Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist per 1. 4. 2000 in die Hauptmietrechte seiner Mutter an der Wohnung top 3 im Haus ***** eingetreten. Dieser Umstand wurde der Hausverwaltung mit Schreiben vom 24. 3. 2000 bekannt gegeben, das am 27. 3. 2000 bei der Hausverwaltung einlangte. Mit Schreiben vom 15. 12. 2000 hat die Antragsgegnerin, die Eigentümerin des Hauses *****, dem Antragsteller rückwirkend für den Zeitraum April 2000 bis Dezember 2000 eine Hauptmietzinsnachzahlung von brutto S 16.688,52 vorgeschrieben. Bis zum 31. 3. 2000 hatte der Hauptmietzins netto 1.675,97 betragen; die Erhöhung nach § 46 Abs 2 MRG würde einen Hauptmietzins von monatlich netto S 3.361,68 ergeben. Der Antragsteller begehrte die Überprüfung der Hauptmietzinsvorschreibung von April 2000 bis Dezember 2000. Er steht auf dem Standpunkt, die seit dem 3. WÄG geltende Regelung des § 46b MRG für die Geltendmachung von Anhebungsbegehren nach §§ 46, 46a MRG schließe eine rückwirkende Vorschreibung des angehobenen Mietzinses aus. Die Antragsgegnerin ist gegenteiliger Ansicht. Das Erstgericht, das gemäß § 40 Abs 1 MRG mit der Mietzinsüberprüfung befasst wurde, stellte fest, dass durch die rückwirkende Vorschreibung eines Bruttohauptmietzinses von insgesamt S 16.688,52 der gesetzlich zulässige Hauptmietzins im Zeitraum April 2000 bis Dezember 2000 um monatlich S 1.685,71 zuzüglich 10 % USt, insgesamt also um S 16.688,52 (brutto) überschritten worden sei. Es meinte, dass es unzulässig sei, einen gemäß § 46 Abs 2 MRG angehobenen Hauptmietzins rückwirkend geltend zu machen. Nach § 46b MRG sei das Anhebungsbegehren des Vermieters spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem der angehobene Mietzins erstmals in Rechnung gestellt wird, schriftlich bekannt zu geben. Der Gesetzeswortlaut ("... Zinstermin, zu dem der Vermieter die Entrichtung des angehobenen Mietzinses [nicht der Nachzahlung!] fordert ...") sei eindeutig und verbiete jede Nachforderung. § 46b MRG sei demnach nicht eine bloß die Fälligkeit regelnde Bestimmung; wäre dem so, hätte es ausgereicht, den Eintritt der Zahlungspflicht des Mieters vom Verstreichen einer bestimmten Frist ab Zugang des Erhöhungsbegehrens abhängig zu machen (LGZ Wien, 40 R 542/98x).
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung wie folgt ab:
Es stellte fest, dass die Antragsgegnerin durch die rückwirkende Vorschreibung eines zusätzlichen Hauptmietzinses von S 1.685,71 zuzüglich 10 % USt im April 2000 für die Wohnung ***** das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um diesen Betrag überschritten hat, wies jedoch das Mehrbegehren festzustellen, dass die Antragsgegnerin durch rückwirkende Vorschreibung von weiteren Hauptmietzinsen von monatlich S 1.685,71 zuzüglich 10 % USt für die Monate Mai 2000 bis Dezember 2000 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe, ab.
Dies aus folgenden Gründen:
Nach § 46 Abs 2 MRG dürfe der Vermieter vom in das Hauptmietrecht Eingetretenen ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses ... verlangen. Dass die durch das 3. WÄG geschaffene Bestimmung des § 46b MRG eine "rückwirkende Anhebung" verbiete, sei - gleich dem Erstgericht - zwar auch in der unveröffentlichten Entscheidung des Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom 23. 2. 1999, 40 R 542/98x, vertreten worden, doch sei dem nicht zu folgen.
