Spruch:
1.) Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
2.) Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin, Mieterin des im Erdgeschoß des im Haus der Antragsgegnerin in Wien ***** gelegenen Geschäftslokales top Nr.1a begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - wegen beabsichtigter Unternehmensveräußerung die Bestimmung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 12a Abs 8 MRG. Dabei möge folgendes berücksichtigt werden:
Das Haus sei in den letzten Kriegsmonaten durch Bomben schwer beschädigt worden, sodaß das gegenständliche Geschäftslokal auch noch im Zeitpunkt der Anmietung im Jahre 1949 unbenützbar gewesen sei. Erst die Antragstellerin habe es auf eigene Kosten in brauchbaren Zustand versetzt. Die Antragstellerin habe sich im Mietvertrag sogar verpflichten müssen, das Mietobjekt einschließlich des Gassenportales auf ihre Kosten und Gefahr in Stand zu setzen. Auch eine Zwischendecke sei auf Kosten der Antragstellerin eingebaut worden, sodaß diese bei der Ermittlung der Nutzfläche ebensowenig zu berücksichtigen sei, wie bei der Mietzinsgestaltung überhaupt die von der Antragstellerin eingerichtete Gasetagenheizung, das Portal, die Schaufensterpassage, der Fußboden samt Teppichbelag sowie die Verlegung sämtlicher Leitungen für Strom, Gas und Wasser und eines WC's.
Das Erstgericht bestimmte den angemessenen Hauptmietzins mit S 15.250,- (S 180,- pro Quadratmeter; 84,64 m2).
Diesem Sachbeschluß liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Objekt selbst befindet sich in einem Gebiet mit hoher Geschäftsdichte und Passantenfrequenz. Die Geschäftslage wird daher als gut eingestuft.
Das Mietzinswohnhaus hat eine reich gegliederte Straßenfassade aus der Jahrhundertwende und enthält stockwerkweise unterschiedliche Fensterüberdachungen. Das Geschäftsportal der gegenständlichen Parfumerie liegt im Erdgeschoß links vom Hauseingang und reicht über zwei Fensterachsen. Der Zustand der Fassade sowie des Portals sind gut.
Das Objekt besteht im Erdgeschoß aus einem Verkaufsraum, einem Vorraum, einem Aufenthaltsraum, einem Lager, einem WC, einer Passage inklusive Schaufenster und im Zwischengeschoß aus einem Büro, drei Lagerräumen und einem Vorraum (Gesamtnutzfläche 158,33 m2).
Der langgestreckte Mietgegenstand weist an der Alserstraße eine Portalbreite von 4,1 m auf und reicht im Erdgeschoß insgesamt etwa über 19 m in die Tiefe.
Die Passage ist 3,5 m, das Geschäftslokal 9,5 m tief. Der dahinterliegende Vorraum ist auch über die doppelflügelige Tür vom Hausflur aus erreichbar. Von diesem Vorraum aus sind ein unbelichteter Raum und das anschließende Lager samt WC sowie über eine hölzerne, zweiarmige, halbgewendelte gerade Treppe, das durchschnittlich 2,5 m hohe Zwischengeschoß erreichbar. In diesem Geschoß befindet sich straßenseitig ein Büroraum, der Vorraum und Lagerräume sowie der Gaszentralheizungskessel, welcher den kompletten Mietgegenstand mit Wärme versorgt.
Das Objekt ist mit Wasser-, Elektrizitäts-, Gas- und Telefonanschlüssen versorgt.
Zum Zeitpunkt der Anmietung im Jahr 1949 war das Geschäfts, im wesentlichen bestehend aus einem großen ebenerdigen Raum mit defektem WC (ohne Decke), Bretterverschlag als Portal und einer Nutzfläche von 84,64 m2 (derzeit 82,14 m2 + 2,6 m2 nachträglich eingebaute Treppe), aufgrund eines Bombenschadens in desolatem Zustand. Die Mieterin mußte Strom und Gas erst installieren lassen. Das Lokal war lediglich mit einem löchrigen Bretterboden ausgelegt, der zum Teil mit einem Ölanstrich versehen war. Das Objekt verfügte zum Zeitpunkt der Anmietung auch über keine Sanitäranlagen. Für Heizzwecke war lediglich ein kleiner Petroleumofen vorhanden. Eine unmittelbare, örtlich nahe Konkurrenz durch Parfumerieketten erschwert die Situation gerichtsbekanntermaßen nicht. Der derzeit angemessene Hauptmietzins unter Berücksichtigung der Mieterinvestitionen, die weiterhin von objektivem Nutzen sind - daher ohne Zwischendecke - beträgt durchschnittlich S 180,- pro Quadratmeter, daher bei 84,74 m2 S 15.253,20, gerundet S 15.250,-.
