Normen
Mietengesetz §1 Abs3 Z1
Mietengesetz §1 Abs3 Z1
Spruch:
Eine lange vor dem 1. 1. 1066 erbaute und dem Mieter zur Benützung übergebene Wohnung ist auch dann nicht als erst "nach dem 31. 12. 1967 neu geschaffen" iS des § 1 Abs 3 Z 1 MG anzusehen, wenn für sie vor diesem Tag noch keine baubehördliche Benützungsbewilligung erwirkt wurde
OGH 19. 5. 1971, 5 Ob 109/71 (LGZ Graz 5 R 271/70; BGZ Graz 5 C 113/69)
Text
Der Kläger begehrte mit der am 26. 9. 1967 eingebrachten Klage als damaliger einstweiliger Verwalter der Liegenschaft EZ X mit dem Haus in Graz, H-Straße 104, die Beklagten zur Räumung einer von ihnen in der Mansarde dieses Hauses bewohnten Wohnung zu verurteilen. Das Begehren war auf die Behauptung gestützt, daß mit den Beklagten zwar ein Mietvertrag zustande gekommen sei, doch sei durch den Bescheid des Magistrates Graz - Baupolizeiamt v 26. 11. 1965 die konsenslose Benützung der Räume im Dachgeschoß dieses Hauses für Wohnzwecke untersagt worden. Über den Kläger und seine Frau, die dieses Haus im Zwangsversteigerungsverfahren erworben hätten, sei mit Bescheid des Magistrates Graz - Baurechtsamt v 11. 9. 1967 eine Zwangsstrafe verhängt und ihnen die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe angedroht worden, wenn nicht binnen zwei Wochen ab 19. 9. 1967 die von den Beklagten benützten Räume geräumt seien.
Das Klagebegehren wurde vom Erstgericht mit Urteil v 11. 12. 1967 abgewiesen, weil die Ersteher der Liegenschaft, die in den Mietvertrag der Beklagten eingetreten seien, entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 1096 ABGB nicht alle zumutbaren Möglichkeiten ausgenützt hätten, um die Aufhebung des baubehördlichen Räumungs- und Abtragungsauftrages zu erwirken. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil gemäß § 496 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO auf, der OGH bestätigte den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes (Beschluß v 4. 6. 1969, 5 Ob 140, 141/69). Danach waren zwar die von den Beklagten bestrittene Aktivlegitimation des Klägers, aber auch dessen Verpflichtung zur Zuhaltung des von den früheren Liegenschaftseigentümern geschlossenen Mietvertrages zu bejahen, es mußte aber noch geprüft werden, ob den Erstehern der Liegenschaft die Zuhaltung des Vertrages möglich und zumutbar sei.
Im zweiten Rechtsgang behauptete der Kläger, der inzwischen Hälfteeigentümer des Hauses geworden war - die zweite Hälfte dieser Liegenschaft gehört nunmehr seiner Gattin, die mit der Klageführung einverstanden ist -, daß um eine Benützungsbewilligung der vermieteten Räume zu erwirken, Baumaßnahmen notwendig wären, die einen Aufwand von S 120.000.- erforderten, welchen Betrag der Kläger nicht aufbringen könne. Bei einem vereinbarten Mietzins von S 450.- monatlich sei dieser Aufwand auch völlig unvernünftig und unwirtschaftlich. Weiter behauptete der Kläger, daß die Bestandräume der Beklagten nicht dem MG unterlägen und die vereinbarte Bestanddauer bereits abgelaufen sei, weshalb die Beklagten die Räume titellos benützten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wiederum ab. Dieser Entscheidung liegt nachstehender Sachverhalt zugrunde:
Auf Grund einer rechtskräftigen Widmungs- und Baubewilligung v 18. 12. 1961 errichteten die Ehegatten Stefan und Anna N auf der ihnen gehörigen Liegenschaft EZ X ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel das gegenständliche Haus. Im Mai 1965 vermieteten sie dem Kläger und seiner Frau die damals noch nicht fertiggestellte Wohnung im Dachgeschoß dieses Hauses gegen einen Baukostenbeitrag von S 40.000.-. Mit Bescheid v 26. 11. 1965 versagte das Baupolizeiamt des Magistrates Graz jedoch die Benützungsbewilligung der konsenswidrig hergestellten Räumlichkeiten. Trotzdem vermieteten die Ehegatten N mit Mietvertrag v 19. 8. 1966 die im Dachgeschoß dieses Hauses ausgebaute Wohnung, bestehend aus Vorzimmer, Küche, zwei Zimmern, Badezimmer, Abstellraum und WC, neuerlich, und diesmal an die Beklagten gegen eine Mietzinsvorauszahlung von S 43.200.- für die Zeit vom 1. 10. 1966 bis zum 30. 9. 1969. Außerdem bewilligten die Ehegatten N den Beklagten die Einverleibung des Bestandrechtes auf ihrer Liegenschaft. Die Beklagten bezogen die ihnen vermieteten Räume spätestens anfangs des Jahres 1967. Mit Bescheid des Baupolizeiamtes v 23. 3. 1967 wurde die konsenswidrige Benützung dieser Räume untersagt und den Ehegatten N aufgetragen, diese Bauwerksteile abzutragen, falls nicht binnen drei Wochen um die nachträgliche Genehmigung der Planänderungen angesucht werde. Die Ehegatten N reagierten auf diesen Bescheid nicht. In der Zwischenzeit hatten nämlich der Kläger und seine Frau gegen die Ehegatten N ein Versäumungsurteil auf Rückzahlung ihres Baukostenbeitrages erwirkt. Sie führten nunmehr zur Hereinbringung ihrer Forderung Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaften der Ehegatten N. Im Zuge dieses Exekutionsverfahrens wurde der Schätzwert des Hauses mit S 683.361.- und, falls der Ausbau des Dachgeschosses nachträglich genehmigt werden sollte, mit S 760.361.- ermittelt. Der Kläger und seine Frau erstanden das Haus durch Zuschlag v 9. 6. 1967 zum halben Schätzwert um S 341.680.50. Mit Bescheid des Baurechtsamtes des Magistrates Graz v 14. 12. 1967 wunde die den Ehegatten N zur Anbringung des Ansuchens um nachträgliche Genehmigung der Planänderungen eingeräumte Frist den Erstehern, also dem Kläger und seiner Gattin, im Ausmaß von je sechs Monaten neuerlich eingeräumt und diese Frist als verlängerbar erklärt. In der Begründung dieses Bescheides wurde die nachträgliche Baubewilligung jedoch nur für den Fall gewisser baulicher Veränderungen in Aussicht gestellt. Diese bauliche Veränderungen erfordern nach den Feststellungen des Erstgerichtes einen Aufwand von S 45.000.-. Durch sie würde eine Werterhöhung des Hauses um S 70.000.- bewirkt. Die den Bescheiden v 26. 11. 1965 und 23. 3. 1967 entsprechende Abtragung der konsenswidrig errichteten Teile des Hauses würde S 15.000.- kosten. Mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers und seiner Gattin (Beschluß v 6. 12. 1968) wurde das zugunsten der Beklagten einverleibte Bestandrecht gelöscht. Die Liegenschaft ist heute nur mit einem Pfandrecht der Landeshypothekenanstalt für Steiermark von S 250.000.-, das mit zirka S 230.000.- aushaftet, belastet. Die im Parterre dieses Hauses gelegene Wohnung, bestehend aus Vorzimmer, fünf Zimmern und Bad, steht seit zwei Jahren leer, auch für diese Wohnung wurde keine Benützungsbewilligung erwirkt. Mit Bescheid v 19. 9. 1969 drohte das Baurechtsamt die Verhängung einer Geldstrafe von S 1000.- über den Kläger und seine Frau an, weil den Bescheiden v 26. 11. 1965 und 23. 3. 1967 bisher nicht Folge geleistet worden sei. Mit weiteren Sanktionen der Baubehörde gegen den Kläger ist vor rechtskräftigem Abschluß des volliegenden Räumungsprozesses nicht zu rechnen. Der Kläger verdient 14mal jährlich ohne Reisezulagen rund S 5200.-, seine Gattin verdient als Friseuse S 700.- wöchentlich. Der Kläger erhält von den Beklagten und einer weiteren Mietpartei zusammen rund S 1000.- monatlich als Benützungsentgelt. Er hat für seine Eigentumswohnung zirka S 1500.- monatlich zu zahlen und ist für ein im fünften Lebensjahr stehendes Kind sorgepflichtig. Der Kläger hat sich bisher nicht um die Erlangung eines Kredites zur Durchführung jener Bauarbeiten bemüht, die Voraussetzung für die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung sind.