Spruch:
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 13. August 2013, GZ 2 Ps 72/13t-32 verfügte Übertragung der Zuständigkeit der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Dornbirn wird nicht genehmigt.
Text
Begründung
Die ***** 2010 geborene A***** T***** ist die Tochter von J***** T***** und U***** O*****. Bereits sieben Monate nach der Geburt des Kindes wurde über Antrag des Vaters der Mutter gemäß § 176 ABGB die Obsorge entzogen und dem Vater die Alleinobsorge übertragen. Die Mutter, die damals in stationärer psychiatrischer Behandlung war, war mit dieser Obsorgeübertragung einverstanden. Das Pflegschaftsverfahren wurde vom Bezirksgericht Meidling geführt, wobei Anträge auf Regelung des Besuchsrechts der Mutter und auf gemeinsame Obsorge zu behandeln waren. In diesem Zusammenhang wurde das Amt für Jugend und Familien, Soziale Arbeit mit Familien (MAG ELF) mit Sachverhaltserhebungen und Stellungnahmen betraut.
Nachdem der Vater mit A***** Anfang Juni 2013 nach Dornbirn in Vorarlberg zur väterlichen Großmutter der Minderjährigen übersiedelt war, beantragte die Mutter am 25. 6. 2013, ihr die Alleinobsorge für die Minderjährige bzw die vorläufige Alleinobsorge, zu übertragen. Zum (früheren) Obsorgeantrag liegen Stellungnahmen sowohl der Wiener Jugendwohlfahrtsbehörde als auch der nun zuständigen Vorarlberger Behörde vor.
Mit Beschluss vom 13. 8. 2013 übertrug das Bezirksgericht Meidling über Antrag des Vaters die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache hinsichtlich der Minderjährigen gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Dornbirn. Offene Anträge sprächen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, sofern nicht dem übertragenden Gericht für die ausstehende Entscheidung besondere Sachkenntnis zukomme. Es lägen keine Beweisergebnisse vor, die nicht gleicherweise vom Gericht des Aufenthaltsorts der Minderjährigen zur Entscheidung herangezogen werden könnten.
Das Bezirksgericht Dornbirn lehnte die Übernahme der Zuständigkeit unter Hinweis auf die offenen Anträge, insbesondere wegen des Antrags der Mutter auf Obsorgeübertragung ab. Insoweit sei eine Übertragung nicht im Interesse der Minderjährigen gelegen, weil das übertragende Gericht aufgrund des persönlichen Eindrucks von beiden Eltern und der Stellungnahmen der Jugendwohlfahrtsbehörde über die offenen Anträge entscheiden könne.
Am 26. 8. 2013 stellte die mütterliche Urgroßmutter beim Bezirksgericht Meidling den Antrag, ihr Kontaktrecht mit der Minderjährigen zu regeln.
Rechtliche Beurteilung
Bei dieser Sachlage ist eine Übertragung der Zuständigkeit der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Dornbirn, in dessen Sprengel die Minderjährige und der Vater seit ca vier Monaten leben, derzeit nicht gerechtfertigt.
Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn das im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Pflegschaftssache an jenes Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt. Richtig ist, dass offene Anträge in der Regel kein Übertragungshindernis sind. Entscheidend ist auch für diese Frage immer das Wohl des Pflegebefohlenen, das nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0047300). Die dargestellten Umstände des Einzelfalls lassen jedoch eine Übertragung der Pflegschaftssache vor Erledigung des Obsorgeantrags der Mutter durch das übertragende Gericht als ungünstig erscheinen. Wegen der umfangreichen Kenntnis der Sachlage und infolge des persönlichen Eindrucks von den Eltern ist davon auszugehen, dass das übertragende Gericht wesentlich rascher bereits vorhandene Entscheidungsgrundlagen verwerten kann, als dies einem neuen Gericht möglich wäre. Für die zu beantwortenden Fragen sind zunächst Lebensumstände der Mutter, die im Sprengel des übertragenden Gerichts lebt, bedeutend. Es erscheint daher insgesamt sachgerechter, dass über den noch offenen Obsorgeantrag der Mutter das übertragende Gericht entscheidet.
Die Übertragung der Zuständigkeit ist daher im gegenwärtigen Zeitpunkt unzweckmäßig und nicht im Interesse der Minderjährigen gelegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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