In den letzten Jahren gingen die Mietpreise zwar etwas zurück, doch kam es in letzter Zeit zu einer Stabilisierung. Eine Änderung des Quadratmeterpreises seit dem Stichtag Anfang Dezember 1996 gab es nicht.
Um S 210,- pro Quadratmeter verlangen zu können, hätte das Objekt zumindest über ein funktionierendes Portal, einen ordnungsgemäßen Boden und funktionierende Versorgungszuleitungen verfügen müssen. Die nach Vorliegen des Gutachtens dagegen erhobenen Einwände betreffend die zugrundegelegte Nutzfläche erwiesen sich im Hinblick darauf, daß die Änderungen durch Mieterinvestitionen erfolgten, die nicht zu berücksichtigen waren, als unberechtigt.
Allerdings übernahm der Gutachter die Erdgeschoßnutzfläche mit 82,14 2 wie von der MA 40 vermessen, doch waren weitere 2,6 m2 zu berücksichtigen, da die Treppe zum Zwischengeschoß ebenfalls als Mieterinvestition auszuklammern war. Der von der Antragstellerin eingewandte Umsatzrückgang nach dem Umbau der Alserstraße erwies sich als unbeachtlich, da die Parkplatzsituation sich nur geringfügig geändert hat. Die Umsatzrückgänge sind nicht auf den Umbau der Alser Straße, da diese immer noch über eine hohe Passantenfrequenz verfügt, zurückzuführen, sondern allenfalls auf das Aufkommen der großen Drogeriemärkte. Doch sind die eingewandten Umsatzrückgänge auch insoferne unbeachtlich, als S 180,- pro Quadratmeter der niedrigste Mietzins ist, der für ein Geschäftslokal, das im wesentlichen aus Wänden, Decken und Böden bestanden hat, branchenunabhängig verlangt werden kann.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der derzeit angemessene Mietzins ausgehend von der ursprünglichen Nutzfläche des Objektes (also ohne eingebaute Zwischendecke) mit dem ebenfalls erreichbaren Zins von S 180,- pro Quadratmeter zu bestimmen sei.
Das Rekursgericht hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache an dieses zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Gemäß § 12a Abs 8 MRG habe das Gericht auf Antrag des Hauptmieters einer Geschäftsräumlichkeit, der beabsichtigt, das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen zu veräußern, die Höhe des nach § 16 Abs 1 sowie § 12a Abs 2 MRG zulässigen Hauptmietzinses zu bestimmen. In diesem Fall seien gemäß § 12a Abs 7 MRG die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung zugrunde zu legen. Zuvor vom Hauptmieter getätigte Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstandes seien aber angemessen zu berücksichtigen, soweit sie über den maßgeblichen Zeitpunkt hinaus von objektivem Nutzen sind.
Einerseits solle der Mieter also nicht für in der Vergangenheit vorgenommene Investitionen unbillig benachteiligt werden. Andererseits solle er nicht dadurch in den Genuß unangemessener Vorteile kommen, daß er infolge eines trotz Wechsels des Vertragspartners im Verhältnis zu anderen Objekten noch immer relativ niedrig bleibenden Hauptmietzinses einen höheren Unternehmenskaufpreis erzielen kann.
