European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133124
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen deren mit 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG befugter Verein. Die Beklagte ist Unternehmerin iSd § 1 KSchG. Sie betreibt Energie‑, Strom‑und Wasserversorgung, Abfall‑ und Abwasserentsorgung sowie Bäder und schließt mit Verbrauchern unbefristete Energielieferverträge ab. Sie legt diesen „Allgemeine Lieferbedingungen für elektrische Energie“ zugrunde, wobei deren Fassung „Stand 2019“ die vom Kläger kritisierte Klausel 1, diejenigen der Fassung „Stand Februar 2020“ hingegen die kritisierten Klauseln 2 bis 7 enthalten.
[2] Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren zu sämtlichen Klauseln statt und verpflichtete die Beklagte zur Urteilsveröffentlichung.
[3] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands je Unterlassungsbegehren und des Urteilsveröffentlichungsbegehrens jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die regelmäßig für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbraucher bestimmt und daher von Bedeutung seien, sei eine erhebliche Rechtsfrage, sofern solche Klauseln bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen gewesen seien und deren Auslegung nicht eindeutig sei. Dies sei hier der Fall, zumal sich die Klausel 1 von der vom Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 139/19s beurteilten unterscheide und zu den Klauseln 2 bis 7 bzw ähnlichen Klauseln höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
[4] In ihrer Revision strebt die Beklagte die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Klageabweisung an, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[5] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
[6] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig und kann auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Der Oberste Gerichtshof hat auch zu Verbandsklagen mehrfach ausgesprochen (6 Ob 179/20x; 6 Ob 139/16h; 3 Ob 73/16f), dass er zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen ist, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind; der Umstand allein, dass es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu gleichen oder ähnlichen Klauseln mangelt, reicht für die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs daher nicht aus (RIS‑Justiz RS0121516). Weder genügt für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, dass im konkreten Fall mehrere Vertragspartner Verträge mit dieser Unternehmerin abgeschlossen haben, die gleichartige (oder ähnliche) Klauseln enthalten (RS0042816 [T1]), noch der Umstand, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu gleichen oder ähnlichen Klauseln fehlt (6 Ob 179/20x; 1 Ob 191/16v). Auch die Auslegung von in AGB etwa von Banken oder Versicherungen enthaltenen Klauseln ist nur dann revisibel, wenn deren Wortlaut nicht so eindeutig ist, dass Auslegungszweifel verbleiben können (vgl 7 Ob 74/07y [zu Versicherungsbedingungen]; 1 Ob 191/16v). Dass dies bei den von ihr verwendeten und hier zu beurteilenden Klauseln der Fall wäre, zeigt die Revision der Beklagten nicht auf. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Klausel 1
„7. Entgeltanpassung
Die I* ist berechtigt, die vereinbarten Preise und die Preis- und Produktstruktur abzuändern. Über die beabsichtigte Änderung informiert die I* den Kunden schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Kunden in elektronischer Form. Die Zustimmung zur Änderung gilt als erteilt, wenn nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang dieser schriftlichen Information ein schriftlicher Widerspruch des Kunden bei der I* einlangt. Im Falle eines Widerspruches gegen die Entgeltanpassung endet das Vertragsverhältnis mit dem Monatsletzten, der auf den Zugang des Informationsschreibens beim Kunden zuzüglich einer Frist von drei Monaten folgt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Kunde zu den bisher geltenden Preisen beliefert. Die I* weist den Kunden in der schriftlichen Information auf obige Fristen und die Bedeutung seines Verhaltens besonders hin.“
[8] 2.1. Die Beklagte hält der Beurteilung der Vorinstanzen, die Klausel sei intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG, weil sie Preiserhöhungen oder für den Kunden nachteilige Abänderungen der Produktstruktur der Beklagten über eine Zustimmungsfiktion in unbeschränktem Ausmaß zulasse, ohne diese näher nach Art, Ausmaß, Voraussetzungen und Kunden zu konkretisieren, entgegen, die dazu zitierte Entscheidung 3 Ob 139/19s sei nicht einschlägig. Zu beurteilen sei nicht eine vertragliche Preisänderungsklausel, sondern eine solche, deren Grundlage eine gesetzliche Bestimmung sei. In den verbundenen Rechtssachen C‑359/11 und C‑400/11 habe der EuGH – zwar für Tarifkunden, allerdings verallgemeinerungsfähig – ausgesprochen, dass die Klauselrichtlinie aufgrund deren Art 1 Abs 2 nicht gelte, wenn eine Preisanpassungsklausel auf einer gesetzlichen Regelung über Preisänderungen beruhe. Dies sei hier durch § 80 Abs 2 ElWOG 2010 der Fall, der ein gesetzliches Änderungsrecht des Energielieferanten vorsehe. Jedenfalls sei für den Energiesektor ein autonomer Transparenzmaßstab anzuwenden.
[9] 2.2. Nach gesicherter Rechtsprechung (RS0128865) verstößt eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Dies gilt vor allem dann, wenn die Klausel einer Änderung wesentlicher Pflichten der Parteien (Leistung und Gegenleistung) zu Gunsten des Verwenders der AGB in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zulässt. Aufgrund des aus dem Transparenzgebot abzuleitenden Vollständigkeitsgebot muss der Verbraucher von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden, andernfalls die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben. Nur auf diese Weise kann dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden. Die Parameter, die für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion eine Rolle spielen, müssen aus der Klausel selbst hervorgehen, damit diese dem Transparenzgebot entspricht (RS0132022).
