Spruch:
Den Ablehnungsanträgen wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Senatspräsident des Oberlandesgerichtes G***** und 6. Ersatzmitglied des Innensenats des Personalsenats des Oberlandesgerichtes G*****.
Er beantragte als Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** am 18. 6. 2001 beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen G***** zu 7 Msch 31/01w die Abberufung des Erstantragsgegners als Hausverwalter.
Nachdem sich die zunächst zuständigen Richter Mag. K*****, Mag. Z*****, Mag. H***** und Mag. E***** für befangen erklärt hatten, wurde die Rechtssache mit Beschluss der Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen G***** vom 21. 5. 2002 der Richterin des Bezirksgerichtes Dr. Desiree P***** zugewiesen. Nach Schriftsatzwechsel und mündlichen Verhandlungen (vom 3. 7. 2002 und 21. 10. 2002) zeigten Erst- und Zweitantragsgegner die Befangenheit aller Richter des Bezirksgerichtes an, weil der Antragsteller als Mitglied des Personalsenates des Oberlandesgerichtes G***** für alle Personalentscheidungen hinsichtlich der Bezirksgerichte des Sprengels des Oberlandesgerichtes G***** zuständig sei. Diese Befangenheit betreffe im Übrigen alle Bezirksgerichte des Sprengels des Oberlandesgerichtes G*****, weswegen die amtswegige Delegation gemäß § 30 JN durch das Oberlandesgericht G***** an ein Bezirksgericht eines anderen Oberlandesgerichtssprengels begehrt wurde. Über diesen Antrag entschied die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen G***** mit Beschluss vom 13. 1. 2004 im Sinne einer Abweisung der Befangenheitsanzeige hinsichtlich der Richterin Dr. P*****.
Diesen Beschluss hob das Landesgericht für Zivilrechtssachen G***** über Rekurs der Befangenheitswerber mit Beschluss vom 29. 1. 2004, 7 R 12/04t, als nichtig auf, weil die Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen G***** zur Entscheidung über die alle Richter des Bezirksgerichtes betreffende Befangenheitsanzeige nicht zuständig gewesen sei.
Mit Beschluss vom 26. 2. 2004 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen G***** den Ablehnungsantrag der Olga L***** (einer der beiden Ablehnungswerber) ab. Der Antrag sei verspätet, weil sich die Antragsgegnerin trotz Kenntnis des Befangenheitsgrundes in die Verhandlung eingelassen habe. Im Übrigen sei der Antrag auch mangels Befangenheit der Richterin nicht zielführend.
Gegen diesen Beschluss erhoben Erst- und Zweitantragsgegner als Ablehnungswerber Rekurs an das Oberlandesgericht G*****, lehnten gleichzeitig die zur Rekursentscheidung zuständigen Richter des Oberlandesgerichtes G***** sowie sämtliche weitere Richter des Oberlandesgerichtes G***** als befangen ab, weil der Antragsteller auch für Personalentscheidungen, die diese Richter beträfen, zuständig sei. Unter anderem beantragten sie, der Oberste Gerichtshof möge die Rechtssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zur Verhandlung und Entscheidung übertragen.
Die für die Entscheidung über den Rekurs zuständigen Mitglieder des Senates 3 des Oberlandesgerichtes G***** Dr. E*****, Dr. S***** und Dr. K***** erklärten, ungeachtet eines kollegialen Naheverhältnisses zum Antragsteller und dessen Funktion als Personalsenatsmitglied nicht befangen zu sein.
Gemäß § 23 JN wurde die Ablehnungssache dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Werden sämtliche Richter eines Gerichtshofs (pauschal) abgelehnt, was ausnahmsweise möglich ist, wenn der geltend gemachte Befangenheitsgrund bei allen Richtern eines Gerichtes in gleicher Weise zutreffen soll (Mayer in Rechberger² Rz 4 zu § 19 JN mwN), so ergibt sich aus § 23 JN die Zuständigkeit des zunächst übergeordneten Gerichtshofs, hier des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0109137). Ihnen wird nun als Ablehnungsgrund ein Abhängigkeitsverhältnis zum Antragsteller vorgeworfen, das aus seiner Stellung als Ersatzmitglied des Personalsenats (Innensenats) des Oberlandesgerichtes G***** resultiert. Der Antragsteller sei für sämtliche Personalentscheidungen betreffend alle Richter des Oberlandesgerichtes G***** zuständig. Es sei natürlich und menschlich nachvollziehbar, dass jeder Richter allerhöchste Vorsicht im Umgang mit dem Antragsteller walten lassen werde und bestrebt sein werde, tunlichst alles zu vermeiden, was seiner weiteren Karriere in welcher Form auch immer Schaden zufügen könnte. Bereits die Besorgnis, dass bei der Entscheidung dieser Richter andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten, sei ausreichend, eine Befangenheit anzunehmen. Es reiche aus, wenn bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
Bei der Prüfung der Unbefangenheit ist im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen. Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss (1 Ob 92/98f) - auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte (Arb 10.760) - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (Mayr in Rechberger ZPO² § 19 JN Rz 4 mwN). Bei der Beurteilung der Fairness eines Verfahrens ist auch der äußere Anschein von Bedeutung (VfGHSlg 11.131/1986) und Gerechtigkeit soll nicht nur geübt, sondern auch sichtbar geübt werden (IntKomm EMRK-Miehsler/Fogler Art 6 Rz 304). Die Vermutung spricht aber für die Unparteilichkeit eines Richters, solange nicht Sachverhalte dargetan sind, die das Gegenteil annehmen lassen. Insbesondere bei größeren Gerichten reicht daher der Umstand, dass ein nicht dem Senat angehörender Kollege durch ein anhängiges Verfahren involviert sein könnte, für sich allein nicht aus, die Befangenheit aller anderen Mitglieder des Gerichtes auch dann anzunehmen, wenn sie darlegen, mangels weiterer als beruflicher Kontakte mit diesem Kollegen nicht befangen zu sein (5 Ob 307/85; 1 Ob 13/90; 1 N 1/00). Auch die Tatsache, dass ein an einem Verfahren beteiligter Kollege als gewähltes Ersatzmitglied einem Organ der richterlichen Selbstverwaltung angehört, lässt ohne Hinzutreten weiterer, besonderer Umstände bei objektiver Betrachtungsweise noch nicht den Anschein einer Voreingenommenheit entstehen. Die Position eines von Richterkollegen in dieses Gremium gewählten Ersatzmitgliedes eines Personalsenates lässt nämlich weder Abhängigkeitsverhältnisse entstehen noch unterwirft sie Karriereverläufe von Richterkollegen dem Wohlwollen des entsprechenden Personalsenatsmitglieds.
Mangels besonderer Umstände, aus denen im Einzelfall dennoch eine Interessenkollision oder ein über berufliche Kontakte hinausgehendes Verhältnis geschlossen werden könnte, liegen also keine ausreichenden Gründe vor, die Unbefangenheit der abgelehnten Richter in Zweifel zu ziehen oder auch nur den Anschein einer Voreingenommenheit zu bejahen.
Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichtes G***** ist daher nicht berechtigt.
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