Normen
AngG §7 (2)
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII
AngG §7 (2)
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII
Spruch:
Der Eintritt des Dienstgebers in ein bestimmtes, verbotswidrig von einem Angestellten abgeschlossenes Geschäft, verpflichtet zwar den Dienstnehmer zur Rechnungslegung über dieses Geschäft, berechtigt aber den Dienstgeber nicht - abgesehen von einer gesonderten Vereinbarung -, Auskunft darüber zu verlangen, ob der Angestellte noch weitere verbotswidrige Geschäfte abgeschlossen hat
Entscheidung vom 22. September 1966, 5 Ob 156/66
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien
Text
Die Klägerin stützte ihr Begehren, die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, a) unter Angabe der genauen Bezeichnung der Lieferanten, der bestellten Mengen und der vereinbarten Preise und Zahlungskonditionen, welche Handelswaren für das graphische und verwandte Gewerbe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung oder als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma X Druckereibedarf-Handelsgesellschaft mbH. bis einschließlich 31. Dezember 1964 bestellt haben; b) welche dieser Waren bis zum 31. Dezember 1964 an die beklagten Parteien oder an die Firma X Druckereibedarf-Handelsgesellschaft mbH. zur Auslieferung gelangt sind; c) welche der unter a) bezeichneten Bestellungen noch offen sind; d) unter Angabe der genauen Bezeichnung der Kunden, der bestellten Mengen und der vereinbarten Preise und Zahlungskonditionen, welche schriftlichen, mündlichen oder fernmündlichen Aufträge zur Lieferung von Handelswaren für das graphische und verwandte Gewerbe sie bis 31. Dezember entgegengenommen haben; und einen Eid darüber abzulegen, daß die von ihnen gelegte Rechnung richtig und vollständig ist, auf die Behauptung, daß die Beklagten, die in der Zeit vom 23. April 1964 bis 18. November 1964 auch Geschäftsführer der Klägerin gewesen seien, während ihres aufrechten Dienstverhältnisses mit der Klägerin in Verletzung des Dienstvertrages sowie des Konkurrenzverbotes des § 7 AngG. Warenbestellungen für ein von ihnen gegrundetes Konkurrenzunternehmen aufgegeben haben. Die Klägerin habe den Beklagten erklärt, von ihrem Eintrittsrecht gemäß § 7 (2) AngG. Gebrauch zu machen, und habe die Beklagten aufgefordert, über die von ihnen persönlich oder als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma X Druckereibedarf-Handelsgesellschaft mbH. abgeschlossenen Geschäfte über Handelsware im Geschäftszweig der Klägerin Rechnung zu legen. Dieser Aufforderung haben die Beklagten aber nicht entsprochen.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens.
Es stellte fest, daß die Beklagten nach Kündigung ihres Dienstverhältnisses von der Klägerin nicht fristlos entlassen wurden und daß auch keine rückwirkende einverständliche Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgte. Deshalb sei für die Beklagten das Konkurrenzverbot nach dem Angestelltengesetz bis Jahresende 1964 verbindlich gewesen. Die Beklagten haben dieses Konkurrenzverbot übertreten, da sie in der Zeit zwischen der Kündigung und Jahresende 1964 namens der zu grundenden Gesellschaft "X-Druckereibedarfsgesellschaft mbH.", deren alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sie seien, einschlägige Waren bei mehreren im einzelnen namentlich festgestellten Firmen des In- und Auslandes bestellten. Zur Auslieferung dieser Waren sei es nicht gekommen, weil ein Teil dieser Firmen den Abschluß des Vertrages ablehnten oder den Vertrag später stornierten, die übrigen Aufträge aber von den Beklagten storniert worden seien. Hinsichtlich eines Teiles der letzteren Aufträge seien allerdings Anfang 1965 wieder Lieferverträge abgeschlossen worden. Die Beklagten haben sich auch bei einer Münchner Firma um die Übertragung des Vertriebes ihrer Präparate, der bis dahin durch die Klägerin erfolgt sei, beworben.