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß der Kläger die ihm zumutbaren Möglichkeiten, einen Benützungskonsens für die Wohnung der Beklagten zu erwirken, nicht ausgeschöpft habe. Der dazu erforderliche Aufwand sei im Hinblick auf die zu erwartende Wertsteigerung des Hauses weder unvernünftig noch wirtschaftlich sinnlos. Der Kläger könne sich auch nicht auf seine ungünstige wirtschaftliche Lage berufen, da er das Haus in Kenntnis aller Umstände, insbesondere auch das Fehlen des Benützungskonsenses, zum halben Schätzwert, also besonders preisgünstig erworben habe. Der auch den Kläger bindende Mietvertrag der Beklagten sei keinesfalls abgelaufen: Da in diesem Vertrag die Vermieter für dreißig Jahre auf die Aufkündigung wegen Eigenbedarfes verzichten, sei nicht anzunehmen, daß der Wille der ursprünglichen Vertragspartner nur auf Abschluß eines dreijährigen Vertrages gerichtet war. Es sei auch nicht nichtig, daß auf die strittige Wohnung die Vorschrift des § 23 Abs 2 MG nicht anzuwenden wäre. Diese Wohnung sei trotz ihrer Mängel schon im Frühjahr 1967 von den Beklagten in Benützung genommen worden. Obwohl bisher kein behördlicher Benützungskonsens erteilt wurde, sei die Wohnung doch nicht erst nach dem 31. 12. 1967 neu geschaffen worden. Da der Mietvertrag der Beklagten nicht vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit gekundigt worden sei, gelte er gemäß § 23 Abs 2 MG als auf unbestimmte Zeit erneuert. Die Räumungsklage habe die vom Gesetz vorgesehene Verlängerung des Mietvertrages auf unbestimmte Zeit nicht gehindert. Da der Kläger weder den Nachweis der objektiven Unmöglichkeit noch der Unerschwinglichkeit der ihm aus dem Mietvertrag obliegenden Leistung erbracht habe, sei das Klagebegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000.- übersteige. Es übernahm sämtliche Feststellungen des Erstrichters und billigte auch seine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Wie der OGH in dieser Sache bereits ausführte, könnte das vorliegende Räumungsbegehren dann begrundet sein, wenn der von der Baubehörde als Voraussetzung ihrer nachträglichen Benützungsbewilligung der Wohnung der Beklagten verlangte Umbau iS des § 1447 ABGB unmöglich sein sollte. Daran hat sich auch im zweiten Rechtsgang nichts geändert. Der Versuch der Revision, die Feststellung der Untergerichte zu bekämpfen, daß die zuständige Baubehörde bei Erfüllung gewisser Auflagen, nämlich der Herstellung der in den Gründen des Bescheides v 14. 12. 1967 angeführten baulichen Veränderungen, bereit wäre, den nachträglichen Benützungskonsens zu erteilen, muß erfolglos bleiben, weil es sich hierbei um eine auf der Beweiswürdigung der Untergerichte beruhende tatsächliche Feststellung handelt. Das gleiche gilt auch für die Feststellung der Untergerichte, daß der notwendige Umbau einen Kostenaufwand von S 45.000.- erfordert und daß damit eine Wertsteigerung des Hauses um S 70.000.- erzielt würde. Diese Feststellungen beruhen auf dem Gutachten des in erster Instanz vernommenen Sachverständigen Dipl-Ing P, welches Gutachten selbst einer Anfechtung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung entzogen ist (ZBl 1933/164). Daß der Sachverständige erheblichen Verhandlungsstoff außer acht gelassen hätte oder daß den Untergerichten bei der Würdigung dieses Gutachtens ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen wäre - der zuletzt genannte Vorwurf wird nur gegen das Sachverständigengutachten selbst erhoben -, behauptet die Revision nicht. Diese Feststellungen sind daher als Ergebnis der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbar.