Zu beachten sei dabei, daß nicht jede Verbesserung in der Vergangenheit automatisch Auswirkungen auf die Mietzinshöhe hat. Zum einen spiele nämlich die Ausstattung eines Geschäftslokals im Regelfall bei weitem nicht dieselbe Rolle für die Mietzinsgestaltung wie bei einer Wohnung; primäres Kriterium für den angemessenen Hauptmietzins bei einem Geschäftslokal sei vielmehr die Lage. Andererseits werde - durchaus ähnlich den für Wohnräume geltenden Regelungen des § 10 MRG - auch im Fall der Investitionen auf ein Geschäftsobjekt von einem bestimmten Zeitraum auszugehen sein, innerhalb dessen die Aufwendung mietzinsmäßig von Relevanz ist, während frühere Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Berücksichtigung durch den Mieter vorgenommener Aufwendungen könne also nicht unbegrenzt zurückreichen. Der Mieter habe nämlich die Investition auch seinerzeit nicht zur Förderung des Vermieters, sondern zur Verwirklichung des von ihm angestrebten Geschäftszwecks, also zum eigenen Vorteil, vorgenommen. Zudem hätte der Vermieter diesen oder einen anderen Ausbau selbst finanzieren können, wäre es ihm nicht in den vergangenen Jahrzehnten verwehrt geblieben, vom Altmieter den marktgerechten Mietzins zu lukrieren. Es erscheine daher unter Bezugnahme auf steuerliche und mietrechtliche Kriterien (vgl zu § 10 MRG etwa EvBl 1990/53) sachgerecht, Investitionen des Geschäftsraummieters nach längstens zwanzig Jahren als amortisiert anzusehen. Eine Berücksichtigung länger zurückliegender Aufwendungen bei Ermittlung des angemessenen Mietzinses sei daher nicht "angemessen" iSd § 12a Abs 7 MRG; sie habe also zu unterbleiben (Dirnbacher in WoBl 1995, 78 [81 f]).
Im fortzusetzenden Verfahren würden daher Feststellungen über Art, Umfang und vor allem Zeitpunkt von der Mieterin vorgenommener Investitionen zu treffen sein. Länger als zwanzig Jahre zurückliegende Aufwendungen würden keine Reduktion des angemessenen Hauptmietzinses nach § 12a Abs 7 MRG rechtfertigen.
Auch infolge Einzuges einer Zwischendekce durch die Mieterin tatsächlich geschaffene Räume seien bei der Berechnung der - gemäß § 12a Abs 8 MRG aktuellen - Nutzfläche zu berücksichtigen (vgl MietSlg 38.373/34, 40.375 = WoBl 1989/27 [Würth, der besonders auch auf den für den Hauptmietzins jeweils maßgebenden Zeitpunkt verweist]). Der angemessene Hauptmietzins (vgl zur Art seiner Berechnung ausführlich 5 Ob 109/97h) werde daher auf Basis der bereits festgestellten Gesamtnutzfläche von 158,33 m2, nach Ergänzung des Sachverständigengutachtens, zu ermitteln sein. Hiefür spreche schon der primäre Zweck auch des § 12a Abs 8 MRG, dem Vermieter zum Ausgleich für den von ihm zu duldenden Mieterwechsel das Recht einzuräumen, den Mietzins bis zu der - grundsätzlich nach den Verhältnissen zur Zeit der Neuvermietung zu beurteilenden - Angemessenheitsgrenze anzuheben (vgl ImmZ 1987, 481 ua; Ostheim in WoBl 1993, 200 [248]; Tades/Stabentheiner in ÖJZ 1994/1A, 14 f).
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der angemessenen Berücksichtigung von Mieterinvestitionen nach § 12a Abs 7 und 8 MRG existiere.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt, die Revisionsrekursbeantwortung verspätet.
a) Zur Revisionsrekursbeantwortung:
Die Beantwortung des dem Antragsgegnervertreter am 2.12.1997 zugestellten Revisionsrekurses wurde erst am 12.1.1998 zur Post gegeben, also nach Ablauf der ohne Berücksichtigung von im Verfahren außer Streitverfahren nicht eingerichteten Gerichtsferien zu berechnenden Frist von vier Wochen (MietSlg 44.536).
b) Zum Revisionsrekurs:
Die Antragstellerin bekämpft hauptsächlich die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, wonach länger als zwanzig Jahre zurückliegende Investitionen bei Bestimmung des angemessenen Mietzinses keinesfalls mehr berücksichtigt werden dürften, als durch das Gesetz nicht gedeckt.
Die durch das Einziehen einer Zwischendecke entstandene zusätzliche Nutzfläche dürfte bei Mietzinsbestimmung nicht berücksichtigt werden, weil diese Zwischendecke nicht von objektivem Nutzen sei.
Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Meinung dürfe dem Kriterium der Lage gegenüber den anderen im Gesetz genannten, für die Mietzinsbestimmung wesentlichen Merkmal, kein hervorragender Platz eingeräumt werden.