[10] 2.3. Zu 3 Ob 139/19s hatte der Oberste Gerichtshof eine nahezu wortgleiche Klausel eines Energielieferunternehmens zu beurteilen. Ein Unterschied bestand nur darin, dass dort eine Preisänderung im Weg einer Änderungskündigung zu prüfen war. Der 3. Senat beurteilte die Klausel als Vereinbarung, die (ohne dies auszusprechen) ihrem Inhalt nach durch Zustimmungsfiktion eine nach dem Grund, den Voraussetzungen und dem Ausmaß völlig unbeschränkte Änderung des Entgelts (und damit des Vertrags) zulässt, wenn der Kunde von seinem Kündigungsrecht nicht rechtzeitig Gebrauch macht. Die in dieser Entscheidung angestellten Überlegungen sind daherauch hier anzuwenden, weshalb der auf die – geringfügige – Unterschiedlichkeit des Wortlauts gegründete Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts ins Leere geht.
[11] 2.4. Der 3. Senat setzte sich ausführlich mit dem auch dort vorgetragenen Argument, ein „Sonderprivatrecht im Energieversorgungssektor“ schließe die Prüfung einer AGB‑Klausel nach § 879 Abs 3 AGB und/oder § 6 Abs 3 KSchG aus, auseinander und erteilte dem eine Absage. § 80 Abs 2 ElWOG 2010 hält fest, dass Änderungen der (Allgemeinen) Geschäftsbedingungen und der vertraglich vereinbarten Entgelte nur nach Maßgabe des ABGB und des KSchG zulässig sind. Die Bestimmung lässt in ihrem letzten Satz zwar erkennen, dass eine Regelung, nach der ein Widerspruch des Kunden zur Vertragsbeendigung führt, zulässig ist; über die Zulässigkeit einer Vertragsänderung im Weg einer Zustimmungsfiktion und deren Voraussetzungen sagt § 80 Abs 2 ElWOG 2010 im Gegensatz zur Auffassung der Revisionswerberin aber nichts aus. Dafür sind die eingangs ausdrücklich erwähnten Gesetze (ABGB und KSchG) relevant. Die Argumentation der Beklagten bietet keinen Anlass hievon abzugehen. Ein einseitiges Recht zur Entgelt- und Vertragsänderung räumt § 80 Abs 2 ElWOG 2010 nicht ein. Ebensowenig ist dieser Bestimmung zu entnehmen, dass sie spezielle Bedingungen umschreiben hätte wollen, die den allgemeinen Transparenzerfordernissen des ABGB und KSchG „vorgehen“. Dem steht nicht nur der klare Gesetzeswortlaut, sondern auch der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers entgegen, der die Stärkung und Absicherungder Verbraucherrechte hervorhob (ErlRV 994 BlgNR XXIV. GP 1).
[12] 2.5. Soweit die Beklagte mit einem in den RL 2009/72/EG (Elektrizitätsbinnenmarkt), ihrer Vorgängerregelung RL 2003/55/EG und der in Österreich noch nicht umgesetzten RL 2019/944/EU (Elektrizitätsbinnenmarkt) angeblich anerkannten Preisänderungsrecht des Energieversorgers argumentiert, übersieht sie, dass – wie beide Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben haben – dem nationalen Gesetzgeber ausdrücklich freigestellt wurde, strengere Verbraucherschutzregeln zu treffen (Art 3 Abs 7 der RL 2009/72/EG [Elektrizitätsbinnenmarkt]). Dies hat er mit § 80 ElWOG getan. Aus diesem Grund ist auch die Entscheidung des EuGH in den verbundenen Rechtssachen C‑359/11 und C‑400/11 nicht einschlägig. Der EuGH hatte– im Gegensatz zur Rechtssache C‑92/11 , die auch der Beurteilung des Berufungsgerichts zugrunde lag – dort Preisänderungsregeln für Haushaltskunden im Rahmen allgemeiner Versorgungspflicht zu beurteilen, die auf einer deutschen Regelung beruhten. Der EuGH sprach aus, dass nach Art 1 Abs 2 der RL 93/13/EWG (Klausel‑Richtlinie) diese nicht auf Vertragsklauseln anzuwenden ist, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen. Er prüfte die Vereinbarkeit der deutschen Regelung mit der RL 2003/54/EG (Elektrizitätsbinnenmarkt) und judizierte, diese stehe einer nationalen Regelung entgegen, die den Inhalt von unter die Allgemeine Versorgungspflicht fallenden Verbraucher-verträgen über Strom‑ und Gaslieferung bestimmt und die Möglichkeit vorsieht, den Tarif dieser Leistungen zu ändern, aber nicht gewährleistet, dass die Verbraucher rechtzeitig vor Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden. Der von der Beklagten daraus offenbar gezogene Schluss, im Energiesektor reiche es für eine Preisänderung im Weg der Zustimmungsfiktion bereits aus, wenn dafür überhaupt eine nationale Regelung (wie § 80 Abs 2 ElWOG 2010) vorliege und der Verbraucher nicht schon bei Vertragsabschluss, aber während laufendem Vertragsverhältnis rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Preisänderung über deren Anlass, Voraussetzung und Umfang informiert werde, ist aus dieser Entscheidung nicht ableitbar. Die nationale Regelung (§ 80 Abs 2 ElWOG) stellt vielmehr ausdrücklich auf das KSchG und damit das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG ab, das daher nach Gesetzeswortlaut und Willen des historischen Gesetzgebers auch für Energielieferanten gelten soll. Mit einer derartigen Bestimmung hatte sich der EuGH zu C‑350/11 und C‑400/11 nicht auseinanderzusetzen.