Die Polemik der Revision gegen die Annahme des Sachverständigen, daß es sich bei der Wohnung der Beklagten um eine im Dachgeschoß des Hauses ausgebaute (Mansarden)wohnung handle, ist schon deshalb unverständlich, weil diese Annahme doch der Klagsbehauptung entspricht. Ebensowenig überzeugend erscheinen die vorgetragenen Bedenken der Revision gegen die angenommene Werterhöhung des Hauses, wenn für die Wohnung der Beklagten eine baubehördliche Benützungsbewilligung erwirkt werden könnte, wurde doch eine etwa gleiche Werterhöhung schon in den dem Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde gelegten Schätzungsgutachten ermittelt. Da der Kläger als Ersteher dieser Liegenschaft aus dem erwähnten Schätzungsgutachten die mit der Wohnung im Dachgeschoß verbundenen Probleme erkennen mußte, ist auch seine Auffassung, daß er das Haus "praktisch ohne diese Wohnung" erworben habe, völlig unbegrundet. Deshalb kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf Treu und Glauben berufen, wenn es gilt, seine Verpflichtung zur Zuhaltung des von den Voreigentümern mit den Beklagten abgeschlossenen Mietvertrages unter dem Gesichtspunkt des § 1447 ABGB zu beurteilen. Wie der OGH bereits ausgesprochen hat, liegt eine rechtlich als Unmöglichkeit zu wertende Unerschwinglichkeit der Leistung nur dann vor, wenn der notwendige Aufwand zur Erwirkung der Leistung in keinem Verhältnis zum Wert der Leistung selbst steht, wenn sich also diese Leistung schon objektiv als unvernünftig und wirtschaftlich sinnlos darstellt (EvBl 1963/401). Mit Rücksicht auf die Feststellungen der Untergerichte über die Höhe der Kosten des zur Erwirkung der nachträglichen Benützungsbewilligung für die Wohnung der Beklagten notwendigen Umbaues (S 45.000.-) und über den damit erzielbaren Erfolg, nämlich die Wertsteigerung des Hauses (S 70.000.-), kann nicht gesagt werden, daß die vom Kläger zu erbringende Leistung objektiv unvernünftig und wirtschaftlich sinnlos wäre. Auf die sonstigen Schulden des Klägers und die Rentabilität seines beim Erwerb des Hauses eingesetzten Kapitals kommt es nicht an. Eine Unmöglichkeit (Unerschwinglichkeit) der geschuldeten Leistung iS des § 1447 ABGB liegt nämlich dann nicht vor, wenn die schließlich eingetretenen Verhältnisse vom Schuldner vorausgesehen werden mußten (SZ 2/117; SZ 2/133; SZ 23/335 ua). Diesfalls mußte der Kläger aber beim Erwerb des Hauses die Notwendigkeit der Amortisation des hiezu aufgenommenen Fremdkapitals voraussehen. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob und wie weit die Verzinsung und Tilgung dieses Fremdkapitals in den aus der Vermietung einzelner Teile des Hauses tatsächlich erzielten Mietzinsen (Benützungsentgelt) Deckung findet. Ob der vereinbarte Mietzins angemessen ist und warum die im Parterre gelegene Wohnung seit zwei Jahren unverwertet leer steht, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Daß der Mietzins der Beklagten zur Amortisation des für den notwendigen Umbau des Dachgeschosses noch erforderlichen Kapitalsaufwandes nicht ausreiche, wird selbst von der Revision nicht geltend gemacht. Ebensowenig behauptet der Kläger, daß ihm ein entsprechender Kredit nicht mehr eingeräumt würde; eine solche Behauptung ginge auch mit Rücksicht auf die Erklärung der Beklagten, zur Vorfinanzierung des notwendigen Umbaues bereit zu sein, ins Leere. Die Untergerichte haben daher mit Recht angenommen, daß der Kläger in der Lage ist, die Kosten des notwendigen Umbaues der Wohnung der Beklagten aufzubringen, und daß ihm diese Leistung zumutbar ist, sowie, daß er damit die Voraussetzungen für die baubehördliche Benützungsbewilligung der Wohnung der Beklagten schaffen könne. Die Räumungsklage kann daher nicht auf das Fehlen dieser Benützungsbewilligung gestützt werden.