Die Anhebung könne grundsätzlich auch rückwirkend erfolgen, woran § 46b MRG nichts geändert habe, weil dieser - seit 1. 3. 1994 - (nur) die Fälligkeit regle (Würth/Zingher, Miet- und WohnR20, Rz 2 zu § 46 MRG). Die wörtliche Auslegung des § 46b MRG schließe ein solches Ergebnis keineswegs aus. Auch das Argument, der erste Satz des § 46b MRG spreche von der "Entrichtung des angehobenen Mietzinses" und nicht von einer Nachzahlung, überzeuge nicht. Die Formulierung "Entrichtung des angehobenen Mietzinses" enthalte nämlich kein erkennbares zeitliches Moment, sodass die hier interessierende Frage, ob lediglich die Anhebung der zukünftigen Mietzinse oder auch eine zeitlich rückwirkende Anhebung behandelt wird, offen bleibe. Häufig ergebe der Gesamtzusammenhang einer Regelung, insbesondere die Stellung eines Rechtssatzes unter anderen Rechtssätzen, welche der möglichen Wortsinndeutung zu wählen ist. Der Ausleger habe jener Bedeutung den Vorzug zu geben, die die Gesamtregelung konsequent erscheinen lässt und einzelnen Bestimmungen nicht jeden Anwendungsbereich nimmt (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I12, 22). Dies führe dazu, dass § 46b MRG im Zusammenhang mit § 46 Abs 2, 1. Satz MRG zu lesen sei. Verstünde man § 46b MRG nicht als "bloße" Fälligkeitsvorschrift, führte dies in den meisten Fällen zu einem Widerspruch zu § 46 Abs 2 MRG, weil in den seltensten Fällen (und dann auch nur bei einer Abtretung nach § 12 MRG, nie jedoch bei einem Eintritt nach § 14 MRG) "zu dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin" angehoben werden dürfte. Nur in jenem seltenen Fall wie dem vorliegenden, wo der Vermieter bereits vor dem Tag des Eintritts (hier: 1. 4. 2000) davon verständigt wird, sei es theoretisch möglich, dass der Vermieter sein Anhebungsbegehren dem Eintretenden noch vor dem Tag des Eintritts bekannt gibt und damit der Zeitpunkt der Anhebung nach § 46 Abs 2 MRG (hier: 1. 5. 2000) und jener nach § 46b MRG zusammenfallen. In allen anderen Fällen, wenn der Vermieter sein schriftliches Anhebungsbegehren dem Eintretenden bereits am Tag seines Eintritts (1. 4. 2000) bekannt gäbe, dürfte er (nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes) die Anhebung frühestens per 1. 6. 2000 verlangen. § 46 Abs 2 MRG erlaube dem Vermieter hingegen bereits per 1. 5. 2000 die Anhebung des Hauptmietzinses.
Der Zweck einer Mietzinsregelung wie jener des § 46 Abs 2 MRG bestehe - vergleichbar den Regelungen in § 12a MRG - darin, dass der Vermieter im Gegenzug für einen ihm aufgedrängten Mietvertragspartner den Mietzins anheben kann, und zwar ab dem Tag des Mieterwechsels. Eine Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik, vor allem aber des Gesetzeszwecks, führe daher zum Ergebnis, dass § 46b MRG (über die Funktion als Formvorschrift hinausgehend) nur als Fälligkeitsregelung verstanden werden könne.
Der Antragsteller mache im Übrigen erstmals in der Rekursbeantwortung einen stillschweigenden Verzicht der Antragsgegnerin auf eine rückwirkende Erhöhung des Hauptmietzinses geltend. Wegen des auch im Außerstreitverfahren gemäß § 37 MRG geltenden Neuerungsverbots (MietSlg 52.459 = WoBl 2001/142; MietSlg 51.433; 50.284 = WoBl 2000/173) sei dieses Vorbringen unbeachtlich.
