OGH 5Ob109/75

OGH5Ob109/758.7.1975

SZ 48/81

Normen

ABGB §371
ABGB §427
ABGB §1392
Postsparkassengesetz 1969 §15
ABGB §371
ABGB §427
ABGB §1392
Postsparkassengesetz 1969 §15

 

Spruch:

Rechtsnatur eines auf Namen lautenden Postsparbuches (§ 15 PostSpG 1969)

Zur schenkungsweisen Abtretung einer solchen Spareinlage genügt die Übertragung des Besitzes an dem Sparbuch - auch durch Besitzauflassung oder Besitzanweisung -, nicht aber die bloße Übergabe der Berechtigungskarte

OGH 8. Juli 1975, 5 Ob 109/75 (LGZ Wien 43 R 273/75; BG Döbling 3 A 650/74)

Text

Mit der Behauptung, der Erblasser habe ihr vor seinem Tod in Gegenwart von Zeugen seine Spareinlage im Betrage von 160.000 S mehr oder weniger bei der Österreichischen Postsparkasse Postsparkonto Nr. 1.138.876) schenkungshalber abgetreten, ihr gleichzeitig die Berechtigungskarte Nr. 1.138.876 übergeben und sie angewiesen, sich das dazu gehörige Postsparbuch aus seiner Wohnung zu holen, beantragte die nunmehrige Revisionsrekurswerberin beim Erstgericht, das Postsparguthaben des Postsparkontos Nr. 1.138.876 aus dem Nachlaß des Erblassers auszuscheiden.

Das Erstgericht wies diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung "zurück", es seien die für die Abtretung der Spareinlage oder eines Teiles dieser Einlage nach § 14 Abs. 1 der Geschäftsbedingungen der Österreichischen Postsparkasse über den Sparverkehr erforderlichen Schritte nicht vorgenommen worden; es fehle die unter Vorlage des Postsparbuches vom Abtretenden vor der Österreichischen Postsparkasse oder vor einem Postamt abgegebene und von dem Abtretungsempfänger gleichzeitig dort angenommene Abtretungserklärung. Die Postspareinlage sei daher im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in seinem Besitz gewesen. Streitig sei nur das Eigentum daran, worüber jedoch das Abhandlungsgericht nicht entscheiden dürfe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Ausscheidungsantrag abgewiesen werde. Es begrundete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß sich das Sparguthaben des Erblassers in dem gemäß § 97 AußStrG allein maßgeblichen Zeitpunkt seines Todes im Besitz des Erblassers befunden habe, denn die Rekurswerberin habe erst nach dem Ableben des Erblassers - ihrem Rekursvorbringen zufolge - den Besitz des Postsparbuches und damit die Möglichkeit erlangt, den Besitz an dem Sparguthaben auszuüben. Die Aufnahme des Sparguthabens in das Nachlaßinventar sei allerdings für einen allfälligen Rechtsstreit über das Eigentum daran nicht präjudiziell.

Der Oberste Gerichtshof wies den (außerordentlichen) Revisionskurs der Antragstellerin zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Für die Beurteilung, ob es sich bei der Entscheidung der zweiten Instanz um eine die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigende handelt, ist allein maßgeblich, ob die Ergebnisse beider Entscheidungen gleich sind (vgl. 4 Ob 80/73; 7 Ob 188/74; 8 Ob 269/74); ein Vergreifen einer Instanz in der Entscheidungsform ist unmaßgeblich (JBl. 1960, 260; 5 Ob 140/73 u. a.). Es ist daher im vorliegenden Fall ohne Belang, daß das Erstgericht unrichtig mit Zurückweisung anstatt mit Abweisung des Ausscheidungsantrages vorgegangen ist, weil es in Wahrheit eine meritorische Entscheidung gefällt hatte, die vom Rekursgericht bestätigt wurde.

Der außerordentliche Revisionskurs der Antragstellerin ist nicht zulässig.