Im übrigen führte das Erstgericht aus, es könne weder festgestellt werden, daß die Beklagten vor Jahresende 1964 Ware ausgeliefert erhalten haben, noch sei es erwiesen, daß die Beklagten keine Ware erhalten haben und daß keines der bis dahin offerierten Geschäfte zur Ausführung gekommen sei. Die Übertretung des Konkurrenzverbotes durch die Beklagten rechtfertige den Anspruch der Klägerin auf Rechnungslegung, da weder der Umfang der bekannten Geschäfte feststehe noch gesagt werden könne, daß daneben nicht auch andere Geschäfte abgeschlossen und durchgeführt worden seien. Nach Art. XLII EGZPO. habe die Klägerin auch Anspruch auf Beeidigung der zu legenden Rechnung. Soweit in der Entscheidung SZ. XXXII 25 ein gegenteiliger Standpunkt vertreten werde, könne sich das Erstgericht diesem nicht anschließen.
Über Berufung der Beklagten wies das Berufungsgericht das Klagebegehren ab.
Es hielt eine Stellungnahme zu der in der Berufung erhobenen Mängelrüge und zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung für entbehrlich, weil das Klagebegehren schon nach dem von der Klägerin behaupteten Sachverhalt nicht gerechtfertigt sei: die Klägerin stütze ihren Anspruch ausdrücklich auf § 7 AngG. und auf Punkt IV des Dienstvertrages, der im wesentlichen das gleiche Konkurrenzverbot enthalte. Das Rechnungslegungsbegehren nach Art. XLII EGZPO. setze voraus, daß nach bürgerlichem Recht eine Pflicht zur Angabe des Vermögens und der Schulden bestehe. Ein auf die Behauptung der Verletzung des Konkurrenzverbotes des § 7 (2) AngG. gestütztes Rechnungslegungsbegehren sei abzulehnen, weil, wie der Oberste Gerichtshof in SZ. XXXII 25 ausgesprochen habe, der Beklagte nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes dazu nicht verpflichtet sei, solange vom Eintrittsrecht nicht wirklich Gebrauch gemacht werde. Die Klägerin habe allerdings erklärt, von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch zu machen und in die von den Beklagten abgeschlossenen Kauf- und Verkaufsgeschäfte über Handelsware einzutreten, doch habe die Klägerin damit von ihrem Eintrittsrecht noch nicht wirksam Gebrauch gemacht, weil es dazu der Bezeichnung der konkreten Geschäfte bedurft hätte, in die sie eintreten wolle. Die Klägerin strebe mit der vorliegenden Klage nur die Feststellung der einzelnen Geschäfte an, sie wolle also zunächst keine Rechnungslegung im Sinne des ersten Falles des Art. XLII EGZPO., sondern die Bekanntgabe von Tatsachen, auf Grund deren sie sich für den Eintritt in die einzelnen Geschäfte entscheiden könne. Die Erklärung der Klägerin, in alle von den Beklagten bis 31. Dezember 1964 abgeschlossenen Kauf- und Verkaufsgeschäfte eintreten zu wollen, sei zu unbestimmt, um die Voraussetzungen des § 7 (2) AngG. zu erfüllen. Das Begehren auf Rechnungslegung sei daher nicht begrundet, damit falle aber auch der Anspruch der Klägerin auf Eidesleistung, daß die Abrechnung richtig und vollständig sei, fort.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Frage, ob die vorliegende Klage mit Recht vor das ordentliche Gericht gebracht wurde oder ob darüber gemäß § 1 (1) Z. 1 ArbGerG. das Arbeitsgericht zu entscheiden hätte, ist nicht mehr zu prüfen, obwohl die allenfalls bestehende sachliche Unzuständigkeit eine unheilbare sein würde, die in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen wäre (SpR. 47 neu, ArbSlg. 6889, JBl. 1961 S. 90, EvBl. 1960 Nr. 293). Denn es ist im Hinblick auf die Entscheidungen der Vorinstanzen davon auszugehen, daß diese die von den Parteien allerdings nicht aufgeworfene Frage der sachlichen Zuständigkeit auch geprüft haben und zur Bejahung der Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes kamen. Damit liegt aber eine noch bindende Entscheidung über das allfällige Prozeßhindernis vor, die im Sinne des Jud. 63 neu seiner Wahrnehmung in höherer Instanz entgegensteht (vgl. JBl. 1959 S. 37, SZ. XXXI 74, ähnlich JBl. 1956 S. 562). Darüber hinaus ist aber auch tatsächlich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nicht gegeben, weil nach der maßgebenden Behauptung der Klage die Beklagten nicht nur Angestellte der klagenden Gesellschaft mbH., sondern auch deren Geschäftsführer waren und daher der Ausnahmstatbestand nach § 2 (2) ArbGerG. vorliegt.