[13] 2.6. Soweit die Beklagte sich unter Hinweis auf § 25 Abs 2 und 3 TKG 2003 und die zugrunde liegende unionsrechtliche Regelung (Art 20 Abs 2 RL 2002/22/EG [Universaldienstrichtlinie]) auf eine im Weg verfassungskonformer Interpretation gebotene Gleich-behandlung berufen will, übersieht sie, dass die Verbraucherschutzrichtlinien nach europäischem Recht nur Mindeststandards sind und es dem nationalen Gesetzgeber frei steht, strengere Verbraucherschutzregeln zu treffen. Dass sich der nationale Gesetzgeber entschieden hat, die Regelungen des § 80 ElWOG verbraucherfreundlicher zu gestalten als jene des § 25 TKG, wirft keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf, steht es dem Gesetzgeber doch im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums grundsätzlich offen, sich in – hier bei Telekommunikationsdienstleistungen einerseits und Energieversorgung andererseits jedenfalls unterschiedlichen – Regelungsbereichen für unterschiedliche Ordnungssysteme zu entscheiden. Aus diesen Gründen sind die Erwägungen der Entscheidung 4 Ob 113/18y für die hier zu beurteilende Frage nach der nicht korrekturbedürftigen Auffassung des Berufungsgerichts nicht einschlägig. Auch des von der Beklagten angeregten Vorabentscheidungsersuchens zu angeblich „sektorspezifischen“ Transparenzerfordernissen resultierend aus der RL 2009/72/EG (Elektrizitäts-binnenmarkt) bedarf es daher nicht. Die Auffassung der Vorinstanzen, die beanstandete Klausel sei intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, ist vielmehr nicht zu beanstanden.
3. Klausel 2
„7.1. Allgemeine Regelung zur Entgeltanpassung:
Die I* ist berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, die vereinbarten Preise abzuändern. Über die beabsichtigte Preisänderung (Preissenkung oder Preiserhöhung) informiert die I* den Kunden schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Kunden in elektronischer Form. Die Änderung wird frühestens mit dem Tag nach dem Zugang der schriftlichen Information wirksam, im Falle von Preisgarantien nach Ablauf der dazu vereinbarten Frist. Die Zustimmung zur Änderung gilt als erteilt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieser schriftlichen Information ein schriftlicher Widerspruch des Kunden bei der I* einlangt. Im Falle eines Widerspruches gegen die Entgeltanpassung endet das Vertragsverhältnis mit dem Monatsletzten, der auf den Zugang des Informationsschreibens beim Kunden zuzüglich einer Frist von drei Monaten folgt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Kunde zu den bisher geltenden Preisen beliefert. Die I* weist den Kunden in der schriftlichen Information auf obige Fristen und die Bedeutung seines Verhaltens besonders hin. Preisänderungen können maximal zwei Mal im Kalenderjahr erfolgen.
7.2. Zusatzregelungen für Verbraucher (Konsumenten) für Preisänderungen im Sinne des Punktes 7.1.:
Für Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (Konsumenten) gilt für Preisänderungen im Sinne des Punktes 7.1. zusätzlich Folgendes:
Eine Preiserhöhung findet frühestens zwei Monate nach Vertragsabschluss statt. Ausgenommen ist der Fall, dass die Preiserhöhung bereits bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Eine Preiserhöhung ist nur dann zulässig, wenn diese durch das Vorliegen von zumindest einem der nachstehenden objektiven und von der I* nicht beeinflussbaren Faktoren sachlich gerechtfertigt ist.“
[14] 3.1. Vorauszuschicken ist der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung (RS0121187), wonach für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 28 KSchG nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich ist, weshalb etwa auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein können. Abzustellen ist immer darauf, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt, was dann der Fall ist, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können. Dies ist hier bei Punkt 7.1., der allgemeine Regeln zur Entgeltanpassung in den ALB Stand Februar 2020 trifft, und Punkt 7.2. der Zusatzregelungen für Verbraucher anordnet, der Fall. Die Klauseln sind daher – wie schon von den Vorinstanzen – getrennt voneinander zu beurteilen.
[15] 3.2. Der erste Teil der Klausel 2 regelt den Mechanismus der Vertragsanpassung an sich. Die Vorinstanzen beanstandeten übereinstimmend den ersten Satz dieses Teils der Klausel, weil die Beklagte nur berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, vereinbarte Preise abzuändern, als intransparent und gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Außerdem sei die vorgesehene Frist für den Widerspruch des Kunden gegen die Entgeltanpassung mit zwei Wochen unangemessen kurz und daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Argumentation der Revisionswerberin dazu kann keine aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzeigen.