Allerdings dürfe nach § 46 Abs 2 MRG der Hauptmietzins erst "ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin" erhöht werden. Im vorliegenden Fall sei daher eine Anhebung des Hauptmietzinses erst ab dem 1. 5. 2000 zulässig gewesen. Folglich sei durch die Vorschreibung eines erhöhten Hauptmietzinses für den Monat April 2000 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar EUR 10.000 nicht überschreitet, die Anrufung des Obersten Gerichtshofes jedoch zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe (auch nicht in der Entscheidung 5 Ob 186/00i), ob § 46b MRG nur die Fälligkeit der Mietzinserhöhung regelt oder - wie in der zitierten Entscheidung des Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vertreten - darüber hinausgehend einer Rückwirkung der Anhebung entgegensteht.
Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs strebt der Antragsteller die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses an; hilfsweise hat er einen Aufhebungsantrag gestellt. Er ist der Ansicht, der Gesetzgeber des 3. WÄG habe mit der Regelung des § 46b bewusst für alle Anhebungsfälle der §§ 46 und 46a MRG eine Bestimmung geschaffen, die eine rückwirkende Geltendmachung von Erhöhungsbeträgen ausschließt. Andernfalls hätte er es bei der alten Regelung belassen können und den Anhebungsfall des § 46 Abs 2 MRG gar nicht erst in § 46b MRG erwähnen müssen. Gerade im gegenständlichen Fall einer vor dem Wirksamwerden des Mietrechtseintritts liegenden Verständigung des Vermieters bestätige sich die Sinnhaftigkeit der Regelung. Jedenfalls sei aber im langen Zuwarten der Antragsgegnerin mit der Geltendmachung der Mietzinsanhebung ein Verzicht zu erblicken. Dessen Geltendmachung verstoße nicht gegen das Neuerungsverbot, weil es um eine amtswegig zu lösende Rechtsfrage gehe.
Die Antragsgegnerin hat sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und die Bestätigung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes zur strittigen Auslegungsfrage sind überzeugend. Wollte man in der Regelung des § 46b MRG über die Erfordernisse eines Anhebungsbegehrens nach § 46 Abs 2 MRG mehr als eine Vorschrift über die Fälligstellung der Forderung des Vermieters sehen, würde dies einen Widerspruch zu der den Erhöhungsanspruch selbst behandelnden Bestimmung des § 46 Abs 2 MRG provozieren, die dem Vermieter das Recht zugesteht, von dem (den) in das Hauptmietrecht Eintretenden "ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin" eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses zu verlangen. Der Anhebungsanspruch entsteht demnach schon durch den Eintritt in den Mietvertrag; dass (erst) das Anhebungsbegehren konstitutiv wirken sollte, ist mit § 46 Abs 2 MRG unvereinbar und würde, wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, zu unsachgerechten Erschwernissen bei der Durchsetzung des Erhöhungsanspruchs führen. Auch die Lehre tritt - soweit ersichtlich - übereinstimmend dafür ein, dass die Einfügung des § 46b MRG insoweit nichts an den materiellen Anspruchsvoraussetzungen des Anhebungsrechts des Vermieters, insbesondere der Möglichkeit einer rückwirkenden Geltendmachung (MietSlg 38.599; MietSlg 47.488), änderte (Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 3 zu § 46 MRG und Anm 1 zu § 46b MRG; Prader, MRG, Anm 2 zu § 46b; Böhm/Schuster in Schwimann2, Rz 6 zu § 46b MRG; Schuster aaO, Rz 7 zu § 46 MRG; Hausmann in Hausmann/Vonkilch; Österreichisches Wohnrecht, Rz 9 zu § 46 und Rz 4 zu § 46b).
Mit dem Argument, die Antragsgegnerin habe durch das mehrmonatige Zuwarten mit der Geltendmachung des erhöhten Hauptmietzinses ihren Erhöhungsanspruch für die Vergangenheit verwirkt bzw auf ihn verzichtet, macht der Antragsteller einen anspruchsvernichtenden Umstand geltend. Diese Einrede hätte er, wie ebenfalls schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, gemäß § 482 Abs 1 ZPO, der auch im außerstreitigen Mietrechtsverfahren nach § 37 MRG anzuwenden ist, in erster Instanz erheben müssen; die erstmalige Geltendmachung im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss verstößt gegen das Neuerungsverbot (vgl RIS-Justiz RS0070485).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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