European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129574
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur die Berechtigung eines Lagezuschlags für die vom Antragsteller gemietete Wohnung in dem im 8. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Haus der Antragsgegnerin. Im Mietvertrag sind die besondere Infrastruktur, die exzellenten Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Gebrauch und die zentrale Erreichbarkeit durch öffentliche Verkehrsmittel angeführt.
Das Erstgericht bejahte die Berechtigung des Lagezuschlags und wies den Mietzinsüberprüfungsantrag ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1.1. Die mit dem 3. WÄG eingeführte Bestimmung des § 16 Abs 4 MRG knüpft die Zulässigkeit eines Lagezuschlags daran, dass die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§ 2 Abs 3 RichtWG), und die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände dem Mieter in Schriftform spätestens bei Zustandekommen des Mietvertrags ausdrücklich bekanntgegeben worden sind. Dies ist eine zwingende Schutzbestimmung zu Gunsten des Mieters (RIS‑Justiz RS0111820) mit dem Zweck, den Mieter durch die verbale Umschreibung mit ausreichender Klarheit darüber zu informieren, warum die Wohnung im Sinn des § 16 Abs 4 erster Halbsatz MRG eine überdurchschnittliche Lage aufweist (5 Ob 71/16a), und ihm damit die Überprüfung der Berechtigung dieses Zuschlags zu ermöglichen (RS0111820 [T2]; RS0111201).
1.2. Mehrfach sprach der Fachsenat bereits aus, dass es ausreicht, wenn im Mietvertrag schlagwortartig entsprechende, den Wohnwert des Hauses beeinflussende Kriterien angeführt werden (5 Ob 216/00a mwN). Werden die für den Lagezuschlag maßgeblichen Umstände ausreichend deutlich angegeben, genügt die Berufung des Vermieters auf den Lagezuschlag im Mietzinsüberprüfungsverfahren, um ihn zu ermitteln und zu berücksichtigen (RS0114796). Demnach beurteilte der Fachsenat den Hinweis auf die zentrale Verkehrslage einer Wohnung in Wien 1, Wollzeile, ebenso als ausreichend deutlich (5 Ob 180/00g) wie den auf die verkehrsgünstige Lage und den Blick ins Grüne (5 Ob 216/00a), auf die ruhige zentrumsnahe Lage in Innsbruck (5 Ob 241/00b), auf die Lage des Hauses im Cottage‑Viertel, die Nähe zum Prater und die günstige Verkehrsanbindung (5 Ob 99/15t) oder die gute Wohnlage, sehr gute Infrastruktur sowie Einkaufsmöglichkeiten und öffentliche Verkehrsmittel in unmittelbarer Nähe (5 Ob 71/16a). Die Verwendung des Begriffs „außerhalb eines Gründerzeitviertels“ reicht hingegen nicht (5 Ob 199/98w), ebensowenig ein Hinweis auf die „überdurchschnittliche Lage“ mit einem prozentuell ausgewiesenen Lagezuschlag der Höhe nach (5 Ob 18/17h).
1.3. Die Auffassung der Vorinstanzen hält sich in dem von dieser Rechtsprechung bereits vorgegebenen Rahmen, wonach kein allzu strenger Maßstab anzulegen ist, sodass die schlagwortartige Umschreibung der die Lage beeinflussenden Faktoren ausreicht. Dass der Hinweis auf die besondere Infrastruktur und exzellente Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Gebrauch – wie vom Rekursgericht hervorgehoben – auch kulturelle Einrichtungen, Bildungsstätten, Lokale und die Möglichkeit zur Gesundheitsversorgung im unmittelbaren Nahebereich der Liegenschaft umfasst, ist jedenfalls keine Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Die Beurteilung der Berechtigung des Lagezuschlags hat sich nämlich an den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu orientieren und eröffnet dem Rechtsanwender einen gewissen Wertungs‑ und Ermessensspielraum (RS0111201 [T3]), sodass der Oberste Gerichtshof nur im Fall einer – hier nicht vorliegenden – groben Fehlbeurteilung korrigierend einzugreifen hätte.
2.1. Auch das von den Vorinstanzen herangezogene Referenzgebiet für die Beurteilung der (Über‑)Durchschnittlichkeit einer Lage entspricht höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Zur Beurteilung, wann eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen), wobei in Wien als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft maximal der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern auf jene Teile des (Wiener) Stadtgebiets abzustellen ist, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und daher ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden (RS0131812). Für ein – wie hier – im 8. Bezirk gelegenes Haus sind dies die innerstädtischen Gebiete mit der dafür typischen geschlossenen mehrgeschossigen Verbauung (5 Ob 242/18a).
2.2. Das Rekursgericht hat das herangezogene Referenzgebiet zwar nicht ausdrücklich bezeichnet, gerade durch die Abgrenzung von dem der zitierten Entscheidung 5 Ob 74/17v zugrunde liegenden Sachverhalt (dort eine Wohnung im 5. Gemeindebezirk) aber deutlich gemacht, dass es als Referenzgebiet von den innerstädtischen Gebieten mit der typischen geschlossenen mehrgeschossigen Verbauung als Vergleichsmaßstab ausging. Seine Auffassung, die Qualität der im Zentrum der Josefstadt gelegenen, in fußläufiger Entfernung über nahezu jegliche denkbare Infrastruktur verfügenden Wohnung sei mit der zu 5 Ob 242/18a beurteilten – ebenfalls im 8. Wiener Gemeindebezirk gelegenen – Wohnung vergleichbar, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall. Die beanstandete Aussage, sämtlichen im 8. Bezirk gelegenen Wohnungen sei eine überdurchschnittliche Lage zuzubilligen, ist den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen.
3. Der außerordentliche Revisionsrekurs war zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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