[16] 3.3. Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, judiziert der Oberste Gerichtshof zu vertraglichen Zustimmungsfiktionsklauseln, dass diese in der Praxis trotz eines formalen Widerspruchsrechts unter Einhaltung der Kriterien des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis der Unternehmer hinauslaufen, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, sodass ihnen aufgrund der Gefahr ihrer Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist (10 Ob 60/17x). Auch das Berufungsgericht konzedierte, dass § 6 Abs 1 Z 5 und § 6 Abs 2 Z 3 KSchG nicht direkt auf Zustimmungsfiktionsklauseln anwendbar seien, erachtete es aber für geboten, Änderungen der vereinbarten Hauptleistung in gleicher Weise wie bei klassischen Preis‑ und Leistungsänderungsklauseln am Telos dieser Bestimmungen zu messen. Dieses Argument zieht die Revisionswerberin gar nicht substantiiert in Zweifel, meint aber, bei AGB‑Klauseln, die eine Preiserhöhung im Weg einer Erklärungsfiktion iSd § 6 Abs 1 Z 2 KSchG unter Einhaltung der dort besonders vorgesehenen Formalismen ermöglichen, folge noch keine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB daraus, dass keine Verpflichtung zur Preissenkung vorgesehen sei. Die vom Obersten Gerichtshof unterstellte Passivität des Verbrauchers werde durch das Transparenzgebot und die geforderte Definition der für die Preiserhöhung maßgeblichen Indizes abgefedert. Tatsächlich lässt die zu beurteilende Klausel aber (wie die zu 10 Ob 60/17x zu beurteilende Entgeltanpassungsklausel mittels Zustimmungsfiktion) den Verbraucher über die Gründe, die in Hinkunft zu einer derartigen Änderung führen sollen, im Unklaren, wenn auch Indizes dort angeführt werden und ein Höchstausmaß der Preisänderung vorgesehen ist. Dass Preisänderungen maximal zwei Mal jährlich stattfinden sollen, reicht für eine ausreichend transparente Beurteilung, wann konkret nun Preisänderungen durch den Unternehmer vorgenommen werden dürfen, nicht aus. Letztlich hängt die Entgeltänderung vielmehr ausschließlich vom Willen der Beklagten ab, auch eine Preisänderung aufgrund gesunkener Indizes (laut Klauseln 3 und 4) kann der Kunde – schon gar nicht im Weg der Erklärungsfiktion – seinerseits durchsetzen. Zusammengefasst ist daher die Auffassung der Vorinstanzen nicht zu beanstanden, nach § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG unangemessene einseitige Preis‑ und Leistungsänderungsklauseln könnten auch nicht über den Umweg einer vereinbarten vertraglichen Zustimmungsfiktion wirksam vereinbart werden.
[17] 3.4. Der Argumentation der Vorinstanzen zur Unangemessenheit der 14‑tägigen Reaktionsfrist hält die Revisionswerberin entgegen, die Entscheidung 6 Ob 128/09f sei nicht einschlägig, weil dort eine Frist von vier Wochen am Schalteraushang zu beurteilen gewesen sei. Die vom Berufungsgericht hervorgehobene Abwesenheit von mehr als 14 Tagen zu Urlaubszwecken ändere nichts daran, dass die Unternehmerin den Zugang des Änderungsschreibens zu beweisen habe. Zur Länge der Reaktionsfrist sei weder in der RL 2009/72/EG noch § 80 Abs 2 ElWOG 2010 konkret etwas vorgesehen.
[18] 3.5. Grundsätzlich ist die Angemessenheit der Reaktionsfrist bei einer Erklärungsfiktion iSd § 6 Abs 1 Z 2 KSchG einzelfallbezogen zu beurteilen. Wenn auch die Lehre eine Frist von 14 Tagen im Regelfall (vgl Schwimann ABGB‑TaKomm4 § 6 KSchG Rz 4 mwN) als angemessen ansehen mag, ist dies für den zentralen Bereich der Daseinsvorsorge, etwa der Versorgung mit Energie, nach der im Einzelfall nicht korrekturbedürftigen Auslegung der Vorinstanzen differenziert zu beurteilen. Unabhängig von allfälligen urlaubsbedingten Abwesenheiten eine Frist von 14 Tagen ab Zugang des Änderungsschreibens jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge nicht als angemessen anzusehen, ist keine grobe Fehlbeurteilung. Der Kunde des Energieversorgers müsste sich mit Zugang des Änderungsschreibens unangekündigt und unerwartet über Konditionen anderer Anbieter auf dem Energiemarkt in sehr kurzer Frist informieren, um abschätzen zu können, ob er dem Änderungsbegehren seiner bisherigen Vertragspartnerin widersprechen soll oder nicht. Selbst wenn dem Kunden gelingt, günstigere Anbieter zu finden, wäre damit allein noch nicht gewährleistet, dass der andere Anbieter tatsächlich auch mit ihm zeitnah einen Energieversorgungsvertrag abschließt. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang begehrten zusätzlichen Feststellungen zum leichten Zugang zu Informationen über Stromanbieter im Internet sind nicht relevant, weil nicht davon auszugehen ist, dass jeder Stromkunde über einen Internetzugang verfügt und/oder seine Informationen über Konditionen von Energieversorgern über das Internet bezieht. Die Frist für den Widerspruch von 14 Tagen als unangemessen zu beurteilen begegnet daher schon unabhängig von der Ortsabwesenheitsproblematik keinen Bedenken. Da der erste Teil der Klausel 2 aus diesen Gründen bereits unzulässig ist, ist das Berufungsgericht zu Recht auf die weiteren Fragen der Preisänderung während der Überlegungsfrist und der Vertragsbeendigung während der Mindestvertragsdauer nicht näher eingegangen.
[19] 3.6. Der zweite Teil der Klausel 2 wurde von den Vorinstanzen übereinstimmend als § 6 Abs 2 Z 4 KSchG widersprechend beurteilt. Dieser Teil der Klausel 2 formuliert die Ausnahme für die Erhöhung des Entgelts innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsschluss ganz allgemein für den Fall, dass die Preiserhöhung bereits bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Nähere Darlegungen, wie eine derartige Vereinbarung ausgestaltet sei, fehlen. Damit wären bei der im Klauselprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (RS0016590) formularhaft vereinbarte Preiserhöhungen von der Ausnahmebestimmung dieses Teils 2 der Klausel 2 mitumfasst, was ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG wäre.
[20] 3.7. Das Argument der Revisionswerberin, es sei nicht maßgeblich, ob bei Vertragsabschluss unter Anwesenden oder online bereits eine Preisänderung vereinbart worden sei, greift zu kurz. Das Berufungsgericht ging nicht davon aus, dass sich die Beklagte mit der beanstandeten Klausel eine Änderung der Preise in den ersten zwei Monaten nach Vertragsabschluss in Anwendung des Preisanpassungs-mechanismus durch Erklärungsfiktion vorbehalten hätte, sondern eine kundenfeindlichste Auslegung dieser Klausel dahin möglich sei, dass die Beklagte innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsschluss mit Konsumenten formularvertraglich vereinbarte Preiserhöhungen vornehmen könnte. Aus diesem Grund von einem Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG auszugehen, ist daher nicht korrekturbedürftig.