Schließlich solle der Mietzins bei Geschäftslokalen ohne besondere Hervorhebung eines der in § 16 Abs 1 MRG genannten Angemessenheitskriterien entsprechend dem Verhalten der Marktteilnehmer nach Feststellung der relevanten Tatsachen unter Vermeidung eines überflüssigen Verfahrensaufwandes festgesetzt werden.
Der erkennende Senat hat zu den hier entscheidungswesentlichen Problemen folgendes erwogen:
Gemäß § 12a Abs 7 MRG sind bei Ermittlung des nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung bzw des Pachtverhältnisses zugrunde zu legen. Im Falle der Bestimmung des zulässigen Hauptmietzinses nach § 12a Abs 8 MRG sind dabei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend. Dies ergibt sich daraus, daß der bestimmte Hauptmietzins ein erst in naher Zukunft liegendes Ereignis betreffen soll.
Die Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse zum Entscheidungszeitpunkt hat unzweifelhaft zur Folge, daß auch die von der Antragstellerin eingebaute Zwischendecke, wodurch eine Nutzflächenvergrößerung bewirkt wurde, als ein den Mietgegenstand konstituierendes Element für die Mietzinsbestimmung maßgebend ist. § 12a Abs 7 MRG schließt es aus, daß der Mietgegenstand in einer anderen als der derzeit gegebenen Ausgestaltung der Mietzinsbestimmung zugrundegelegt wird, weil ja bei einer solchen Vorgangsweise ein anderer (= fiktiver) als der gegebene (= reale) Mietgegenstand der Beurteilung zugrundegelegt würde.
Schon der Umstand, daß der eine Investition des Mieters darstellende Zwischendeckeneinbau aus den dargelegten Gründen jedenfalls zu berücksichtigen ist, und zwar gleichgültig, wie lange diese Investition zurückliegt, zeigt, daß keine schematische Zeitgrenze gezogen werden darf, die für die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Investitionen des Mieters entscheidend wäre.
Grundsätzlich sind also Aufwendungen des Mieters zur Verbesserung des Mietgegenstandes ohne absolute Festlegung eines Zeitraumes, innerhalb dessen sie erfolgt sein müssen, bei der Mietzinsbestimmung angemessen zu berücksichtigen. Maßgebend für das Ausmaß der Berücksichtigung ist lediglich, daß die Aufwendungen im jetzt maßgebenden Beurteilungszeitpunkt (hier: Entscheidungszeitpunkt) noch von objektivem Nutzen sind. Dieser Nutzen mag - abhängig von der Art der Aufwendungen, der Lebensdauer der damit geschaffenen Verbesserung, der Entwicklung der technischen Möglichkeiten oder auch wegen der von Mietern an ein Geschäftslokal gestellten unterschiedlichen Anforderungen - im Einzelfall mit dem Verlauf der Zeit ein geringerer werden oder ganz wegfallen. Jedenfalls kommt es nur auf den objektiven Nutzen im dargelegten Sinn an, nicht aber auf die Amortisierung der getätigten Aufwendungen in betriebswirtschaftlichem Sinn.
Es bedarf daher aus den dargelegten Gründen einer Erörterung der aufgezeigten Umstände mit den Parteien sowie als Ergebnis des daraufhin durchgeführten Beweisverfahren, sofern über die Tatsachengrundlagen keine Einigung erzielt werden kann, entsprechender Feststellungen. Erst dann wird beurteilt werden können, in welchem Ausmaß der sonst nach den Kriterien des § 16 Abs 1 MRG zu ermittelnde Hauptmietzins wegen der Aufwendungen des Mieters eine Kürzung zu erfahren hat. Dabei darf nach Feststellung der entscheidungswesentlichen Kriterien durchaus eine Ausmessung nach § 273 ZPO vorgenommen werden.
Richtig ist, daß der Gesetzgeber die im § 16 Abs 1 MRG aufgezählten Kriterien ohne unterschiedliche Wertung nebeneinander stellt. Das heißt aber nicht, daß im jeweils konkreten Einzelfall nicht doch den einzelnen Kriterien unterschiedliches Gewicht auf Grund des jeweils besonders ausgeformten Sachverhaltes zukommen kann.
Im Ergebnis hat es daher bei der Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses zu bleiben.
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