OGH 5Ob139/11v

OGH5Ob139/11v25.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M*****, 2. B*****, beide vertreten durch Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ ***** GB *****, vertreten durch Dr. Nora Kluger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 44.508,75 EUR sA (Revisionsinteresse 23.214 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Mai 2011, GZ 12 R 15/11f-22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird, soweit sie die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts bekämpft, gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO als jedenfalls unzulässig, im Übrigen jedoch gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die von den Klägern als Wohnungseigentümer aufgewendeten Kosten für die Erneuerung eines auf einer oberen und unteren Terrasse des Hauses angebrachten Geländers eine Maßnahme iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG betraf, die der ordnungsgemäßen Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft diente: Die Terrassen gehören, entgegen der ursprünglichen, irrigen Annahme der Kläger, die sich auf Zusagen ihres Rechtsvorgängers bei Kaufvertragsabschluss gründete, nicht zu ihrem Wohnungseigentumsobjekt, sondern stellen allgemeine Teile der Liegenschaft dar. Es steht fest, dass sich das Geländer in einem desolaten und gefährlichen Zustand (Absturzgefahr) befand.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der beklagten Eigentümergemeinschaft, die sich gegen den Zuspruch dieser Kosten wendet, zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Nach ständiger, vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegebener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sowohl zu § 13c Abs 1 WEG 1975 als auch zu § 18 Abs 1 WEG ist die Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung nicht bloß fakultativ. Entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Auffassung können die Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft in Ansehung der Verwaltung und ihre Sachlegitimation nicht getrennt werden: Vielmehr bedingt die Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft in diesem Bereich auch deren ausschließliche Sachlegitimation (RIS-Justiz RS0110079 [T1]; 5 Ob 261/03y SZ 2003/153; 5 Ob 272/09z wobl 2011/53).

2. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 95/04p (wobl 2005/5 [Call]) bejahte der Oberste Gerichtshof die Sachlegitimation (dort: Aktivlegitimation) der Eigentümergemeinschaft für Ansprüche, die aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis resultieren, etwa für einen Bereicherungsanspruch, der seine Wurzel in der Verwaltung der Liegenschaft und damit in dem durch § 18 Abs 1 WEG definierten Rechtsbereich hat.

3. Diese Überlegungen gelten auch für den hier vorliegenden Fall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Wohnungseigentümer Aufwendungen tätigte, die den Pflichtenkreis der Eigentümergemeinschaft betreffen.

4. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Das gilt auch für die Beurteilung, ob das erstattete Vorbringen soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht (RIS-Justiz RS0042828). Davon, dass die Auslegung des Parteivorbringens der Kläger durch das Berufungsgericht mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt (RIS-Justiz RS0042828 [T11]), kann im Anlassfall keine Rede sein: Die Kläger brachten deutlich zum Ausdruck, dass sie Kosten für Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses aufwendeten, die die beklagte Partei hätte tragen müssen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten sich auf einen Bereicherungsanspruch berufen, ist somit nicht zu beanstanden.

5. Den auf § 1042 ABGB gegründeten Zuspruch des Berufungsgerichts bezweifelt die Revisionswerberin ausschließlich unter Hinweis auf den fehlenden „animus obligandi“ der Kläger. Bei irrtümlicher Erbringung von Leistungen ist jedoch nach der Rechtsprechung ein hypothetischer Rückforderungswille anzunehmen; für das Fehlen des „animus obligandi“ ist der Anspruchsgegner beweispflichtig (RIS-Justiz RS0019915 [T2]). Die Rückforderung ist nur ausgeschlossen, wenn die Leistung nachweislich in der Absicht erfolgte, keinen Ersatz zu verlangen (RIS-Justiz RS0019915 [T4]).

6. Ob § 1042 ABGB als Anspruchsgrundlage überhaupt in Betracht kommt (vgl zur strittigen Frage der Anwendbarkeit des § 1042 ABGB im zweipersonalen Verhältnis Koziol in KBB³ § 1042 Rz 5 mwN) kann hier dahinstehen, weil die beklagte Partei die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 1042 ABGB in ihrer außerordentlichen Revision nicht in Frage stellt. Es kann daher auch eine Auseinandersetzung damit unterbleiben, ob nicht - vom Vorbringen der Kläger ebenfalls gedeckt - die Erneuerung des Geländers als Handlung zu qualifizieren ist, für deren Vornahme ein dem verschafften Nutzen angemessenes Entgelt iSd § 1431 ABGB zu leisten ist (vgl dazu Koziol in KBB³ § 1431 Rz 7 mwN). Auch ein Eingehen auf die in der Revision relevierte weitere Anspruchsgrundlage eines Verwendungsanspruchs nach § 1041 ABGB, den das Berufungsgericht ebenfalls bejahte, ist aus diesem Grund nicht erforderlich.

7. Die Unzulässigkeit der Revision hinsichtlich der Bekämpfung der berufungsgerichtlichen Kostenentscheidung beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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