OGH 5Ob117/13m

OGH5Ob117/13m17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR P***** L*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, LL.M., Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Mag. B***** F*****, vertreten durch Ullmann-Geiler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Vertragserfüllung (Streitwert 80.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. April 2013, GZ 3 R 28/13m-31, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach Ansicht der Beklagten sei die erhebliche Rechtsfrage zu lösen, ob eine Zustimmung des Nacherben zum Verkauf der von der fideikommissarischen Substitution erfassten Eigentumswohnung, welche nur „unter hypothetischen Voraussetzungen“ vorstellbar sei, zur Annahme der Unmöglichkeit der Leistung führe.

1.2. Eine Verurteilung zur Leistung setzt jedenfalls eine ernst zu nehmende, irgendwie ins Gewicht fallende Chance voraus, dass die Leistung (wenigstens) später erbracht werden kann. Steht dagegen nach der Beurteilung des Verkehrs praktisch mit Sicherheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) fest, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr wird erbracht werden können, so kann der Gläubiger nicht auf dem Erfüllungsanspruch beharren (RIS-Justiz RS0016423). Dass die Beklagte zur Erfüllung der ihr auferlegten Leistungspflicht der Zustimmung einer Dritten bedarf, steht der Schaffung des diesbezüglichen Exekutionstitels nicht entgegen. Die bloße Behauptung, die Dritte sei nicht bereit auf ihre Rechte zu verzichten, genügt nicht, um die behauptete Unmöglichkeit der Leistung darzutun. Es müsste vielmehr vorgebracht und bewiesen werden, dass alles redlich Zumutbare unternommen wurde, um den Dritten zur Mitwirkung zu bewegen, dies allenfalls durch ein - noch nicht übermäßiges - finanzielles Angebot (RIS-Justiz RS0016423 [T8]). Vorliegend steht fest, dass seitens der Beklagten keine Bemühungen unternommen worden sind, ein vergleichbares Objekt zu beschaffen und ihrer Tochter diesbezüglich eine gleichwertige Rechtsposition einzuräumen (Ersturteil S 18 f). Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage, die Unmöglichkeit der Leistung verneinten, dann liegt darin jedenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Einzelfallbeurteilung.

2.1. Die Beklagte ist der Ansicht, das Berufungsgericht habe den von ihr behaupteten Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtsirrig verneint.

2.2. Die Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls oder Änderung der Geschäftsgrundlage setzt nach ständiger Rechtsprechung eine derart grundlegende Veränderung der bei Eingehen der Verpflichtung bestehenden Verhältnisse voraus, dass im Beharren auf Verpflichtungen, deren Erfüllung dem Schuldner nicht zumutbar ist, geradezu ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben erblickt werden müsste. Es müsste der von beiden Teilen anerkannte Vertragszweck nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden sein (1 Ob 95/08i mwN). Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wird eingeschränkt und als letztes Mittel zur Beseitigung vertraglicher Bindungen nur dann angewendet, wenn die geltend gemachte Änderung der Verhältnisse in keiner Weise vorauszusehen war und auch nicht dem Bereich jener Partei zuzuschreiben ist, die sich auf diese Änderung beruft (RIS-Justiz RS0017454 [T1]; 1 Ob 95/08i mwN). Nur der Wegfall einer von beiden Parteien gemeinsam dem Vertragsabschluss unterstellten Voraussetzung könnte als Wegfall der Geschäftsgrundlage gewertet werden (RIS-Justiz RS0017487). Warum - ausgehend von den zuvor wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen - die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts unrichtig sein soll, zeigt die Beklagte in ihrer Revision nicht nachvollziehbar auf.

3.1. Nach Meinung der Beklagten zeige die höchstgerichtliche Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0060810 = 1 Ob 99/52), dass im vorliegenden Fall der Kaufvertrag nicht grundbücherlich durchführbar sei und dies auch die Nichtigkeit des Kaufvertrags nach sich ziehe.

3.2. Alle Verfügungen, die der Vorerbe über das Substitutionsgut ohne Genehmigung der Substitutionsbehörde trifft, sind, soweit es sich um dingliche Verfügungen handelt, welche die Rechte des Nacherben beeinträchtigen, nichtig. Hingegen ist das diesen Verfügungen vorausgehende Verpflichtungsgeschäft grundsätzlich unbeschränkt gültig (RIS-Justiz RS0012578). Auch ein Veräußerungsverbot wirkt nur als Hindernis gegen eine grundbücherliche Durchführung einer verbotswidrigen Verfügung, während die obligatorische Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts davon unberührt bleibt (RIS-Justiz RS0010739 [T2]). Die Beklagte verkennt insoweit den Unterschied zwischen der aufrechten obligatorischen Verpflichtung einerseits und der derzeit fehlenden grundbücherlichen Durchführbarkeit des Vertrags andererseits. Es ist gerade Aufgabe der Beklagten, sich um die Einhaltung ihrer obligatorischen Verpflichtung und damit um die Schaffung der Voraussetzungen für die grundbücherliche Durchführbarkeit des Vertrags zu bemühen. Der von der Beklagten für sich in Anspruch genommene RIS-Justiz RS0060810 (= 1 Ob 99/52) enthält gerade keine Aussage zur Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und zurückzuweisen.

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