Ebenso zutreffend verneinten die Untergerichte den im zweiten Rechtsgang neu geltend gemachten Klagegrund:
Es ist wohl richtig, daß nach § 1 Abs 3 Z 1 MG in der Fassung des MRÄG die Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG für Räume nicht gelten, die erst nach dem 31. 12. 1967 durch Neu-, Um-, Auf-, Ein- oder Zubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen wurden. Mietverträge über solche Räume gelten daher auch nicht nach § 23 Abs 2 MG als auf unbestimmte Zeit erneuert, wenn die sonstigen Voraussetzungen zutreffen. Es ist auch richtig, daß eine Wohnung im allgemeinen erst dann als "geschaffen" anzusehen ist, wenn sie den behördlichen Anforderungen vollkommen entspricht, weil sie vor diesem Zeitpunkt, insbesondere vor Erteilung der baubehördlichen Genehmigung (Benützungsbewilligung), nicht für den Mietenmarkt von Rechts wegen als Gegenstand eines Anbotes in Betracht kommt (SZ 6/290 = MietSlg 10.191; ähnlich ZBl 1931/136 = MietSlg 10.192). Dennoch kann sich der Vermieter, der eine Wohnung, für die die Baubehörde noch keine Benützungsbewilligung erteilte, vermietete und dem Mieter vor dem 1. 1. 1968 zur Benützung übergab, dann, wenn der Mieter diese Wohnung, wie hier, lange vor dem genannten Stichtag bezog und dafür den vereinbarten Mietzins entrichtete, nicht mit Erfolg auf den Standpunkt stellen, keine Wohnung, sondern eine "Baustelle" vermietet zu haben und deshalb nicht an die Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG gebunden zu sein. Ein solches Vorgehen des Vermieters widerspräche gröblich Treu und Glauben. In einem ähnlichen Sinn wurde bereits erkannt (MietSlg 19.112), daß der Vermieter, der ein Benützungsverbot der Verwaltungsbehörde allein dadurch provozierte, daß er es unterließ, um die erforderliche baupolizeiliche Genehmigung anzusuchen, sich dem Mieter gegenüber nicht auf dieses Benützungsverbot berufen kann, um aus den Verpflichtungen des Mietvertrages herauszukommen. Es darf also die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 3 Z 1 MG nur auf solche Räume angewendet werden, die nach dem genannten Stichtag tatsächlich neu geschaffen, also im technischen Sinn neu erbaut wurden. Auf andere Räume, insbesondere solche, die vor dem 1. 1. 1968 bereits von einem Mieter mit Zustimmung des Hauseigentümers zu Wohn- oder Geschäftszwecken benützt wurden und für deren Überlassung der Vermieter vom Mieter ein Entgelt entgegennahm, haben somit die Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG Anwendung zu finden. Die in der Revision zitierte Entscheidung des VwGH MietSlg 19.671 gelangte zu keinem gegenteiligen Ergebnis, sie vermag daher die - allerdings auch von Zingher (MG[15], 15) geteilte - Auffassung der Revision nicht zu unterstützen. Da die Beklagten nach den Feststellungen der Untergerichte ihre Wohnung bereits im Frühjahr 1967 bezogen hatten, die vertragsmäßige Dauer ihres Mietvertrages ein halbes Jahr überstieg und vor Ablauf der Mietzeit (30. 9. 1969) unter Einhaltung des gesetzlichen Kündigungstermins (§ 560 ZPO) weder die Mieter erklärten, die Miete nicht fortzusetzen, noch die Vermieter die Auflösung der Miete aus wichtigen Gründen begehrten, gingen die Untergerichte mit Recht davon aus, daß auch dieser Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit erneuert anzusehen ist. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Beklagten ihre Wohnung derzeit titellos benützen.
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