Der Revision kommt in der Sache selbst keine Berechtigung zu. Soweit die Revision die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes bekämpft, daß selbst bei Unterstellung der Richtigkeit der Klagsbehauptungen der geltend gemachte Klagsanspruch nicht gegeben sei, vermag sie keine überzeugenden Gründe anzuführen. Insbesondere findet die Auffassung der Klägerin, daß dem Dienstgeber, der nachzuweisen vermag, daß sein Angestellter in Verletzung des Konkurrenzverbotes ein oder mehrere Geschäfte tätigte, ein Anspruch auf Mitteilung sämtlicher derartiger Geschäfte und Beeidigungen der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Mitteilung zustehe, im Gesetz keine Deckung. Daß im vorliegenden Fall das vereinbarte Konkurrenzverbot einen über die Bestimmung des § 7 AngG. hinausgehenden Inhalt gehabt habe, behauptet selbst die Klägerin nicht, und dies geht auch aus Punkt IV des mit den Beklagten abgeschlossenen Angestelltenvertrages Beilage ./B nicht hervor. Im Falle der Verletzung des gesetzlichen Konkurrenzverbotes hat der Dienstgeber jedoch bloß die Wahl, entweder Schadenersatz zu verlangen oder in die verbotswidrig geschlossenen Geschäfte seiner Angestellten einzutreten, bzw. die Herausgabe des daraus erzielten Gewinnes zu begehren. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß Voraussetzung für den Eintritt in derartige Geschäfte die Kenntnis des Dienstgebers davon ist, kann kein Rechtsirrtum erblickt werden. Eine allgemein gehaltene Erklärung des Dienstgebers, in sämtliche verbotswidrige Geschäfte des Angestellten eintreten zu wollen, ohne daß diese im einzelnen spezifiziert werden, bewirkt daher keinen tatsächlichen Eintritt und führt somit auch zu keiner Abrechnungs- und Herausgabepflicht des Angestellten. Die Pflicht des Angestellten, im Falle eines nach § 7 (2) AngG. wirksamen Eintrittes seines Dienstgebers in ein bestimmtes verbotswidrig vom Angestellten abgeschlossenes Geschäft dem Dienstgeber darüber Rechnung zu legen, berechtigt den Dienstgeber an und für sich noch keineswegs, auch Auskunft darüber zu verlangen, ob der Angestellte noch andere verbotswidrige Geschäfte abgeschlossen hat. Eine solche Auskunftspflicht könnte freilich auf Grund einer besonderen Vereinbarung bestehen und es würde unter Umständen eine derartige Vereinbarung auch das Klagebegehren zu rechtfertigen vermögen. Daß zwischen den Streitteilen eine derartige Vereinbarung ausdrücklich oder stillschweigend abgeschlossen wurde, wird aber weder in der Klage behauptet noch kam solches im Verfahren hervor. Der Hinweis der Revision auf die Entscheidung 6 Ob 193/65 = JBl. 1966 S. 145 greift daher nicht durch. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob eine Klage auf Auskunftserteilung, wie die vorliegende, überhaupt als solche gemäß Art. XLII EGZPO. anzusehen ist. Besteht aber kein Anspruch auf Auskunftserteilung, dann bedarf es auch keiner Erörterung, ob eine Eidesleistung begehrt werden kann.
Jedenfalls erkannte das Berufungsgericht zutreffend, daß das Vorbringen der Klägerin den geltend gemachten Anspruch nicht zu rechtfertigen vermag (s. hiezu auch die vom Berufungsgericht zitierte SZ. XXXII 25).
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