Bei dem Sparbuch des Erblassers handelt es sich um ein auf Namen lautendes Postsparbuch im Sinne des § 15 PostSpG 1969. Dieses Sparbuch ist als Rektapapier anzusehen, gleichgültig, ob eine lediglich als weiteres Sicherungsmittel gegen unberechtigte Verfügungen über das Sparguthaben dienende - und dem Losungswort gleichrangige - Berechtigungskarte ausgegeben wurde oder nicht (vgl. Avancini, Das Sparbuch im österreichischen Recht 106), denn der Charakter des Postsparbuches mit Berechtigungskarte als qualifiziertes Legitimationspapier (vgl. Kastner, Zur Rechtsnatur des Einlagebuches (Sparbuches) nach österreichischem Recht JBl. 1966, 57 ff., insbesondere 61; Hueck, Recht der Wertpapiere[10], 123; Baumbach - Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz[11], 14) ist lediglich für die aus dem besonderen Legitimationseffekt erfließende Liberationswirkung der gutgläubig an einen nicht Berechtigten von der Postsparkasse geleisteten Zahlung von Bedeutung, nicht jedoch für die Übertragung des Forderungsrechtes aus dem Papier, also des Postsparguthabens. Forderungen aus Rektapapieren werden durch Abtretung der verbrieften Forderung und nicht - wie bei den Wertpapieren im engeren Sinn, nämlich den Inhaber- und Orderpapieren - durch Übergabe des Wertpapieres nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragen; aus der Tatsache, daß der Besitz des Papieres für die Ausübung des darin verbrieften Rechtes notwendig ist, folgt noch nicht, daß die Übergabe des Papieres auch ein Tatbestandselement des Rechtsüberganges ist (Baumbach - Hefermehl, 13). Diese allgemeinen Grundsätze gelten im Verhältnis zwischen dem Forderungsüberträger und dem Forderungsübernehmer auch bei Postspareinlagen auf einem Postspareinlagebuch, das auf den Namen des Sparers lautet (§ 15 PostSpG 1969). Die Sondervorschrift des § 15 Abs. 4 PostSpG 1969 verlangt, damit die Abtretung der Einlage auf einem solchen Sparbuch auch "der Österreichischen Postsparkasse gegenüber" wirksam ist, darüber hinaus auch noch, daß die Abtretungserklärung vom Abtretenden unter Vorlegung seines Postsparbuches vor der Österreichischen Postsparkasse oder einem Postamt abgegeben und vom Abtretungsempfänger gleichzeitig durch Erklärung angenommen wird. Dieses Erfordernis ist freilich für die Wirksamkeit der Abtretung zwischen dem Abtretenden und dem Übernehmer ohne Belang, aber der Übernehmer hat gegen den Überträger das Recht, daß er die nach § 15 Abs. 4 PostSpG 1969 für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber der Österreichischen Postsparkasse notwendigen Handlungen setzt, und er kann die Erfüllung dieser Verpflichtung auch über § 367 EO erzwingen.

Die Wirksamkeit der Abtretung der Spareinlage auf einem Postsparbuch, das auf den Namen des Sparers lautet, hängt jedoch im Verhältnis zwischen dem Überträger und dem Übernehmer dann von einer bestimmten Form ab, wenn das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft formbedürftig ist (NZ 1970, 56). Sonst ist der von der Revisionsrekurswerberin schon in ihrem Antrag vor dem Erstgericht geäußerten Ansicht beizustimmen, daß infolge des zeitlichen Zusammenfalles von Titulus und Modus der Besitz an einer zedierten Forderung bereits im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung vom Zessionar auf den Zedenten übergeht, wenn es sich nicht gerade um die schon erwähnten Forderungen aus Wertpapieren im Sinne des engeren Wertpapierbegriffes handelt, bei denen Besitzübereignung an dem die Forderung verbriefenden Papier erforderlich ist, um auch den Besitz an der verbrieften Forderung zu übertragen (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 690; Wolff ebendort VI, 287; Baumbach - Hefermehl, 3; 5 Ob 322/74). Die Antragstellerin behauptet, die Abtretung der Spareinlage an sie sei schenkungshalber erfolgt, und für die schenkungsweise Zession von Forderungen ohne Aufnahme eines Notariatsaktes gemäß § 1 Abs. 1 lit. d NZwG ist im Sinne des Judikats 142 ein zusätzlicher sinnfälliger Übergabeakt erforderlich, der dem Publizitätserfordernis des § 427 ABGB Rechnung trägt. Bei Postsparbüchern, die auf den Namen des Sparers lauten, wird dazu die Besitzübertragung an dem Sparbuch, auch im Wege der traditio brevi manu oder der Besitzanweisung, nicht aber im Sinne der herrschenden Rechtssprechung durch Besitzkonstitut (JBl. 1950, 379) als geeigneter Besitzübertragungsakt anzuerkennen sein (vgl. Avancini, 95 f; SZ 39/140 = EvBl. 1967/83). Die bloße Übergabe der Berechtigungskarte, die ja nur ein verstärktes Sicherungsmittel des Berechtigten aus einem auf Namen lautenden Postsparbuch gleich dem Losungswort bei einem sonstigen Sparbuch ist, stellt keinen derartigen Besitzübereignungsakt dar. Die von der Revisionsrekurswerberin behauptete Anweisung bzw. Ermächtigung des Erblassers, sie möge das an einer bestimmten Stelle seiner Wohnung aufbewahrte Postsparbuch an sich nehmen, ist jedoch im Sinne der herrschenden Rechtsprechung zur Besitzübereignung untauglich gewesen, weil es sich um ein unzulässiges Besitzkonstitut gehandelt hat.

Die Ansicht des Rekursgerichtes, die Spareinlage auf dem Postsparkonto Nr. 1.138.876, worüber ein auf den Namen des Erblassers lautendes Postsparbuch mit einer Berechtigungskarte ausgegeben wurde, habe sich zur Zeit seines Todes im Besitz des Erblassers befunden (§ 97 Abs. 1 AußStrG), ist nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen - ohne einem allfälligen Rechtsstreit vorzugreifen - aus den dargelegten Erwägungen nicht offenbar gesetzwidrig, so daß der Rekurs der Antragstellerin als unzulässig im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG zurückzuweisen ist.

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