4. Klausel 3
„7.2.1. Erhöhung der Arbeits- und Leistungspreise:
a) Grundlage für die Anpassung der Arbeits- und Leistungspreise bildet der gewichtete Österreichische Strompreisindex (in der Folge kurz: ÖSPI), der monatlich von der Österreichischen Energieagentur mit der Bezeichnung ′ÖSPI (gewichtet)′ veröffentlicht wird und näherungsweise die Beschaffungskosten der Stromlieferanten nachbildet. Die monatlichen Indexwerte werden auf der Website der Österreichischen Energieagentur – Austrian Energy Agency veröffentlicht.
Die I* ist unter Einhaltung der Vorgangsweise des Punktes 7.1. berechtigt, die Arbeits- und Leistungspreise maximal in dem prozentualen Ausmaß zu erhöhen, in dem der Referenzwert im Verhältnis zum Ausgangswert gestiegen ist.
b) Ausgangswert ist jeweils der Durchschnittswert (arithmetisches Mittel, d. h. Division der Summe aller Werte durch die Anzahl der Einzelwerte) jener Indexwerte des ÖSPI für die 14 Monate, welche dem 3. Monat vor Wirksamkeit der letzten Preiserhöhung vorangegangen sind.
Wurde der Liefervertrag vor Vereinbarung dieser Allgemeinen Lieferbedingungen abgeschlossen und mit dem Konsumenten kein Ausgangswert vereinbart, so gilt als erstmaliger Ausgangswert 65,33. Dies ist der Durchschnittswert (arithmetisches Mittel, d. h. Division der Summe aller Werte durch die Anzahl der Einzelwerte) jener Indexwerte des ÖSPI für die Monate August 2017 bis September 2018 (das entspricht jenen 14 Monaten, welche dem 3. Monat vor dem 01. 01. 2019 vorangegangen sind). Über die Höhe des erstmaligen Ausgangswertes (unter zusätzlicher Information zum Berechnungszeitraum und zu den Indexwerten) wird der Konsument von der I* schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, informiert.
Neukunden werden vor Vertragsabschluss über den den vereinbarten Arbeits- und Leistungspreisen zugrunde liegenden Ausgangswert (unter zusätzlicher Information zum Berechnungszeitraum und zu den Indexwerten) und darüber informiert, dass dem Ausgangswert Indexwerte zugrunde liegen, welche vor Vertragsabschluss veröffentlicht wurden, und dass bei der nächsten Preiserhöhung somit auch vor Vertragsabschluss liegende Indexsteigerungen berücksichtigt werden können.
c) Referenzwert ist jeweils der Durchschnittswert (arithmetisches Mittel, d. h. Division der Summe aller Werte durch die Anzahl der Einzelwerte) jener Indexwerte des ÖSPI für die 14 Monate, welche dem 3. Monat vor Wirksamkeit der angekündigten Preiserhöhung vorangegangen sind. Nach der Preiserhöhung bildet der Referenzwert, der für die Preiserhöhung herangezogen wird, den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung. Die I* informiert den Konsumenten bei jeder Preiserhöhung schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, sowie auf ihrer Website über den Referenzwert (unter zusätzlicher Information zum Berechnungszeitraum und zu den Indexwerten), der den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung bildet. Im Falle einer Preissenkung gemäß Punkt 7.1., zu welcher die I* nicht verpflichtet ist, ist der neue Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung der Referenzwert, der dem Durchschnittswert (arithmetisches Mittel, d. h. Division der Summe aller Werte durch die Anzahl der Einzelwerte) jener Indexwerte des ÖSPI für die 14 Monate, welche dem 3. Monat vor Wirksamkeit der Preissenkung vorangegangen sind, entspricht. Die I* informiert den Konsumenten bei jeder Preissenkung schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, sowie auf ihrer Website über den Referenzwert (unter zusätzlicher Information zum Berechnungszeitraum und den Indexwerten), der den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung bildet.“
[21] 4.1. Vorauszuschicken ist, dass aufgrund des Querverweises der Klausel 3 auf die unzulässige Klausel 2 grundsätzlich auch die verweisende Klausel unzulässig ist (RS0122040). Im Übrigen ist anzuführen:
[22] 4.2. Die Vorinstanzen erachteten Punkt 7.2.1 lit a der Klausel übereinstimmend für intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil – selbst über die dort genannte Website – der ÖSPI (gewichtet) nicht sofort ersichtlich sei. Dieser auf die Entscheidung 5 Ob 118/13h gestützten Rechtsauffassung tritt die Revision nicht entgegen.
[23] 4.3. Vergleichbares gilt für die Beurteilung, der in Punkt 7.2.1 lit b genannte Ausgangswert von 65,33 sei nachteilig und ungewöhnlich iSd § 864a ABGB. Die zu 10 Ob 50/11t beurteilte Indexklausel eines Energielieferanten, der ebenfalls auf einen historischen Ausgangswert Bezug nahm, ist nach der nicht korrekturbedürftigen übereinstimmenden Auffassung der Vorinstanzen vergleichbar, was die Revision nicht substantiiert in Zweifel zieht. Auch wenn man den genannten Ausgangswert für Bestandskunden dem Durchschnittswert der letzten vier Monate gegenüberstellt, wäre im April 2020 selbst für bereits bestehende Kunden eine Preiserhöhung um fast 50 % möglich gewesen. Dies bei der Überschrift „Erhöhung der Arbeits‑ und Leistungspreise“ an dieser Stelle nicht nur als überraschend, sondern auch ungewöhnlich iSd § 864a ABGB zu werten, begegnet keinen Bedenken.
