasserischen Witwe mit dem Antrag, die begehrte Amtsbestätigung auszustellen und ihr den Nachlaß an Zahlungsstatt zu überlassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Sonderbestimmungen des § 10 Abs 1 Z 1 bis 5 WEG gelten nur für den Fall, daß der überlebende Ehegatte den Anteil des Verstorbenen am Mindestanteil (= den halben Mindestanteil) nicht ohnehin als Erbe oder Vermächtnisnehmer allein erwirbt. Das heißt nicht, daß es auf die bloße Berufung des überlebenden Ehegatten als Erben (hier: auf Grund des Gesetzes) oder als Vermächtnisnehmer ankäme. Maßgebend ist vielmehr der Erwerb der Erbschaft. Dazu kommt es nicht, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt. Der überlebende Ehegatte hat nämlich die Wahl zwischen dem nicht weiter begünstigten Erwerb als Erbe oder letztwilliger Vermächtnisnehmer einerseits und dem Verzicht auf alle Rechte bezüglich der Wohnung aus letztwilligen Verfügungen bzw. dem gesetzlichen Erbrecht, aber der Akkreszenz mit allen Vorteilen des § 10 WEG andererseits (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 10 WEG mwN). Auf die Ausübung des Wahlrechtes zugunsten der Akkreszenz nach § 10 WEG deutet das Verhalten der erblasserischen Witwe im Verlassenschaftsverfahren hin, ohne daß sie dies allerdings bisher ausdrücklich erklärt hätte. Sie wird daher im fortzusetzenden Verfahren zu einer diesbezüglichen ausdrücklichen Erklärung anzuleiten sein. Kann man sodann im fortzusetzenden Verfahrn von einer Erbsentschlagung der erblasserischen Witwe ausgehen, so braucht nicht weiter untersucht werden, ob die als Erbsentschlagung interpretierbare Erklärung des Vaters des Erblassers (ON 7) wirklich zum alleinigen Erbrecht der erblasserischen Witwe geführt hätte oder ob nicht an die Stelle des Entsagenden dessen allfällige Nachkommen getreten wären (zu dieser Problematik s Welser in Rummel, ABGB2, Rz 35 zu §§ 799 und 800).
Der als Vindikationslegat konstruierte Erwerb kraft Gesetzes durch Anwachsung (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 10 WEG) bewirkt, daß dieser Anteil eben wegen dieses unmittelbaren Eigentumsüberganges nicht in die Verlassenschaftsmasse fällt (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 10 WEG Rz 3). Allerdings tritt gemäß § 10 Abs 1 Z 2 WEG dieser Zuwachs nicht ein, wenn der überlebende Ehegatte vor dem Ablauf einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder auf den Zuwachs verzichtet oder gemeinsam mit den (hier: allfälligen) Erben des Verstorbenen (unter Zustimmung allfälliger Pflichtteilsberechtigter) eine Vereinbarung betreffend den Übergang des Mindestanteiles schließt. Während der offenen Frist ist der überlebende Ehegatte gemäß § 10 Abs 1 Z 4 WEG hinsichtlich des gesamten Anteils einem Erben gleichgestellt, dem die Besorgung und Benützung des Nachlasses überlassen worden ist.
Durch die Bestimmung des § 10 Abs 1 Z 2 WEG ist daher der Übergang des halben Mindestanteils des verstorbenen Ehegatten ins Eigentum des überlebenden Ehegatten ein auflösend bedingter. Dieser Schwebezustand dauert an, solange die Frist nicht gesetzt wurde (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 10 WEG). In der hier zu beurteilenden Rechtssache wurde bisher eine solche Frist nicht gesetzt. Dies hindert zwar nicht, daß der Ehegatte von sich aus verbindlich erklärt, weder zu verzichten noch übertragen zu wollen (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 10 WEG unter Hinweis auf Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG 1975, 250). In der hier zu beurteilenden Rechtssache dauert dieser Schwebezustand noch an, weil bisher weder der erbl.Witwe in die § 10 Abs 1 Z 2 WEG vorgesehene angemessene Frist gesetzt wurde noch sie von sich aus die entsprechenden Erklärungen abgab, obgleich auf Grund ihrer bisherigen Vorgangsweise im Verlassenschaftsverfahren zu vermuten ist, daß sie bei entsprechender Belehrung eine solche Erklärung abgeben wird. Solange jedoch der Schwebezustand andauert, kann die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 10 Abs 1 Z 5 WEG nicht erfolgen.
Über den Antrag der erblasserischen Witwe auf Überlassung des Bausparguthabens sowie der Kleidung und Wäsche an Zahlungsstatt zur teilweisen Berichtigung der Begräbnis- und Grabkosten wird gleichfalls erst entschieden werden können, wenn feststeht, daß der Liegenschaftsanteil des Erblassers nicht in den Nachlaß fällt und wenn auch die behaupteten Grabkosten nachgewiesen sind.
Werden durch die Begräbnis- und Grabkosten die Nachlaßaktiven aufgebraucht, so darf in dem Beschluß betreffend die Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt der erblasserischen Witwe kein Auftrag zur Bezahlung anderer Schulden erteilt werden. Sollte der zu verteilende Nachlaß höher sein als diese als Masseforderungen (§ 46 Abs 1 Z 7 KO) zu behandelnden Forderungen der erblasserischen Witwe, so wird der Rest kridamäßig den anderen Gläubigern zuzuteilen sein. Diese sind dem Verfahren beizuziehen.
Das Erstgericht wird daher im Sinne der dargelegten Rechtsansicht nach Verfahrensergänzung neu zu entscheiden haben.
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