[24] 4.4. Auf die Frage, ob der in der Klausel herangezogene Index „ÖSPI“ und die Berechnungsmethode nach dem Modell „ÖSPI 14 + 3 Monate“ die Energiebeschaffung der Beklagten repräsentativ widerspiegelt oder nicht – wozu eine vom Berufungsgericht nicht erledigte Beweisrüge der Beklagten vorlag – kommt es nicht an, weil nach der in der Revision nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Auffassung der Vorinstanzen die Klausel ohnedies aus den genannten Gründen unzulässig ist. In der Nichterledigung der diesbezüglichen Beweisrüge durch das Berufungsgericht liegt daher kein relevanter Verfahrensmangel vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
5. Klausel 4
„7.2.2. Erhöhung des Grundpreises:
a) Die I* ist unter Einhaltung der Vorgangsweise des Punktes 7.1. berechtigt, den Grundpreis maximal in dem prozentualen Ausmaß zu erhöhen, in dem der Indexwert des Verbraucherpreisindex 2015 (VPI 2015) zwischen Ausgangswert und Referenzwert gestiegen ist. Der VPI 2015 wird monatlich von der Statistik Austria veröffentlicht.
b) Dabei bildet jeweils jener Indexwert den Ausgangswert, der dem mit dem Konsumenten zuletzt vereinbarten Preis zugrunde liegt. Wurde der Liefervertrag vor Vereinbarung dieser Allgemeinen Lieferbedingungen abgeschlossen und mit dem Konsumenten kein Ausgangswert vereinbart, so gilt als erstmaliger Ausgangswert der Indexwert des VPI 2015 für den Monat Juli 2018 (Indexwert: 104,9). Über die Höhe des erstmaligen Ausgangswertes wird der Konsument von der I* schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, informiert. Neukunden werden vor Vertragsabschluss über den dem vereinbarten Grundpreis zugrunde liegenden Ausgangswert (unter zusätzlicher Anführung von Monat und Jahr) und darüber informiert, dass dem Ausgangswert ein Indexwert zugrunde liegt, welcher vor Vertragsabschluss veröffentlicht wurde, und dass bei einer Preiserhöhung somit auch vor Vertragsabschluss liegende Indexsteigerungen berücksichtigt werden können.
c) Referenzwert ist der Indexwert, welcher für den 6. Monat vor Wirksamkeit der Preiserhöhung veröffentlicht wurde. Der Referenzwert, der für die Preiserhöhung herangezogen wird, bildet dann den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung. Die I* informiert den Konsumenten bei jeder Preiserhöhung schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, sowie auf ihrer Website über den Referenzwert (unter zusätzlicher Anführung von Monat und Jahr), der den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung bildet.
Im Falle einer Preissenkung gemäß Punkt 7.1., zu welcher die I* nicht verpflichtet ist, ist der neue Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung jener Indexwert, welcher für den 6. Monat vor Wirksamkeit der Preissenkung veröffentlicht wurde. Die I* informiert den Konsumenten bei jeder Preissenkung schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben, auf Wunsch des Konsumenten in elektronischer Form, sowie auf ihrer Website über den Indexwert (unter zusätzlicher Anführung von Monat und Jahr), der den neuen Ausgangswert für die nächste Preiserhöhung bildet.“
[25] 5.1. Auch Klausel 4 regelt – wie schonKlausel 3 – den Modus, nach dem die in der Klausel 2 vorgesehenen Änderungen des Entgelts erfolgen sollen. Sie verweist nicht nur auf Klausel 2, sondern steht auch in inhaltlich untrennbarem Zusammenhang, sodass die Unzulässigkeit der Klausel 2 auch auf die Klausel 4 durchschlägt. Zu ergänzen ist Folgendes:
[26] 5.2. Übereinstimmend haben die Vorinstanzen die Klausel deshalb als unzulässig erachtet, weil sie unter Punkt 7.2.2.c ausdrücklich festhält, dass die Beklagte zur Weitergabe von Preissenkungen nicht verpflichtet ist. Zur Anwendung der Kriterien des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und der Verpflichtung auch zur Herabsetzung des Entgelts bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen sei auf die Ausführungen zur Klausel 2 verwiesen. Auch aus dieser Klausel ergibt sich, dass der Eintritt der Voraussetzungen für den Vorschlag der Änderung des Entgelts im Weg der Zustimmungsfiktion ausschließlich vom Willen der Beklagten abhängen soll. Dem Argument der Revisionswerberin, nach Liberalisierung des Strommarkts sei nicht davon auszugehen, dass die Stromanbieter den Preis künstlich hochhalten würden, ist entgegenzuhalten, dass auf eine konkrete abweichende Praxis, individuelle Erklärungen oder Vereinbarungen im Verbandsprozess keine Rücksicht zu nehmen ist (RS0121726 [T4]). Auf die Frage, ob der VPI für den Grundpreis ein grundsätzlich geeigneter Index ist und das Abstellen auf in der Vergangenheit liegende Indexwerte gegen § 864a ABGB verstößt, kommt es damit nicht an. Auch dazu hat das Berufungsgericht – entgegen der Revisionsausführungen – gar nicht ausdrücklich Stellung bezogen.
6. Klausel 5
„Die I* kann darüber hinaus bei laufendem Vertragsverhältnis vom Kunden jeweils binnen drei Monaten ab Vorliegen folgender Umstände Vorauszahlungen verlangen:
c) wenn erhebliche Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Kunden bestehen (z. B. aufgrund offener Zahlungsverpflichtungen des Kunden aus anderen Vertragsverhältnissen mit der I*). Die Höhe der Vorauszahlung beträgt maximal ein Viertel des voraussichtlichen Jahreslieferentgeltes. Dieses wird anhand des Letztjahresverbrauches oder nach dem durchschnittlichen Verbrauch vergleichbarer Kundenanlagen ermittelt. Wenn der Kunde glaubhaft macht, dass sein Verbrauch erheblich geringer ist, so ist dies angemessen zu berücksichtigen. Statt einer Vorauszahlung kann die I* die Leistung einer Sicherheit (Barsicherheit, Bankgarantie, Hinterlegung von nicht vinkulierten Sparbüchern) in gleicher Höhe verlangen.“
[27] 6.1. Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel übereinstimmend als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil nicht klar genug dargelegt sei, in welchen Fällen die Beklagte erhebliche Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit eines Kunden annehme. Dass die Vorauszahlungen anhand des Vorjahresverbrauchs oder anhand vergleichbarer Kundenanlagen zu berechnen seien, sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil die Beklagte die für sie vorteilhaftere Variante wählen könne, in § 81 Abs 5 ElWOG 2010 aber kein Wahlrecht vorgesehen sei.
[28] 6.2. Die Revisionswerberin hält dem entgegen, das Transparenzgebot dürfe nicht überspannt werden, jedermann sei durch die Bezugnahme auf die Begriffe der Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit klar und verständlich, dass die Vorauszahlung oder Sicherheit nur dann in Betracht komme, wenn ernsthafte und begründete Sorge besteht, dass die Forderungen gegen den Kunden aus dem Energielieferungsvertrag nicht regulär bedient werden. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Regeln des VKrG seien nicht einschlägig und der Begriff der Zahlungsfähigkeit gesetzlich in § 66 IO definiert. Da § 81 Abs 5 ElWOG 2010 im Zug der Teilbetragsrechnung auf eine Schätzung des Verbrauchs vergleichbarer Kunden durch den Stromversorger abstelle, widerspreche es nicht dem Transparenzgebot, auf Basis dieses Kriteriums eine Sicherheitsleistung zu berechnen. Da das ElWOG einen Mindestzahlungsverzug vor Abschaltung nicht vorsehe, weiche die Regelung zur Vorauszahlung und Sicherheit nicht unsachlich vom dispositiven Recht ab.
[29] 6.3. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Begriffe der „Kreditwürdigkeit“ und der „Zahlungsunfähigkeit“ hätten nicht dieselbe Bedeutung, ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ein Verweis der Beklagten auf § 66 IO im Zusammenhang mit dem Begriff der „Zahlungsunfähigkeit“ der Klausel nicht zu entnehmen. Unklar und damit intransparent ist, unter welchen Voraussetzungen genau die in der Klausel genannten „erheblichen Zweifel“ an der Zahlungsunfähigkeit und/oder Kreditwürdigkeit des Kunden für die Beklagte bestehen. Das konkretisierende Beispiel trägt nicht zur Transparenz der Klausel bei, sondern lässt offen, welche – dort nicht genannte Fälle – von der Klausel sonst erfasst sein sollen. Auf einen Mindestzahlungsverzug hat das Berufungsgericht nicht abgestellt, § 81 Abs 5 ElWOG 2010 hat es nur im Zusammenhang mit der Argumentation der Beklagten mit dem Hinweis zitiert, dort sei gerade kein Wahlrecht vorgesehen und die Bestimmung stelle nur dann auf die „Schätzung des Verbrauchs vergleichbarer Kunden“ ab, wenn kein Jahresverbrauch vorliege. Demgemäß ermögliche Klausel 5 der Beklagten die Heranziehung der jeweils günstigeren Berechnungsart. Dies als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB anzusehen, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.
7. Klausel 6
„16.3. Kundeninformation (Direktwerbung):
Die I* kann (auch ohne vorherige Einwilligung des Kunden) bis auf jederzeitigen Widerspruch durch den Kunden – während aufrechter Vertragsbeziehung zwischen der I* und dem Kunden über die Lieferung elektrischer Energie und auch nach deren Beendigung, längstens aber innerhalb von drei Jahren, nachdem sämtliche Vertragsverhältnisse des Kunden mit der I* über die Lieferung elektrischer Energie ausgelaufen sind – unter Verwendung der vom Kunden an die I* bekannt gegebenen Kontaktinformationen (E‑Mail‑Adresse, Postadresse, Telefonnummer) den Kunden mittels adressierter Postsendung oder elektronischer Post (einschließlich SMS) Produktinformation/Werbung über die Lieferung und den Bezug von Energie, Energiesparmaßnahmen, Energieberatung sowie – jeweils im Zusammenhang mit Energie – Veranstaltungen, Wettbewerbe, Gewinnspiele und Serviceangebote der I* kontaktieren. Für Direktwerbung mittels elektronischer Post (einschließlich SMS) gilt dies mit der Einschränkung, dass der Kunde nicht von vornherein durch Eintragung in die bei der R*‑GmbH (*‑GmbH) geführte Liste gemäß § 7 Abs 2 E‑Commerce‑Gesetz die Zusendung elektronischer Direktwerbung abgelehnt hat. Der Kunde kann unabhängig davon der Verwendung seiner Kontaktinformationen für Direktwerbung durch die I* jederzeit widersprechen (Kontaktinformationen I*: I*, Adresse …, Telefon … , kundenservice@...at ). Auf sein Widerspruchsrecht wird der Kunde bei jeder an ihn gerichteten Direktwerbung von der I* hingewiesen.“
[30] 7.1. Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, außerdem verstoße sie gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 5 Abs 1 lit a DSGVO iVm Art 13 Abs 1 lit c DSGVO. Das von der Beklagten relevierte berechtigte Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO sei jedenfalls nicht mehr gegeben, wenn die Vertragsbeziehung nicht mehr bestehe. Ein derartiger Kunde müsse vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung seiner Daten rechnen. Auch wenn die Beklagte ein Interesse an der Rückgewinnung von Kunden habe, überwiege das Interesse des Kunden, keine Direktwerbung mehr von der Beklagten zu erhalten. Für elektronisch übermittelte Direktwerbung beruhe die Intransparenz der Klausel auf dem Widerspruch zu § 107 TKG 2003, weil für Bestandskunden durch die Klausel nicht gewährleistet sei, dass der Verbraucher bereits bei Erhebung der Kontaktdaten deren Nutzung ablehnen könne. Auch der genannte dreijährige Zeitraum für die Nachnutzung sei unzulässig.
[31] 7.2. Dem hält die Revisionswerberin im Wesentlichen ihre Rechtsmeinung entgegen, den Voraussetzungen des § 107 Abs 3 TKG 2003 werde Genüge getan, die dreijährige Speicherdauer sei moderat und Direktwerbung diene dazu, Kunden rückzugewinnen, deren Vertragsverhältnis geendet habe.
[32] 7.3. § 17 Abs 2 TKG erklärt die Zusendung elektronischer Post – einschließlich SMS – ohne vorherige Einwilligung des Empfängers für unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt. Eine vorherige Einwilligung für die Zusendung elektronischer Post ist (§ 107 Abs 3 TKG) nur dann nicht notwendig, wenn die in den anschließenden vier Ziffern genannten Voraussetzungen (kumulativ) erfüllt sind. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen (§ 107 Abs 3 Z 3 TKG). Die Bestimmung diente der Umsetzung von Art 13 Abs 2 der RL 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. 7. 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation. Die beanstandete Klausel stellt nach der nicht korrekturbedürftigen Auffassung der Vorinstanzen aber gerade nicht darauf ab, dass Direktwerbung dann nicht zulässig ist, wenn der Verbraucher bereits bei Erhebung seiner Daten Werbung abgelehnt hat; sie stellt die Rechtslage damit nicht vollständig und klar dar, was zur Intransparenz des § 6 Abs 3 KSchG führt (RS0115219 [T1, T14, T21]). Warum das jederzeit ausübbare Widerspruchsrecht der Bestandskunden das Erfordernis nach § 107 Abs 3 Z 3 TKG 2003 substituieren soll, macht die Revision nicht nachvollziehbar. Die für den Fall der Direktwerbung mittels adressierter Post vom Berufungsgericht vorgenommene Interessenabwägung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ist eine typische Frage des Einzelfalls und jedenfalls in Bezug auf den Verbraucher nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht zu beanstanden. Warum das Interesse der Beklagten, ehemalige Kunden zurückzugewinnen, dasjenige der ehemaligen Kunden, keine Direktwerbung mehr zu erhalten, überwiegen soll, vermag die Revision nicht nachvollziehbar darzustellen.
8. Klausel 7
„19. Grundversorgung
Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (Konsumenten) und Kleinunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010, die sich gegenüber der I* schriftlich auf die Grundversorgung berufen, können die Grundversorgung in Anspruch nehmen.“
[33] 8.1. Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel übereinstimmend als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil die Beklagte ein dem Kunden nach dispositivem Recht zustehendes Recht unzulässig an ein Schriftlichkeitsgebot binde. Aufgrund falscher Wiedergabe der Rechtslage sei sie auch intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Revisionswerberin verweist auf Rechtsprechung zum Versicherungsvertragsgesetz (7 Ob 216/11g; 7 Ob 255/10s), die eine sachliche Rechtfertigung für die von ihr vorgesehene Abweichung vom dispositiven Recht begründen soll. Die Anwendung dieser Entscheidungen auf das Vertragsverhältnis zu Energieversorgern hat das Berufungsgericht aber bereits mit überzeugenden Argumenten abgelehnt, mit denen sich die Revision nicht substantiiert auseinandersetzt.
[34] 8.2. Wenn eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften abweicht, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners grundsätzlich schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht. Das dispositive Recht ist nämlich als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessensausgleichs für den Durchschnittsfall anzusehen (RS0014676 [T21]; RS0016914 [T3, T4, T6]). Eine sachliche Rechtfertigung der beanstandeten Klauseln zeigen die Revisionsausführungen aber nicht auf.
[35] 8.3. § 77 Abs 1 ElWOG 2010 nennt als Voraussetzung für die Grundversorgung nur, dass Verbraucher bzw Kleinunternehmer sich darauf berufen. Ein Schriftformgebot sieht § 77 Abs 1 ElWOG somit eindeutig nicht vor. Mit der tragenden Begründung des Berufungsgerichts setzt sich die Revision, die sich mit Fragen des Kontrahierungszwangs befasst, gar nicht auseinander; eine Verletzung des § 6 Abs 1 Z 4 KSchG hat auch das Berufungsgericht nicht angenommen. Ob grundsätzlich Schriftlichkeit – in anderem Zusammenhang – mit dem Energieversorger vereinbart werden könnte, ist daher gar nicht zu beantworten.
[36] 9. Mit Rücksicht auf die bereits vorliegende Judikatur des EuGH, die im Übrigen zu den angesprochenen Fragen gar nicht relevant ist, erübrigt sich das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen.
[37] 10. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb ihm die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzusprechen waren (§§ 41, 50 ZPO).
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